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Veröffentlicht am 15.01.2019

Sey es, wie es sey, gute Freunde sind die zwey …

Durch Nacht und Wind (Goethe und Schiller ermitteln)
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Es trug sich Ende März Anno 1798 zu. Während Hofrat Schiller gerade als Gast bei Geheimrat Goethe weilte, erhielt dieser ein Billet von Herzogin Anna Amalia, der Mutter des Weimarer Regenten Carl August, ...

Es trug sich Ende März Anno 1798 zu. Während Hofrat Schiller gerade als Gast bei Geheimrat Goethe weilte, erhielt dieser ein Billet von Herzogin Anna Amalia, der Mutter des Weimarer Regenten Carl August, mit der Bitte um Hilfe. Großherzog von N., der zur Zeit das Sommerschloss Belvedere des Regenten bewohnte, habe einen bedrohlichen Brief erhalten. Sein äußerst wertvoller Smaragdring wäre mit einem Fluch beladen, der dem Besitzer einen baldigen Tod prophezeit. Die beiden Herren sollten den abergläubischen Mann beruhigen, doch sie bestärkten den unsympathischen Zeitgenossen noch in seiner Angst. Am nächsten Morgen wird Großherzog von N. erwürgt in einer von innen verschlossenen Truhe aufgefunden. Mord, Selbstmord oder doch der Fluch? Goethe und Schiller sollen den Fall möglichst diskret klären …

Stefan Lehnberg, geb. 1964 in Hannover, ist Autor, Schauspieler und Regisseur. Als Schauspieler war er an einigen namhaften deutschen Theatern tätig, so in Nürnberg, Düsseldorf, Göttingen und Berlin. Er lebt heute in Berlin und ist als Autor hauptsächlich im humoristischen Bereich zu finden. Ein zweiter Band der criminalistischen Werke Goethes ist bereits 2018 erschienen.

Auch im richtigen Leben waren Goethe und der zehn Jahre jüngere Schiller befreundet. Darauf baut der Autor in diesem doch recht spannenden Krimi auf und lässt Schiller selbst die Ereignisse erzählen. Dass dabei auch einige historische Personen mitwirken, verleiht der Geschichte eine gewisse Authentizität. Trotz der teils veralteten Schreibweise und des etwas altertümlich anmutenden Erzählstils lässt sich das Buch flüssig lesen. Der Leser wird schnell von der Geschichte gefangen genommen und geht mit Goethe und Schiller auf eine spannende Jagd nach dem Mörder. Dabei fühlt man sich gut unterhalten, die Komik mancher Situationen und der zum Teil bissige Humor begeistern. Man rätselt bis zum Schluss über die Zusammenhänge, deren Auflösung dann doch sehr überrascht.

Fazit: Ein Lesespaß auf historischer Grundlage, eine herrliche Geschichte, die man jedoch nicht ganz ernst nehmen sollte.

Veröffentlicht am 09.01.2019

Grenzerfahrung …

Herz auf Eis
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Gegensätze ziehen sich an, sagt man. So ist es auch bei Louise und Ludovic, einem jungen, verliebten Paar: sie liebt die Berge und versucht möglichst jedes Risiko zu vermeiden, während er Surfen und Segeln ...

Gegensätze ziehen sich an, sagt man. So ist es auch bei Louise und Ludovic, einem jungen, verliebten Paar: sie liebt die Berge und versucht möglichst jedes Risiko zu vermeiden, während er Surfen und Segeln bevorzugt und völlig unbekümmert jeder Gefahr entgegen sieht. Um der Langeweile des tristen Arbeitslebens in Paris zu entgehen hat Ludovic die Idee, eine Auszeit zu nehmen, um richtig zu leben, um das Leben voll auszukosten, wie er meint. Aus Angst ihn zu verlieren, und nicht aus innerster Überzeugung, willigt Louise schließlich in seine Pläne ein. Nun ist das Sabbatjahr zu ihrem gemeinsamen Traum geworden, der mit dem Segler Jason verwirklicht werden soll. Unterwegs harmonieren sie wunderbar zusammen, erleben die Kanaren, die Antillen, Brasilien und Argentinien als faszinierendes Abenteuer und genießen ihr Glück und ihre Liebe. Von Patagonien soll es dann rüber nach Südafrika gehen. Auf dem Weg dorthin liegt die Insel Stromness, die in früherer Zeit eine Walfangstation beherbergte und heute ein Refugium für Pinguine ist. Es kümmert Ludovic und Louise wenig, dass das Betreten für Touristen verboten ist, verspricht das Beobachten der Pinguine doch für die beiden ein herrliches Erlebnis zu werden. Mit dem Schlauchboot setzen sie über – der größte Fehler ihres Lebens …

Isabelle Autissier, 1956 in Paris geboren und dort aufgewachsen, lebt heute in La Rochelle. Mit sechs Jahren entdeckte sie ihre Leidenschaft für das Segeln; 1991 machte sie Furore als erste Frau, die allein im Rahmen einer Regatta die Welt umsegelte. Seit den Neunzigerjahren widmet sie sich dem Schreiben. Herz auf Eis war für den Prix Goncourt nominiert und wurde in zahlreiche Länder verkauft.

Bereits in der Buchbeschreibung ist zu lesen, dass das Paar auf der verbotenen Insel festsitzt und ums Überleben kämpfen muss. Dass die Autorin diesen Überlebenskampf äußerst eindringlich und bewegend schildert verwundert nicht. War sie doch selbst zweimal schiffbrüchig, konnte selbst nur knapp überleben und weiß daher wie es ist, auf Hilfe zu hoffen. Stromness ist eine unbewohnte Insel nahe der Antarktis, weitab jeder Schifffahrtsroute. Die ehemalige Walfangstation ist am verfallen, die Gebäude der Forschungsstation sind nicht aufzufinden, es gibt nichts zu essen – und der Winter naht. Können Louise und Ludovic unter diesen Umständen überhaupt überleben? Was wird aus der Liebe, wenn es nur noch ums nackte Überleben geht? Bleibt da überhaupt noch ein Rest Menschlichkeit?

Der Schreibstil ist äußerst packend, sachlich und klar, überzeugend der jeweiligen Situation angepasst. Die Geschichte liest sich bisweilen wie ein Psycho-Thriller. Sehr gut gelungen ist auch der zweite Teil des Buches. Das Drama hat eine Fortsetzung. Der Leser erfährt, wie es nach dem vermeintlichen Happy End weiter geht. Es stellt sich die Frage, wie man mit einer Schuld, die man auf sich geladen hat, und mit dem schlechten Gewissen weiter leben kann. Man erfährt, wie die Umwelt und die Familie reagieren. Kann man sich wieder in den Alltag integrieren und ist ein normales Leben danach überhaupt noch möglich?

Fazit: Ein extrem spannendes und zugleich tiefschürfendes Buch, das aufrüttelt und bei dem man sich unwillkürlich fragt: Was hätte ich getan? Wie hätte ich gehandelt? Das ist kein Buch, das man einfach weg legen und zur Tagesordnung übergehen kann.

Veröffentlicht am 06.01.2019

Pompeji wieder zum Leben erweckt …

Pompeji
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Attilius hat gerade seinen Dienst als Aquarius der Wasserversorgung Aqua Augusta in der Bucht von Neapel angetreten, als ein Störfall eintritt. Das Wasser ist plötzlich schwefelhaltig, im Fischbecken der ...

Attilius hat gerade seinen Dienst als Aquarius der Wasserversorgung Aqua Augusta in der Bucht von Neapel angetreten, als ein Störfall eintritt. Das Wasser ist plötzlich schwefelhaltig, im Fischbecken der Villa Hortensia, die dem reichen Ampliatus gehört, sind die Meerbarben bereits eingegangen. Dann versiegt der Wasserfluss ganz, eine Katastrophe bei der herrschenden Sommerhitze. Mit einigen Gehilfen macht sich der junge Wassermeister auf den Weg nach Pompeji, um das Aquädukt zu überprüfen und den Schaden zu beheben. Dort wird ihm großzügig Hilfe angeboten, damit er im Gegenzug die Stadt mit kostenlosem Wasser für ihre Bäder versorgen soll. Da er nicht, wie sein verschwundener Vorgänger, käuflich ist, lehnt Attilius ab. Jetzt ist sein Leben in Gefahr, nicht nur durch die Reparaturarbeiten, die ihn immer näher an den Vesuv führen, sondern auch durch einflussreiche Bürger Pompejis, die seine Ermordung planen. Währenddessen zittert und bebt die Erde immer mehr, der Vulkan grollt, das Unheil nimmt seinen Lauf …

Robert Harris, geb. 1957 in Nottingham/England, ist ein britischer Journalist, Sachbuchautor und Schriftsteller. Er studierte englische Literatur, arbeitete als Reporter und politischer Redakteur und als ständiger Kolumnist bei der Sunday Times. Er ist Autor etlicher Romane mit historischer Grundlage, die teilweise Millionenauflage erreichten und in 30 Sprachen übersetzt wurden. In der Handlung vermischt er Fiktion und Wirklichkeit und ist dabei um größtmögliche Faktentreue bemüht. Robert Harris ist verheiratet und hat vier Kinder. Zurzeit lebt er mit seiner Frau Gill Hornby in Berkshire. Sein Schwager ist der Schriftsteller Nick Hornby.

Die historischen Ereignisse des Romans „Pompeji“ basieren auf den Aufzeichnungen des Gaius Plinius dem Jüngeren. Der Autor lässt diese wieder aufleben und entführt uns in das Jahr 79 n. Chr., zwei Tage vor und zwei Tage während des Ausbruchs des Vesuv. Wir erleben einen Mordanschlag, intrigante Machenschaften und heldenhafte Taten – alles vor einer Naturkatastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, des Vulkanausbruchs. Obwohl die einzelnen Figuren etwas blass gezeichnet sind, erhalten wir dennoch ein atmosphärisch dichtes Bild des Lebens der Menschen zur damaligen Zeit. Harris erzählt spannend und rekonstruiert die römische Welt am Golf von Neapel äußerst anschaulich. Im Mittelpunkt steht jedoch der Vesuv, der gewaltige Berg, Sitz des Gottes Vulcan, dessen Ausbruch nicht zu verhindern ist. Dies ist für den Leser von Anfang an eine bekannte Tatsache, umso interessanter ist es zu erfahren, was mit den Protagonisten geschieht und wie sie reagieren. Den Ausbruch, dieses apokalyptische Geschehen, schildert der Autor sehr authentisch nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Tod und Zerstörung kommen über die Stadt, dennoch bleibt am Ende ein kleiner, durchaus logischer Lichtblick.

Fazit: Ein sehr spannender authentischer Roman, aus dem man, historisch korrekt, viel über die damalige Zeit und über Vulkanausbrüche lernen kann. Empfehlenswert!

Veröffentlicht am 31.12.2018

Mörder mit vier Beinen?

Der rote Stier
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Ganz entgegen seiner Gewohnheit hat Nero Wolfe diesmal sein Appartement verlassen und befindet sich mit seinem Assistenten Archie Goodwin auf der Autofahrt nach Cowfield. Sie wollen zu einer Landwirtschafts-Ausstellung, ...

Ganz entgegen seiner Gewohnheit hat Nero Wolfe diesmal sein Appartement verlassen und befindet sich mit seinem Assistenten Archie Goodwin auf der Autofahrt nach Cowfield. Sie wollen zu einer Landwirtschafts-Ausstellung, bei der Wolfe seine edlen selbstgezüchteten Orchideen präsentieren möchte, als ein geplatzter Reifen ihre Reise zunächst an einem Baum enden lässt. Bei der Suche nach Hilfe landen sie im nahegelegenen Landhaus von Thomas Pratt, dem Besitzer der ersten amerikanischen Fast-Food-Restaurant-Kette. Dieser hat soeben für viel Geld den berühmtesten Guernsey-Zuchtbullen der USA gekauft, um ihn werbewirksam bei einem Barbecue seinen 100 VIP-Gästen als Steaks zu präsentieren – ein Frevel in den Augen sämtlicher Nachbarn und Züchter. Noch ehe es aber dazu kommt, wird in der Nacht ein junger Mann tot im Gehege des Bullen gefunden – nach Ansicht der örtlichen Polizei getötet durch den Stier. Doch Wolfe ist anderer Meinung, er vermutet Mord und wird vom Vater des Opfers beauftragt, die wahren Umstände des Todes zu klären. Bevor jedoch Wolfe seine Beweise vorlegen kann, ist der Stier überraschend an Milzbrand verendet und wird unverzüglich verbrannt. Als dann am nächsten Tag eine weitere Leiche gefunden wird, sind Wolfes Beweise endgültig dahin und Archie wird von der Polizei in Gewahrsam genommen …

Den etwas älteren Lesern ist die US-Fernsehserie „Nero Wolfe“ aus den 80er Jahren sicher noch ein Begriff - mit einem übergewichtigen bärtigen Ermittler, der seine Wohnung fast nie verlässt, dem es aber mit Hilfe seines Assistenten Archie Goodwin gelingt, auch die vertracktesten Fälle in seinem Sessel sitzend zu lösen: Nero Wolfe, der gemütliche Orchideenzüchter und Liebhaber guten Essens, hier begegnen wir ihm wieder. „Der rote Stier“ ist eine der unzähligen Episoden, die der amerikanische Autor Rex Stout (1886-1975) geschrieben hat. Wie in vielen seiner Krimis verurteilt er auch hier die unprofessionelle Arbeit amerikanischer Staatsorgane (zu damaliger Zeit), kritisiert die aufkommende Fast-Food-Welle und bespöttelt den Kult, den die damaligen Viehzüchter mit ihren Tieren trieben.

Der Schreibstil dieses Buches ist angenehm leicht und lässt sich zügig lesen. Szenen, Beziehungen und Landschaften sind treffend erfasst und vermitteln einen bildhaften Eindruck. Auch in dieser Episode lässt der Autor wieder Archie Goodwin mit viel Witz und Humor erzählen. Er lästert gelegentlich über Wolfe, nimmt seine Marotten nicht allzu ernst, witzelt über sich selbst, spöttelt über andere und zeigt sich seiner neuen Flamme gegenüber äußerst uncharmant. Dass das Geschehen vor 80 Jahren spielt ist dem Buch anzumerken, da die Ermittler noch ohne die modernen technischen Hilfsmittel auskommen müssen. Dies macht aber meiner Meinung nach ein Großteil des Reizes dieses Krimis aus. Als weitere Pluspunkte empfand ich, dass die Geschichte trotz Dramatik beinahe ohne Blutvergießen auskommt und man bei der spannenden Mördersuche selbst kombinieren und mit raten kann.

Fazit: Eine vergnügliche Detektivgeschichte, die zu lesen allemal lohnt!

Veröffentlicht am 30.12.2018

Kriegskindheit

Eine italienische Kindheit
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Geboren wurde der kleine Roberto in Catania auf Sizilien, wo er auch seine Kindheit verlebte. Im Alter von etwa acht Jahren sah er zum ersten Mal einen Deutschen und erlebte eine deutsche Truppenparade, ...

Geboren wurde der kleine Roberto in Catania auf Sizilien, wo er auch seine Kindheit verlebte. Im Alter von etwa acht Jahren sah er zum ersten Mal einen Deutschen und erlebte eine deutsche Truppenparade, deren Akkuratesse ihn tief beeindruckte. Hier wurde wohl der Grundstein für seine Liebe zu Deutschland gelegt. Als die Bombenangriffe auf Catania durch britische Flugzeuge zunahmen, übersiedelte die Familie zuerst nach Lucca in der Toskana, später nach Rom, wo der Vater mehr Sicherheit vermutete. Das war ein Irrtum, denn bei einem Angriff durch amerikanische Flugzeuge verlor sein älterer Bruder das Leben. Jetzt durfte Roberto seinen Vater auf Geschäftsreisen durch das besetzte Italien begleiten. Dabei stießen sie gelegentlich auf deutsche Soldaten, die aber immer freundlich zu ihnen waren. Auch wenn er zwischenzeitlich von den Gräueltaten der Deutschen gehört hatte, seine Bewunderung zur deutschen Kultur blieb bestehen und sollte sein weiteres Leben entscheidend beeinflussen …

Der italienische Historiker und Schriftsteller Roberto Zapperi (geb. 1932 in Catania auf Sizilien) studierte Geschichte und Kulturanthropologie in Rom, war als Professor in Paris, Berlin und Hamburg tätig und ist seit 2008 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er veröffentlichte mehrere Bücher und wurde hauptsächlich durch seine historischen Werke zu Goethe und einiger berühmter Maler bekannt. Zapperi ist mit der deutschen Kunsthistorikerin Ingeborg Walter verheiratet, die auch seine Bücher ins Deutsche übersetzt. Heute lebt er als Privatgelehrter in Rom.

In gedämpft plauderndem Erzählstil, dennoch sehr eindringlich und in plastischen Bildern, berichtet der Autor hier von seiner Kindheit auf Sizilien und in Italien während des Zweiten Weltkrieges. Er bezieht sich dabei auf seine eigenen Erinnerungen und auf geschichtliche Überlieferungen. Wir lesen von einem Sizilien, das damals noch recht mittelalterlich anmutete, von der Großmutter, die als Heilerin, Zauberin und Hexe großes Ansehen genoss und von einem Vater der alles versuchte, seine Familie heil durch die Kriegswirren zu bringen. Auch die Gräueltaten aller am Krieg beteiligten Mächte, die er als Junge teilweise selbst miterlebte oder von denen er aber meist erst im Nachhinein erfuhr, werden nicht ausgelassen. Obwohl er viel später erkennen musste, dass seine Bewunderung für die deutschen Besatzungsmächte ein Irrtum war, blieb Zapperis Interesse an Deutschland, seine Liebe zur deutschen Kultur und zur deutschen Sprache ungebrochen.

Fazit: Eine packende Geschichte über das Leben in Italien während er Kriegs- und Nachkriegsjahre und eine heimliche Liebeserklärung an Deutschland.