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Veröffentlicht am 08.02.2018

Rätsel-Krimi

Transalp
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Aus der Münchner Staatsbibliothek wird eine alte Handschrift des Nibelungenlieds gestohlen, die bis 1945 im Besitz Hitlers war und eine geheime Botschaft enthalten soll. Der Dieb ist schnell ausgemacht, ...

Aus der Münchner Staatsbibliothek wird eine alte Handschrift des Nibelungenlieds gestohlen, die bis 1945 im Besitz Hitlers war und eine geheime Botschaft enthalten soll. Der Dieb ist schnell ausgemacht, hat er doch einen deutlichen Fingerabdruck hinterlassen. Es ist Benno Spindler, ein Kunsträuber und „alter Kunde“ von Hauptkommissar Anselm Blank. Zusammen mit seiner Nachfolgerin, der attraktiven Stefanie Gärtner, macht sich der kurz vor der Pensionierung stehende Kommissar auf die Suche nach Spindler. Dieser veranstaltet mit Blank und Gärtner ein regelrechtes Katz- und Maus-Spiel, indem er offensichtliche Spuren hinterlässt und den beiden immer wieder neue Rätsel aufgibt. Der Weg führt sie quer über die Alpen bis Venedig. Doch die beiden Polizisten sind nicht die Einzigen, die Spindler verfolgen – eine internationale Verbrecherbande will auch in den Besitz von Hitlers „Vermächtnis“ kommen …

Der in München geborene und in Garmisch-Partenkirchen aufgewachsene Autor Marc Ritter schrieb bereits einige Kriminalromane, bevor 2012 sein erster digitaler Rätselkrimi "Transalp" erschien. Ritter ist passionierter Bergsteiger, Bergwanderer und Skitourengeher. Er ist verheiratet, Vater von fünf Kindern und wohnt in München.

Ein interessanter Plot, verbunden mit einer spannenden „Schnitzeljagd“ und eingefügten Rätselaufgaben. Der Kunsträuber hinterlässt auf seinem Weg immer wieder verschlüsselte Hinweise auf sein nächstes Ziel, welche von seinen Verfolgern gelöst werden müssen. Aber auch der Leser kann sich daran beteiligen, da die einzelnen Kapitel jeweils durch das entsprechende Rätsel verbunden sind. Dass sich der Autor in den Alpen bestens auskennt, ist in diesem Buch deutlich zu merken. Sehr exakt und anschaulich ist jeder Weg, jeder Berg und jede Hütte beschrieben, was den ansonsten flüssigen Schreibstil doch merklich ausbremst und den Lesefluss hemmt. Der rasante Showdown zum Abschluss stimmt wieder versöhnlich.

Fazit: Ein netter Krimi ohne großen Anspruch – ideal als Lektüre für zwischendurch.

Veröffentlicht am 25.01.2018

Verpasste Gelegenheiten – versäumte Augenblicke

Die Ordnung der Sterne über Como
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Seit sich seine Frau von ihm getrennt hat, findet der ohnehin labile und meist melancholische Pianist Tom Holler das Leben nicht mehr lebenswert. Während er gerade seinen Freitod vorbereitet bekommt er ...

Seit sich seine Frau von ihm getrennt hat, findet der ohnehin labile und meist melancholische Pianist Tom Holler das Leben nicht mehr lebenswert. Während er gerade seinen Freitod vorbereitet bekommt er einen Anruf vom Manager seiner Berliner Band, dass bald eine Konzerttour durch Italien stattfinden würde. Als kurz darauf auch Betty Morgenthal, eine frühere Freundin die jetzt in Neapel lebt, bei ihm anruft, ist sein Entschluss gefasst: der Tod muss warten. Der Weg in den Süden wird für Tom nun eine Reise in die Vergangenheit, eine Erinnerung an die unbeschwerte Zeit vor fünfzehn Jahren in Berlin, an die WG mit Betty und seinem besten Freund Marc Baldur, an die Ereignisse einer schicksalhaften Nacht in Como, nach der die bisherige Ordnung in ein Chaos verwandelt war und an den verhängnisvollen Ausflug zum Bernina-Gletscher, von dem Marc nicht mehr zurück kommen sollte …

Mit „Die Ordnung der Sterne über Como“ ist der 1971 in Würzburg geborenen Autorin Monika Zeiner ein bemerkenswerter Debütroman gelungen, der 2013 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand und den Publikumspreis der Lit.Cologne erhielt. Zeiner studierte in Berlin und Neapel Romanistik und Theaterwissenschaft, promovierte 2004 an der FU Berlin, erhielt einige Stipendien, schrieb mehrere Hörspiele und ist Sängerin und Texterin der Italo-Swing-Band Marinafon. Heute lebt sie mit Partner und zwei Kindern in Berlin.

Melancholie und Trauer, Glück und Lebensfreude, Liebe und Freundschaft, Versäumnisse und Schuld, alles ist in diesem Roman enthalten – und im Hintergrund die Musik, die die gesamte Geschichte gekonnt begleitet. Zwei Männer und eine Frau, Musiker, Komponist und Sängerin, deren Gemeinschaft unzerstörbar scheint, die aber Freundschaft und Liebe verwechseln und dadurch alles aufs Spiel setzen.

Der Schreibstil der Autorin ist von beeindruckender Intensität. Reich an philosophischen Gedankengängen, pathetischen Metaphern und ironischen Betrachtungen ist die Geschichte ein Balanceakt zwischen anspruchsvoller Literatur und Unterhaltungsroman. Es geschieht nicht sehr viel, die Handlung ist sparsam, es sind also eher die leisen Töne, die im Hintergrund eine anhaltende Spannung erzeugen. Was ist damals passiert und warum? Sehr gelungen sind auch die Landschaftsbeschreibungen und Milieustudien. Vielschichtig und differenziert, wenn auch nicht immer sympathisch, sind die Charaktere der Protagonisten. Gerade ihr oft widersprüchliches Verhalten macht für mich den Reiz der Geschichte aus.

Fazit: Ein bemerkenswertes Buch, das bei Lesern die das außergewöhnliche lieben noch lange nachhallen wird. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 24.12.2017

Schicksale ...

Lied der Weite
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Sie leben alle in Holt, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Colorado. Sie kennen sich kaum, und doch sind ihre Schicksale auf eine Weise miteinander verbunden, die sie anfangs noch nicht ahnen können. Da ...

Sie leben alle in Holt, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Colorado. Sie kennen sich kaum, und doch sind ihre Schicksale auf eine Weise miteinander verbunden, die sie anfangs noch nicht ahnen können. Da ist zunächst Guthrie, Lehrer an der Highschool, der von seiner Frau verlassen wird und nun eine neue Liebe sucht. Dann Ike und Bobby, die beiden zehn und neun Jahre alten Jungen des Paares, die von älteren Schülern aus Rache an ihrem Vater gemobbt und gequält werden, sich aber durchzusetzen lernen. Außerdem ist da noch Victoria, die sechzehnjährige Schülerin, schwanger, von ihrem Freund verlassen und von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt. Dann gibt es noch die McPherson-Brüder, zwei alte Männer mit einer kleinen Farm, aber mit großen Herzen. Ferner ist da noch Maggie Jones, eine Lehrerin, die sich mehr um die Sorgen anderer kümmert, als um ihre eigenen …

„Lied der Weite“ des US-Schriftstellers Kent Haruf (1943-2014) erschien in deutscher Sprache bereits 2001 unter dem Titel „Flüchtiges Glück“ und wurde jetzt vom Diogenes-Verlag neu überarbeitet und übersetzt. Die amerikanische Originalausgabe unter dem Titel „Plainsong“ stand 1999 auf der Shortlist des „National Book Award for Fiction“ und wurde ein Bestseller in den USA. Der in Colorado beheimatete Lehrer und Autor Kent Haruf schrieb insgesamt sechs Romane, die alle in der fiktiven Kleinstadt Holt spielen.

Der Schreibstil Harufs ist ruhig und distanziert. Es gelingt ihm großartig, Gefühle einfach und schön auszudrücken. Er fesselt den Leser an die Geschichte, ohne unnötige Spannung entstehen zu lassen. Nach kurzer Zeit hat man sich auch daran gewöhnt, dass die wörtlichen Reden nicht durch Satzzeichen hervorgehoben sind. Kurze Kapitel und knappe Dialoge erzeugen mit sparsamen Worten das unbestimmte Gefühl, dass bald noch etwas Entscheidendes passieren wird. Bemerkenswert ist der meist liebevolle und feinfühlige Umgang der Protagonisten untereinander. Doch man findet auch andere Töne. So kann man einige Szenen durchaus als kalt und hartherzig, ja manchmal sogar als brutal bezeichnen. Dennoch ist es ein Buch, das zufrieden und glücklich macht - das ich sehr gerne gelesen habe und sicher noch einmal zur Hand nehmen werde.

Veröffentlicht am 18.12.2017

Konflikte …

Souvenirs
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Er ist fünfundzwanzig Jahre alt und sucht noch nach einer Perspektive im Leben. Schriftsteller will er werden und berühmt, sein Job als Nachtportier in einem Pariser Hotel soll ihm das passende Ambiente ...

Er ist fünfundzwanzig Jahre alt und sucht noch nach einer Perspektive im Leben. Schriftsteller will er werden und berühmt, sein Job als Nachtportier in einem Pariser Hotel soll ihm das passende Ambiente dazu liefern. Doch es will nicht so recht voran gehen mit seinem Roman. Dann überstürzen sich plötzlich die Ereignisse und die Prioritäten im Leben verschieben sich. Der geliebte Großvater stirbt, seine Eltern leben sich auseinander, Vater geht in Rente, Mutter bekommt Depressionen, Großmutter verschwindet spurlos aus dem Altenheim und unser Held lernt endlich Louise, die Frau seines Lebens kennen

Der Autor David Foenkinos, geb. 28.10.1974 in Paris, studierte an der Sorbonne Literatur und Musik. Er hat nach eigenen Angaben elf Bücher geschrieben, die in vierzig Sprachen übersetzt wurden und für die er in Frankreich bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten hat. Einige seiner Romane hat er, zusammen mit seinem Bruder Stéphane, selbst verfilmt. Seine Werke seien nicht autobiografisch, wie er anlässlich einer Lesung 2013 in Weimer erklärte.

„Souvenirs“ ist die Geschichte dreier Generationen einer Familie, mitten aus dem Leben gegriffen, fesselnd, berührend und menschlich. Ein Buch über Altern und Krankheit, Abschied nehmen und Neuanfang, über Probleme in der Ehe und in der Liebe und über den Konflikt zwischen den Generationen in allgemeinen. Foenkinos‘ Schreibstil ist sehr poetisch, dabei trotz melancholischer Grundstimmung immer zuversichtlich und mit ironischem Humor gewürzt. Zwischen den einzelnen Kapiteln eingebunden findet man die „Souvenirs“, Gedanken und Erinnerungen bekannter und unbekannter Personen, die zuvor in der Erzählung erwähnt wurden und diese angenehm auflockern.

Anfangs wird das Geschehen aus Sicht des Enkels langsam und bedächtig erzählt, die Zeit rinnt gemächlich dahin, was ich persönlich sehr schön fand. Doch leider ändert sich dies ab etwa der Mitte des Buches. Die Zeit rast plötzlich dahin, man erfährt nur noch wenige Einzelheiten, und im Nu sind acht Jahre vergangen. Das war für mich unbefriedigend und mindert meiner Meinung nach den guten Gesamteindruck. Angenehmer Anfang – übereiltes Ende!

Fazit: Ein einfühlsamer und außergewöhnlicher Roman, ernsthaft und doch unterhaltend, der den Leser innehalten lässt und einlädt, über das eigene Verhältnis zu Eltern und Großeltern nachzudenken.

Veröffentlicht am 04.12.2017

Eineinhalb Lesejahre im Leben eines Autors …

Weniger reden und öfter mal in die Badewanne
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Der bekannte britische Schriftsteller und Drehbuchautor Nick Hornby plaudert hier mit dem Leser über Gott und die Welt, und natürlich über Bücher. Nicht über die, die er selbst geschrieben, sondern über ...

Der bekannte britische Schriftsteller und Drehbuchautor Nick Hornby plaudert hier mit dem Leser über Gott und die Welt, und natürlich über Bücher. Nicht über die, die er selbst geschrieben, sondern über Bücher, die er in einem Zeitraum von eineinhalb Jahren gekauft und gelesen, oder auch nicht gelesen hat. Es handelt sich hier um Auszüge einer Kolumne, die er schreibt und die in monatlichen Abständen in der britischen Zeitschrift The Believer erscheint.

In seiner bekannt humorvollen Art lässt er uns der Bücherfreund teilhaben an seinem Leben, seiner Arbeit, seiner Familie, seinen musikalischen Vorlieben und seinem Leseverhalten. Er lobt und kritisiert, warnt und gibt Empfehlungen, und macht so ganz nebenbei noch mehr Lust aufs Lesen und Büchersammeln. Zu Beginn jeden Kapitels, die in Monate aufgeteilt sind, sind die gekauften und die gelesenen Bücher des Autors aufgeführt. Eine Liste sämtlicher besprochenen Bücher findet sich am Schluss des Buches. Nicht auszuschließen ist, dass sich nach dieser Lektüre die Wunschliste oder der Stapel ungelesener Bücher bei manchem Leser deutlich erhöhen wird.

Fazit: Trotz einiger weitschweifiger Ausführungen oder auch (für mich) uninteressanter Themen ein unterhaltsames Büchlein.