Profilbild von Hyperventilea

Hyperventilea

Lesejury Star
offline

Hyperventilea ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Hyperventilea über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2021

Viel Action, aber die meiste Zeit dennoch nicht mitreißend

Die Verlorenen
0

Seit dem Verschwinden seines kleinen Sohns Theo vor zehn Jahren ist der Londoner Polizist Jonah Colley nicht mehr derselbe. Seine Ehe zerbrach und auch mit seinem ehemaligen besten Freund Gavin hat er ...

Seit dem Verschwinden seines kleinen Sohns Theo vor zehn Jahren ist der Londoner Polizist Jonah Colley nicht mehr derselbe. Seine Ehe zerbrach und auch mit seinem ehemaligen besten Freund Gavin hat er seit langem keinen Kontakt mehr. Jetzt meldet der sich plötzlich bei Jonah und bittet ihn um ein Treffen. Doch am Treffpunkt findet Jonah nur Gavins Leiche und drei weitere Opfer vor. Jonah selbst wird niedergeschlagen, die ermittelnden Polizisten zweifeln aber an seiner Glaubwürdigkeit. Jonah forscht auf eigene Faust nach und gerät dabei tief in seine eigene Vergangenheit: Was geschah damals wirklich mit seinem Sohn und besteht ein Zusammenhang mit Gavins Tod?

Simon Becketts Schreibstil ist recht einfach, mit kurzen Sätzen und viel wörtlicher Rede. Der Text ist gut verständlich, mitunter wirken die doch sehr schlichten Formulierungen etwas holprig und steif. Beckett erzählt meist chronologisch, es werden aber auch Rückblenden an die Zeit von vor zehn Jahren eingeschoben. So werden der aktuelle Fall um Gavins Tod und Theos Verschwinden in Zusammenhang gesetzt.

Jonah Colley ist unglücklich, wirkt gebrochen, kaputt. Wie ein Getriebener versucht er, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, verhält sich dabei nicht immer vernünftig. Er scheint manchmal etwas naiv und unbedacht und schlittert so immer wieder in gefährliche Situationen. Bei seiner persönlichen Geschichte ist Jonahs Verhalten sicher teilweise verständlich. Obwohl mir sein Schicksal sehr leid tat, fand ich keinen richtigen Zugang zu Jonah. Er wurde mir zu oberflächlich und unklar dargestellt, ich konnte kein „tieferes“ Bild von ihm entwickeln, Jonah war für mich nur schwer zu fassen.

Auch wenn der Roman „leicht“ zu lesen ist, konnte er mich erst auf den letzten paar Seiten packen. Ich empfand den Plot durchaus als raffiniert und abwechslungsreich - obgleich ich es sonst lieber „klassischer“ und übersichtlicher mag - kam aber leider einfach nicht richtig ins Buch hinein, fand keinen Bezug zur Hauptfigur und zum Fall. Trotz der vielen Action und einiger unerwarteter Wendungen wurde ich von der Geschichte nicht mitgerissen. Mich hat der Auftakt dieser Thrillerserie insgesamt nicht überzeugen können, an Becketts „Die Chemie des Todes“ kommt „Die Verlorenen“ trotz des überraschenden Finales nicht heran. Am Schluss bleibt manches ungelöst, Potential für die Fortsetzung ist definitiv vorhanden. Ich bin mir aber nicht sicher, ob ich den Nachfolger lesen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.10.2021

Weihnachten in Sommerby - ein Schneesturm, allerhand Aufregung und echtes Weihnachtsgefühl

Sommerby 3. Für immer Sommerby
0

„Und zum Glück ist da jetzt wirklich wieder dieses Gefühl, auf das sie bis eben vergeblich gewartet hat, zuerst auf der verregneten Fahrt und dann hier in Matsch und Grau. Das wunderbare Sommerby-Glücksgefühl. ...

„Und zum Glück ist da jetzt wirklich wieder dieses Gefühl, auf das sie bis eben vergeblich gewartet hat, zuerst auf der verregneten Fahrt und dann hier in Matsch und Grau. Das wunderbare Sommerby-Glücksgefühl. Ich bin wieder hier!, denkt Martha. Ich bin tatsächlich wieder hier!“

Weihnachten in Sommerby! Mats, Mikkel und Martha freuen sich riesig, dass sie mit ihren Eltern die Feiertage bei Oma Inge verbringen dürfen. Doch Ruhe und Besinnlichkeit wollen sich zunächst nicht einstellen. Die Nachricht, dass die Steuermannsinsel verkauft werden soll, trübt das Glück. Was soll da nur mit Aylin, Enes und Dilara werden? Dann beginnt es auch noch zu schneien. Und zwar ziemlich heftig, Sommerby versinkt unter einer tiefen Schneedecke, es ist kein Durchkommen mehr. Dass so ein Schneesturm auch große Gefahr bedeutet, müssen Mikkel und Mats am eigenen Leib erfahren….

Kirsten Boie erzählt klar, direkt und kindgemäß, sie wechselt immer wieder die Perspektive, schreibt mal aus Mats, mal aus Mikkels, mal aus Marthas Sicht, gibt dann die Gedanken und Gefühle der Kinder wieder. Dabei formuliert sie so, wie Kinder eben reden. Der Sprachstil mag am Anfang gewöhnungsbedürftig sein, enthält er doch viele umgangssprachlichen Ausdrücke, er wirkt aber sehr authentisch. Die Geschichte lässt sich flüssig vorlesen. Auch wenn die Leser nicht direkt angesprochen werden, hatten meine Kinder und ich beim Lesen doch das Gefühl, dass die Geschichte nur für uns persönlich erzählt wird, als würden die Hauptfiguren exklusiv für uns das Geschehen schildern und immer wieder zusätzliche Erklärungen liefern, damit wir uns auch wirklich „mitten drin“ in der Handlung fühlen können.
Die hübsch gezeichneten Vignetten von Verena Körting am Anfang der Kapitel zeigen idyllische kleine Winter- und Weihnachtsmotive, strahlen Gemütlichkeit aus und versetzen in Weihnachtsstimmung.
Das Buch richtet sich an Leser aller Altersgruppe, ein Familienbuch. Da die Kapitel recht umfangreich sind und die Schrift normal groß gedruckt ist, eignet sich das Buch für Selberleser ab zehn Jahren. Aber auch jüngere Kinder werden beim Vorlesen Freude an der Geschichte haben. Sie werden sich allerdings eher für Mats und Mikkels Erlebnisse als für Marthas Gefühlschaos interessieren.

Die besonderen Charaktere machen die Sommerby-Reihe aus. Jeder Leser, je nach Alter, wird seine persönliche Lieblingsfigur finden. Da sind zunächst Mats und Dilara, die sich sehr gerne mögen, aber dennoch immer streiten müssen, was uns wiederholt zum Schmunzeln brachte. Die beiden erinnern fast an ein altes Ehepaar. Beide sind selbstbewusst, frech und aufgeweckt. Mikkel ist ein typisches Sandwichkind, so feinfühlig und rücksichtsvoll. Er hat ein großes Herz für alle, vor allem für Tiere, kann aber auch richtig wütend werden. Martha ist klug, kann gut einschätzen, was in anderen vorgeht. Sie bringt die Dinge oft auf den Punkt, scheint aber manchmal auch recht naiv. Martha steckt mitten in der Pubertät und im Gefühlschaos, sie weiß nicht genau, was sie gerade fühlt. Sie kümmert sich oft rührend um ihre kleinen Brüder, Mats und und Mikkel können sich immer auf Martha verlassen, auch wenn die typischen Geschwisterkabbeleien natürlich nicht ausbleiben. Und dann ist da natürlich die pragmatische Oma Inge, die stets zupackt und manchmal recht harsch und burschikos wirkt, aber ihre Enkel sehr liebt und das Herz am rechten Fleck hat. Mit ihrer Tochter Leonie gibt es einige grundlegende Konflikte, aber Inge zeigt sich durchaus lernfähig und kompromissbereit. Über ihren Schatten zu springen, fällt ihr allerdings schwer, weil sie genauso stur sein kann, wie ihre Tochter.


Da ist es wieder dieses ganz besondere Sommerby-Gefühl: Abenteuer und Aufregung und einerseits und eine ganz eigene Gemütlichkeit und ein spürbarer Zusammenhalt andererseits. In Sommerby werden Traditionen hochgehalten, es wird noch Plattdeutsch gesprochen. Am Ende gibt es sogar ein Glossar wichtiger Ausdrücke aus dem Plattdeutschen, was uns gut gefallen hat. Sommerby ist wie eine andere Welt, in Sommerby ticken die Uhren anders, die Natur spielt eine viel größere Rolle als in der Stadt, die Kinder erleben den Alltag hier viel intensiver. „Für immer Sommerby“ ist ein wunderbar weises Buch, in dem so viel steckt: erste Liebe, Gefühlschaos und Erwachsenenwerden. Es geht zudem um Freundschaft und Familie, um ganz verschiedenartige Beziehungen. Besonders das schwierige, konfliktbehaftete Verhältnis zwischen Mutter Inge und Tochter Leonie wird sehr realistisch dargestellt. Während die konservative Inge sparsam lebt, Traditionen pflegt, Kindern viel Eigenverantwortung übertragt und ihr Lametta seit Jahren aufhebt, geht Städterin Leonie mit der Zeit, braucht Internet, findet Veränderungen und Neues wichtig und notwendig und traut ihren Kindern oft wenig zu. Da treffen zwei sehr unterschiedliche Einstellungen aufeinander.
Aber Weihnachten ist die Zeit aufeinander zuzugehen. Und beide Frauen nähern sich auf leise, sachte Weise einander an. Auch der dritte Sommerby-Band war für uns wie Urlaub, eine perfekte Weihnachtsgeschichte, die daran erinnert, worum es an Weihnachten wirklich geht: Gemeinschaft, Liebe, Familie. Sommerby ist Glück zum Lesen. Diese Reihe können wir jedem, der manchmal mehr „Hygge“ im Leben braucht, nur empfehlen. Und wer braucht das nicht?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.10.2021

James Bond trifft auf Sherlock Holmes: Malvina ist zurück - ein fulminantes Krimi-Grusel- Abenteuer

Malvina Moorwood (Bd. 2)
0

„Wenn die Uhren halten an, kommt der dünne Mann. Greift sodann mit des Todes Finger an.“

Auf Moorwood Castle, dem hässlichsten Schloss Englands, will einfach keine Ruhe einkehren. Bei den Bauarbeiten ...

„Wenn die Uhren halten an, kommt der dünne Mann. Greift sodann mit des Todes Finger an.“

Auf Moorwood Castle, dem hässlichsten Schloss Englands, will einfach keine Ruhe einkehren. Bei den Bauarbeiten für den neuen Pool wird ein Skelett gefunden und Opa Moorwood gerät unter Mordverdacht. Doch anstatt die Sache aufzuklären, macht sich Opa kurzerhand aus dem Staub. Also ist es Malvinas und Toms Aufgabe, Licht ins Dunkel zu bringen. Bei ihren Nachforschungen stoßen sie auf noch mehr Geheimnisse, wie ein unheimliches Gedicht oder eine dubiose Männervereinigung. Die beiden schlittern in ein unglaubliches Abenteuer und schweben dabei nicht nur einmal in großer Gefahr.

Autor Christian Loeffelbein schreibt lebendig und für Kinder klar und gut verständlich aus Malvinas Sicht. Der aussagekräftige und authentische Erzählstil macht es der Leserschaft leicht, sich sofort ins Geschehen hineinzuversetzen. Julia Christians Bilder passen sehr gut zur Handlung. Die Illustrationen stellen manche Szenen und wichtige Gegenstände der Handlung dar, die gezeichneten Figuren sehen charakteristisch und originell aus und zeigen deutlich, was sie fühlen. In der Dunkelheit oder unter der Erde sind die Illustrationen weniger hell, vereinzelt sind ganze Seiten gräulich oder fast schwarz gefärbt, das schafft auch äußerlich eine besondere, düstere Atmosphäre.
Die Kapitel sind recht umfangreich, die Schrift ist nur minimal größer gedruckt als gewöhnlich. Die Geschichte eignet sich für Jungen und Mädchen ab neun Jahren, die im Lesen geübt und ausdauernd sind.

Malvina Moorwood bleibt sich auch im zweiten Band treu. Sie ist neugierig, aufgeweckt und reagiert spontan aus dem Bauch heraus. Mitunter kann sie ziemlich patzig werden, wenn es nicht nach ihrem Kopf geht. Malvina glaubt im Gegensatz zu ihrem Freund Tom durchaus an Übersinnliches und Geister. Tom ist eher rational und dabei so clever, dass er fast jedes Rätsel knackt. Auf Tom kann Malvina jederzeit zählen, für sie lässt er alles stehen und liegen. Einen so zuverlässigen und treuen Freund wie Tom wird sich wohl jedes Kind wünschen.
Auch Malvinas bunte Familie ist wieder mit von der Partie: Opa, der vielleicht Dreck am Stecken hat, Tante Frieda mit ihrem Hang zum Spiritismus, Mama, die sich nach einem Leben in London sehnt, Papa, der sich heimlich mit einer fremden Frau eine Portion Tortellini teilt, die handysüchtigen Zwillinge Amalia und Georgina und Bruder Tristan, der im Reiten leider nicht ganz so talentiert ist wie sich sein Vater das wünscht. Auch Toms Vater, der Polizist Mr. Baxter, greift ins Geschehen ein, diesmal aber mit weniger Tomatenwitz. Hinzu kommen einige alte Männer, die mehr wissen oder nicht und ein ganz schön merkwürdiger, furchteinflößender dünner Mann. Ziemlich viele Figuren mit Geheimnissen….

Ist Opa wirklich ein Mörder? Was hat er noch zu verbergen? Tom und Malvinas Ermittlungen sind unheimlich spannend, stellenweise so gar nichts für schwache Nerven: Grusel, Gefahr und Geheimnisse, wo sie hinkommen und dabei ähnlich viel Action wie bei James Bond. Außerdem müssen Malvina und Tom so genau beobachten wie Sherlock Holmes und dabei ihre grauen Zellen ganz schön anstrengen. „Malvina Moorwood- Das Skelett im Schlossgarten“ ist ein schräges, phantasievolles, turbulentes und ziemlich witziges Krimiabenteuer zum Gruseln und Rätseln. Trotz fast satirischer Anspielungen auf verschiedene Genres, die auch Erwachsenen Spaß machen, hat das Buch seinen ganz eigenen individuellen Mix und Charme. Leichtfüßig werden auch Probleme wie Vorurteile, Gerüchte und psychische Erkrankungen thematisiert. Wer es humorvoll, aufregend und ein bisschen geisterhaft mag, wird die Reihe um Malvina Moorwood lieben, auch wenn die Hauptfigur durchaus ihre Fehler hat. Meine Kinder und ich sind jetzt noch größere Fans geworden und freuen uns schon auf die nächsten Herausforderungen für Malvina und Tom.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.10.2021

Von der Magie und der geheimen Kraft des Gärtnerns

Karline und der Flaschengarten
0

Karlines Vater arbeitet als Bestatter. Als Karline auf dem Friedhof auf ihn wartet, beobachtet sie, wie eine Frau eine kleine Figur in ein Grab wirft. Luca, der Sohn der Friedhofsgärtnerin, „rettet“ die ...

Karlines Vater arbeitet als Bestatter. Als Karline auf dem Friedhof auf ihn wartet, beobachtet sie, wie eine Frau eine kleine Figur in ein Grab wirft. Luca, der Sohn der Friedhofsgärtnerin, „rettet“ die Figur für Karline, sie entpuppt sich als USB-Stick. Als Karline sich ansieht, was auf dem Stick gespeichert ist, staunt sie nicht schlecht: es sind Bilder von einem wunderschönen japanischen Garten. Gemeinsam mit ihrer Freundin Grete findet Karline heraus, wo der Garten liegt, nämlich in der Nähe eines verlassenen Fabrikgeländes. Die beiden kümmern sich um den Garten, der niemandem zu gehören scheint. Die Gartenarbeit macht ihnen große Freude und bald schon werden sie dabei von zwei Mitstreitern unterstützt. Ob sie ihren Garten weiterhin geheim halten können? Und was wird passieren, wenn sich der rechtmäßige Besitzer des Gartens meldet?

Autorin Maike Siebold schreibt lebendig, kindgemäß und gut verständlich im Präsens in Ich-Form. Ihr direkter, unterhaltsamer, lockerer Schreibstil lässt sich flüssig lesen und vorlesen. Die Autorin hat viele witzige Ideen, die sie auf ihre Figuren überträgt. So lässt sie beispielsweise Grete sagen: „Man sagt, dass man mit Blumen sprechen soll, damit sie besser wachsen. Funktioniert das auch umgekehrt? Also, wenn ich das Unkraut anschweige, verschwindet es wieder?“
Kai Schüttler hat zur Geschichte passende Bilder gestaltet. Seine Figuren mit den runden Köpfe sehen individuell und sehr drollig aus und motivieren.
Die Schrift ist etwas größer gedruckt, hat einen angenehmen Zeilenabstand, die Kapitel haben eine übersichtliche Länge. Sichere Leser ab acht Jahren können sich die Geschichte schon selbstständig erschließen, das Buch ist auch zum Vorlesen für etwas jüngere Kinder geeignet.

Karline ist eine sehr nachvollziehbare Figur, mit der sich Kinder bestimmt leicht identifizieren können. Sie ist aufgeweckt und neugierig. Ihr Vater hat recht wenig Zeit für sie, daher ist sie viel auf sich alleine gestellt. Karline ist recht willensstark und reagiert manchmal trotzig und ungerecht, was sie für mich als Charakter nur authentischer macht. Dass sie Vorbehalte gegenüber Arve, der neuen Freundin ihres Vaters, hat und manchmal eifersüchtig ist, halte ich für sehr realistisch.
Karlines Freunde Grete, Luca und Imad sind alle ziemlich unterschiedlich. Grete packts an, Luca ist manchmal ein Angeber, aber ein netter und Imad denkt viel nach, er wirkt recht erwachsen und weiß genau, was richtig und was falsch ist.
Mir hat der Charakter Onkel Tom sehr gefallen. Tom führt ein Café und ist Experte für Literatur, daher nennt er Karline immer wieder nach literarischen Figuren und hat für sie oft genau den richtigen Literaturtipp parat.
Manche Erwachsenen wie Arve sorgen im Lauf der Geschichte für ziemliche Überraschungen und auch zwei Charaktere aus „Rille aus dem Luftschacht“ haben erfreulicherweise einen kleinen Gastauftritt.

„Das Leben beginnt mit dem Tag, an dem man einen Garten anlegt“. Dieses Zitat hat Autorin Maike Siebold ihrem Buch vorangestellt. Und was der Ausspruch wirklich meint, verdeutlicht sie in „Karline und der Flaschengarten“. Die Arbeit im Garten macht die Hauptfiguren glücklich, erfüllt sie, beruhigt sie, verbindet sie miteinander. Nebenher gibt es interessante, wissenswerte Informationen über Pflanzen, wie z.B. dass Pflanzen lernen können. Das Buch ist wie eine moderne Version des Klassikers „Der geheime Garten“. Für alle, die wenig Platz für einen echten Garten haben, gibt es im Anhang eine Anleitung für einen Flaschengarten.
Auch wenn Gärtnern besinnlich und entspannend wirken kann, ist Karlines Geschichte alles andere als langweilig. Durchaus spannend zu erfahren ist es, wer der eigentliche geheimnisvolle Besitzer des Gartens ist und was mit dem Garten weiter geschieht.
Eine tolle Idee ist, dass die Kapiteltitel stets Fragen sind, wie z.B „Wo ist das Glück hin?“. Lediglich das letzte Kapitel hat keine Frage in der Überschrift mehr, alle Fragen wurden am Ende beantwortet.
Nach „Rille aus dem Luftschacht“ überzeugt Maike Siebold erneut mit einem originellen, phantasievollen, ungewöhnlichen, manchmal auch schrägen und warmherzigen Kinderbuch über Freundschaft. Karlines Geschichte erinnert daran, dass von der Natur und vom Gärtnern Magisches ausgehen kann. Gärtnern kann Glück bedeuten und dieses Buch war für uns ebenso ein kleines Stück vom Glück.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.10.2021

Raffiniert und überzeugend konstruiertes, spannendes „Krimipuzzle“

Wer das Feuer entfacht - Keine Tat ist je vergessen
0

Auf einem Londoner Hausboot wird die Leiche von Daniel Sutherland gefunden. Zunächst zeichnet sich eine rasche Auflösung des Falls ab. Laura hatte mit dem Opfer einen One-Night-Stand und wurde zuletzt ...

Auf einem Londoner Hausboot wird die Leiche von Daniel Sutherland gefunden. Zunächst zeichnet sich eine rasche Auflösung des Falls ab. Laura hatte mit dem Opfer einen One-Night-Stand und wurde zuletzt am Tatort gesehen. Doch während der Ermittlungen zeigt sich, dass der Fall vielleicht doch nicht so eindeutig liegt. Auch Carla, die Tante des Opfers, ihr Mann, der Schriftsteller Theo, und Miriam, die im Hausboot neben Daniels lebt und sich merkwürdig verhält, scheinen ebenfalls irgendwie in die Sache verwickelt.
Vor kurzem starb Daniels Mutter Angela. Steht ihr Tod vielleicht im Zusammenhang mit Daniels Ermordung? Und welche Rolle spielt die liebenswürdige Irene, die ehemalige Nachbarin von Daniel und seiner verstorbenen Mutter?

Paula Hawkings Sprachstil liest sich leicht, unkompliziert und gut verständlich. Sie erzählt nicht chronologisch oder durchgehend aus einer Perspektive, sie schildert die Erinnerungen der Beteiligten und „springt“ so immer wieder durch die Zeit. So fiel es mir trotz der klaren Sprache anfangs schwer, mich zu orientieren. Doch im Laufe der Handlung gelang es mir immer besser, die einzelnen Stränge der Geschichte miteinander zu verknüpfen.

Paula Hawkings interessante Figuren polarisieren zweifelsohne. Alle verdächtigen Frauen Laura, Miriam und Carla haben das gleiche Schicksal erlitten. Sie erlebten einen schrecklichen, „monströsen“ Moment, nach dem sich ihr Leben komplett veränderte. Danach war für sie nichts mehr wie vorher. Carla bringt es auf den Punkt: „Unvorstellbar, ja. Ein paar Sekunden gedankenloser Gleichgültigkeit, eine offene Tür. Und sieh uns jetzt an.“ Diese „monströsen“ Momente können die Frauen nie vergessen, sie sind durch sie für ihr ganzes Leben gezeichnet und geprägt. Während ich für Laura viel Mitleid empfand, obwohl sie sich wiederholt falsch verhält und ihre kriminellen Energien nicht im Griff hat, waren mir Miriam und Carla trotz ihres tragischen Schicksal unangenehm, fast suspekt, sie blieben mir in den meisten Situationen fremd, ebenso wie Carlas Mann Theo. Mit Irene vervollständigt aber auch ein sehr sympathischer, einnehmender Charakter die Figurenkonstellation.

Auch wenn ich anfangs ziemlich verwirrt war und die Personen nicht einordnen und einschätzen konnte, wurde ich später vom Sog der Geschichte mitgerissen. Immer mehr Puzzleteile fügten sich ins komplette Bild der Handlung ein, ich konnte ab der Mitte des Romans kaum mehr erwarten, endlich zu Ende zu lesen und das ganze Rätsel zu lösen. Paula Hawkings hat ihren Roman raffiniert und überzeugend konstruiert, am Schluss bleiben keine Fragezeichen stehen. Für mich ist „Wer das Feuer entfacht“ ein Krimi wie er sein sollte: psychologisch, logisch und nachvollziehbar, mit interessanten Figuren und insgesamt wirklich packend. Nach „Girl on the Train“ ein weiteres lesenswertes Buch der Autorin, das ich Krimiliebhabern nur empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere