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Veröffentlicht am 16.02.2021

Schräger, witziger Comic für Erstleser und Lesemuffel

Mega dumm gelaufen
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Alex hat gewaltige Angst vor Kalle. Der ist nämlich total stark, ziemlich brutal und dabei auch noch unheimlich fies. Dummerweise hat Kalle Alex dazu auserkoren, ihm aus der Patsche zu helfen. Und da steckt ...

Alex hat gewaltige Angst vor Kalle. Der ist nämlich total stark, ziemlich brutal und dabei auch noch unheimlich fies. Dummerweise hat Kalle Alex dazu auserkoren, ihm aus der Patsche zu helfen. Und da steckt er ziemlich tief drin, in der Patsche, seit er den Pokal, das Aushängeschild der Schule, zuerst geklaut und dann unfreiwillig weitestgehend zerstört hat. Alex soll Kalle nun helfen, Ersatz für den Pokal zu beschaffen. Aber Pokale sind teuer, also müssen die beiden irgendwie schnell zu Geld kommen. An Ideen mangelt es den Jungen nicht, leider hapert es aber daran, diese auch erfolgreich in die Tat umzusetzen. Ob sie am Ende doch noch Glück haben?

Die Geschichte wird als Comic erzählt. Jede Seite zeigt die Handlung in Bildform, dazu stehen höchstens zwei, drei kurze Sätze pro Seite. Die Texte sind einfach und klar verständlich formuliert und recht groß in gut lesbarer Comic-Druckschrift gedruckt. Siebenjährige Kinder dürften kaum Schwierigkeiten haben, den Text selbstständig zu lesen und zu erfassen. Bei der richtigen Aussprache von manchen englischen Ausdrücken („cool“, „chillen“, „Wow“) werden sie vermutlich noch Hilfe brauchen. Horst Hellmeiers schwarz-weiß Illustrationen sind gut zu erkennen, ausdrucksstark und vor allem sehr witzig. Die wunderbar passenden detailreichen, lebendigen Zeichnungen sorgen für viel Dynamik und Action in der Geschichte und machen einfach Spaß.

Schon äußerlich sehen die beiden Hauptfiguren Kalle und Alex so unterschiedlich aus wie Tag und Nacht. Alex ist schlaksig und ziemlich dünn, Kalle sehr kräftig. Alex wird von anderen geärgert, Kalle ärgert andere. Alex ist ängstlich, Kalle mutig. Alex ist klug, Kalle steht manchmal auf der Leitung. Als die beiden gemeinsam auf Pokalbeschaffungsmission gehen, zeigen sie aber auch andere Seiten von sich. Die zwei ungleichen Schüler sind erfrischende Hauptfiguren, die immer wieder für eine Überraschung gut sind.

Wie können die Jungs nur an Geld kommen? Sehr witzig, wie sie ihre Einfälle in die Tat umsetzen und dabei jedes Mal krachend scheitern. Da heißt es mehr als einmal „Megadumm gelaufen“. Aber dann sind sie auf einmal doch zur richtigen Zeit am richtigen Ort...
Rüdiger Bertram schreibt gewohnt unterhaltsam. Er hat sich einmal mehr eine ziemlich schräge und irre komische Geschichte ausgedacht, die wichtige Themen wie Ausgrenzung, Vorurteile, Angst, Feind- und Freundschaft behandelt. Aber das tut sie so leicht und locker, dass es gar nicht auffällt und absolut nicht „pädagogisch“ wirkt.
Gerade Jungen haben oft Probleme, sich zum Lesen zu motivieren. Dieses Buch ist ideal für Leseanfänger. Die wenigen kurzen Sätze überfordern sie nicht, gleichzeitig bekommen sie aber für ihre vergleichsweise geringe Anstrengung eine witzige, turbulente, rasante, schräge und abenteuerliche Geschichte mit tollen Bildern geboten. Die Seiten fliegen beim Lesen nur so dahin, das motiviert natürlich besonders. In vielen Erstlesebüchern werden konventionelle, oft ereignisarme, ja langweilige Geschichten erzählt. „Mega dumm gelaufen“ ist anders und absolut nicht langweilig. Lesemuffel kommen genauso auf ihre Kosten wie Leseratten. Wer auf der Suche nach einem etwas anderen Erstlesebuch mit Spaß und Action ist, liegt mit diesem Buch richtig. Meinen Kindern und mir hat es megagut gefallen.

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Veröffentlicht am 16.02.2021

Macht große Lust, sofort loszulegen

Homefarming
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Judith Rakers kennen wohl die allermeisten als Sprecherin der Tagesschau. Dass die Journalistin bei sich zuhause - sie wohnt in einem Fachwerkhaus mit Garten in der Nähe von Hamburg- eine eigene kleine ...

Judith Rakers kennen wohl die allermeisten als Sprecherin der Tagesschau. Dass die Journalistin bei sich zuhause - sie wohnt in einem Fachwerkhaus mit Garten in der Nähe von Hamburg- eine eigene kleine Farm betreibt, hätte ich niemals vermutet. Zumal sie von sich behauptet, keinen grünen Daumen zu haben. Auch ich habe absolut keinen grünen Daumen, fände es aber durchaus reizvoll, mehr aus meinem Garten rauszuholen als zig verschiedene Sorten „Unkraut“. Klar, dass dieses Buch meine Neugier geweckt hat.

Nach einem kurzen, persönlichen Vorwort widmet sich die Autorin im umfangreichen Abschnitt „Ein Garten voller Obst und Gemüse“ zunächst dem Anbau von Obst und Gemüse: Was braucht man zum Anbau? Wie legt man ein Beet an? Welches Gemüse eignet sich? Was gilt es bei der Erde und beim Düngen zu beachten? Das Thema Fruchtwechsel wird genauso angesprochen wie der Obstbaumschnitt. Rakers erzählt auch von ihrem Besuch bei „Selbsversorgerkönig“ Wolf- Dieter Storl auf dessen Hof im Allgäu.
Der zweite Teil „Ein Garten mit Hühnern“ liefert einen grundlegenden Überblick über die Hühnerhaltung. Welche Voraussetzungen müssen für erfolgreiche Hühnerhaltung erfüllt sein? Welche Hühnerrassen eignen sich für Anfänger? Braucht man einen Hahn? Wie sollte ein Hühnerstall aussehen? Wie läuft das Brüten ab? Zum Abschluss kommt Hühnerzüchter Bernd Eggers im Experteninterview zu Wort.
Der letzte Abschnitt „Ein Garten zum Genießen“ befasst sich mit der Lagerung und Aufbewahrung von Obst und Gemüse, Judith Rakers stellt ihren Bio-Kühlschrank vor. Im Anhang finden sich noch allerhand Rezepte für Sirup, Marmelade, Salate und andere Gerichte sowie Tipps zum Einkochen. Das letzte Interview führt Rakers mit Bruder Felix aus dem Benediktiner Kloster Beuron, das auf die alte Tradition des Selbstversorgens setzt.

Sachbücher und Ratgeber sind ja oft recht trocken zu lesen, dieses hier absolut nicht. Rakers schreibt sehr unterhaltsam und abwechslungsreich und zu keiner Zeit langweilig. Meine neunjährige Tochter hat den gesamten Teil über Hühner regelrecht verschlungen, obwohl sie eigentlich sonst kaum Sachbücher liest. Ihr Urteil: „Interessant und so spannend wie eine Sachgeschichte“.

Einiges an Basiswissen war mir schon bekannt, aber sehr vieles war mir auch komplett neu und sehr erhellend. Ich wäre beispielsweise nie auf die Idee gekommen, den Maulwurf als Freund zu betrachten und seine vorgelockerte, umgegrabene Erde in Beeten zu verwenden. Und tatsächlich denke ich jetzt auch ernsthaft über die Anschaffung von Hühnern nach, so spannend fand ich Rakers Ausführungen zum Thema.

Ein Buch für Garten-Anfänger, das Mut und Lust macht, Neues auszuprobieren. Rakers Begeisterung fürs Gärtnern, für die Hühnerhaltung, ihre Freude am Verarbeiten der Nahrungsmittel sind fast spürbar und sehr ansteckend. Ich glaube ihr (und weiß es eigentlich auch schon aus eigener Erfahrung), dass die Arbeit im Garten, das Säen, das Ernten und Genießen einfach glücklich macht. Gärtnern ist gut für die Seele. Ich kann jedem nur empfehlen, sich von diesem Buch inspirieren zu lassen und loszulegen.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Herrlich schräges, ultrawitziges TAgeBUch aus zwei Perspektiven und ganz ohne Tabus

Das ungeheimste Tagebuch der Welt!, Band 1: Wie mein bescheuerter Bruder Klassensprecher in meiner Klasse wurde … (Comic-Roman aus zwei Perspektiven für Kinder ab 10 Jahren)
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Dass Paul sitzengeblieben ist, findet seine Patchwork-Schwester Karline genauso ätzend wie Paul selbst. Dummerweise gehen die beiden jetzt nämlich in eine Klasse. Als ob das nicht schon unangenehm genug ...

Dass Paul sitzengeblieben ist, findet seine Patchwork-Schwester Karline genauso ätzend wie Paul selbst. Dummerweise gehen die beiden jetzt nämlich in eine Klasse. Als ob das nicht schon unangenehm genug wäre, werden sie dann auch noch zu Konkurrenten um das Amt des Klassensprechers. Paul stolpert eher unfreiwillig in die Aufgabe hinein, die sich Karline so sehr gewünscht hat. Wie soll das nur weitergehen?

Anja Fröhlich und Patrick Krause schildern abwechselnd aus Karlines und Pauls Sicht, was sich im Leben der beiden gerade tut. Beide formulieren jeweils Tagebucheinträge, schreiben klar, witzig, herrlich direkt und ohne Tabus. Sie verwenden dabei auch viele umgangssprachliche Ausdrücke, so wie eben Elf- und Zwölfjährige sprechen, das wirkt recht authentisch. Der Leser bekommt ein und dieselbe Geschichte aus zwei verschiedenen Perspektiven serviert, eine kurzweilige und lebendige Erzählweise.
Die einzelnen Seiten sind sehr abwechslungsreich gestaltet, manche Wörter sind dicker oder in anderer Schriftart gedruckt und werden dadurch optisch hervorgehoben. In die Einträgen sind immer wieder Pfeile, eingerahmte Sätze, Sprechblasen, Kritzeleien und zahlreiche individuelle, gelungene und treffende Illustrationen der Zeichnerin Kristina Nowothnig eingearbeitet. Die Seiten sehen zwar sehr phantasievoll und kreativ aus, ich finde sie aber teilweise etwas zu wild und überfrachtet und dadurch ein wenig anstrengend zu lesen. Meine neunjährige Tochter kam mit der äußeren Form der Texte allerdings sofort gut klar. Leser ab neun Jahren können „Das ultraungeheimste Tagebuch der Welt“ sicher problemlos selbständig bewältigen. Es richtet sich an Jungen und Mädchen, Vielleser und Lesemuffel gleichermaßen.

Karline ist witzig, clever und weiß genau, was sie will. Das Mädchen eifert seinem Vorbild Greta Thunberg nach und setzt sich wie sie engagiert für Klimaschutz ein. Ihrem neuen Bruder Paul gegenüber verhält sich Karline oft ganz schön fies, nennt ihn beispielsweise spöttisch „Faul“. Außerdem liest sie heimlich und hinterrücks sein Tage-/Logbuch.
Paul ist ein naiver Träumer, er möchte unbedingt DJ werden. Er gibt sich ziemlich cool und lässig, wirkt grundsätzlich lockerer und entspannter als Karline. Paul gerät öfter mal in peinliche Situationen. Auch er kann durchaus seine Krallen ausfahren, wenn er genervt wird.
Die absurden Kabbeleien der beiden ungleichen Fast-Geschwister sorgen immer wieder für Lacher. Langweilig wird es bei den beiden definitiv nicht

Raufen die zwei sich in der neuen Klasse zusammen oder erhalten sie den Konkurrenzkampf aufrecht?
Eine originelle und ausgezeichnete Idee, eine Geschichte aus der Sicht zweier Figuren in Form von Tagebucheinträgen zu erzählen. Warum sollten sich Mädchen nicht einmal mit der Perspektive eines Jungen auseinandersetzen und umgekehrt? Vielleicht führt das gar zu mehr gegenseitigem Verständnis. Jungs sind schließlich auch nur Menschen und Mädchen ebenso.
Extrem witzig, wie Karline und Paul ihr Leben beschreiben. Die Vorstellung einer familieninternen, heiß umkämpften Hygge-Hose z.B. oder die von Pauls Pupsgang hat meiner Tochter und mich herrlich amüsiert. Da konnten wir gar nicht anders als gute Laune zu bekommen.
Ein irre komischer, turbulenter, schräger, unterhaltsamer, unkonventionell gestalteter Comic-Roman mit Spaßgarantie, auch für Lesemuffel empfehlenswert und motivierend.

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Süße romantische Verwechslungskomödie mit chaotischer Heldin

Das Leben braucht mehr Schokoguss
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In Mias Leben tut sich gerade einiges. Sie ist ganz frisch- aber noch nicht offiziell- wieder mit ihrer Jugendliebe Johnny zusammen. Auch beruflich steht eine Veränderung an, als leidenschaftlicher Chocoholic ...

In Mias Leben tut sich gerade einiges. Sie ist ganz frisch- aber noch nicht offiziell- wieder mit ihrer Jugendliebe Johnny zusammen. Auch beruflich steht eine Veränderung an, als leidenschaftlicher Chocoholic freut sich Mia aktuell auf ihr Praktikum bei einer Schokoladenmanufaktur. Dabei hat sie auch endlich Gelegenheit, ihre Halbschwester Annette besser kennenzulernen, bei der sie während des Praktikums wohnen wird. Doch schon der chaotische Flug in die Schweiz, auf dem Mia eine äußerst kuriose Begegnung hat, gibt einen Vorgeschmack auf Mias Praktikum. Nicht alles läuft nach Plan, die Schokoladenmanufaktur entpuppt sich als wesentlich unromantischer als erhofft und Mia muss auch noch schauspielerisches Talent beweisen und in eine für sie eigentlich recht angenehm Rolle schlüpfen. Ob Mias Liebe zu Schokolade reicht, die Beschäftigten in der Schokoladenmanufaktur allen voran den attraktiven Junior-Chef von sich zu überzeugen?

Ella Lindberg schreibt in der ersten Person aus Sicht von Mia. Das tut sie klar, locker und sehr witzig. Über Mias amüsante Schilderungen bekam ich sofort einen Zugang zur Geschichte, fand mich recht schnell in Mias Leben zurecht.

Mia ist eine herrlich chaotische, recht naive junge Frau, die keine Möglichkeit auslässt, ins Fettnäpfchen zu treten. Das ist zuweilen ein bisschen anstrengend, aber trotzdem ziemlich charmant. Auch wenn ich mitunter den Drang hatte, Mia sanft zur Seite zu nehmen und sie über ihre Situation aufzuklären - von außen betrachtet liegt vieles ja oft deutlich klarer auf der Hand- war mir die Figur sofort sympathisch. Mia „mit dem goldenen Herzen“, die ihre Eltern so früh verlor, ist zweifelsohne einnehmend und eine prima Identifikationsfigur. Ganz spontan kommt sie oft auf sehr unkonventionelle Einfälle, die erstaunliche Effekte haben. Mia ist Mia, lässt sich schnell begeistern und nicht verbiegen, sie ist ehrlich und gefühlsbetont, das ist ihre geheime Superkraft.
Ganz anders Fabian, Juniorchef der Manufaktur. Er wirkt anfangs etwas spröde und blass, zeigt kaum Leidenschaft für das, was er tut. Er weiß nicht so genau, wo er mit seiner Firma hinwill, versucht mit der Zeit zu gehen und würde dafür auch wichtige geltende Prinzipen über Bord werfen. Die Meinung seiner Großmutter Elisabeth, die das Geschäft aufgebaut hat, ist ihm trotzdem sehr wichtig. Mit Fabian wurde ich anfangs nicht recht warm. Erst als er ehrlich über seine Familie und seine Kindheit spricht, platzte der Knoten und er kam mir etwas näher.
Manche Personen werden ziemlich klischeehaft dargestellt, aber einige entwickeln sich im Verlauf ganz anders als angenommen und sorgen für Überraschungen. Das macht den Reiz von Ella Lindbergs Charakteren aus.

Wie wird sich Mia in ihrem Praktikum schlagen? Wie geht es mit der maroden Manufaktur weiter? Wird es zwischen ihr und ihrer Schwester eine Annäherung geben? Und geht da doch mehr mit ihrem Chef Fabian?
Ella Lindbergs Roman „Das Leben braucht mehr Schokoguss“ ist eine nette romantische Verwechslungskomödie mit chaotischer Heldin a la Bridget Jones und etwas Schokolade, der Schokoladenanteil hätte für mich allerdings durchaus noch etwas größer sein können.
Ein unterhaltsamer, leichter, rosa Roman mit Herz und abschließendem Zuckerguss zum Lesen unter der Kuscheldecke, Genießen, Fünfe gerade Sein Lassen und gute Laune Bekommen.

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Veröffentlicht am 12.02.2021

Packender Regionalkrimi mit Alpenflair, unfreiwilligem Ermittlerduo und einem sehr kniffligen Mordfall

Grenzfall - Der Tod in ihren Augen
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„Ich fürchte, wir werden uns die Zähne an diesem Fall ausbeißen- und vielleicht trotz all unserer Bemühungen nicht herausfinden, wer oder was hinter dem Mord steckt. Weil es uns nicht gelingt, so verquer ...

„Ich fürchte, wir werden uns die Zähne an diesem Fall ausbeißen- und vielleicht trotz all unserer Bemühungen nicht herausfinden, wer oder was hinter dem Mord steckt. Weil es uns nicht gelingt, so verquer zu denken wie dieser Kerl. Ich bin ein alter Hund, mir macht es nichts aus was andere über mich denken, ob ich Erfolg habe oder nicht. Aber du stehst noch am Anfang deiner Laufbahn....“

Alexa Jahns erster Tag als Oberkommissarin im oberbayrischen Weilheim hat es in sich. Gerade aus Aschaffenburg hergezogen, bleibt der jungen Frau keine Zeit, sich an die oberbayrischen Gepflogenheiten zu gewöhnen, denn sofort steht die Aufklärung eines grausamen Mordfalls an. Der Oberkörper einer Frau wird am Brauneck in einer Felsspalte gefunden. Später tauchen am Achensee in Österreich weitere Teile der Leiche auf. Während der Bergung der Leiche erleidet Alexas neuer Chef auch noch einen Unfall. Alexa soll daraufhin die Leitung der Ermittlung übernehmen und muss sich mit dem österreichischen Chefinspektor Bernhard Krammer abstimmen, der für die Region Achensee zuständig ist. Krammer hat durch seine berufliche Erfahrung längst seinen Optimismus verloren und gibt sich desillusioniert. Ob die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Ermittler funktioniert?

Autorin Anna Schneider schreibt gut verständlich, sehr angenehm und flüssig aus der Sicht der beiden Polizisten Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Mitunter werden kurze Passagen eingeschoben, in denen der Mörder zu Wort kommt. Zunächst erzählt er noch sehr nebulös und rätselhaft, später immer klarer von seinen Beweggründen. Die abwechslungsreiche Darstellung des Geschehens aus den unterschiedlichen Perspektiven sorgt für besondere Spannung. Ich konnte mich durch die Erzählweise mühelos in die unterschiedlichen Aspekte des Falls „hineindenken“.

Alexa Jahns Situation wird sehr plausibel und glaubwürdig geschildert. Die junge Frau möchte ihre Chance für berufliches Weiterkommen nutzen, muss sich dazu an einen neuen Arbeitsplatz, ein neues Wirkungsfeld gewöhnen, sofort die Ermittlungsarbeit übernehmen und Mitarbeiter koordinieren. Mit Elan stürzt sie sich in die Aufklärung des Falles. Dabei macht sie sehr vieles aber realistischerweise nicht alles richtig. Wie jeder Mensch hat Alexa Stärken und Schwächen, sie ist tatkräftig, packt Dinge an, ist ehrgeizig, in der Regel sehr professionell, wirkt insgesamt menschlich „nahbar“. Das gefällt mir. Auch wenn ich nicht all ihr Aktionen guthieß, wurde ich recht schnell warm mit ihr.
Oberinspektor Krammer stellt einen ziemlichen Gegenpol zu Alexa dar. Ihm wurde in der Vergangenheit oft vorgeworfen, zu schwerfällig zu sein. Diese Anschuldigung möchte er nicht auf sich sitzenlassen. Er verlässt sich auf seine Erfahrung, sein Bauchgefühl, seine Intuition. Alexa Jahn hingegen geht es rationaler an. Während die junge Deutsche noch motiviert ist, Verbrechen zu verhindern, hält Krammer den Kampf bereits für verloren. Auch Krammer ist für mich nachvollziehbar charakterisiert, verhält sich authentisch und macht einen sympathischen Eindruck.
Zwischen den beiden Ermittlern entsteht durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten eine interessante Dynamik. Sie müssen zwangsläufig miteinander arbeiten, aufeinander eingehen und beeinflussen sich gegenseitig.
Mit dem undurchsichtigen Florian Huber hat Alexa einen weiteren Kollegen an der Seite, der ihr das Arbeiten nicht unbedingt leichter macht.

Dieser Fall hat es in sich. Wie ein Suchspiel, eine Schnitzeljagd hat der Mörder sein Verbrechen inszeniert. Die Ermittler tappen recht lange im Dunkeln, ehe sich alles in einem fulminanten, atemberaubend spannenden Finale auflöst. Auch wenn es anfangs und im Mittelteil viel um die persönliche Situation der Ermittler und Alexas Stand im neuen Team geht und der Fall teils in den Hintergrund rückt, wurde es mir nie langweilig.
Für mich ein gelungener Auftakt einer neuen Reihe, ein lesenswerter Regionalkrimi mit allem, was dazugehört: einem interessantem Schauplatz, der Urlaubserinnerungen weckt, Ermittlern, bei denen man gerne hinter die dienstliche Fassade blickt, einem gefährlichen Täter ohne Angst, natürlich einem spannenden Fall und einigen verblüffenden Überraschungen. Ich habe mich beim Lesen wohlgefühlt und bin sehr gespannt, wie es für das deutsch-österreichische Gespann weitergeht.

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