Packende, emotionale Geschichte mit etwas zu viel Dramatik
Das letzte Licht des Tages1940: Inès und Michel sind frisch verheiratet und leben auf Michels Weingut in der Champagne, gemeinsam mit dem Kellermeister Theo und dessen Frau Celine, die Inès freundlich, aber distanziert begegnet. ...
1940: Inès und Michel sind frisch verheiratet und leben auf Michels Weingut in der Champagne, gemeinsam mit dem Kellermeister Theo und dessen Frau Celine, die Inès freundlich, aber distanziert begegnet. Die junge Ehe verläuft nicht ohne Probleme, Inès fühlt sich nicht uneingeschränkt geliebt. Und als die Deutschen Frankreich besetzen, legt sich ein weiterer Schatten über aller Leben, Celine ist Halbjüdin und nun nicht mehr sicher. Michel unterstützt im Geheimen die Résistance und auch Inès muss sich für eine Seite entscheiden.
2019 reist die Amerikanerin Liz nach dem Scheitern ihrer Ehe mit ihrer Großmutter Edith in die Champagne. Edith hat eine besondere Verbindung zu der Gegend, das spürt Liz. Doch Edith schweigt beharrlich über die wahren Beweggründe, die sie zu dieser Reise veranlasst haben.
„Das Licht des Tages“ liest sich einfach, unkompliziert und flüssig. Kristin Harmels Schreibstil macht es dem Leser leicht, sofort einen Bezug zur Geschichte und den handelnden Personen aufzubauen. Abwechselnd wird die Perspektive von Inès und Celine während des Krieges geschildert und die von Liz im Jahre 2019. Diese derzeit populäre und übliche Erzählweise sorgt für Abwechslung. Die Kapitel lassen sich wie Einzelteile zu einem Ganzen zusammensetzen, das erst zum Schluss stimmig und komplett wird.
Das Cover mit dem Bild einer Weinrebe spielt auf den Ort des Geschehens, die Champagne an, den Beginn der einzelnen Kapitel ziert jeweils eine Traube. Für mich hätte es die kleinen Bilder allerdings nicht unbedingt gebraucht, sie wirken etwas kitschig. Auch der Klappentext ist meiner Ansicht nach nicht hundertprozentig gelungen, verrät er doch zuviel und lenkt so die Erwartungen der Leser recht stark.
Kristin Harmel erzählt hauptsächlich von den drei Frauen Celine, Inès und Liz. Während Liz und Celine fast blass und undeutlich erscheinen, wird Inès ganz klar und ausführlich gezeichnet. Sie ist eine sehr emotionale Frau, die sich nach Liebe und Anerkennung sehnt und die durch unglückliche Umstände in eine Situation getrieben wird, die nicht gut ausgehen kann. Inès macht Fehler, reagiert spontan und wird dabei von ihren Gefühlen bestimmt. Sie ist nicht perfekt, sondern menschlich und nahbar. Die Menschlichkeit, diese Ecken und Kanten hätte ich mir für die anderen Figuren auch gewünscht. Einige andere Charaktere sind schwer fassbar, wirken etwas verschwommen, undifferenziert oder zu schwarz-weiß.
Was für eine dramatische mitreißende Geschichte! Am Ende war ich ziemlich mitgenommen und schockiert von den Ereignissen. An manchen Stellen wirkte die Handlung allerdings fast etwas zu dramatisch, zu konstruiert. Zuviele Zufälle machen einige Aspekte doch etwas unglaubwürdig.
Nebenher wird wiederholt auch die Champagnerherstellung thematisiert. Informativ, aber mitunter etwas langatmig.
Kristin Harmel hat den Zwiespalt, die Zwickmühle, in die Menschen ganz unvermittelt geraten können, sehr anschaulich und eindringlich dargestellt. Manchmal ist es nicht immer so einfach und klar, wie es aussieht und kein Mensch kann so leicht aus seiner Haut und unabhängig von seinen Gefühlen agieren, das stellt die Autorin sehr ein- und nachdrücklich dar.
Ein emotionsgeladener Roman über Schuld, Liebe, verletzte Gefühle, Verrat und Schicksal, vielleicht etwas zu sehr auf Effekt und Sensation gemacht, aber durchaus unterhaltsam und packend.