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Veröffentlicht am 05.08.2022

Steht dem ersten Band in nichts nach - ein monstermäßig grandioser Bücherschatz

Memento Monstrum (Bd. 2)
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„Ach, weißt du“, erwiderte ich. „Es muss ja nicht jeder alles können. Und es kann auch nicht jeder berühmt werden. Aber das ist nicht schlimm. Es gibt viel wichtigere Sachen im Leben, als berühmt zu werden.“

Nach ...

„Ach, weißt du“, erwiderte ich. „Es muss ja nicht jeder alles können. Und es kann auch nicht jeder berühmt werden. Aber das ist nicht schlimm. Es gibt viel wichtigere Sachen im Leben, als berühmt zu werden.“

Nach der großen Wiedervereinigung aller Monster mit anschließender Feier bleiben die Gäste noch ein Weilchen in Draculas Schloß bei Vlad und seinen Enkeln. Rhesus, Vira und Globinchen können immer noch nicht genug von Opa Vlads Geschichten bekommen. Vlad hat zum Glück noch mehr spannende Erzählungen auf Lager und lässt sich nicht lange bitten, seine Erlebnisse mit dem Riesenaffen Kong zum Besten zu geben. Und auch Yetis Vergangenheit ist ziemlich ereignisreich, sie erzählt allen von einem ganz besonderen Weggefährten. Schließlich erfahren die Kids auch noch, wie Van Helsing zum Zombie wurde.

Jochen Till schreibt gewohnt flüssig, kindgemäß und sehr witzig, abwechselnd in der Gegenwart und in der Vergangenheit. Seine originellen Wort- und Sprachspielereien machen großen Spaß, so z.B. Globinchens herrliche Verhörer wie „Weltwirtschafstfrise“ statt „Weltwirtschaftskrise“. Auch der Name „BlutTube“ für das vampirische Pendant zu YouTube sorgte in der Vorleserunde für viele Schmunzler. Wie auch beim ersten Band ist die äußerliche Gestaltung perfekt gelungen: der Einband mit Goldprägung, ein ansprechendes Cover mit Bildern von Kong, Opa Vlad und Globinchen und Wiebke Rauers einfach zauberhafte, detaillierte, kunstvolle Illustrationen, die man nicht oft genug bewundern kann. Das Buch ist bewusst auf alt gemacht, mitunter finden sich auf den Seiten Abbildung von erstaunlich real wirkenden Insekten. Dieses Buch stellt schon äußerlich einen echten Bücherschatz dar.
Die Schrift im Blocksatz ist normal groß gedruckt, sie hat einen größeren Zeilenabstand und recht breite Seitenränder, so ist sie angenehm zu lesen.
Zum Vorlesen und Selberlesen eignet sich das Buch für unerschrockene Kinder ab acht Jahren.

Was für monstermäßig starke Figuren! Da ist zunächst Vampir Vlad, der mit den Erlebnissen in seinem Leben gut und gerne zig Bücher füllen könnte, schließlich ist er ja schon 589 Jahre alt und geht auf die 600 zu. Opa verfügt über ein ausgesprochenes Erzähltalent und kann mit seinen alten Geschichten selbst die Pubertierenden unter seinen Enkelkinder fesseln. Enkel Rhesus kennt sich mit Technik aus und ist viel in den Sozialen Medien unterwegs, Sandwichkind Vira ist sehr schlau und Nesthäkchen Globinchen frech, quirlig und überhaupt nicht auf den Mund gefallen. Zur Abendstückgesellschaft gehören noch eine imposante Spinne, ein Werwolf, ein Yeti, ein Zombie, ein Unsichtbarer und ein Fischmensch. Aber das sind längst nicht alle im Buch vorkommenden Monster. Bereichert wird das Ganze zusätzlich noch durch einen weltberühmten Riesenaffen und Frankensteins Schöpfung. Alles waschechte und ziemlich liebenswerte Gruselgestalten!

Sowohl die Rahmenhandlung mit den erfrischenden Gesprächen der kleinen und großen Anwesenden als auch die fast märchenhaft anmutenden Geschichten mit ihren klugen Botschaften unterhalten auf allerfeinste Weise. King Kong erkennt, was wirklich wichtig ist im Leben, Yeti blickt ins Innere von Menschen und lässt sich nicht von Äußerlichkeiten blenden und Van Helsing erfährt, dass ein Pakt mit dem Teufel immer Nachteile hat. Für Kinder sind die mitreißenden, phantasievollen Abenteuergeschichten der faszinierenden Figuren vermutlich neu. Erwachsenen werden die Geschichten der Protagonisten auf etwas andere Art kennen und sich sehr über Jochen Tills Neuinterpretationen und die zahlreichen Anspielungen aus Literatur und Kultur freuen. Ein Buch, das Jung und Alt gleichermaßen Vergnügen bereitet. Auch der zweite Band von Memento Monstrum „Achtung haarig“ ist rundum gelungen: eine hochwertige Aufmachung, spannende Geschichten mit Botschaften zum Nachdenken, bekannte, originelle und witzige Charaktere, eine herrliche Sprache, allerlei Gruseliges zum Lachen und wunderbare Illustrationen. Eine Zierde in jedem Bücherschrank und ein Muss für alle, die keine Angst vor Monstern haben oder ihre Angst vor gruseligen Kreaturen verlieren wollen.

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Veröffentlicht am 03.08.2022

Ein Plädoyer für Optimismus - buntes, fröhliches Kinderbuch mit liebenswerter Hauptfigur

Ich bin Joy
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„ »Wir sind klein, aber wir sind nicht niemand«, sage ich. »Stimmt.« »Und etwas ist immer besser als nichts«, sage ich.“

Joy Applebloom ist ein durch und durch fröhliches Mädchen, das stets in allem das ...

„ »Wir sind klein, aber wir sind nicht niemand«, sage ich. »Stimmt.« »Und etwas ist immer besser als nichts«, sage ich.“

Joy Applebloom ist ein durch und durch fröhliches Mädchen, das stets in allem das Positive sieht. Bisher hatten Joy und ihre Familie keinen festen Wohnsitz, waren als Weltenbummler überall in der Welt zu Hause. Jetzt sind sie zu Joys Großvater, der mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat, ins verregnete England gezogen. Eigentlich freut sich Joy, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Schule besuchen soll, doch die Eingewöhnung verläuft viel schwieriger als gedacht. An der Schule gefällt ihr zunächst nur der alte Eichenbaum auf dem Pausenhof. Doch dann soll ausgerechnet der einem Schulneubau weichen. Das muss Joy auf jeden Fall verhindern.

Autorin Jenny Valentine schreibt aus Joys Sicht in Ich-Form. Sie erzählt erfrischend witzig und herrlich direkt. Ihre bildhafte, individuelle Sprache macht großen Spaß, zum Beispiel erfindet Joy stets einen der Situation angepassten neuen Zweitnamen für ihren Großvater. Die Art wie sich Joy ausdrückt, lässt ohne Zweifel Rückschlüsse auf ihren Charakter zu. Auf mich wirkt die Erzählweise daher sehr authentisch. Die Schrift ist etwas größer gedruckt. Claire Lefevre hat für die Geschichte wenige klare, zum Inhalt passende Bilder von Wolken, dem Baum und Joy gezeichnet. Das farbenfrohe, fröhliche Cover entspricht perfekt dem Inhalt, der Botschaft und der Stimmung der Geschichte. Das Buch richtet sich an Kinder ab neun Jahren.

Joy mit ihrem unverwüstlichem Optimismus, ihrer Tatkraft und ihrer guten Laune muss man einfach mögen. Sie glaubt ganz fest an „Alltagsmagie“, daran, dass das Leben viele besondere Überraschungen bereithält, die man nur erkennen muss. Joy ist ein Freigeist mit viel Humor, braucht Bewegung, ist kreativ, einfallsreich, leidenschaftlich, erfasst scharfsinnig vieles auf den ersten Blick und bringt es treffend auf den Punkt. Nur mit manchen starren Regeln in der Schule tut sich Joy schwer. Schule ist für sie, die überall einen Silberstreif finden kann, leider eine „silberstreifenfreie“ Zone“.
Hat Joys Schwester wirklich recht, wenn sie zu Joy sagt, Joy „und die Schule, das passt einfach nicht? »Es ist wie bei Schneewittchen: Du bist die hässliche Schwester, und die Schule ist der Schuh.« Oder liegt eher Joy richtig, wenn sie denkt: „Vielleicht ist es ja genau andersherum.“?
Joys Großvater wirkt anfangs recht nüchtern, streng, sehr organisiert. Er hat viele Regeln, z.B. wie Hausarbeit richtig erledigt oder wann gesungen wird. Seine Einstellung scheint oft ziemlich gegensätzlich zu Joys. Doch möglicherweise wirken Joys Zuversicht und ihre gute Laune ja auch ansteckend…
Auch Joys spaßbefreite Lehrerin Mrs. Hunter könnte sich eine Scheibe von Joys Unbeschwertheit abschneiden..

Ob Joy sich in ihrer neuen Schule doch noch einleben und dort ihren Silberstreifen finden wird? Und was passiert mit der Eiche?
Die quirlige Hauptfigur Joy lässt sich nicht unterkriegen und beeinflusst auch andere mit ihrem Optimismus. Sie resigniert nicht, sondern stellt sich unangenehmen Situationen und versucht Schwierigkeiten und Hindernisse zu bewältigen. Von ihrer unbekümmerten, direkten Art können wir alle sicher noch etwas lernen. Probleme gibt es mehr als genug im Leben und nicht alle sind zu lösen. Aber dass es sich immer lohnt, sie anzugehen und Ungerechtigkeiten zu bekämpfen, ist eine wunderbare Botschaft an die Leserinnen und Leser. So lässt sich schon einiges verändern. Joy macht einfach Spaß, gute Laune und glücklich, ihre Geschichte auch.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Enttäuschendes Erstlesebuch mit kaum Spannung und wenig Anspruch

PAW Patrol Erstlesebuch: Die Fellfreunde retten den Tag
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Die Paw Patrol retten den Tag und zeigen in zwei Geschichten, was sie alles drauf haben. 1. „Der kleine Oktopus“: Kapitän Tollpatschs Boot wird von einem riesigen Oktopus festgehalten. Die Paw Patrol greift ...

Die Paw Patrol retten den Tag und zeigen in zwei Geschichten, was sie alles drauf haben. 1. „Der kleine Oktopus“: Kapitän Tollpatschs Boot wird von einem riesigen Oktopus festgehalten. Die Paw Patrol greift ein. Die tierischen Helfer möchten Tollpatsch und sein Boot retten und finden dabei heraus, was mit dem Oktopus los ist.
2. „Flugzeug in Not“: Bürgermeisterin Gutherzig nimmt bei Lotta Flugstunden, doch während des Flugs kommt es zu einem Unglück. Das Flugzeug braucht sofort eine Reparatur, Skye und Rocky sind sofort zur Stelle und versuchen zu helfen. Ob sie es schaffen?

Die Sprache ist ausgesprochen einfach gehalten, es werden keine ausschmückenden Wörter verwendet. Die Sätze sind also sehr kurz und auf das absolut Notwendige reduziert. Alles liest sich eher wie eine Inhaltsangabe als wie eine Geschichte. Die englischen Aussprachen der Namen werden in der Personenübersicht am Anfang in Lautsprache in Klammern hinzugefügt. Die Namen der Mitglieder der tierischen Patrouille sind in der Geschichte zudem in unterschiedlichen Farben gedruckt, entsprechend der Kleidungsfarbe der Tiere, so erkennen Kinder schon ohne genau zu lesen, um wen es gerade geht und müssen sich nicht durch die Schreibweise, die nicht der Aussprache entspricht, verwirren lassen. Das ist durchaus sinnvoll.
Die Schrift ist groß gedruckt. Meist gibt es nur einen einzigen Satz pro Seite. Viele bunte Bilder zeigen die Handlung deutlich, so dass der Sinn im Wesentlichen auch ohne Worte zu verstehen ist. Am Ende schließt sich eine Rätselseite mit Purzelwörtern an. Das Buch richtet sich an Leseanfänger ab sechs Jahren zum Lesenlernen und üben.

Die Figuren werden auf der ersten Seite mit Bild vorgestellt und sind den meisten Kindern sicher schon bekannt. Die Paw Patrol besteht aus Hunden, die wie Superhelden in Notsituationen helfen. Diese kommen bei tierlieben Kindern bestimmt gut an.

Das Buch „Die Fellfreunde retten den Tag“ ist mein erster Kontakt mit der Paw Patrol. Mir erschließt sich die Faszination, die von dieser Serie ausgeht, nach dem Lesen dieses Buchs absolut nicht. Die Handlung ist leider ziemlich plump, schlicht und wenig originell, die Sprache ebenso. Auch wenn es sich um ein Erstlesebuch handelt, hätte es meiner Meinung nicht geschadet, die Sätze zumindest ein wenig abwechslungsreicher zu formulieren. Lesen sollte immer auch der Wortschatzerweiterung dienen.
Für Fans der tierischen Rettungstruppe ist es sicherlich motivierend, eine Geschichte der Serie selber lesen zu können. Für alle anderen gibt es meiner Meinung nach aber deutlich raffiniertere, einfallsreichere und unterhaltsamere Erstlesegeschichten.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Campingurlaub mit Fabelwesen - rundum gelungene Fortsetzung mit viel Witz, Herz und Wunder

Emmi & Einschwein 6. Fabelwesen zelten selten
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Emmi, Einschwein und die restliche Familie Brix freuen sich sehr auf den kommenden Urlaub am Meer, doch dann trüben zwei Hiobsbotschaften die Stimmung gewaltig. Einschweins kulinarische Magie scheint irgendwie ...

Emmi, Einschwein und die restliche Familie Brix freuen sich sehr auf den kommenden Urlaub am Meer, doch dann trüben zwei Hiobsbotschaften die Stimmung gewaltig. Einschweins kulinarische Magie scheint irgendwie kaputt - es zaubert nur noch saure Gurken. Und der Fabelbaum der Familie Brix auf der Brombeerlichtung im Fabelwald soll abgeholzt werden. Das darf auf keinen Fall passieren. Kurzerhand wird umdisponiert und statt Ferien am Meer steht nun Protestcamping im Wald auf dem Programm. Ob sich die Abholzung dadurch aufhalten lässt?

Anna Böhm schreibt gewohnt flüssig, gut verständlich, anschaulich, witzig und sehr kindgemäß. Die ganz eigenen Wortkreationen und Einschweins kreative Wortspiele machen immer wieder Spaß. Schon der gereimte Titel des Buchs „Fabelwesen zelten selten“ verspricht viel Unterhaltung. Auch die lustigen Kapitelüberschriften wie „Dieses Kapitel fährt woandershin“ zeigen, dass es hier besonders originell zugeht. Susanne Göhlichs Bilder illustrieren die Geschichte sehr passend. Die Zeichnungen sehen drollig aus, sind voller Dynamik und lassen gleich erahnen, wie es in Wichtelstadt aussieht. Die Schrift ist normal groß gedruckt, das Buch richtet sich an selberlesende Kinder ab acht Jahren, zum Vorlesen ist es auch schon für jüngere Zuhörer geeignet.

Es gibt wohl kaum Kinderbücher mit abwechslungs- und einfallsreicherer Personenauswahl als die Bücher der Einschwein-Reihe. Da jeder Bewohner von Wichtelstadt im Alter von zehn Jahren sein eigenes Fabelwesen bekommt, tummeln sich im Ort die schillerndsten, buntesten und skurrilsten Charaktere. Einschwein ist zu allen nett und freundlich und hat immer eine gute Idee auf Lager. Diesmal muss es lernen, dass es nicht immer nur darum geht, es allen recht zu machen, sondern auch mal seinen eigenen Bedürfnissen zu folgen. Denn „Einschwein ist schließlich kein Einkaufsladen“. Das niedliche Fabelschwein muss man wie seine unkomplizierte, patente Gefährtin Emmi einfach mögen. Die beiden lernen erneut besondere Fabelwesen kennen wie den fleißigen Schuftinger Scholli oder die Gefühlsfee Pinea, die auf den Köpfen der Personen lesen kann wie in einem Buch. Und das sind nur zwei der phantastischen Geschöpfe, die oft für schräg-komische Situationen sorgen.

Was ist nur mit Einschwein los? Und was hat es mit der geplanten Baumfällung auf sich? Einschwein und Emmi erleben ein einzigartiges, magisches Abenteuer, diesmal mit Zelt, Wald, natürlich allerlei verschiedenen Fabelwesen, wichtigen Wichtelstädtern, viel Humor und Herz. Die Familie Brix geht auf Wollen-Urlaub, die Geschichte befasst sich mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen, die von anderen akzeptiert werden müssen, aber manchmal auch ihre Grenzen haben. Ebenso wird das Thema Umweltschutz angesprochen. Herrlich unterhaltsam zudem die Anspielungen auf absurde Ämterbürokratie, der man selbst in Wichtelstadt nicht entkommt. Hier ist es zum Beispiel per Antrag möglich, seinen idyllischen Fabelort, der Ort, in dem die Kinder der Familien zum ersten Mal auf ihr Fabelwesen treffen, in eine Mehrzweckhalle neben der Toilette zu verlegen.
Das lange Warten auf ein neues Buch der Reihe hat sich definitiv gelohnt. „Fabelwesen zelten selten“ ist ein rundum gelungenes, fröhliches, zauberhaftes, phantasievolles und außergewöhnlich charmantes Kinderbuch. Wir können von Einschwein einfach nicht genug bekommen.

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Veröffentlicht am 02.08.2022

Kein Jane-Austen-Lesegenuss, eher eine durchschnittliche Romanbiographie

Jane Austen und die Kunst der Worte
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„Was immer ihr geschah, sie hatte einen Ort, an den sie gehen konnte. In ihre Welt, jene, die sie anderen nahebringen konnte, indem sie beschrieb, was sie dort hörte, was sie sah, was die darin lebenden ...

„Was immer ihr geschah, sie hatte einen Ort, an den sie gehen konnte. In ihre Welt, jene, die sie anderen nahebringen konnte, indem sie beschrieb, was sie dort hörte, was sie sah, was die darin lebenden Figuren empfanden. Manchmal war ihr, als sei diese Welt ihr die liebere, während ihr die Wirklichkeit zu beschwerlich und traurig erschien, um der anderen je wahrhaft Konkurrenz zu machen.“

Jane Austen wächst als Pfarrerstochter im englischen Steventon auf. Ihre Eltern legen Wert darauf, dass sie Bildung erhält und viel liest. Doch Janes wahre Leidenschaft ist das Schreiben. Sie träumt davon, Schriftstellerin zu werden, etwas zu veröffentlichen. Als sich Janes Schwester Cass verlobt, fürchtet Jane, dass sie von ihrer Mutter ebenfalls zu einer Heirat gedrängt wird. Dabei möchte sie viel lieber nur von der Liebe schreiben. Doch dann verliebt sie sich tatsächlich selbst…

Autorin Catherine Bell, das Pseudonym der Schriftstellerin Kerstin Sgonina, erzählt aus Janes Perspektive in der ersten Person. Die Geschichte ist gut verständlich zu lesen, die Sprache wirkt aber, wenn man den Sprachstil mit den Romanen Jane Austens vergleicht, nicht ganz stimmig und authentisch, insgesamt etwas zu modern. Die Geschichte wird nicht durchgehend chronologisch geschildert, teils „springt“ die Handlung in den Zeiten hin und her. Mitunter werden Auszüge aus Janes Werken eingeschoben, die zur entsprechenden Szene vorher passen.

Jane Austen ist eine hochinteressante Protagonistin. Die intelligente Frau verfügt über eine besondere Beobachtungsgabe, ist ihrer Zeit definitiv voraus, denn sie strebt nach Selbstentfaltung und nicht nur nach der Ehe. Zu ihrer Mutter, die sie zwar in ihrem Bildungshunger unterstützt, aber sich dennoch eine Verlobung und Absicherung für ihr Tochter wünscht, hat sie ein kompliziertes Verhältnis. Jane hat viel Phantasie, schafft sich durch das Schreiben ihre eigene Welt:
„Wenn ich schreibe, ist es, als habe die Welt gewechselt. Und diese Welt verstehe ich besser als die, in der du und ich gerade herumlaufen.“ Auch wenn mir die Jane in diesem Buch durchaus sympathisch war, stelle ich sie mir noch lebendiger, scharfzüngiger und erfrischender vor, als sie in diesem Roman rüberkommt.

Als Liebhaberin sämtlicher Jane Austen-Romane war ich sehr gespannt auf diese Romanbiographie über die Frau hinter den großen Werken. Leider ist das Leseerlebnis kein Vergleich zu ihren Romane. Ich fand trotz des ansprechenden Themas keinen rechten Zugang zum Buch, mir fehlte ein deutlicher Spannungsaufbau. Die Geschichte war oft mehr zähflüssig als flüssig zu lesen. Einige Stellen überzeugten durchaus. Dass beschrieben wird, wie Jane auf die Ideen für ihre literarischen Figuren kommt, dass ihr Elizabeth Bennet gar erscheint und ihr eigenes Leben kommentiert, war beispielsweise für mich eine spannende Vorstellung. Dennoch habe ich lange für den Roman gebraucht. Er vermochte mich längst nicht so zu fesseln wie „Verstand und Gefühl“ oder „Stolz und Vorurteil“. Insgesamt eine durchschnittliche Romanbiographie, die zwar schön zeigt, dass zu einem erfüllten Leben auch damals nicht unbedingt eine Ehe gehörte, sondern dass es Jane auch auf andere Weise gelingt, glücklich zu werden, aber bei der der Funke, die Emotionen und die Leidenschaft, die Jane Austen für mich ausmachen, einfach nicht recht überspringen wollten.

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