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Veröffentlicht am 03.01.2022

So lehrreich, informativ, unterhaltsam und witzig kann die tägliche Geschäftsabwicklung sein

Klo-Psychologe
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Menschen verbringen erstaunlich viel Lebenszeit auf dem stillen Örtchen, laut Klappentext täglich bis zu vierzehn Minuten. Was liegt da näher als das Nötige mit dem Nützlichen zu verbinden und sich während ...

Menschen verbringen erstaunlich viel Lebenszeit auf dem stillen Örtchen, laut Klappentext täglich bis zu vierzehn Minuten. Was liegt da näher als das Nötige mit dem Nützlichen zu verbinden und sich während der Geschäftsabwicklung weiterzubilden? In 100 Sitzungen lässt sich durch die Lektüre dieses Buchs fast mühelos ein Diplom in Klopsychologie erlangen. In den Sitzungen geht es um ganz verschiedene Aspekte der Psychologie. Zunächst gibt es eine Einführung mit einer Definition der Psychologie, dann folgen die Kapitel „Tiefenpsychologie“, „Persönlichkeitspsychologie“, „Kognitive Psychologie und Intelligenzpsychologie“, „Kommunikationspsychologie“, „Motivationspsychologie und positive Psychologie“, „Entwicklungs- und Evolutionspsychologie“ und „Organisationspsychologie“. Alles endet wie bei einem echten Studium mit einem Abschlusstest. Zahlreiche Psychologen wie natürlich Siegmund Freud oder Kurt Lewin werden vorgestellt. Zwischendurch sorgen abwechslungsreiche Graphiken für Unterhaltung, da ist so manches Badezimmer berühmter Psychologen skizziert oder es gibt amüsante Filmplakate wie „Der Klopate“ zu bewundern. Außerdem werden immer wieder Multipel Choice Fragen zum Mitmachen angeboten und prägnante Zusammenfassungen von Wissen in Listen, übersichtlichen Tabellen oder graphischen Darstellungen präsentiert.

Der Autor und Diplompsychologe Moritz Kirchner alias Konrad Klever schreibt gut verständlich, direkt, manchmal herrlich flapsig und sehr unterhaltsam. Er spricht seine Schüler/ Klostudenten direkt an. Über Formulierungen wie von „null Bock« bis zu »Jürgen Klopp“, wenn es um die Intensität menschlicher Motivation geht- musste ich immer wieder lachen. Das Buch liest sich wunderbar flüssig, lebendig und überhaupt nicht trocken.

Mir hat das interessante, leichte, sehr unterhaltsame Büchlein, das sich übrigens auch außerhalb des stillen Örtchens prima lesen lässt und die täglichen Sitzungszeiten garantiert verlängert, gut gefallen. Komplexe Themen werden für Laien ansprechend und motivierend aufbereitet. Ich hatte einige Erleuchtungen, weiß jetzt definitiv mehr über dieses interessante Fachgebiet als vorher. Natürlich habe ich mir während der Lektüre über meine Mitmenschen, meine Erfahrungen und mich selbst so meine Gedanken gemacht und bin nun fest davon überzeugt, dass ein wirklich guter Chef über Grundkenntnisse der Psychologie verfügen sollte.
Und auch im Alltag kann so manches, was es hier zu studieren gab, sicher hilfreich sein. Aktives Zuhören zum Beispiel.
Kurzweilig, verständlich und lehrreich, so müssen Sachbücher für mich sein.
Wer sich für Psychologie interessiert, aber Sachbücher oft zu schwer und anstrengend findet, dem rate ich sehr, sich mit „Klopsychologe - in einhundert Sitzungen zum Seelenklempner“ fortzubilden.

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Veröffentlicht am 28.12.2021

Vordergründig ein langsamer Krimi, auf den zweiten Blick ein großartiger Roman darüber, woran unsere Gesellschaft krankt

Der Sucher
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Der Amerikaner und ehemalige Polizist Cal Hopper möchte sein altes Leben hinter sich lassen und sich in einem irischen Dorf neu orientieren. Zunächst scheint er dort die Ruhe zu finden, nach der er sich ...

Der Amerikaner und ehemalige Polizist Cal Hopper möchte sein altes Leben hinter sich lassen und sich in einem irischen Dorf neu orientieren. Zunächst scheint er dort die Ruhe zu finden, nach der er sich so sehnt, die Bewohner heißen ihn freundlich willkommen und integrieren ihn. Doch dann werden wiederholt auf brutale Weise Tiere in der Umgebung getötet. Und Cal stellt fest, dass er beim Renovieren seines neuen Heims beobachtet wird. Von Trey, einem Kind, das eine eindringliche, aber prekäre Bitte an Cal richtet. Cal begibt sich auf die Suche nach einem verschwundenem Jungen, Treys Bruder, und kommt dabei noch anderen Geheimnissen auf die Spur.

Tana French erzählt in Gegenwart, sie schreibt klar und lebendig, schildert was Cal in seiner neuen Heimat erlebt. Oft herrscht seitenlang Schweigen und es wird von Cals einsamen Tagesablauf berichtet, dann wiederum sprechen die Figuren viel in wörtlicher Rede miteinander, was eine besondere Atmosphäre schafft.

Polizist Cal Hopper ist ein wichtiger, interessanter Charakter, den ich über weite Teile sehr gut verstehen konnte. Er hat den Dienst quittiert, weil er das Gefühl hat, seine innere moralische Stimme nicht mehr hören zu können. Er sucht die Abgeschiedenheit, um seine eigene Zerrissenheit zu überwinden. Für Trey wird Cal eine Art Mentor, der sich bemüht, Halt und Orientierung zu vermitteln. Cals wichtiger Grundsatz ist es, mit anderen anständig umzugehen, davon möchte er auch Trey überzeugen. Die sich entwickelnde Beziehung zwischen Cal und Trey wird intensiv, anschaulich und gut nachvollziehbar, ja fast „greif- und spürbar“ dargestellt. Das gefällt mir.

Tana French schreibt in einer klaren, direkten, eindeutigen Sprache und erzählt erstaunlicherweise dennoch so viel zwischen den Zeilen.
Der Sucher“ ist vordergründig ein recht unspektakulärer Krimi mit langsamen Erzähltempo, aber es geht darin doch um so viel mehr als um die Geschichte eines verschwundenen Jungen. Im Roman steckt so viel Grundsätzliches, Aktuelles, Wichtiges. Das Buch zeigt auf, woran unsere Gesellschaft krankt. French befasst sich mit den Herausforderungen der aktuellen Welt, mit den Schwierigkeiten, Orientierung zu finden. Hauptfigur Cals Gedanken kreisen immer wieder konkret um das Wesen der Moral. Er hat in seinem früheren Leben im rastlosen Chicago seinen inneren Kompass verloren, der so wichtig für seinen Beruf ist. Er weiß nicht mehr, was wirklich richtig ist, glaubt es mit dem zu verwechseln, was die Leute für richtig halten. „Nach Cals Auffassung beinhaltet Moral mehr als nur Begrifflichkeiten.“ „Alle sprachen immer nur über Sprache, und am moralischsten war derjenige, der andere Leute am lautesten runterputzte, weil sie die falsche Sprache benutzten.“ Cal bringt seine Vorstellung von Moral klar auf den Punkt: „Moral ist das, was sich nicht ändert. Das, was du tust, ganz egal, was andere Leute tun. Wenn sich zum Beispiel jemand dir gegenüber wie ein Arschloch benimmt, vergisst du vielleicht deine guten Manieren. Vielleicht sagst du, er soll sich verpissen oder du haust ihm sogar eine rein. Aber wenn du dann siehst, dass er in einem brennenden Auto eingeklemmt ist, dann reißt du trotzdem die Tür auf und versuchst, ihn rauszuziehen. Obwohl er ein Arschloch ist. Das ist Moral.“
Die Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt, ist in Frenchs Roman für mich ganz zentral.
Tana Frenchs atmosphärische Romane sind eine besondere Klasse für sich. Sie lassen sich leicht und unkompliziert lesen, zeigen erst auf den zweiten Blick, was wirklich unter der Oberfläche in ihnen verborgen ist, wenn man sich nur darauf einlässt. Mich hat die Autorin erneut überzeugt und zum Nachdenken gebracht. Dieses Buch wird mich sicher noch lange beschäftigen.

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Veröffentlicht am 22.12.2021

Trubel und Aufregung, ein paar Turbulenzen und ganz viel warmes Weihnachtsgefühl

Familie Flickenteppich 4. Wir freuen uns auf Weihnachten
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Aufregung bei Emma und ihrer Flickenteppich-Familie aus der Nummer 11. Weihnachten steht vor der Tür. Das erste Weihnachten im neuen Haus, an dem Papa und Selda ein Paar sind. Oma und Opa, Mama, Jeff und ...

Aufregung bei Emma und ihrer Flickenteppich-Familie aus der Nummer 11. Weihnachten steht vor der Tür. Das erste Weihnachten im neuen Haus, an dem Papa und Selda ein Paar sind. Oma und Opa, Mama, Jeff und Aylins Großmutter haben zum Fest ihren Besuch angekündigt. Außerdem steht die Geburt von Stellas Baby kurz bevor. Und dann muss sich die Hausgemeinschaft noch um Oma Becker kümmern, die nach einer schweren Grippeerkrankung noch ziemlich schwach ist und immer tüdeliger wird. Natürlich gehören zu einem richtigen Weihnachten auch die passenden Geschenke und Schnee. Ob die Kinder beim Schnee mit einem geheimnisvollen Zauber etwas nachhelfen können?

Stefanie Taschinski schreibt im Präsens in Ich-Form aus Emmas Sicht direkt, ehrlich, klar und gut verständlich. Diese Erzählweise wirkt authentisch und lebendig. Beim Lesen hatten wir fast das Gefühl, Emma sitzt mit uns im Zimmer und erzählt nur für uns persönlich ihre Geschichte. Anne Kathrin Behl hat zur Geschichte passende Illustrationen gezeichnet. Ihre Figuren sehen charakteristisch und irgendwie drollig aus, sind sehr aussagekräftig. Beim Betrachten der Bilder wird sofort klar, wie sich die dargestellten Personen gerade fühlen. Die Schrift ist gut lesbar, da der Zeilenabstand etwas weiter ist. Zum Selberlesen eignet sich das Buch für Kinder ab acht Jahren, zum Vorlesen auch schon für jüngere Kinder ab sechs.

Die Flickenteppichs sind für uns schon wie alte, vertraute Bekannte. Was für eine Vielfalt an Charakteren! Da ist zunächst Emma, die sehr sozial, selbstständig und ehrlich ist. Sie weiß genau, was richtig und falsch ist, hat ein großes Herz, steckt voller Gefühle, lässt sich schnell begeistern, packt Sachen an. Manchmal passieren aber auch ihr Fehler. Mit ihrer Freundin und nun Fast-Schwester Aylin hat sie das große Los gezogen. Die beiden verstehen sich blind und sind immer füreinander da. Emmas Bruder Ben geht nun in eine neue Schule und muss sich da erst noch zurechtzufinden. Er möchte unbedingt bei seinen neuen Klassenkameraden beliebt sein und vergisst dabei manchmal, was eigentlich zählt. Neben Emmas und Aylins Familie gibt es noch Oma Becker, die sich in diesem Band zum Sorgenkind entwickelt, ist sie doch recht schwach und vergesslich. „Erbsenzählerin“ Frau Neumann bleibt ihrer bestimmten, strengen Art treu, beweist aber einmal mehr, dass sie im tiefsten Inneren ein sehr herzlicher Mensch ist, dem wichtig ist, dass es allen gut geht. Es macht immer wieder großen Spaß, die Entwicklungen in dieser außergewöhnlichen Hausgemeinschaft mit dem besonderen Zusammenhalt zu verfolgen. So sollte „Familie“ sein, auch wenn hier nicht alle verwandt sind.

„Wir freuen uns auf Weihnachten“ ist trotz aller Aufregung und Turbulenzen eine besinnliches Buch mit viel Weihnachtsgefühl. Die Flickenteppichs feiern ein manchmal unkonventionelles, mitunter chaotisches Fest voller ungeplanter Überraschungen, zeigen aber, worauf es wirklich ankommt: Zusammensein, rücksichtsvoll an andere zu denken und anderen eine Freude zu machen. Emma und Aylin demonstrieren auf ihre Art, was Toleranz heißt und erklären dabei völlig selbstverständlich auf ihre Art auch andere Familienmodelle jenseits des klassischen Vater-Mutter-Kind-Modells. Emma und vor allem Ben geraten diesmal in einen Gewissenskonflikt, tun das Falsche, lernen aber aus ihren Fehlern, beweisen Größe und entschuldigen sich, obwohl es ihnen nicht leichtfällt. Sie werden mit Problemen konfrontiert, die manche Leserinnen und Leser garantiert auch schon erlebt haben. Das macht sie zu prima Identifikationsfiguren.
Auch der neueste Band der Fleckenteppichs steht den anderen in nichts nach, vermittelt wieder das einzigartige „Flickenteppich-Gefühl“: Zusammenhalt, Freundschaft, Wärme und den Alltag als Abenteuer. Von dieser Familie können wir einfach nicht genug bekommen.

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Veröffentlicht am 14.12.2021

Tierisch turbulentes Freundschaftsabenteuer mit hochherrschaftlichem Schauplatz und wunderbaren Figuren

Elli Rotfell 1. Die abenteuerliche Rettung von Schloss Drachenmut
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Elli Rotfell lebt im Schlosspark von Schloss Drachenmut. Sie ist nicht wie andere Eichhörnchen. Statt Vorräte zu sammeln, ihren traditionellen Aufgaben nachzukommen und beim Kobelbau zu helfen, übt sie ...

Elli Rotfell lebt im Schlosspark von Schloss Drachenmut. Sie ist nicht wie andere Eichhörnchen. Statt Vorräte zu sammeln, ihren traditionellen Aufgaben nachzukommen und beim Kobelbau zu helfen, übt sie lieber mit ihrer Schleuder zu schießen. Gerne würde sie einmal mehr von der Welt sehen als immer nur nur ihre direkte Umgebung. Nach einem Streit mit ihrem Opa Eckbert verlässt sie wutentbrannt das Revier und trifft auf den Waschbären Wolle Waschington. Eigentlich sollten Eichhörnchen Waschbären nicht trauen, aber die beiden Tiere verstehen sich dennoch ziemlich gut und werden sogar Freunde. Als sie erfahren, dass ihr Zuhause, der Schlosspark von Schloss Drachenmut und das Schloss verkauft und zum Golfhotel umgestaltet werden soll, beschließen sie, das unter allen Umständen zu verhindern und ihre Heimat zu retten. Doch alleine wird das nicht klappen. Die beiden brauchen dringend Unterstützung. Ob sie die unter den anderen Bewohnern des Parks finden?

Autorin Anne Ameling schreibt kindgemäß, abwechslungsreich, sehr humorvoll und gut verständlich.
Eva Czerwenka hat zur Geschichte hübsche, lebendige, bunte Bilder gezeichnet. Dabei bleibt der Rahmen der einzelnen Doppelseiten oben links und unten rechts stets gleich (oben eine Baumkrone mit Eichhörnchenschwanz und unten ein Waschbärenschwanz und Müll im Wasser). Er wird aber oft durch neue Illustrationen, hauptsächlich solchen von Tieren, ergänzt. Die Bilder der Figuren sind besonders ausdrucksstark und charakteristisch, sie machen einfach Spaß.
Auf dem Vorsatzpapier findet sich eine Karte von Schloß Drachenmut. Mit Hilfe der Karte lässt es sich sehr gut nachvollziehen, wie der Schauplatz aussieht und wo sich die Ereignisse gerade abspielen.
Die Textmenge pro Seite ist recht übersichtlich, Schrift und Zeilenabstand sind lesefreundlich und etwas größer als normal. Das Buch ist zum Vorlesen für Kinder ab sechs Jahren geeignet, für Selberleserinnen und -leser ab acht.

Elli Rotfell ist kein Eichhörnchen wie aus dem Bilderbuch, sie begnügt sich nicht mit Bravsein, ist aufmüpfig, quirlig und temperamentvoll. Elli möchte mehr von der Welt sehen als das begrenzte Revier der Eichhörnchen. Dass sie in ihrer Familie aneckt, scheint da vorprogrammiert zu sein. Auch Waschbär Wolle Waschington hat Probleme mit seiner Familie. Waschbären sind normalerweise doch recht bodenständig, Walle trägt seinen Kopf aber „in den Wolken“, möchte Erfinder werden, träumt vom Fliegen und davon einen funktionierenden Roboter zu entwickeln. Aus verschiedenen Gründen hat Walle „Ärger“ mit verschiedenen Tieren, ein Running Gag, der uns beim Lesen immer wieder sehr amüsiert hat. Elli und Wolle sind nur zwei der originellen Charaktere, da gibt es zum Beispiel noch einen überforderten Schlosshund, den Chaos-Kaninchenclub, einen kriminellen Raben, eine biestige Sperberin und viele weitere mehr. Eine wirklich gelungene, unterhaltsame Figurenauswahl!

Was die kleinen Parkbewohner alles auf die Beine stellen, um das Schloss zu retten, ist ganz großes Kino. Sehr spannend die Frage, ob sie letztendlich mit ihren Anstrengungen erfolgreich sein werden.
Nebenher werden allerlei Vorurteile überwunden und es erweist sich als überaus sinnvoll, sich auf bestimmte andere einzulassen, auch wenn man vorher davor gewarnt wurde. Denn oft sind viele Tiere und Leute doch ganz anders, als man glaubt. Und daher ist auch eine Freundschaft zwischen einem Eichhörnchen und einem Waschbären sehr gut möglich. Noch mehr: sie schafft so manches, an das man zuvor niemals geglaubt hätte.
Wie die persönlichen Eigenarten der Tiere von der Autorin dargestellt und aufgegriffen werden, ist immer wieder herrlich komisch und sorgt für gute Laune.
Ein wunderbares, phantasievolles, turbulentes Freundschaftsabenteuer mit drolligen Figuren, das großen Spaß macht. Von uns aus könnten Elli und Wolle sehr gerne in Serie gehen.

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Veröffentlicht am 11.12.2021

Atemberaubend fesselndes Katz und Maus-Spiel frei nach Agatha Christie

Das Chalet
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Die Entwickler der erfolgreichen Social-Media-App Snoop verbringen gemeinsam eine Auszeit in einem Luxus-Chalet in den französischen Alpen. Doch bald schon wird klar, dass es bei dem Treffen nicht nur ...

Die Entwickler der erfolgreichen Social-Media-App Snoop verbringen gemeinsam eine Auszeit in einem Luxus-Chalet in den französischen Alpen. Doch bald schon wird klar, dass es bei dem Treffen nicht nur um Entspannung und Erholung geht. Es liegt ein Übernahmeangebot für das Unternehmen vor, das besprochen werden muss. Doch bevor es zur Diskussion des Angebots kommt, geschieht eine Katastrophe. Es hört nicht auf zu schneien, im Schneesturm geht ein wichtiges Teammitglied verloren. Als das Chalet durch eine Lawine von der Außenwelt abgeschnitten wird, wird eine weitere Person ermordet. Und das soll nicht der letzte Tote sein. Ein Killer versteckt sich unter den Bewohnern des Chalets. Niemand kann sich sicher fühlen ….

Autorin Ruth Ware formuliert gut verständlich, flüssig und klar. Abwechselnd wird das Geschehen in der ersten Person Präsens aus der Sicht von Liz, einer ehemaligen Mitarbeiterin von Snoop und Erin, die im Chalet als Servicekraft arbeitet, geschildert. Die Leser erhalten zwei Versionen der Geschichte, zwei verschiedene Blickwinkel auf die Entwicklungen. Die Kapitel sind recht kurz gehalten, die Spannung wird durch den häufigen Perspektivwechsel stets aufrechterhalten.

Die Erzählerinnen Liz und Erin stehen zwangsläufig im Mittelpunkt des Romans. Liz ist ehemalige Mitarbeiterin des Unternehmens, die nun über 2% der Firmenanteile verfügt, Erin ist im Chalet angestellt. „Mauerblümchen“ Liz steckt mittendrin im Geschehen, ist in die geschäftlichen Angelegenheiten von Snoop involviert, weiß um die Animositäten innerhalb der Chefetage und wie die Mitarbeiter zueinander stehen. Dennoch steht sie auch außen vor, hält sich für unzulänglich, ist wenig selbstbewusst und hat das Gefühl, den ehemaligen Kollegen nicht das Wasser reichen zu können.
Erin bekommt als „Mädchen für alles“ im Chalet vieles mit, hat einen Blick von außen auf die Strukturen und Beziehungen in der Firma. Sie selbst scheint ebenfalls Geheimnisse zu haben und in der Vergangenheit Schlimmes erlebt zu haben. Sowohl Liz als auch Erin haben offensichtlich etwas zu verbergen. Beim Lesen zweifelte ich da häufig, ob ich ihnen und ihrer Sicht wirklich trauen kann. Auch die anderen Figuren sind mit Vorsicht zu genießen. Das Bild, das sie nach außen abgeben wollen, scheint nicht „echt“. Die Mitarbeiter demonstrieren Geschlossenheit, doch es herrscht längst nicht die Harmonie, die nach außen propagiert wird. Sympathisch waren mir die Beschäftigten von Snoop alle nicht, wirken sie doch mitunter recht abgehoben und elitär.

Wie bei Agatha Christies „Und dann gab es keines mehr“ sind alle Beteiligten von der Außenwelt abgeschnitten. Nicht eine Insel, sondern ein Chalet im Schnee stellt den Schauplatz dar, aber das Szenario ist ganz ähnlich. Es gibt kein Entkommen, niemand kann sich sicher fühlen, jeder könnte der Feind sein. Autorin Ruth Ware beschwört in ihrem neuesten Werk eine Atmosphäre zum Schaudern herauf. Nach und nach wird das Rätsel um den Mörder gelöst und das so packend und fesselnd, dass man sich der Handlung einfach nicht entziehen kann. Was für ein Setting, was für ein spannender Showdown! Nicht nur die Protagonisten frieren, garantiert wird es bei all der Anspannung auch der Leserschaft eiskalt über den Rücken laufen. Hier werden Täter zu Opfern und Opfer zu Tätern. Für mich ist „Das Chalet“ ein sehr stimmig konstruierter, packender, gut durchdachter Krimi mit Atmosphäre, ein Krimi, wie er sein muss. Ich bin sicher, auch Agatha Christie hätte an diesem Roman ihre Freude gehabt .


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