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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.05.2019

Die Urahnen …

Vorgeschichte zu Das Modehaus. Töchter einer neuen Zeit
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Es handelt sich hier um ein Appetithäppchen, ein gratis eBook, welches als Einführung zum nachfolgenden Buch „Das Modehaus – Töchter der Freiheit“ gedacht ist und auch eine Leseprobe des Buches enthält. ...

Es handelt sich hier um ein Appetithäppchen, ein gratis eBook, welches als Einführung zum nachfolgenden Buch „Das Modehaus – Töchter der Freiheit“ gedacht ist und auch eine Leseprobe des Buches enthält. Die Autorin lässt hier die kleine Elsie über ihre Mutter Henriette erzählen, über deren Freude und Geschick beim Schneidern und die damals, 1848, doch nur „Nähmamsell“ sein durfte, denn das Schneiderhandwerk war den Männern vorbehalten. Wir erfahren die dramatische Geschichte über ein Hochzeitskleid und wie Henriette ihren späteren Mann und Stiefvater der Erzählerin kennen lernte. Elsie ist es auch, die am Ende als betagte Frau über ihre Enkelin Fanny berichtet, die die Nähkünste ihrer Urgroßmutter geerbt hat und sie Anfang des 20. Jahrhunderts endlich auch verwirklichen konnte. Der Schreibstil ist für ein Gratisbuch erstaunlich gut und lässt auf eine interessante Fortsetzung hoffen.

Veröffentlicht am 04.05.2019

Lotterleben der Kardinäle …

Die nackten Masken
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Rom, 2. Dezember 1581, Papst Leo X. ist tot. Das Kardinalskollegium muss sich zur Neuwahl versammeln, lässt sich aber reichlich Zeit und findet lange keinen Nachfolger. Schließlich einigte man sich auf ...

Rom, 2. Dezember 1581, Papst Leo X. ist tot. Das Kardinalskollegium muss sich zur Neuwahl versammeln, lässt sich aber reichlich Zeit und findet lange keinen Nachfolger. Schließlich einigte man sich auf einen abwesenden flämischen Kardinal, den die Mehrheit überhaupt nicht kannte. Es ist Adrian von Utrecht, der sich dann Hadrian VI. nannte. Die Wahl kam beim Volk nicht gut an und auch die Kleriker mussten bald feststellen, dass sie unter dem neuen Papst und seinen Reformen ihr lasterhaftes Lotterleben nicht mehr so unverhohlen weiterführen konnten. Besonders Kardinal Cosimo Rolando della Torre mit seiner hübschen rothaarigen Palmira bekamen das zu spüren …

Luigi Malerba (geb. 1927 in der Provinz Parma, gest. 2008 in Rom) war ein italienischer Schriftsteller, Journalist und Drehbuchautor. Er schrieb zahlreiche Romane und Erzählungen, sowie Hör- und Fernsehspiele. Gemeinsam mit Umberto Eco und anderen gründete er die Schriftstellervereinigung „Gruppo 63“. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt und weltweit veröffentlicht.

In „Die nackten Masken“ (Le maschere, 1994) erzählt uns der Autor phantasievoll ausgemalt über das Leben in Rom und im Vatikan in der Spätrenaissance, ohne jedoch vom geschichtlich überlieferten Hintergrund abzuweichen. Machtkämpfe, Verbrechen und Korruption waren an der Tagesordnung, Scheinheiligkeit und Aberglauben spielten eine nicht unbedeutende Rolle. Wir nehmen teil am bunten Leben der Stadt, erfahren viel über das sündhafte Treiben des Klerus, der selbst vor Mord nicht zurückschreckt, und erleben, wie die Bevölkerung mit der herrschenden Pest und Armut umgehen musste.

Der Schreibstil des Autors ist nicht ganz einfach, hat man sich aber erst mal daran gewöhnt, entdeckt man viel Witz, Ironie und Satire zwischen den Zeilen. Ein Vergleich mit den heutigen Zuständen dürfte dabei durchaus gewollt sein, denn manche Leute verstecken sich gerne hinter Masken, doch reißt man ihnen diese runter, bleibt nur die nackte Wahrheit übrig. Obwohl der Roman das sündige Leben, das Kurtisanentum und die Heuchelei der Kirchenoberen heftig anprangert, ist er in keiner Weise als religionsfeindlich zu bezeichnen.

Fazit: Ein intelligent geschriebener Renaissance-Krimi für den geschichtlich interessierten Leser.

Veröffentlicht am 02.05.2019

Harte Schale, weicher Kern …

Der Zopf meiner Großmutter
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In Deutschland ist es auch nicht besser als in Russland, stellt Großmutter nach ihrer durch einen Trick erschlichenen Aussiedlung fest. Jetzt leben sie umgeben von Juden im Wohnheim und sind auf deutsche ...

In Deutschland ist es auch nicht besser als in Russland, stellt Großmutter nach ihrer durch einen Trick erschlichenen Aussiedlung fest. Jetzt leben sie umgeben von Juden im Wohnheim und sind auf deutsche Almosen angewiesen. Auch die deutschen Ärzte sind unfähig, können sie doch keine der vielen Krankheiten feststellen, die Mäxchen, ihr sechsjähriger Enkel, ihrer Meinung nach hat. Er ist zurückgeblieben, ein schwacher Krüppel und debiler Idiot, den sie ständig von Keimen, Bakterien und anderen schädlichen Einflüssen fernhalten muss meint Großmutter, und dessen Magen nur von ihr selbst zubereitetes Püriertes verträgt. Für Max wird die Situation erst etwas besser, als sie die Klavierlehrerin Nina mit ihrer Tochter Vera kennen lernen. Großvater verliebt sich auf den ersten Blick in Nina und beginnt, als er ihr auf Großmutters Befehl beim Umzug helfen muss, ein Verhältnis mit ihr. Da Großmutter ihre einzige Aufgabe darin sieht, sich um ihren Enkel zu kümmern, merkt sie zunächst nicht, was um sie herum vorgeht …

Alina Bronsky (der Name ist ein Pseudonym) wurde 1978 in Jekaterinburg, dem damaligen Swerdlowsk in der UdSSR, geboren. Als sie 12 Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Deutschland aus. Sie arbeitete später als Werbetexterin und Redakteurin beim Darmstädter Echo, nachdem sei ein begonnenes Medizinstudium abgebrochen hatte. Alina Bronsky ist Mutter von vier Kindern. Der Vater ihrer ersten drei Kinder verunglückte 2012 tödlich in den Walliser Alpen. Heute lebt sie mit dem Theater- und Filmschauspieler Ulrich Noethen, von dem sie eine Tochter hat, in Berlin-Charlottenburg.

Ein Feuerwerk aus ätzendem Humor und tragisch-komischen Ereignissen hat die Autorin mit diesem Buch abgeliefert. Sie lässt Max, der im Laufe der Geschichte vom Sechsjährigen zum Teenager heranreift, selbst erzählen. Dabei wird klar, dass der Junge keineswegs geistig behindert ist und einen sehr klaren, wachen Verstand hat. Messerscharf erfasst er das Geschehen und erzählt altersgerecht, oftmals kritisch und anklagend, meist aber voller Verständnis und mit liebevollen Gefühlen für die Großeltern. Auch die Großmutter hat ein Herz, auch wenn sie gründlich versucht, es unter einer harten Schale zu verbergen.

Sehr wohltuend ist auch zu vermerken, dass nur wenige Protagonisten in die Geschichte eingebunden sind. Dadurch lässt sich das Buch zügig lesen und man verliert nie den Überblick: Großmutter, die den Eindruck einer bösartigen alten Frau erweckt, sich aber im Verborgenen äußerst hilfsbereit zeigt – Großvater, der zu Hause nur nickt oder den Kopf schüttelt, da er es längst aufgegeben hat, gegen seine Frau aufzumucken, außer Haus aber ganz andere Seiten zeigt – Max, an dem glücklicherweise die verächtlichen Worte der Großmutter abprallen und der trotzdem liebevoll von ihr spricht – Nina, die anfangs recht unsichere alleinlebende Frau mit Kind, die aber zu einer selbstsicheren Frau heranreift – und Vera, ihre Tochter, die sich vom bösen kleinen Mädchen zum netten Teenager wandelt.

Fazit: Eine außergewöhnliche Geschichte, die von absurder Situationskomik lebt, die aber dennoch berührt und nachdenklich macht und die ich gerne weiter empfehle!

Veröffentlicht am 29.04.2019

Alte Geheimnisse, neue Morde …

Keiner werfe den ersten Stein
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Um in Ruhe ein neues Stück zu proben, hat sich eine Londoner Theatergruppe mitten im Winter in ein abgelegenes Landhaus in den schottischen Highlands zurückgezogen. Doch mit der Ruhe ist es bald vorbei. ...

Um in Ruhe ein neues Stück zu proben, hat sich eine Londoner Theatergruppe mitten im Winter in ein abgelegenes Landhaus in den schottischen Highlands zurückgezogen. Doch mit der Ruhe ist es bald vorbei. Bereits am ersten Abend kommt es zu Konfrontationen innerhalb der Truppe, und am nächsten Morgen wird Joy Sinclair, die Autorin des Stückes, erstochen in ihrem Bett aufgefunden. Da die örtliche Polizei mit dem Fall überfordert ist, wird Inspector Thomas Lynley mit seiner Mitarbeiterin Barbara Havers von New Scotland Yard mit der Aufklärung beauftragt. Ein schwieriger Fall, denn beinahe alle Beteiligten kommen aus der englischen Oberschicht und auch Lady Helen Clyde, eine Freundin Lynleys, ist unter den Verdächtigen. Bereits während die ersten Ermittlungen laufen geschieht ein weiterer Mord …

Elizabeth George, geb. 1949 in Warren, Ohio, aufgewachsen in der Nähe von San Francisco, ist eine US-amerikanische Kriminalroman-Autorin. Bekannt wurde sie besonders durch ihre Inspector-Lynley-Reihe, mit dem Kommissar aus adeliger Abstammung und seiner aus einfachen Verhältnissen stammenden Assistentin. Bereits ihr Erstlingswerk dieser Reihe wurde mit dem Agatha Award und dem Anthony Award ausgezeichnet und 1990 gewann sie den Grand prix de littératur policière. Die Romane spielen vorwiegend an typisch englischen Schauplätzen in Großbritannien. Die Autorin ist in zweiter Ehe verheiratet, lebt heute auf einer Insel vor Seattle und besitzt eine Zweitwohnung in London.

„Keiner werfe den ersten Stein“ (Originaltitel „Payment in Blood“) ist der zweite Roman der Lynley-Reihe. Gleich zu Beginn wird der Leser mit einer Vielzahl von Protagonisten und ihren komplizierten zwischenmenschlichen Beziehungen konfrontiert, was den Einstieg doch deutlich erschwert. Hat man sich aber erst an sämtliche Namen und Titel gewöhnt, lässt sich die Geschichte recht flott lesen. Die Spannung hält sich anfangs in Grenzen, steigt aber im Verlauf der Handlung stetig an. Durch die vielen Wendungen und immer neuen Erkenntnisse lässt sich auch wunderbar mitraten. Alle Beteiligten hätten ein Motiv für den Mord und bald schon glaubt man den Mörder zu kennen, bis neue Fakten hinzu kommen und sich neue Rätsel auftun.

Auch das Privatleben der Ermittler kommt nicht zu kurz. Wenn sie auch meist verschiedener Meinung sind, klappt die Zusammenarbeit zwischen Thomas Lynley und Barbara Havers recht gut. Während Lynley sich von seinen Prinzipien und seinem Glauben an die Ehrhaftigkeit des Adels nach und nach verabschieden muss, verfolgt Havers, die eine gesunde Abneigung gegen die Oberschicht und jegliche Art von Privilegien hat, eine andere aussichtsreiche Spur. Zudem wird Lynley von nagender Eifersucht gequält, was seiner Arbeit nicht förderlich ist und seine Objektivität beeinträchtigt. Das Ende ist sehr spannend und überraschend, die Morde werden geklärt und keine Fragen bleiben offen.

Fazit: Ein gutes Buch, welches fesselt, unterhält und Lust auf noch mehr Geschichten des Ermittlerduos Lynley/Havers macht.

Veröffentlicht am 22.04.2019

Am Königshof in Stuttgart 1863 bis 1883 …

Die russische Herzogin (Die Zarentöchter-Saga 3)
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Siebzehn Jahre ist Olga, die Tochter des Zaren, nun schon mit Kronprinz Karl, dem Sohn des Württembergischen Königs, verheiratet, als sie gebeten wird, Großfürstin Wera, die neunjährige Tochter ihres Bruders ...

Siebzehn Jahre ist Olga, die Tochter des Zaren, nun schon mit Kronprinz Karl, dem Sohn des Württembergischen Königs, verheiratet, als sie gebeten wird, Großfürstin Wera, die neunjährige Tochter ihres Bruders Konstantin aufzunehmen. Da ihre Ehe kinderlos geblieben ist, willigt das Paar gerne ein. Doch Wera ist ein äußerst schwieriges Mädchen, das Olga öfters in peinliche Situationen bringt. Ihr wildes Benehmen ändert sich erst, als Wera langsam erwachsen wird. Bald entdeckt auch sie ihren Hang zur Wohltätigkeit und tritt in die Fußstapfen ihrer Vorgängerinnen, Ziehmutter Olga und Großtante Katharina, die bedeutende soziale Projekte für Stuttgart und Württemberg ins Leben gerufen hatten …

Die Autorin Petra Durst-Benning wurde 1965 in Baden-Württemberg geboren. Nach dem Gymnasium absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Übersetzerin und Wirtschaftskorrespondentin. Nachdem sie einige Jahre im Import- und Exportgeschäft tätig war, begann sie in den 1990er Jahren mit dem Schreiben historischer Romane. Diese wurden in viele Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von weit über 2,5 Millionen Exemplaren. Im Jahr 2015 wandte sie sich der Gegenwartsliteratur zu. Heute lebt Petra Durst-Benning mit ihrer Familie südlich von Stuttgart auf dem Land.

„Die russische Herzogin“ ist der dritte Roman der Autorin über Töchter eines russischen Zaren am Königlichen Hof in Stuttgart. Er basiert zum Teil auf Olgas Memoiren, die 1955 beim Verlag Günter Neske in Pfullingen unter dem Titel „Traum der Jugend gold’ner Stern“ erschienen sind. Wenn auch vieles nicht der historischen Realität entspricht, bietet das Buch dennoch gute Unterhaltung. Mit viel Einfühlungsvermögen beschreibt die Autorin die Kindheit Weras, ihre Ängste und ihre Sehnsucht nach den Eltern – aber auch ihre Streiche und ihre anfängliche Trotzhaltung gegen die neue Umgebung und gegen ihre Zieheltern. Der Schreibstil ist flüssig und klar, so dass sich die Geschichte, trotz einiger Längen, zügig lesen lässt. Dass Wera eine sehr kluge Frau ist und nicht die strahlende Schönheit, wie die Damen gerne in historischen Romanen beschrieben werden, macht sie wohltuend authentisch und sehr sympathisch. Unerwartete Ereignisse sorgen für die nötige Spannung und die geschickt eingewobenen detaillierten Beschreibungen der Schauplätze der Handlung runden den guten Gesamteindruck harmonisch ab.

Fazit: Eine interessante Geschichte mit solidem historischen Hintergrund, die dem Leser unterhaltsame Lesestunden bietet.