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Veröffentlicht am 21.11.2020

Eindrucksvolle, aber auch etwas steife britische Teestunde

Teatime mit Lilibet
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England zu Beginn der 30er Jahre: Eigentlich möchte die angehenden Lehrerin Marion Crawford benachteiligte Kinder unterrichten, doch dann wird sie die Gouvernante der Prinzessinnen Elizabeth und Margaret. ...

England zu Beginn der 30er Jahre: Eigentlich möchte die angehenden Lehrerin Marion Crawford benachteiligte Kinder unterrichten, doch dann wird sie die Gouvernante der Prinzessinnen Elizabeth und Margaret. Die engagierte Sozialistin setzt alles daran, ihren beiden Schülerinnen das wahre Leben fernab von Palast und königlicher Etikette zu zeigen. Doch das ist angesichts der Umstände ein schwieriges Unterfangen. Erst im Laufe der Zeit stellt sich heraus, dass Marions Arbeit auch ihr eigenes Leben unwiederbringlich beeinflusst und es für sie kein Zurück gibt...

Wendy Holden schreibt klar und gut verständlich, aber auch ein wenig steif. Der etwas trockene Schreibstil der Autorin passt hervorragend zur spröden, unnahbaren Atmosphäre des Königshauses, richtig emotional einnehmend ist er aber nicht. Als Leserin spielte ich eher die Rolle einer neutralen Beobachterin des Geschehens, fühlte mich aber nicht mittendrin in der Geschichte.

Protagonistin Marion Crawford, von ihren Schülerinnen liebevoll Crawfie genannt, ist eine überaus interessante, reale Persönlichkeit. Sie hat 17 Jahre ihres Lebens mit der britischen königlichen Familie verbracht. Diese bemerkenswerte, aufsehenerregende Biografie macht natürlich neugierig. So richtig warm wurde ich mit Marion allerdings nicht. Sie wirkt nicht unsympathisch, recht authentisch und ehrlich, bemüht sich sehr engagiert, für ihre Schützlinge stets das Beste zu erreichen, gibt sich aber gleichzeitig manchmal recht spröde und reserviert, nicht wirklich herzlich oder emotional.
Uneingeschränkt sympathisch und angenehm war für mich keine der dargestellten Figuren, am ehesten noch Marions Bekannte Ivy, die mit Herzblut Evakuierte unterrichtet. Eine Tätigkeit, die auch Marions Wunschvorstellung entspricht.
Vielleicht ist die Distanz zu den Figuren von der Autorin aber auch genauso beabsichtigt. Es geht in ihrem Roman schließlich nicht um das Leben von Hinz und Kunz, sondern um die Welt der königlichen Hohheiten, zu der Normalsterbliche keinen Zugang haben. Das ist keine Welt, in der ich leben möchte, kein gesundes Umfeld. Aber ein Umfeld, das Menschen ganz entscheidend prägt und das macht Holden sehr deutlich.

„Teatime mit Lilibet“ erzählt eine außergewöhnliche und sehr interessante Geschichte. Das Königshaus, die dort herrschende Atmosphäre wird eindringlich und beeindruckend klar dargestellt. Richtig emotional gefangen und gefesselt war ich von diesem Roman nicht, dazu blieben mir die Figuren zu unnahbar und fremd. Dies ist allerdings stimmig und korrespondiert mit der steifen, speziellen Lebensart des Königshauses. Schließlich sind doch gerade die Majestäten gefangen in ihrer Rolle, verfügen kaum über individuelle Entfaltungsmöglichkeiten. Der gute Ruf ist für sie wichtiger als eigene Gefühle und persönliche Verbindungen.
Der zweifelsohne unterhaltsame Roman ist nicht durchgehend spannend zu lesen, stellenweise empfand ich ihn als etwas langatmig, die Handlung plätscherte teils zu ruhig dahin. Ein Buch wie eine recht steife, königliche Teestunde mit etwas sprödem, aber durchaus schmackhaften Gebäck. Eindrucksvoll, faszinierend und nachhaltig in Erinnerung bleibend, aber so richtig wohl fühlt man sich dabei nicht.

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Veröffentlicht am 16.11.2020

Ein ausgeschlagener Zahn und eine stalkende Fee: herrlich absurd und extrem witzig

Luis und Lena - Die Zahnlücke des Grauens
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Luis ist ein Wissenschaftsnerd, der mehr an Naturgesetze und Physik glaubt als an Magie. Als er mit seiner Mutter in ein kleines Kaff in Alpennähe zieht, läuft es an der neuen Schule erstmal suboptimal. ...

Luis ist ein Wissenschaftsnerd, der mehr an Naturgesetze und Physik glaubt als an Magie. Als er mit seiner Mutter in ein kleines Kaff in Alpennähe zieht, läuft es an der neuen Schule erstmal suboptimal. Um bei seinen eher bodenständigen Mitschülern beliebt zu werden, versucht Luis diese beim Eishockeyspielen zu beeindrucken. Doch leider verliert er beim ersten Puckkontakt sofort einen Schneidezahn. Seine „Zahnlücke des Grauens“ hat ungeahnte Folgen. Luis wird nun von einer penetranten Zahnfee gestalkt, die ihn immer wieder in extrem peinliche Situationen bringt.

„Luis und Lena- Die Zahnlücke des Grauens“ lässt sich wunderbar flüssig lesen. Autor Thomas Winkler schreibt klar, gut verständlich, lebendig und vor allem extrem komisch aus der Sicht von Luis. Er richtet sich immer wieder direkt an die Leser, stellt Fragen, erlaubt sich auch mal phantasievolle, schräge Späße mit ihnen und liefert unterhaltsame kreative Wortneuschöpfungen. Das Buch „flutscht“ einfach. Leser ab acht, neun Jahren können die Geschichte sicher problemlos selbstständig bewältigen, die Schrift mit etwas größerem Zeilenabstand ist recht leicht und angenehm zu lesen. Zum Vorlesen ist das Abenteuer auch schon für jüngere Kinder ab sechs Jahren geeignet.
Daniel Stieglitz wunderbare, wirklich witzige comicartige Illustrationen bereichern die Geschichte zusätzlich. Herrlich, die immer wieder sehr treffenden Gesichtsausdrücke der Figuren! Stieglitz Bilder können zweifelsohne klar und deutlich sprechen.

In diesem Buch tummeln sich ziemlich unterschiedliche originelle Charaktere: Der wissenschaftsgläubige Nerd Luis mit seinem saustarken Humor, seiner Ungeschicklichkeit und seinem Wunsch, einfach nur cool zu wirken, die abgehobene, verträumte und sehr phantasievolle Außenseiterin Lena, die derben, draufgängerischen Jungs vom Eishockeyteam „Wildschweine“ und natürlich die nervigste, penetranteste, feenungleichste Fee ever. Diese besondere Figurentruppe sorgt für unzählige extrem absurde und irre komische Situationen.

Luis und Lena erleben nicht nur ein völlig abgedrehtes, actionreiches Abenteuer, sie erobern auch die Herzen der Leser im Sturm. Meine Kinder, Jungen und Mädchen im Alter von fünf bis neun Jahren, waren komplett begeistert. Anfangs wurde hier hemmungslos gelacht und gekichert, über das schöne, etwas ernstere Ende haben sich aber alle mindestens genauso intensiv gefreut. Ein witziges, spannendes, originelles, abgedrehtes, aber zum Schluss hin auch etwas nachdenkliches Buch für Jungen und Mädchen, das unbedingt nach einer Fortsetzung verlangt. Und diese lassen wir uns unter keinen Umständen entgehen. Ein absolutes Lesehighlight!

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Veröffentlicht am 16.11.2020

Asterix als Bildergeschichte: für Kinder als Einstieg geeignet, für Kenner gewöhnungsbedürftig

Asterix - Der Goldene Hinkelstein
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Troubadix hat es satt, er möchte endlich alle Kritiker seiner einzigartigen Sangeskunst mundtot machen und beweisen, dass er der beste Barde weit und breit ist. Deshalb hofft er, den gallischen Bardenwettstreit ...

Troubadix hat es satt, er möchte endlich alle Kritiker seiner einzigartigen Sangeskunst mundtot machen und beweisen, dass er der beste Barde weit und breit ist. Deshalb hofft er, den gallischen Bardenwettstreit für sich zu entscheiden und den Siegerpreis, den goldenen Hinkelstein, zu erringen. Asterix und Obelix begleiten den Sänger, um ihn vor Prügel zu bewahren. Doch als sich die Römer einmischen, kommt alles doch ein bisschen anders als erwartet....

Kein Comic, eine Bildergeschichte ist dieser Asterixband, der eigentlich schon 1967 in Frankreich als Schallplattenbuch erschien und nun erstmals auf Deutsch erhältlich ist. Viel weniger, dafür größere detaillierte, typische, schöne Bilder und eine deutlich kürzere Geschichte als sonst.
Der Text ist wie ein Drehbuch formuliert, es geht nur darum, was die Figuren sagen, zum Vorlesen ist das recht eintönig und eher weniger geeignet.
Daran muss man sich als Asterixkenner natürlich erstmal gewöhnen. Ein etwas anderes Leseerlebnis: Gewohnter Humor, gewohnte Anspielungen, gewohnte Figuren, gewohnt witziges originelles Ende, aber trotzdem anders. Die Geschichte ist ein wenig dünn, kurz und einfach, durch die fehlenden vielen kleinen Bilder und Sprechblasen nicht richtig dynamisch. Bevor die Handlung richtig anfängt, ist sie auch schon wieder vorbei. Schön, dass es möglich ist, den ungewöhnlichen Band nun auch auf Deutsch lesen zu können, trotzdem hoffe ich, dass Asterix und Co weiterhin in Comics ihr Unwesen treiben und dieser Band eine Ausnahme bleibt.

Für meine Kinder war es der erste Band der Serie. Sie haben sich das Buch angeschaut und gleichzeitig das im Internet erhältliche Hörbuch dazu gehört. Diese Kombination funktioniert prima und hat auch meinen Kinder gut gefallen. Für Neueinsteiger und Kinder ab fünf, sechs Jahren eine gute Einführung in die Welt von Asterix, für Fans eher ein kurzer Zwischenstopp, ein kleiner Teil ihrer Sammlung, aber vermutlich kein Highlight.

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Veröffentlicht am 13.11.2020

Klassischer Colgan: unterhaltsam, aufmunternd und nebenher eine Liebeserklärung an die Kraft von Büchern

Happy Ever After – Wo dich das Leben anlächelt
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„Manche Entscheidungen trifft das Leben für uns, manche pirschen sich langsam an, aber bei manchen weiß man noch ganz genau, in welchem Moment man sie getroffen hat“.

Zoe trifft eine besondere, lebensverändernde ...

„Manche Entscheidungen trifft das Leben für uns, manche pirschen sich langsam an, aber bei manchen weiß man noch ganz genau, in welchem Moment man sie getroffen hat“.

Zoe trifft eine besondere, lebensverändernde Entscheidung: Sie steht nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens. Das Geld ist knapp und reicht kaum für die Wohnung, ihr vierjähriger Sohn Hari spricht nicht und Haris Vater entzieht sich seiner Verantwortung. Letzter Ausweg: ein, bzw. zwei neue Jobs. Die junge Frau zieht nach Schottland, übernimmt dort den fahrenden Buchladen, da Eigentümerin Nina demnächst in Mutterschutz gehen wird, außerdem betreut sie als Au-pair die drei Kinder eines Schlossbesitzers. Doch mit der für Schottland bekannten Postkartenidylle hat Zoes neues Leben anfangs überhaupt nichts gemeinsam.

Jenny Colgan schreibt flüssig, angenehm und klar. Ohne Umschweife versetzte ich mich dadurch sofort in Zoes Geschichte und ihr neues Leben hinein.

Eine ganze Menge Personen spielen in „Wo dich das Leben anlächelt“ entscheidende Rollen. Da ist natürlich zunächst Protagonistin Zoe. Es fällt leicht, sich mit der sympathischen, netten Frau zu identifizieren. Sie ist ein sehr sozialer, ruhiger, geduldiger Mensch, der stets für alle das Beste will und daher wollte ich als Leserin das auch für sie. Ihr neuer Arbeitgeber, der ungelenke Schlossher Ramsey wirkt zwar ähnlich unnahbar wie Mr Rochester aus Jane Eyre, aber trotzdem auf ganz andere Art. Seine verschlossene, zutiefst unglückliche Tochter Mary scheint verloren und steht im völligen Gegensatz zu ihrem Bruder dem aufgeweckten, fröhlichen, ständig plappernden Patrick. Und dann ist da auch noch Zoes stummer Sohn Hari, der Zoe solche Sorgen bereitet. Eine sehr vielfältige Mischung, die verschiedenen Charaktere des Romans. Für Colgan-Fans eine nette Überraschung, dass Nina und Surinder aus dem ersten Band der Reihe zwar keine Hauptrollen spielen, aber doch Gastauftritte haben und mit den Figuren verbunden sind.

Jenny Colgan steht für Eskapismus-Romane, „rosa“ Bücher zum Wegträumen, Frauen, die einen kompletten Neuanfang wagen, um ihr Glück zu finden. Genau darum geht es auch in „Happy Ever After- Wo dich das Leben anlächelt“. Anfangs lächelt das Leben Protagonistin Zoe sehr selten an, es streckt ihr vielmehr immer wieder die Zunge heraus. Manche Ereignisse, die ihr widerfahren, vor allem auch im Zusammenhang mit Mary, sind wirklich ziemlich traurig und bedrückend. Doch Zoe gibt nicht auf. Als Leser muss man da einfach mitgehen, ihr mit vollem Einsatz die Daumen drücken, dass für sie und die anderen alles gut wird, ganz im Sinne des märchenhaften „Happy Ever After“. Die Geschichte ist zwar vorhersehbar und wenig tiefgründig - Probleme klingen kurz an und werden dann viel zu schnell gelöst- aber genau das gehört einfach zu Jenny Colgan. Eine unterhaltsame, aufmunternde Gute- Laune- Geschichte voller positiver Energie. Und nebenher geht es immer wieder um besondere, manchmal magische Seelenretter: Bücher! Für Buchliebhaberinnen und alle, die sich nach sonnigen Happy Ends sehnen.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Von falschen Beziehungen und echten Gefühlen: britische Romantikkomödie zum Lesen

Aller guten Dinge sind zwei
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Aus heiterem Himmel wird Laurie von ihrem langjährigen Freund Dan verlassen. Sie versteht die Welt nicht mehr. Als sie mit Kanzleicasanova Jamie im Aufzug steckenbleibt, entwickeln die beiden einen Plan: ...

Aus heiterem Himmel wird Laurie von ihrem langjährigen Freund Dan verlassen. Sie versteht die Welt nicht mehr. Als sie mit Kanzleicasanova Jamie im Aufzug steckenbleibt, entwickeln die beiden einen Plan: Sie geben vor, ein Paar zu sein, um Dans Eifersucht zu wecken und Jamies Ruf und seine Aufstiegschancen in der Kanzlei zu verbessern. Schließlich gilt Laurie als äußerst integer und beliebt bei den Partnern. Doch Pläne sind dazu da, zunichte gemacht zu werden, vor allem wenn das Leben dazwischenfunkt...

Autorin Mhairi McFarlane pflegt einen locker-leichten, witzigen und angenehmen Schreibstil. Sie schildert klar und anschaulich Lauries Perspektive der Geschichte, rasch versetzte ich mich in Lauries Situation hinein und konnte mich recht gut mit der Figur identifizieren .

Mhairi Mc Farlane kennt sich aus mit Menschen, ihrem Verhalten, ihren Gefühlen, ihren Wünschen, ihren Beziehungen, ihren seelischen Verletzungen. Zwar sind ihre Figuren mitunter recht klischeebeladen und werden teilweise etwas oberflächlich und einseitig dargestellt, aber sehr oft erkennt man sich und andere auch wieder in den Charakteren, hat dabei das Gefühl, die Autorin beobachtet ihre Umgebung exakt und weiß genau, wovon sie schreibt. Bei ihren Protagonisten treten einige ziemlich tiefe, ehrliche, realistische Gefühle und erstaunlich treffende Beziehungs- und Verhaltensmuster auf. Mit Laurie, die so sympathisch, tief verletzt, authentisch und im Beruf sehr professionell rüberkommt, musste ich einfach mitfiebern und- leiden. Und unangenehme Charaktere wie Claire oder Michael gehören zu einem McFarlane-Roman immer dazu, ohne Gegenwind wäre die Geschichte ja auch langweilig.

Finden Laurie und Dan wieder zueinander? Kann eine Fake-Beziehung wirklich funktionieren?
Und kommt es für Laurie schließlich zum Happy End?
McFarlanes neuester Roman hat mich mitgenommen: Gefühlvoll, unterhaltsam und witzig wie eine typisch britische Liebeskomödie zum Lesen, Kino im Kopf. Am Ende wird zwar etwas dick aufgetragen, aber die große Liebe ist nun mal zweifelsohne sehr süß.

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