Die berührende Geschichte einer wenig beachteten Künstlerin
Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen (Ikonen ihrer Zeit 6)„Liebe lässt sich nicht erklären. Es kümmert sie nicht, ob sie den guten Sitten entspricht. Sie kommt und vergeht, oder sie blüht ewig.“
Als der Kunstsammler Ernest Hoschede vor dem finanziellen Ruin ...
„Liebe lässt sich nicht erklären. Es kümmert sie nicht, ob sie den guten Sitten entspricht. Sie kommt und vergeht, oder sie blüht ewig.“
Als der Kunstsammler Ernest Hoschede vor dem finanziellen Ruin steht, bietet der Maler Claude Monet, Ernests Frau Alice und ihren Kindern Marthe, Blanche, Suzanne, Jacques, Germaine und Jean-Pierre an, bei seiner Familie zu leben. Nach dem Tod von Monets Frau Camille findet Monet Trost bei Alice, die beiden werden bald ein Liebespaar. Ernest und Alices Tochter Blanche ist sofort von Monets Bildern fasziniert und beginnt selbst zu malen. Sie beweist dabei ein erstaunliches Talent. Als Blanche sich in den amerikanischen Maler John Leslie Breck verliebt, möchte Claude Monet die Beziehung der beiden unter allen Umständen verhindern.
Claire Paulin erzählt bildhaft, anschaulich, angenehm leicht und chronologisch in der Vergangenheit. Wenn sie von der Natur und der Malerei schwärmt, hatte ich sofort ein klares Bild vor Augen, eine genaue Vorstellung von dem, was Blanche gerade sieht und empfindet: „Seichte Wogen schwappten an Land. Das Wasser rollte über den hellen Sand der Böschung hinauf, lief zungenförmig aus und floss glitzernd zurück, wo sich schon die nächste Welle aufbäumte. Sie wünschte, sie hätte mehr als nur ihre Pastellkreiden, und sehnte sich nach dem matten Glanz der Ölfarben, um die Schönheit der Wellen festhalten zu können.“ Das Cover - Blanche malend vor einem See mit Seerosen stehend- passt perfekt zum Buch und lässt auf den ersten Blick an Monets Gemälde denken.
Blanche ist eine sehr interessante Persönlichkeit. Sie ist eine ausgesprochen talentierte Malerin, lernt von Claude Monet nur durch Beobachtung, sie wird nie direkt von ihm unterrichtet.
Blanche steckt voller Leidenschaft für das Malen und voller Liebe für andere wie ihre Schwester Suzu, ihren Vater oder den amerikanischen Maler John Breck. Als sie das erste Mal das Haus in Giverny erblickt, ist sie auch sofort in das Haus und die Landschaft drumherum verliebt. Blanche ist außergewöhnlich mitfühlend und rücksichtsvoll, übernimmt Verantwortung für andere. Ihr Vater sagt zu ihr: „Dein Herz ist so groß wie der Ozean und dafür liebe ich dich.“ Von ihrem leiblichen Vater fühlt Blanche sich verstanden. Sie leidet sehr darunter, dass sie ihn selten sieht, fühlt sich zerrissen, seit die Familie bei Monet lebt. Blanche ist auf der Suche, zweifelt: „Würde sie jemals etwas finden, woran sie sich für immer festhalten könnte? Würde sie je ein Tor durchschreiten, hinter dem sich eine bessere Welt verbarg?“
Zu Monet hat Blanche ein zwiespältiges Verhältnis. Er übt eine unerklärliche Anziehung auf sie aus, verkörpert Stärke, ist klug und charmant, hat Temperament, neigt aber auch zu cholerischen Anfällen. Dass Monet besessen von der Malerei ist, kann Blanche am allerbesten verstehen, geht es ihr doch ähnlich. Monet ist aber bei all der Großzügigkeit und Fürsorglichkeit gegenüber Blanche und ihrer Familie auch manchmal ruhelos, perfektionistisch, dominant und herrisch. „Monet hat alles und jeden im Griff.“ Blanche steht zeitlebens in seinem Schatten.
Claire Paulin zeichnet das Bild einer bemerkenswerten Frau, die sich selbst für andere zurücknimmt, voller Mitgefühl stets soviel Rücksicht nimmt, dass sie ihr eigenes Glück aus den Augen verliert. Die Romanbiographie hat ein sehr langsames Erzähltempo, liest sich ruhig und fließend, einfach schön, gleich einem Bild von Blanche oder Monet, der im Buch sehr nachvollziehbar und differenziert charakterisiert wird. Ein Buch zum Entspannen und Genießen.
Ich kannte Blanche Monet vorher nicht, aber ihre bewegende Geschichte hat es absolut verdient, gelesen und erzählt zu werden.