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Veröffentlicht am 01.09.2023

Ist der Gärtner immer der Mörder?

Teufelstropfen
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Das war mein erster Krimi von Gina Greifenstein. Ich hatte nach dem Titel vielleicht ein bisschen mehr Infos um den Wein erwartet, das wurde aber nur am Rande erfüllt. Ich hatte das Gefühl, selbst in der ...

Das war mein erster Krimi von Gina Greifenstein. Ich hatte nach dem Titel vielleicht ein bisschen mehr Infos um den Wein erwartet, das wurde aber nur am Rande erfüllt. Ich hatte das Gefühl, selbst in der Pfalz trinkt man mehr Schorle als echten Wein. Aber klar, wenn das Auto vor der Tür steht.
Aber immerhin ist es der Teufelstropfen, der fast jemanden vom Leben zum Tod befördert hätte. Von daher ist er wenigstens das Mordinstrument.

Paula Stern, ursprünglich aus Franken, hat es als Kommissarin in die Pfalz verschlagen und dort versieht sie zusammen mit dem älteren Kollegen Bernd Keeser ihren Dienst. Nur ist Keeser nach einer Schussverletzung längere Zeit krankgeschrieben und man stellt ihr plötzlich einen Kollegen zur Seite, den sie auf den Tod nicht ausstehen kann.

Ihr Leihhund Othello, den sie im Auftrag einer Nachbarin für mehrere Wochen hütet, gräbt in der Pause eines Konzerts einen menschlichen Finger aus. Wie sich herausstellt, ist der Rest auch noch vorhanden, nur weiß niemand, wer dort unter dem Kirschlorbeer vergraben wurde. Die Ermittlungen beginnen und natürlich mischt sich auch der eigentlich krankgeschriebene Keeser in die Arbeit ein.
Wie gut, dass jedes Dorf eine Tratschtante hat, auch wenn deren Aussagen nicht immer geglaubt werden kann. Aber immerhin liefern sie manchmal zumindest einen ersten Ansatzpunkt.

Natürlich spielen auch die persönlichen Befindlichkeiten der Ermittler immer eine Rolle, das Ende und ein „Souvenir“ aus einer ehemals glücklichen Beziehung, der Anfang einer neuen Liebe, obwohl es anfangs gar nicht danach aussah. Pfälzische Küche spielt auf jeden Fall eine wichtige Rolle und den Weg von Landau nach Minfeld würde ich vielleicht auch schon finden.

Auch wenn die Ermittler etwas länger brauchten, das Umfeld des Täters erschloss sich mir relativ früh, dennoch lag ich zum Schluss knapp daneben.

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Manches Problem braucht nur einen guten Zuhörer

Hör auf dein Herz, auch wenn es stolpert
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Floriane ist gerade 50 geworden und hat mit ihrem Mann und guten Freunden und Kollegen eine rasante Geburtstagsparty hinter sich. Alles scheint in Ordnung, schließlich ist 50 das neue 30. Also, kein ...



Floriane ist gerade 50 geworden und hat mit ihrem Mann und guten Freunden und Kollegen eine rasante Geburtstagsparty hinter sich. Alles scheint in Ordnung, schließlich ist 50 das neue 30. Also, kein Grund zur Sorge… oder doch?

Der erste Schlag trifft sie am Abend. Gerade ist die Wohnung aufgeräumt und wieder ansehnlich, das Essen (wenn auch nur Reste von der Party) steht auf dem Tisch, als Wenzel, ihr Mann, ihr das Ende ihrer Ehe verkündet und sie bittet, innerhalb von einer Stunde die Wohnung zu verlassen. Vollkommen durcheinander flüchtet sie in das Notzimmer des Hotels, dessen Managerin sie ist, doch auch da wird ihr am nächsten Tag gekündigt. Eine über 50jährige schwäche die Credibility in einem Haus, das sich gerade zum Ziel gesetzt habe, jünger, hipper und unique zu werden. Jetzt bleibt nur noch Tante Ilse!

Auch wenn der Roman den Regeln des Spannungsauf- und abbaus folgt und damit in gewisser Weise ein Happy End erwartet werden kann, so ist er humorvoll geschrieben. Besonders gut gefallen hat mir tatsächlich die Szene mit Clemens und Cleo, die zwar Floriane vor die Tür setzen, sich aber mit ihrem „Businesskasper-Englisch“ vollkommen lächerlich machen. Und die letzte Botschaft an Wenzel zeugt wirklich von Schlagfertigkeit und Humor!!

Floriana macht tatsächlich das Beste aus ihrer Situation. Sie tut das, was sie am besten kann, nämlich zuhören, und zieht aus den Lebensbeichten ihrer Klienten auch Erkenntnisse für sich selbst. Womit wir wieder beim Denglisch wären, schließlich ergibt sich eine Win-Win-Situation.

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Veröffentlicht am 29.08.2023

Wider Stolz und Starrsinn

Sturmjahre
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Lia Scott hat mit Sturmjahre „Das Versprechen einer neuen Zeit“ einen Roman geschrieben, der in Schottland nach dem 1. Weltkrieg spielt. Der Krieg ist vorbei und die überlebenden Soldaten kehren langsam ...

Lia Scott hat mit Sturmjahre „Das Versprechen einer neuen Zeit“ einen Roman geschrieben, der in Schottland nach dem 1. Weltkrieg spielt. Der Krieg ist vorbei und die überlebenden Soldaten kehren langsam nach Hause zurück. Allerdings hat nicht jeder den Krieg unbeschadet überstanden und so lernen wir einige kennen, die Folgen für das ganze Leben davongetragen haben.

Archie ist einer davon, er ist einer der Söhne der Familie Dennon, um die es in dieser Reihe geht. Aus Pflichtgefühl und Sorge hatte er seine beiden Brüder in den Krieg auf dem Kontinent begleitet, einem Freund rettete er mit einer gewagten Aktion das Leben, verlor dabei aber einen Arm.

Archie ist seit ewigen Zeiten in Vika verliebt, will ihr das aber nicht eingestehen. Am Anfang des Krieges hatte er Angst, sie zu früh zur Witwe zu machen, nun fühlt er sich als Krüppel und leidet weiterhin unter Albträumen.
Vika kam vor Jahren aus Glasgow. Archie hatte sie und ihre große Schwester Shona aus den Slums von Glasgow gerettet. Shona ging damals schon einem gewissen Gewerbe nach, Vika machte sich in Archies Pub nützlich, kochte und putzte. Weil Vika sich von Archie abgewiesen fühlte, gab sie dem Drängen eines anderen Verehrers nach und wurde schwanger.

Während Archie in Flandern kämpft, bringt sie den kleinen Arch zur Welt. Auch wenn es gar nicht Archies Sohn ist, baut sie mit dem Namen schon eine Brücke zu ihm auf und im Dorf ist man allgemein der Ansicht, dass er auch der Vater sei.

Es fällt den beiden ausgesprochen schwer, sich und dem jeweils anderen einzugestehen, dass sie ineinander verliebt sind und als es dann doch endlich passiert, ist es eine sehr fragile Beziehung, die schon nach wenigen Tagen wieder zerbricht.

Beide gehen durch ihre jeweilige Hölle, um endlich zur Einsicht zu kommen, aber das Nachdenken und das Zuhören haben sich gelohnt. Gefühle sind kein Zeichen von Schwäche und seine Albträume kann man nur überkommen, wenn man sich der Erinnerung stellt.

Gerade auch die Randinformationen waren interessant. Gorbals gibt es noch heute in Glasgow, aus dem Armenviertel ist heute ein modernes Quartier geworden. Außerdem fand ich es wichtig, dass Archie, als er seine eigene Krise endlich überwunden hatte, seinen nächsten Freunden und den Dorfbewohnern auf die Beine hilft. Er bewährt sich als Patriarch im besten Sinne. Nur so kann sich wirklich das Versprechen einer neuen Zeit erfüllen.

Glücklicherweise gibt es ein Happy End. Für mich war es ein Buch, das sich wunderbar gelesen hat, das man irgendwann gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Und durch den Bezug zur Nachkriegszeit nach 1918 in Schottland kamen auch Tiefgang und historische Bezüge dazu, auch wenn es natürlich in erster Linie ein Liebesroman war.

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Veröffentlicht am 27.08.2023

Selbstbedienung im Louvre

Die Erfindung des Lächelns
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Tom Hillenbrand, den ich von seinen Luxemburger Krimis um Xavier Kieffer her kannte und mochte, hat ein neues Buch geschrieben. Es geht um den Diebstahl der Mona Lisa im Jahr 1911, es geht aber auch um ...

Tom Hillenbrand, den ich von seinen Luxemburger Krimis um Xavier Kieffer her kannte und mochte, hat ein neues Buch geschrieben. Es geht um den Diebstahl der Mona Lisa im Jahr 1911, es geht aber auch um das Leben in Künstlerkreisen in Paris um diese Zeit und um andere zeitgleich verübte Verbrechen.
Im August 1911 wird unter mysteriösen Umständen das Gemälde der Mona Lisa aus dem Pariser Museum Louvre gestohlen. Was ich nicht wusste, war, dass La Joconde vor ihrem Verschwinden gar nicht so bekannt war, wie sie es heute ist. Es war ein Bild von Leonardo da Vinci und hatte damit seinen Wert, aber da gab es viele, die höher gelobt wurden und einer größeren Öffentlichkeit bekannt waren. Ihr Verschwinden machte sie von heute auf morgen weltberühmt.

Die Polizei verhörte Hunderte Beschäftigte des Museums, denn sie glaubte, dass nur ein Dieb mit Fachwissen das Gemälde hatte stehlen können. Doch dann stellte sich heraus, die berühmte Mona Lisa war nicht wirklich bewacht und sie war nicht einmal gesondert gesichert, sondern einfach nur aufgehängt. Die sehr laschen Sicherheitsmaßnahmen im Louvre könnte man sich heute nicht mehr vorstellen. Da konnte ein- und ausgehen wer wollte und die Saaldiener oder Aufsichtskräfte verschliefen den Tag.

Selten ist es mir so schwergefallen, in ein Buch hineinzufinden. Bis zur Mitte hat mich das Lesen ermüdet und ich habe das Buch immer wieder zur Seite gelegt und anderen Lesestoff vorgezogen. Die Namen einiger beteiligter Personen, die alle mit „J“ begannen (Jules, Juhel, Jouin) habe ich zu Beginn dauernd verwechselt.
Dabei fand ich den Klappentext spannend und vielversprechend und hatte mich richtig auf das Buch gefreut. Das dazu passende Cover einer belebten Straßenszene mit viel Außengastronomie verstärkte diesen Eindruck noch. Ich hatte mir vorgestellt, in das Paris der Belle Epoque einzutauchen, den jungen, heute berühmten Malern wie Picasso und Matisse bei ihrer Arbeit zuzuschauen, Isadora Duncan in ihren Auftritten zu begleiten und dann mit allen zusammen in den Cafés in Paris zu sitzen und zu diskutieren. Immerhin war Paris damals Sehnsuchtsort für junge Künstler.
Aber das Flair kam nicht bei mir an.

Commissaire Juhel Lenoir soll den Diebstahl an der Mona Lisa aufklären. Wie so oft stehen sich erst einmal die verschiedenen ermittelnden Stellen selbst im Weg oder behindern gegenseitig ihre Arbeit. Nach einer großen Suchaktion, die zu keinem Ergebnis führt, wird die Arbeit schließlich eingestellt. Lediglich Juhel Lenoir bleibt an der Sache dran, aber auch ihn überrollen neue Fälle. Da sind die erstmals mit Hilfe eines schnellen Automobils ausgeführten Raubüberfälle einer Bande von Anarchisten. Gegen ein schnelles Auto kommt auch die Polizei nicht an, die entweder mit Rädern oder zu Pferd unterwegs ist. Diese Anarchisten versetzen ganz Paris in Angst und Schrecken, zumal ihre Überfälle immer mit mehreren Morden enden. Dennoch wird hierfür alles aufgeboten, was möglich ist: „Es gibt nichts, was einen lebenden Polizisten so sehr auf Trab bringt wie ein toter Polizist“ .

Die zeitgleichen Verbrechen laufen lange parallel, ohne eine Verbindung miteinander zu haben. Erst recht spät ergibt sich doch noch eine Verbindung, die aber ein wenig konstruiert wirkt. So viel Zufall ist fast schon nicht mehr möglich.

Dennoch versöhnt mich das Finale ein wenig mit dem Buch, vor allem der offene Schluss gefällt mir. Vielleicht sitzen wir ja alle seit mehr als 100 Jahren einer Verwechslung und einer genialen Fälschung auf.

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Veröffentlicht am 13.08.2023

Ein kleiner Schritt...in den Tod

Canaria Criminal
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Ein kleiner Schritt ... in den Tod!

Der Autor Daniel Verano alias Daniel Wehnhardt lebt zwar in Nordhessen, ist aber nach einem längeren Aufenthalt auf den Kanaren dem Charme der Inseln verfallen und ...

Ein kleiner Schritt ... in den Tod!

Der Autor Daniel Verano alias Daniel Wehnhardt lebt zwar in Nordhessen, ist aber nach einem längeren Aufenthalt auf den Kanaren dem Charme der Inseln verfallen und kehrt seither jährlich für einige Zeit dorthin zurück.

Es gibt einen ersten Krimi in dieser Serie – Canaria mortal – den ich bisher noch nicht kenne. Ich wäre nun aber durchaus daran interessiert, weil doch hin und wieder darauf Bezug genommen wird. Der zweite Kanaren-Krimi spielt auf Gran Canaria. Wie in ganz Europa so gibt es auch in Spanien Rechtspopulisten. Einer von ihnen ist Francisco Fraude, frisch gewählter Parteichef der rechtsextremen RAZÓN, der auf den Kanaren Wahlkampf macht und seine Chancen mit einem spektakulären Fallschirmsprung erhöhen möchte. Die Insel-Bevölkerung ist gespalten, während man ihm 30 % der Stimmen zutraut, sind viele auch vehement gegen ihn und fürchten den Rechtsruck der Insel.

Gegen ihn sind vor allem die linksgerichteten Zeitungen der Insel, unter ihnen LA VIDA, bei der Felix und Candela arbeiten. Der Chefredakteur hat sich sogar einer Gruppierung angeschlossen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, ihn zu verhindern.

Francisco Fraude macht seine Ankündigung wahr und springt… in den Tod. Der Fallschirm öffnet sich nicht und er schlägt mit voller Wucht auf den Felsen auf. Hier kommt nun die Polizei ins Spiel, war es ein Unfall oder war es Mord? Technisches Versagen kann praktisch ausgeschlossen werden, also muss jemand nachgeholfen haben.

Ana Montero ermittelt zusammen mit ihrem Kollegen Ruiz. Ihr Weg führt sie kreuz und quer über die Insel. Dabei kommt allerdings bei einem Tempo von 160 km/h wenig entspannte Urlaubsstimmung auf.

Felix und Candela ermitteln auf eigene Faust im eigenen Milieu und stoßen auch da auf einige Ungereimtheiten. Erst ganz spät treffen sich Anas und Felix Wege wieder und tatsächlich kann dieses Treffen in dem Fall zur Lösung beitragen.

Ein dritter Handlungsstrang ist in der Ich-Form geschrieben und bleibt anonym. Hier spricht der Täter, den man allerdings erst sehr spät identifizieren kann.

Neben der Lösung des Falles liegt in diesem Krimi auch ein starker Fokus auf den gefühlsmäßigen Befindlichkeiten der einzelnen Protagonisten. Dadurch lernt man die Personen besser kennen, aber es lenkt natürlich auch von den Ermittlungen ab.

Das Buch liest sich flüssig, ist immer wieder mit spanischen Floskeln durchsetzt, die aber nicht stören, zumal man die Übersetzungen am Ende des Buches findet. Bei einem so umstrittenen Mordopfer gibt es auch genügend Verdächtige, so dass das Buch bis zum Schluss spannend bleibt. Als Cozy würde ich es nicht unbedingt bezeichnen, dafür kommt der Landschaft, den Menschen, der Küche, dem Wein nicht genügend Bedeutung zu, aber gewaltsam und blutrünstig ist es auf jeden Fall auch nicht.

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