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Veröffentlicht am 14.04.2021

Charmanter, unterhaltsamer Roadtrip mit ungleichen Hauptfiguren und ein bisschen zu viel Klamauk

Reise mit zwei Unbekannten
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„Das Schicksal schlug manchmal doch wirklich lustige Kapriolen: Es schickte einem einen Menschen über den Weg, den es zu retten galt, während man selbst ein hoffnungsloser Fall war.“

Der introvertierte ...

„Das Schicksal schlug manchmal doch wirklich lustige Kapriolen: Es schickte einem einen Menschen über den Weg, den es zu retten galt, während man selbst ein hoffnungsloser Fall war.“

Der introvertierte Student Alex leidet unter Liebeskummer und hat von seinem Arzt gerade die Diagnose „Depression“ erhalten. Er beschließt seinem tristen Alltag zu entfliehen und nach Brüssel zu fahren. Auf seine Anzeige bei der Mitfahrzentrale meldet sich Max. Doch statt des erwarteten Mannes erscheint die neunzigjährige Maxine, die aus ihrem Seniorenheim geflohen ist, am vereinbarten Treffpunkt. Die Reise in Alex altem Twingo quer durch Frankreich soll ihre letzte sein. Doch davon ahnt Alex zunächst nichts. Nach und nach kommt sich das ungleiche Paar auf dem verrückten Roadtrip einander näher.

Zoe Brisby hat einen angenehmen, flüssigen, gut lesbaren und erfrischenden Schreibstil. Sie schreibt mit viel Humor und einem Augenzwinkern, bringt aber auch sehr prägnant traurige Wahrheiten aufs Papier. Rasch hat sie mich mit ihrer Geschichte erreicht und ich hatte keine Mühe, mich im Geschehen und der Handlung zurechtzufinden.

Alex hat keinen Spaß am Leben. Die, in die er verliebt ist, nimmt ihn nicht wahr. Er ist mut- und antriebslos. Ein Arzt diagnostiziert bei ihm eine Depression. Seine Reise nach Brüssel wirkt auf mich wie eine Flucht. Maxine fasst Alex Situation zusammen: „Er war eben schlicht und ergreifend ein netter Junge. Mit einem Respekt vor den Menschen um sich herum, der so weit ging, dass er den Respekt vor sich selbst vergaß.“ Als Alex Maxine kennen und später sehr mögen lernt, will er ihr helfen, ihre Sorgen loszuwerden und Spaß am Leben zu finden: „Einziger Schatten über diesem perfekten Plan: Wie zeigt man jemanden die Schönheit des Lebens auf, wenn man selbst depressiv ist?“
Maxine ist eine ganz besondere Persönlichkeit. Sie ist sehr direkt, lebenserfahren, verhält sich oft skurril bis überdreht, wendet Redensarten auf ihre ganz eigene Weise an, trägt in ihrer Tasche ihre gesamte Habe und hat ein ganz großes Problem, wie sie Alex gesteht:
„Wenn du alt bist, wird dir dein eigenes Leben fortgenommen. Dein Körper gehorcht dir nicht mehr, und jeder denkt, dass er besser als du selbst weiß, was gut für dich ist. Bei einem Baby ist klar, dass ein solcher Zustand nicht andauern wird, aber bei einem alten Menschen gibt es keine Aussicht mehr auf etwas anderes, bevor dann das tatsächlich Ende kommt.“ Für sie ungewohnt ernst fürchtet Maxine: „Ich bin dabei, mich allmählich aufzulösen. Ich versinke in mir selbst und werde bald ganz verschwunden sein.“

„Reise mit zwei Unbekannten“ hat oft Spaß gemacht, aber der Roman hat mich mitunter auch ziemlich verwirrt. Die beiden Hauptfiguren sind anfangs doch recht traurige Gestalten, scheinen keine Lebensfreude zu haben, sind verständlicherweise unglücklich. Das war stellenweise ganz schön deprimierend. Doch die Zwei tun einander gut und Maxine sorgt zunehmend für heitere Momente, bringt banale und weniger banale Weisheiten auf ihre unnachahmliche, trockene und drollige Art auf den Punkt. Aber dann ganz plötzlich driftet der eben noch angenehm leichte, komische Moment wiederholt ins völlig überdrehte, übertrieben Klamaukige ab. Gags werden dabei immer weiter breitgetreten und ich fragte mich dann überfordert, was denn da gerade eigentlich passiert. An einigen Stellen hat die Autorin für meine Begriffe die „Kurve nicht richtig gekriegt“ oder gar eine falsche Abzweigung genommen. Aber dann gelang es ihr auch wieder mühelos, auf den richtigen Weg zurückzufinden. Am Ende des unfassbar vollgepackten, abwechslungsreichen Roadtrips siegt der Optimismus: „Das Leben ist wie ein Fahrrad, man muss sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.“
Trotz einiger unnötiger, übertriebener Fremdschäm-Momente empfand ich den Roman als unterhaltsame, leichte Komödie, eine Wundertütengeschichte mit ernstem Unterton. Ein Buch wie eine Schachtel Pralinen mit der Lieblingssorte, aber eben auch zwei, drei nicht so leckeren Varianten.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Wasch dich rein, das ist fein - Körperpflege kann auch Spaß machen

Edition Piepmatz: Seif dich ein, sagt das Schwein
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Körperpflege steht wahrscheinlich bei Kleinkindern nicht auf der Liste der Lieblingstätigkeiten. Vielen Eltern dürfte das regelmäßige Drama beim Zähneputzen oder Windelwechseln bekannt sein. Aber so schlimm ...

Körperpflege steht wahrscheinlich bei Kleinkindern nicht auf der Liste der Lieblingstätigkeiten. Vielen Eltern dürfte das regelmäßige Drama beim Zähneputzen oder Windelwechseln bekannt sein. Aber so schlimm ist das doch alles gar nicht, bei den Tieren läuft jedenfalls alles ganz ohne Schwierigkeiten ab und dabei wird auch noch lustig gereimt. Kleine Bären putzen ohne Murren Zähne, Kätzchen waschen sich mit Vergnügen selbst, kleinen Mäusen macht das Windelwechseln überhaupt nichts aus, Ferkelchen genießen das für viele so leidige Einseifen beim Baden, Lamas macht Haarewaschen Spaß und Lämmchen lassen sich gerne kämmen und nach der Säuberungsaktion blickt der kleine Igel zufrieden in den Spiegel.

Sandra Grimms Reime sind schön einfach und prägnant formuliert. Auf jeder Seite demonstriert ein Tier einen Aspekt der Körperpflege. Kinder ab einem Jahr verstehen die schlichten Reime sofort, ältere werden sie vermutlich ganz schnell mitsprechen oder gar mühelos auswendig lernen. Die bunten, klaren und putzigen Illustrationen werden den kleinen Lesern bestimmt gefallen.
„Seif dich ein, sagt das Schwein“ ist in der Ravensburger Edition Piepmatz erschienen. Das Buch im kleinen, handlichen Format wirkt recht stabil, aber auch „umweltfreundlich“. Das Cover und die Seiten sind nicht glänzend und grell, sie sind aber dennoch farbenfroh, fröhlich und ansprechend gestaltet.

Kleine Kinder lieben Tiere und finden Waschen aber dagegen oft nicht ganz so spannend, eher unangenehm. Da ist es doch naheliegend, Kinder mit Hilfe von kleinen Tierszenen vom Waschen ohne „Uraufführung“ zu überzeugen. Wenn die Tiere sich gerne waschen, kann es ja so schlimm nicht sein. Und wenn man die eingängigen Reime beispielsweise beim Zähneputzen zitiert, tut das Zähneputzen vielleicht gar nicht mehr so weh. Eine nettes kleines Buch, das trotz des unbeliebten Themas motiviert und Spaß macht.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Eine packende Geschichte voller großer Gefühle

Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
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Engländerin Alice folgt 1937 ihrem Verlobten Bennett nach Amerika, in einen abgelegenen Ort in den Bergen Kentuckys. Doch die Ehe entwickelt sich ganz anders als erwartet, Alice und Bennett kommen einander ...

Engländerin Alice folgt 1937 ihrem Verlobten Bennett nach Amerika, in einen abgelegenen Ort in den Bergen Kentuckys. Doch die Ehe entwickelt sich ganz anders als erwartet, Alice und Bennett kommen einander nicht nahe. Dazu mischt sich Alices Schwiegervater, der einflussreiche Minenbesitzer Geoffrey Van Cleve, permanent in die Beziehung ein. Als im Ort eine „Satteltaschenbibliothek“ gegründet wird, die die Leute in den Bergen mit Büchern versorgen soll, beschließt Alice gegen den Willen ihres Schwiegervaters am Projekt mitzuarbeiten. Sie freundet sich mit den anderen Bibliothekarinnen an. Vor allem mit Außenseiterin Margery O‘Hare versteht sie sich besonders. Doch dann folgt ein Unheil auf das nächste...

Jojo Moyes schreibt wie immer wunderbar flüssig, lebendig und sehr gefühlvoll. Dank ihrer angenehmen, mitreißenden Erzählweise fand ich mich sofort in der Geschichte wieder.

Zwei beeindruckende Frauen stehen im Fokus des Romans. Da ist zunächst Alice, die ihre Heimat England verlassen hat, um in Amerika zu leben. Doch hier fühlt sie sich fremd. Zu ihrem Mann Bennet, der unter dem Pantoffel seines Vaters steht, hat sie keinen Bezug. Die beiden verbindet nichts. Alices Entschluss, für die Satteltaschenbücherei zu arbeiten, führt sie in ein neues Leben. Sie fühlt sich nützlich, erfährt Dankbarkeit von den Kunden, findet in ihren Kolleginnen Freundinnen. Mir war Alice von Anfang an sympathisch, ich fühlte mit ihr, wünschte ihr nur das Beste, zumal sie anfangs so einsam und verloren wirkt.
Margery O’Hare hat sich noch nie darum geschert, was die Leute von ihr denken. Sie engagiert sich für andere, hat feste Prinzipien, wirkt erstaunlich selbstbewusst, ist eine überaus starke Frau. Das hat mir imponiert. Sie unterstützt Alice. Und als sie selbst Hilfe braucht, sind Alice und die anderen Bibliothekarinnen zur Stelle. Die tiefe Freundschaft der Frauen untereinander beschreibt Moyes sehr eindrücklich. Auch in diesem Roman hat die Autorineine sehr gelungene, überzeugende Figurenkonstellation geschaffen. Ich habe mit ihren Protagonistinnen mitgefühlt, die Figuren bewegen und berühren.

Mit „Wie ein Leuchten in tiefer Nacht“ beweist Jojo Moyes erneut, dass sie eine großartige Erzählerin ist. Ihre Geschichten fesseln. Ja, mitunter driftet sie ein wenig ins Kitschige, Rührselige ab. Aber das passiert eben, wenn starke Gefühle auftreten, wenn es um innige Freundschaft und große Liebe geht. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viel Moyes mit einem einzigen Satz ausdrücken kann. Als sie ihre Figur Fred bei einer Bücherrettungsaktion sagen lässt: „Es sind nur Bücher.“, wurde mir sofort bewusst, dass es zwar „nur“ Bücher sind, denen da gerade die Zerstörung droht. Aber Bücher führt die Protagonisten zusammen, über Bücher reist Margery in der Welt umher, Bücher machen die Arbeit, ja phasenweise das Leben von Alice aus. Bücher haben eine unbeschreibliche Kraft, im Leben und in diesem Roman. Nein, es sind eben nicht „nur Bücher“. Und genau das erzählt Moyes mit einem ganz kleinen Satz.
Dieser Roman hat mich großartig unterhalten, gefesselt und emotional mitgerissen. Eine wunderbare Geschichte, die zu lesen lohnt.

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Veröffentlicht am 14.04.2021

Beeindruckende und berührende Erzählungen aus einem bewegten Leben

Vom Aufstehen
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„Ich sehe in die Vergangenheit, wende mein Gesicht in die Schatten und spüre die Wärme der Sonne in meinem Rücken.“

Helga Schubert verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in der DDR, wo sie als Psychologin ...

„Ich sehe in die Vergangenheit, wende mein Gesicht in die Schatten und spüre die Wärme der Sonne in meinem Rücken.“

Helga Schubert verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in der DDR, wo sie als Psychologin und Psychotherapeutin arbeitete. In dem Buch „Vom Aufstehen“ erzählt sie in 29 Texten von „ihrem Leben in Geschichten“.
Sie befasst sich darin mit allem, was ihr Leben ausmacht, mit Heimat, Geborgenheit, Sätzen, die ihr Mut machen, Märchen, dem Einverstandensein und Glauben. Zentral und über allem steht die schwierige Beziehung mit ihrer Mutter, die sie nie lieben konnte und von der sie nie geliebt wurde. Helga Schubert hadert lange Zeit, macht aber letztendlich ihren Frieden. Sie schreibt beeindruckend klar, bringt ihre Sicht der Dinge präzise auf den Punkt:
„Heute weiß ich: In dieser einen Woche vor Ostersonntag passiert alles, was ich inzwischen vom Leben verstanden habe: Wie schnell sich das Schicksal für einen Menschen ändert, dass man verraten werden kann. Dass es immer unvermuteten Beistand gibt und einen Ausweg. An diese Hoffnung will ich erinnert werden. Einmal im Jahr.“

Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich in Helga Schuberts Gedanken zurechtzufinden, fühlte mich ein wenig orientierungslos, konnte mich nicht so recht auf die Texte einlassen. Doch ihre Erzählung „Betrachtungen“ zeigte mir, wo mein Problem lag. Wenn man etwas betrachtet, ein Gesicht, ein Bild, einen Text muss es um einen herum still sein, in einem still sein. „Geh über die Brücke, die ich gerade für uns baue, bleib bei mir, interessiere dich bitte nur für mich, für kein anderes Bild, für kein anderes Menschengesicht, kein anderes Gedicht.“
Diese Erzählung sprach mich persönlich an, erreichte mich. Nicht jeder ihrer Texte drang allerdings auf die gleiche, intensive Art zu mir durch. Zweifelsohne hat die Autorin ganz viel zu sagen und jede Leserin und jeder Leser wird sich in dem einen Text mehr und in einem anderen weniger wiederfinden.

Helga Schubert mit ihrer beeindruckenden Lebenserfahrung schreibt weise und klug, wirkt aber dabei immer bescheiden und demütig. Sie wirft auf Dinge, die man jahrelang auf eine bestimmte Sichtweise betrachtet hat, ganz neue Perspektiven: Nur im Winter zeigt sich die wahre Gestalt, die wahre Schönheit der Bäume oder die Ostsee ohne ihre Gezeiten ist nicht langweilig, sondern immer da, eine Konstante, die einen nicht verlässt.
Für mich ein bereicherndes, aber auch herausforderndes, ein trauriges, aber auch ein zuversichtliches Buch einer beeindruckenden Frau, die gehört werden sollte.

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Träume und Albträume im Berlin der Zwanziger

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein ewiger Traum
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„Wieder ist ein Traum geplatzt. Aber ich finde einen neuen Traum. Das ganze Leben ist doch ein ewiger Traum. Nicht wahr, Frau Doktor? Man darf nur nicht aufwachen. Sonst bemerkt man, dass man gar nicht ...

„Wieder ist ein Traum geplatzt. Aber ich finde einen neuen Traum. Das ganze Leben ist doch ein ewiger Traum. Nicht wahr, Frau Doktor? Man darf nur nicht aufwachen. Sonst bemerkt man, dass man gar nicht in seidenen Laken geschlafen hat. Sondern auf dem Holzboden.“

Magda Fuchs hat eine schwere Zeit hinter sich. Ihr Ehemann Bertram, ein Staatsanwalt, wurde in seiner Heimatstadt Hildesheim ermordet. Magda zieht daraufhin nach Berlin, um zu vergessen und ein neues Leben zu beginnen. Sie mietet sich in einer Pension ein und nimmt eine Anstellung als Polizeiärztin an. Bei ihrer Arbeit lernt sie die Schattenseiten der Metropole Berlin kennen: große Armut, Prostitution, Mord, Kindesmisshandlung oder Kinderhandel....
Mit Fürsorgerin Ina, die sich engagiert für benachteiligte Kinder einsetzt, hat Magda beruflich und privat immer mehr zu tun. Auch die selbstbewusste Anwältin Ruth Jessen, Celia, die Tochter ihrer Pensionswirtin, die unglücklich verheiratet ist, und die junge Verkäuferin Doris, die von Reichtum träumt, kreuzen häufig ihren Weg. All diese Frauen suchen in Berlin nach ihrem Platz im Leben.

Helene Sommerfeld, das Pseudonym eines Berliner Autorenehepaar, schreibt einfach und unkompliziert. Der leicht verständliche Schreibstil machte es mir leicht, mich rasch in Magdas aktueller Situation zurechtzufinden.

Magda Fuchs Leben verändert sich innerhalb kurzer Zeit komplett. Eben noch war sie in Hildesheim glücklich verheiratet und erwartete mit ihrem Mann Bertram ein Kind. Nun ist von ihrem alten Leben nicht mehr viel übrig. Sie entschließt sich, als Polizeiärztin zu arbeiten. Dabei unterstützt sie die Polizei bei ihren Einsätzen, kümmert sich z.B. um verletzte Opfer oder untersucht Frauen im Gefängnis. Magda hegt für ihren Beruf als Ärztin eine große Leidenschaft, sie setzt sich engagiert für andere wie vernachlässige Kinder ein, auch im Privaten kann sie nicht richtig abschalten. Magda ist eine sympathische, couragierte und „vorbildliche“ Heldin, dennoch blieb sie wie die anderen Figuren für mich etwas blass. Ebenso erging es mir mit Fürsorgerin Ina, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, sehr direkt, pragmatisch und bewundernswert zupackend ist, mich aber dennoch gefühlsmäßig nicht richtig erreichen wollte.
Die beiden Frauen Doris und Celia definieren sich hauptsächlich durch ihre Zukunftsträume, zeigen von sich selbst und ihrer Persönlichkeit allerdings recht wenig. Celias Mutter, Pensionswirtin Agnes Fahrland, die stets auf ihren eigenen Vorteil bedacht ist, stellt hingegen einen unbequemen Charakter mit Potential dar, sie spielt allerdings eine recht kleine Rolle.
Hinter der eigentlichen Hauptfigur, dem übermächtigen Berlin, mit seinen vielen Gesichtern, dem Glanz und dem Schmutz, dem Reichtum und dem Elend, verschwinden die meisten Charaktere ein wenig.

„Das Leben ein ewiger Traum“ entführt die Leser in das Berlin der 20er Jahre, lässt die Metropole lebendig werden. Diese Zeitreise war für mich durchaus kurzweilig und interessant zu lesen . Mich erinnerte das Setting an die Reihe „Fräulein Gold“. Die Figuren in „Fräulein Gold“ haben mich persönlich allerdings mehr „mitgenommen“ und überzeugt, wirken sie auf mich doch etwas vielschichtiger und kantiger.
Ich wollte gerne wissen, wie es mit Magda Fuchs weitergeht, ob sie den benachteiligten Mädchen Elke und Kulle, die sie bei einem Einsatz versorgt, dauerhaft helfen kann und ob sie und Celia und Doris ihr privates Glück finden. Stellenweise war ich wirklich von der Handlung gepackt, aber mitunter hatte die Geschichte Längen, plätscherte so dahin und konnte mich dann nicht hundertprozentig bei der Stange halten. Insgesamt ein solider Auftakt einer neuen Reihe mit faszinierenden Schauplatz, aber was die Ausarbeitung der Figuren und der Handlung betrifft mit „Luft nach oben“. Ich hoffe, dass das Autorenduo sich bei der Fortsetzung noch steigert. Mit ihrer Trilogie „Die Ärztin“, die mir gut gefallen hat, haben die beiden Schriftsteller für mich bewiesen, dass sie durchaus mehr können .

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