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Veröffentlicht am 07.03.2018

„Wenn man zu viel will, verliert man alles“ (S.231)

Im Land des Regengottes
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Dienstmagd auf dem Bauernhof bei Frau Künstner? Nein, das kommt für die 16jährige Henrietta nicht infrage. Lehrerin will sie werden, doch dafür fehlt das Geld. Durch eine Lüge bringt sie ihre Mutter dazu, ...

Dienstmagd auf dem Bauernhof bei Frau Künstner? Nein, das kommt für die 16jährige Henrietta nicht infrage. Lehrerin will sie werden, doch dafür fehlt das Geld. Durch eine Lüge bringt sie ihre Mutter dazu, den Heiratsantrag eines ihr unbekannten Missionars aus Deutsch-Südwestafrika anzunehmen. Dann wird sie halt Negerkinder in der Missionsstation ihres Stiefvaters unterrichten, plant Henrietta. Doch unter der heißen Sonne Afrikas zerplatzen alle ihre hochfliegenden Träume. Das Leben in Bethanien ist noch härter als zu Hause in Elberfeld. Als dann ihre Mutter stirbt sieht sie nur einen Ausweg, die Flucht ins weit entfernte Kapland nach Wupperthal. Dort hofft sie auf Aufnahme bei einer befreundeten Missionarsfamilie. Zusammen mit Petrus, einem jungen Mann vom Stamme der Nama, macht sie sich zu Fuß auf den langen, beschwerlichen Weg. Durch Entbehrungen und Gefahren lernen die beiden, sich gegenseitig zu achten und zu vertrauen und – sie verlieben sich. Ein schwarzer Mann und eine weiße junge Frau in Afrika um 1900, ist das Henriettas ersehnte Zukunft?

Ausführliche Recherchen in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, Einblicke in detaillierte Berichte ehemaliger deutscher Missionarsfrauen und Reisetagebücher von Auswanderinnen waren für die deutsche Autorin Gina Mayer (geb. 1965 in Ellwangen) die Grundlage zu ihrem Roman „Im Land des Regengottes“. Sie berichtet darin über die Schwierigkeiten, die die deutschen Auswanderer in ihrer neuen Heimat erwartete, aber auch über das Leid, das die Eingeborenen in den Kolonien erleiden mussten, die von den Weißen nur ‚Hottentotten‘ oder ‚Kaffer‘ genannt wurden, denen man das Land und ihre Lebensgrundlage nahm und sie wie Vieh behandelte.
(Das Buch erschien bereits 2011 unter dem Titel „Die Wildnis in mir“ als Jugendbuch, bevor es vom Aufbau-Verlag 2013 neu aufgelegt wurde).

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und klar. Sie versteht es großartig, Menschen mit ihren Eigenheiten zu beschreiben und das Aufeinanderprallen der beiden unterschiedlichen Kulturen realistisch darzustellen. Gebannt begleitet man die junge Auswanderin und muss bestürzt miterleben, wie sich alle ihre Wünsche und Hoffnungen verflüchtigen und sie von Schuldgefühlen und Albträumen heimgesucht wird. Dennoch hält sie stur und unbeirrbar an ihren Plänen fest, auch wenn sie sich durch dumme, unüberlegte Handlungen des Öfteren in Lebensgefahr bringt. Ein weiterer interessanter, sehr überzeugend beschriebener Protagonist ist Petrus, ein junger schwarzer Arbeiter auf der Missionsstation. Er weiß seine Schläue und Intelligenz sehr gut zu seinem Vorteil vor den Weißen zu verbergen und hilft Henrietta bei ihrer Flucht, obwohl er dadurch seine Stellung verliert. Beeindruckend auch die anderen Charaktere mit ihren besonderen Eigenheiten, die vergrämte und schicksalsergebene Mutter, das leicht überspannte Fräulein Hülshoff und die bodenständige Missionarsfamilie Cordes, die ebenfalls alle in Afrika ein schweres Los erwartet. Wunderschöne Landschaftsbeschreibungen und eindrucksvolle Stimmungsbilder eines uns fremdartigen Landes runden das Geschehen gekonnt ab.

Fazit: Ein interessantes und lesenswertes Stück Kolonialgeschichte - und eine zarte Liebesromanze ganz ohne Kitsch und Pathos.

Veröffentlicht am 03.03.2018

Ende gut - alles gut?

Ein Schatten von Verrat und Liebe
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Wir sind in Philadelphia im Jahr 1778. Jamie ist zurückgekommen, er und seine Schwester Jenny waren nicht auf dem untergegangenen Schiff, aber Claire ist jetzt mit Lord John verheiratet. Die Armee der ...

Wir sind in Philadelphia im Jahr 1778. Jamie ist zurückgekommen, er und seine Schwester Jenny waren nicht auf dem untergegangenen Schiff, aber Claire ist jetzt mit Lord John verheiratet. Die Armee der Briten zieht sich aus Philadelphia zurück, mit ihnen William, der inzwischen erfahren hat, dass er der uneheliche Sohn von Jamie ist. Außerdem sind in der britischen Armee noch Denzell Hunter als Militärarzt mit seiner Schwester Rachel.

Die Kontinentalarmee unter General Washington formiert sich neu und Jamie und Claire schließen sich der Truppe an. Auch Lord John ist dabei, allerdings als Kriegsgefangener, außerdem Ian als indianischer Kundschafter. Es kommt zur Schlacht von Monmouth. Claire wird schwer verletzt und Jaimie quittiert den Dienst. Zunächst wohnen sie in Philadelphia bei Fergus und Marsalie, wo inzwischen auch Jamies Schwester, die verwitwete Jenny, wohnt. Dort beschließen sie, mit der gesamten Familie nach Fraser‘s Ridge zurück zu gehen, um das abgebrannte Haus wieder aufzubauen.

Lallybroch 1980. Roger geht mit William Buccleigh MacKenzie, Rogers Urahn der versehentlich durch die Steine in die Gegenwart gekommen ist, zurück ins 18. Jahrhundert, da sie den von Rob Cameron entführten Jemmy dort vermuten. Sie kommen aber nicht wie berechnet an, sondern Jahrzehnte früher, etwa Ende der 1730er Jahre. Jemmy jedoch konnte seinem Entführer entkommen und ist wieder bei Brianna. Diese beschließt nun, mit ihren Kindern Jemmy und Mandy ins 18. Jahrhundert zurück zu gehen, um Roger zu suchen. Wird sie ihn finden?

In „Ein Schatten von Verrat und Liebe“, dem achten Band der Highland-Saga, nimmt Diana Gabaldon, in ihrem gewohnt angenehmen Schreibstil, den Leser wieder mit auf eine abenteuerliche Zeitreise ins Amerika des 18. Jahrhunderts sowie nach Schottland im Jahr 1980. Sehr genau recherchiert und historisch korrekt führt sie ihn in die Schlacht von Monmouth zwischen der britischen Armee und der Armee der amerikanischen Südstaaten und schreckt auch vor brutalen Kampfszenen nicht zurück. Innig und liebevoll lässt sie ihre Leserschaft teilhaben am Familienleben der Frasers und ihrer mittlerweile großen Verwandtschaft. Gefühlvoll und äußerst plastisch erlebt man die einzelnen Szenen und wird mit großer Lust am Detail durch die Landschaften geführt. Die in den vorhergehenden Büchern lieb gewonnenen Protagonisten sind nun nicht mehr die Jüngsten, doch geblieben ist die tiefe Liebe und das unendliche gegenseitige Vertrauen, was Gabaldon wieder wunderschön und sehr poetisch zum Ausdruck bringt.

Mehrere Handlungsstränge ziehen sich durch das Buch, treffen zusammen, kreuzen und verflechten sich. Erzählt wird wieder meist aus der Ich-Perspektive von Claire, aber auch im Erzählstil aus Sicht der anderen Protagonisten. Dadurch ergeben sich interessante Perspektiven und immer wieder neue Aspekte, was das Geschehen ungemein belebt aber manchmal leider dazu führt, dass man gelegentlich mal kurz den Überblick verliert. Ein Personenverzeichnis, das im Taschenbuch nicht enthalten ist, wäre hier sehr hilfreich. Manche Passagen sind für meinen Geschmack etwas langatmig ausgefallen, da hätte man vielleicht etwas kürzen können. Das überraschende Eintreffen von Neuankömmlingen in Fraser’s Ridge lässt auf den 9. Band hoffen, der wohl 2018 noch herauskommen wird.

Fazit: Für Fans der Highland-Saga ist auch dieser Band wieder ein Muss und ein erfreuliches Treffen mit alten Bekannten.

Veröffentlicht am 19.02.2018

Zwei Frauen – zwei Schicksale

Der Apfelsammler
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Eigentlich hat Hannah ganz andere Probleme, hat sie doch gerade eine langjährige Beziehung beendet, als sie vom Tod der bisher wichtigsten Person ihres Lebens erfährt – ihrer Tante Elisabeth, die sie aufgezogen ...

Eigentlich hat Hannah ganz andere Probleme, hat sie doch gerade eine langjährige Beziehung beendet, als sie vom Tod der bisher wichtigsten Person ihres Lebens erfährt – ihrer Tante Elisabeth, die sie aufgezogen und ihr eine unbeschwerte Kindheit beschert hat. Nun fährt sie nach Castelnuovo, einem kleinen Dorf in Umbrien, wo Eli in einem alten Häuschen ihre letzten Lebensjahre verbracht hat. Beim Aufräumen und Sichten des Nachlasses entdeckt Hannah einige Notizen und Fragmente von Briefen, in dem Eli ihre Lebensgeschichte erzählt. Neugierig geworden macht sich Hannah auf die Suche und befragt Freunde und Nachbarn. Dabei erfährt sie auch von Matteo DiLauro, den sie im Dorf nur den Apfelsammler nennen, weil er alte Apfelsorten züchtet und sie so vor dem Aussterben bewahrt. Ihm soll Eli zur Hand gegangen sein und ihm bei der Apfelernte geholfen haben. Doch der eigenbrötlerische, geheimnisumwitterte Mann ist von Hannahs Auftauchen gar nicht begeistert und will auch ihre Hilfe nicht annehmen - er jagt sie von seinem Grundstück. Doch Hannah lässt sich nicht entmutigen, Matteo und seine Apfelplantage ziehen sie magisch an …

Anja Jonuleit wurde 1965 in Bonn geboren, wuchs am Bodensee auf, studierte Sprachen in München und war ab 1992 als Übersetzerin und Dolmetscherin für Italienisch und Englisch tätig. Sie lebte und arbeitete im Ausland, bevor sie 1994 an den Bodensee zurückkehrte. Mit 35 Jahren begann sie zu schreiben und hat inzwischen zahlreiche Romane und Krimis veröffentlicht. Sie ist Mutter von vier Kindern und lebt heute mit ihrer Familie am Bodensee.

„Der Apfelsammler“ ist die Geschichte zweier Frauen, der 31jährigen Journalistin Hannah und ihrer bereits verstorbenen Tante Eli (Elisabeth). Erzählt wird parallel in zwei Handlungssträngen, die in der Gegenwart und in der Vergangenheit angesiedelt sind und sich kapitelweise abwechseln. Während man als Leser Hannah bei ihren Erlebnissen auf der Suche nach Elis Briefen begleitet, liest man bereits die Briefe, ohne jedoch zu wissen, an wen diese gerichtet sind und wo sie zu finden sind. Man erfährt dabei erschütternde Einzelheiten von Elis Kindheit in einem lieblosen Elternhaus, von ihrer großen Liebe, von einem bisher gut gehüteten Geheimnis und taucht so Schritt für Schritt immer tiefer in ihr Leben ein. Währenddessen hat auch Hannah ihre Probleme. Das ererbte Haus ist alt und baufällig, nicht alle Nachbarn sind ihr wohlgesonnen und das Verhältnis zu Matteo, mit dem Eli wohl eine ganz besondere Freundschaft verband, läuft auch nicht wie gewünscht.

Die Autorin Anja Jonuleit hat einen sehr lebendigen, flüssigen Schreibstil. Ihre bildhafte Sprache erfasst Szenen und Landschaften äußerst treffend und schafft eine mitreißende Atmosphäre. Auch die Gefühle der beiden Protagonistinnen sind gut nachvollziehbar. Durch die zwei Zeitebenen, die sich immer mehr aufeinander zu bewegen, baut sich ganz allmählich Spannung auf. Leider wird die bisher erfreuliche Stimmung gegen Ende zu unangenehm gestört. Die Autorin hat, wohl aus dramaturgischen Gründen, die es aber keinesfalls gebraucht hätte, einige Szenen eingebaut, die aus einem billigen Groschenroman stammen könnten und die ich als völlig unpassend empfunden habe. Leider wird der bisher so angenehme Eindruck dadurch etwas gemindert.

Fazit: Ein gut gelungener Roman über Frauen für Frauen – einfühlsam und fesselnd erzählt.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Alter und Einsamkeit – gehören die wirklich zusammen?

Nachts, wenn der Tiger kommt
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Seit fünf Jahren schon, seit dem Tod ihres Mannes Harry, lebt die 75jährige Ruth allein in dem abgeschiedenen Haus in den Dünen am Meer. Mit ihren beiden Söhnen hat sie nur telefonisch Kontakt, sie führen ...

Seit fünf Jahren schon, seit dem Tod ihres Mannes Harry, lebt die 75jährige Ruth allein in dem abgeschiedenen Haus in den Dünen am Meer. Mit ihren beiden Söhnen hat sie nur telefonisch Kontakt, sie führen weit weg ihr eigenes Leben - Jeff in Sydney und Phil in Hongkong. Bisher konnte sie alles noch ganz gut allein bewältigen, doch in letzter Zeit fühlt sich Ruth sehr einsam. Die Arbeit wird immer mühsamer, das Gedächtnis lässt sie öfters im Stich und neben den Schlafstörungen sind es die nächtlichen Geräusche, die sie nicht zu identifizieren vermag. Sind es Schritte? Ist es der Wind? Oder ist es gar ein Tiger, der durchs Wohnzimmer schleicht? Ruth ist mehr und mehr verunsichert. Da kommt Frida nicht ungelegen, die eines Morgens vor der Tür steht - vom Staat geschickt, wie sie sagt - um sich um Ruth und den Haushalt zu kümmern. Zunächst ist Ruth froh über Fridas Fürsorge, doch bald fühlt sie sich bevormundet und kontrolliert. Nach dem Besuch eines Jugendfreundes verändert sich Ruth dramatisch. Sie verliert immer mehr den Bezug zur Realität und Frida übernimmt vollends das Kommando …

Die Autorin Fiona McFarlane wurde in Sydney geboren, studierte an der dortigen Universität und promovierte an der University of Cambridge. Sie schrieb Kurzgeschichten, die in einigen namhaften Zeitschriften veröffentlicht wurden. „Nachts, wenn der Tiger kommt“ ist ihr erster Roman. Er erschien 2013 unter dem englischen Titel „The Night Guest“ und wurde inzwischen in 19 Ländern und 15 Sprachen publiziert. 2014 wurde Fiona McFarlane als die beste Australische Nachwuchsautorin ausgezeichnet.

Erstaunlich, wie einfühlsam die junge Autorin die Thematik des Alterns, der Einsamkeit und des Verwirrtseins behandelt. Sehr real empfindet man die Übergänge zwischen Wirklichkeit und Wahnvorstellung und ertappt sich als Leser des Öfteren dabei, an seinem eigenen Verstand zu zweifeln. Man ist mit seiner Sympathie voll und ganz bei Ruth und leidet mit ihr, wie sie langsam von der Realität in einen Dämmerzustand abgleitet, der nur noch ab und zu von Versuchen des Aufbegehrens und der Selbstbestimmung unterbrochen wird. Gute Gefühle kann man aber auch Frida entgegenbringen. Es ist schon bemerkenswert, mit welcher Tatkraft und Aufopferung sie den Haushalt wieder in Schuss bringt und mit welch stoischer Ruhe sie Ruths Eigenheiten erträgt. Auch wenn von Anfang an klar ist, dass mit Frida etwas nicht stimmen kann, entbehrt das Buch nicht einer gewissen Spannung. Man ahnt, dass die Geschichte nicht gut ausgehen kann, hofft aber dennoch auf ein gutes Ende.

Der Schreibstil der Autorin ist von beeindruckender Intensität, flüssig, gut verständlich und gelegentlich leicht ironisch. Sehr gut und außergewöhnlich lebendig sind die Protagonisten heraus gearbeitet. Die doch so gegensätzlichen Charaktere der beiden Frauen ergänzen sich großartig. Die detailgetreue Beschreibung des einsam gelegenen Hauses in den Dünen, des Meeres und des sonnendurchfluteten Strandes wirkt sehr authentisch und bringt eine gewisse Leichtigkeit in die sonst eher bedrückende Atmosphäre.

Fazit: Ein großartiger Roman, der den Leser in seinen Bann zieht und ihn am Schluss sehr nachdenklich zurück lässt.

Veröffentlicht am 08.02.2018

Debütroman mit Stärken und Schwächen

Die Feuer von Murano
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Venedig 1569, eine gewaltige Explosion erschüttert die Stadt. Das Munitionslager der Arsenale-Werft ist explodiert und die anschließende Feuersbrust fordert zahlreiche Tote. Als einer der ersten Helfer ...

Venedig 1569, eine gewaltige Explosion erschüttert die Stadt. Das Munitionslager der Arsenale-Werft ist explodiert und die anschließende Feuersbrust fordert zahlreiche Tote. Als einer der ersten Helfer ist Andrea Loredan, Anwalt und Sohn des amtierenden Dogen, vor Ort. Dort trifft er auf den Leichnam des kleinen Tonino Ruis. Der Junge wurde jedoch nicht durch das Feuer getötet, sondern wurde erstochen – vermutlich von seinem eigenen Bruder Gabriele, der auch des Kirchenraubes beschuldigt wird. Die Mutter der beiden Jungen, die Näherin Sofia Ruis, bittet den Anwalt Andrea Loredan um Hilfe. Dieser hat nach dem Unglück viel zu tun, eine Serie mysteriöser Todesfälle rund um das Kloster Celestia ist zu klären. Die Äbtissin konnte Andrea vor ihrem Tod noch einige seltsame Worte zuflüstern, eine ebenfalls anwesende junge Novizin wurde Tage später tot im Kanal treibend gefunden. Ein alter Türke und ein florentinischer Maler, der behauptet der Mönch Angelo Ricchio zu sein, werden als Spione verhaftet, ein Glasbläser ist spurlos verschwunden und ein Geheimbund versucht, alte wertvolle Bücher vor der Inquisition zu verstecken und vor dem Verbrennen zu retten. Währenddessen rüstet die Serenissima auf, es kommt zur Seeschlacht gegen die Osmanen …

„Die Feuer von Murano“ ist der erste Roman des 1953 in Rom geborenen italienischen Autors Giuseppe Furno. Er erschien 2013 in Italien unter dem Titel „Vetro“ („Glas“) und im selben Jahr noch auf Deutsch im Aufbau-Verlag. Zuvor schrieb Furno sehr erfolgreich Drehbücher für Radio, Kino und Fernsehen und verfasste Reiseführer. Für seinen historischen Debütroman verbrachte der Autor eineinhalb Jahre in Archiven und lebte einige Zeit in der Lagunen-Stadt, um ein authentisches Bild der Serenissima in Venedig zu liefern. Gleich nach Erscheinen des Buches erhielt er in Italien den Premio Hemingway. Giuseppe Furno lebt und arbeitet heute in Rom.

Sehr aussagekräftig und auffallend detailgenau zeichnet der Autor das Bild Venedigs und der Serenissima im 16. Jahrhundert. Beachtlich realistisch sind insbesondere die Szenen einer Seeschlacht, bei denen der Leser hautnah dabei ist, bei denen er mitleidet und bei denen er manchmal bis an die Grenze des Erträglichen gebracht wird. Alle beteiligten Personen wirken sehr lebendig, sehr authentisch und sind gut in die Handlung integriert. Besonders sympathisch ist die Hauptperson des Romans, Andrea Loredan, der durch seine Hilfsbereitschaft und Korrektheit beeindruckt und der Sofia Ruis, einer weiteren Hauptfigur, oft auch entgegen aller Vernunft zu Hilfe eilt.

Leider hat der sehr umfangreiche Roman von nahezu 1000 Seiten auch seine Schwächen. Ausführliche Erklärungen über die Struktur und den Aufbau des venezianischen Staates und fortwährende Erläuterungen über die Rollen der einzelnen Rats- und Senatsmitglieder wirken mit der Zeit etwas ermüdend. Durch viele kleine Nebenhandlungen ist die Geschichte doch sehr in die Länge gezogen und die unzähligen lateinischen und italienischen Begriffe hemmen stark den Lesefluss. Da sehr viele Personen in das Geschehen eingebunden sind, wäre ein entsprechendes Personenregister wünschenswert. Der Schreibstil ist sehr fesselnd, jedoch nicht übermäßig anspruchsvoll, dennoch ist beim Lesen viel Konzentration erforderlich. Hilfreich ist ein Anhang, der den historischen Hintergrund Venedigs und der Serenissima um 1570 behandelt und dem sich ein Glossar über die wichtigsten Ausdrücke und Begriffe anschließt. Eine historische Karte Venedigs rundet das Werk ab.

Fazit: Ein fesselnder historischer Abenteuer- und Kriminalroman – empfehlenswert besonders für alle, die sich für die Geschichte Venedigs interessieren.