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Veröffentlicht am 19.05.2023

Ein Leben für die Fotografie

Das Licht im Rücken
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Sandra Lüpkes hat sich mit dem Buch „Das Licht im Rücken“ der Geschichte der Leica, aber noch mehr der Geschichte der Familie Leitz vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zum Ende des 2. Weltkrieges angenommen.

Anfang ...

Sandra Lüpkes hat sich mit dem Buch „Das Licht im Rücken“ der Geschichte der Leica, aber noch mehr der Geschichte der Familie Leitz vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis zum Ende des 2. Weltkrieges angenommen.

Anfang des 20. Jh. verdiente die Firma ihr Geld noch hauptsächlich mit Mikroskopen und doch gab es damals schon begnadete Tüftler im Unternehmen, die Visionen für die Zukunft hatten. Oskar Barnack ist einer von ihnen, er träumt von und entwickelt an einer Kamera, die in jede Jackentasche passt und bei der es nicht Stunden dauert, bis ein Bild entstanden ist. Auch der Transport der schweren Glasplatten würde der Vergangenheit angehören. Es gehören mutige unternehmerische Entscheidungen dazu, diesen Weg einzuschlagen, Ernst Leitz der Zweite trifft diese Entscheidung und letztendlich gibt der Erfolg dem Unternehmen Recht.

Im Umfeld der Familie Leitz gibt es in Wetzlar mehrere Familien, deren Schicksal im Buch ebenfalls beleuchtet wird. Da ist zum einen die Familie Gabriel, Herr Gabriel ist Jude, seine Frau Christin. Ernst Leitz ist mit Herrn Gabriel schon seit Jugendtagen befreundet. Schon in den 20er Jahren merkt man die ersten Ressentiments in der Stadt, die von den rechten Parteien eifrig unterstützt werden. Die Gabriels betreiben einen Geschenkeladen und Sohn Milan und Tochter Dana helfen schon als Kinder fleißig mit, bis die Schikanen der Nazis die Kunden aus ihrem Laden fernhalten.

Da sind am Rande aber auch Alma und Ulli, die Geschwister Julie und Gustav Schlemm und später die Partner der Kinder Elsie, Ernst und Ludi. Und in den 30er Jahren treten die neuen Machthaber immer stärker in den Vordergrund, so dass die Familie sogar fürchten muss, enteignet zu werden.

Schlaglichter werden in erster Linie auf Ernst den Zweiten und seine Tochter Elsie geworfen, die Söhne sind nur am Rande Teil des Geschehens und selbst Hedwig, Ernsts zweite Frau nach dem Selbstmord seiner ersten Frau Elisabeth tritt selten auf.
Ernst und seine Tochter sind beide mit einem großen Gerechtigkeitssinn ausgestattet, sie gehören für die Nationalsozialisten den falschen Parteien an und sie machen keine Unterschiede zwischen den Rassen. Da können Schwierigkeiten nicht ausbleiben und Elsie wird sie am eigenen Leibe erfahren. Sie hat aber auch das nötige Selbstbewusstsein, sich gegen diese Schikanen zur Wehr zu setzen.

Für mich war das Buch so ein Zwischending zwischen Familienroman und Firmengeschichte. Immer in gewisser Weise neutral, niemals rührselig, selbst wenn die Situation es zugelassen hätte. Diese neutrale Schreibweise macht aber auch die schrecklichen Ereignisse erträglicher.

Das Titelbild zeigt ein Bild, wie es mit der alten Technologie niemals möglich gewesen wäre. Eine Momentaufnahme, vielleicht ein Bild von Danas Überfahrt nach England, die von Sturm und hohen Wellen begleitet war mit dem Licht im Rücken, einem der wichtigsten Lehrsätze für angehende Fotografen.

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Endlich Vergeltung

Dunkle Verbindungen
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Der 6. Krimi um Graciana Rosado und ihre Truppe beginnt schon mal gleich mit einem Mord an einer deutschen Hausverwalterin an der Algarve. Damit wird schnell klar, dass aus dem beschaulichen Herbst, dem ...

Der 6. Krimi um Graciana Rosado und ihre Truppe beginnt schon mal gleich mit einem Mord an einer deutschen Hausverwalterin an der Algarve. Damit wird schnell klar, dass aus dem beschaulichen Herbst, dem Renovieren des neu erstandenen Hauses und Leanders Hochzeit mit Soraia so bald nichts werden kann. Und es ist auch noch nicht abzusehen, dass dieser Tod eigentlich nur ein Kollateralschaden war, dem noch viel perfidere Verbrechen folgen werden. Kurz darauf kommt es zu einem brutalen Überfall auf einen Werttransporter, bei dem Miguel Duarte schwer verletzt wird. Das rücksichtslose Vorgehen der Kriminellen erinnert Graciana sehr an den Überfall im Jahr 2011, bei dem ihr Bruder zu Tode kam und ihr Vater so schwer verletzt wurde, dass er seitdem an den Rollstuhl gefesselt ist. Und damit sind wir schon mitten im Geschehen.
Leander hat sich mittlerweile zu einem anerkannten Mitglied der Ermittlergruppe entwickelt, die meisten können mit seinen Besonderheiten umgehen. Er sorgt mit seinem Rückgriff auf Dan B. Tuckers Kompendium der sinnlosen Sätze wieder für so manchen Lacher. Nur Miguel Duarte intrigierte immer noch und bat vor seiner Verletzung beim Innenministerium sogar um Leanders Entfernung aus dem Dienst. Da mutet es einen doch schon sehr großmütig an, dass es gerade Leander ist, der Duarte nach seinem Gedächtnisverlust die größte Stütze ist und ihn so langsam wieder in sein altes Leben zurückholt.
Auf Seiten der Verbrecher sind in erster Linie die Brüder César und Ulisses Cruz zu nennen. Ulisses ist ein Einzelgänger und ein genialer Planer, sein Bruder César gehört mehr zur brutalen und gewaltbereiten Spezies. Ulisses Verbrechensplan ist in der Tat ein Geniestreich und ihm ist gar nicht so einfach auf die Spur zu kommen. Wäre da nicht Leanders Logik, die die Ermittlertruppe auf die richtige Spur führt.
César erbt Ulisses Freundin Sol. Sie hat Ulisses eigentlich ganz gut durchschaut und sät Zwietracht zwischen den Brüdern. Und es ist genau diese familiäre Zwistigkeit, die letztendlich auch zum Scheitern des genialen Planes führen wird.
Ich hatte für mich das Gefühl, dass sich mit der Lösung dieses Falles ein Kreis schließt. Immer war da Elias Schatten, der nach seinem gewaltsamen Tod über allen Fällen und Ermittlungen hing und nach Rache und Vergeltung rief. Und dann stellt Graciana, als sie endlich Rache üben kann, fest, dass es gar nichts bedeutet. Da ist nur Leere in ihr, keine Genugtuung, kein Triumph. „Jedes Menschen Tod ist ein Verlust“. Der Familie scheint es ähnlich zu gehen, die Villa Elias wird, nachdem Soraia und Leander eine neue Villa für sich gefunden haben, verkauft. Auch hier also ein Schlussstrich, man lässt Elias endlich gehen.
Nachdem ich im Band 5 noch für den nächsten Band Carlos oder Gracianas Tod befürchtet hatte, bin ich sehr froh, dass beide noch leben. Ich könnte mir vorstellen, dass der Autor es in Band 7 erst mal ruhiger angehen lässt: Soraia und Leander heiraten, vielleicht finden auch Carlos und Graciana endlich zueinander und so gibt es viel Möglichkeiten, den landschaftlichen und kulinarischen Highlights der Algarve und dem Familienleben der Rosados neben einer kleineren Ermittlung etwas mehr Raum zu geben. Außerdem folge ich auch gerne Zara und Toninho. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 12.05.2023

Verbrechensaufklärung unter Corona-Bedingungen

Geheimnisvolle Garrigue
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März 2020. Unserer so eng miteinander verbundenen Welt passiert etwas, das wir uns nie vorstellen konnten, ein Virus legt alles still. Frankreich und die ganze Welt sind im Ausnahmezustand. In der Provence ...

März 2020. Unserer so eng miteinander verbundenen Welt passiert etwas, das wir uns nie vorstellen konnten, ein Virus legt alles still. Frankreich und die ganze Welt sind im Ausnahmezustand. In der Provence verschwindet einen Tag vor Ausrufung des Lockdowns eine junge Frau, ihr linker Schuh wird später an einem Kanal entdeckt. Das Ganze erinnert fatal an eine Verbrechensserie vor 23 Jahren. Schon einmal gab es vier vermisste junge Frauen an diesem Kanal, ihre linken Schuhe fand man dort, aber sie selbst blieben verschwunden. Ist der Serientäter von damals zurückgekommen? Was hat ihn dazu bewogen, seine Serie von damals fortzusetzen. Oder ist es so, wie es die Psychologin so schön formuliert: „Wir leben im Zeitalter von Copy and Paste, mon Capitaine, das gilt selbst für Serientäter“
Roger Blanc und sein Team werden mit den Ermittlungen beauftragt und sie stellen fest, dass die Disparues du Rove auch nach so langer Zeit in den Erinnerungen der Menschen der Region verwurzelt sind. Kaum einer der Älteren, der sich nicht an diese Tat erinnert und sogar noch von seinen Beobachtungen berichten kann.
Zunächst einmal fand ich es richtig gut, dass die Pandemie auch Eingang in die Kriminalliteratur gefunden hat. Für mich war es der erste Roman der letzten Jahre, in dem Covid eine Rolle spielte und in dem die Hilflosigkeit der Politiker und die Verirrungen der ersten Corona-Monate noch einmal erinnert werden können. Auch die Situation in den Krankenhäusern, das Fehlen von Masken und Desinfektionsmittel, ja sogar die Überfälle auf Maskentransporte werden thematisiert.
Der Corona-Zeit geschuldet ist in diesem Fall das Fehlen des Savoir vivre in den netten Lokalen der Provence. Aber so war es nun mal, ein Rosé am Abend im Lokal gegenüber, Steak Frites mittags im Soleil, das war im März und April 2020 ganz plötzlich nicht mehr erlaubt. Und wenn man, wie Roger Blanc, mit einer Krankenschwester liiert ist, dann kann man nachvollziehen, dass nicht mal ein gemütliches Kochen zuhause mehr zu bewerkstelligen war.
Der mögliche Täterkreis engt sich recht bald auf die Personen ein, die auch vor 23 Jahren schon befragt wurden und als Zeugen galten. Leider konnte man die Tat damals niemandem nachweisen, weil keine Leichen gefunden wurden. Auch im aktuellen Fall bleibt die junge Frau verschwunden und kurze Zeit später verschwindet auch noch ihre beste Freundin unter mysteriösen Umständen. Auch ihr linker Schuh findet sich am Kanal.
Mit dem Ehrgeiz, den Fall nach der langen Zeit endlich zu lösen, bleiben Roger Blanc und sein Team an den Ermittlungen dran und so ganz allmählich stellen sich auch Erfolge ein.
Für mich war dieser Band um Roger Blanc, Marius Tonon und Fabienne Souillard einer der weniger spannenden. Hin und wieder war ich schon versucht, ein paar Seiten zu überspringen. Da gefielen mir die Vorgänger, die ich natürlich auch schon alle gelesen habe, besser. (Übrigens: Kompliment für die frühen Werke, wie den Trümmermörder oder den Fälscher!)
Und so würde ich dem Buch als Dokument der Zeit zwar die volle Punktzahl geben, dem Buch als Krimi allerdings nicht.

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Veröffentlicht am 10.05.2023

Trotz Morden viel Wohlfühlatmosphäre

Lorbeerglanz
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Lorbeerglanz war mein erstes Buch von Julie Dubois und hat mich so von sich überzeugt, dass ich mir gleich auch den ersten Band der Reihe bestellt und gelesen habe und Band 2 ist auch bereits auf dem Weg ...

Lorbeerglanz war mein erstes Buch von Julie Dubois und hat mich so von sich überzeugt, dass ich mir gleich auch den ersten Band der Reihe bestellt und gelesen habe und Band 2 ist auch bereits auf dem Weg zu mir.

Positiv eingestimmt war ich sicherlich auch dadurch, dass unser letzter Urlaub mehr oder weniger zufällig einen Zwischenstopp in der Nähe von Sarlat gefunden hat, also im Herz des Périgord und uns die Region ausgenommen gut gefallen hat.

Im Buch herrscht trotz mysteriöser Mordfälle Wohlfühlatmosphäre. Dazu trägt die gut beschriebene Landschaft ebenso bei, wie das herzliche Familienumfeld und die kulinarischen Hochgenüsse von Tante Léonie. Unbedingt genannt werden muss auch Georges, der mit seinen beiden Hängebauchschweinen für manchen Lacher gesorgt hat. Über die deutsch-französischen Familienbande öffnen sich dem Leser manche Horizonte zu einem besseren Verständnis unserer Nachbarn im Westen.

Aber eigentlich handelt es sich ja um einen Krimi und so dürfen natürlich auch ein oder mehrere Mordfälle nicht fehlen. Und die haben es in sich! Julie Dubois ist es gelungen, ihre Leser immer wieder auf eine falsche Spur zu setzen und zu verwirren. Trotzdem löst sich zum Schluss alles logisch auf und man kann die Motivation des Täters verstehen. Und ganz nebenbei hat man auch noch einiges über die erdgeschichtliche Vergangenheit des Périgord erfahren.
Ich gebe gerne volle Punktzahl.

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Veröffentlicht am 09.05.2023

Grenzübergreifende Ermittlungen

Grenzfall - In der Stille des Waldes
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Hier haben wir nun den 3. Fall der beiden Ermittler Alexa Jahn und Bernhard Krammer, Alexa auf deutscher Seite und Bernhard auf österreichischer Seite.
Die ersten beiden Fälle habe ich sehr gerne gelesen ...

Hier haben wir nun den 3. Fall der beiden Ermittler Alexa Jahn und Bernhard Krammer, Alexa auf deutscher Seite und Bernhard auf österreichischer Seite.
Die ersten beiden Fälle habe ich sehr gerne gelesen und wollte jetzt natürlich wissen, wie es weitergeht.
Dieses Mal haben wir es mit unterschiedlichen Fällen zu tun, die beiden Kommissionen ermitteln nicht an einem gemeinsamen Fall sondern an separaten Fällen. Natürlich wechselt die Perspektive immer mal wieder von Deutschland nach Österreich und wieder zurück, aber Kontakte ergeben sich nur hin und wieder durch die mittlerweile aufgedeckte persönliche Beziehung der beiden.
In Österreich wurden aus einer Baugrube zwei präparierte und ausgestopfte Dachse geborgen, die mit Babykleidung gefüllt waren. Das ruft die Ermittler der Soko Leib und Leben in Innsbruck auf den Plan, weil man von einem eventuell herbeigeführten Kindestod ausgehen muss.

In Deutschland holt Alexa Jahn ihre Vergangenheit ein, ihr früherer Kollege und heimlicher Schwarm Jan taucht plötzlich auf und eröffnet ihr, dass nach der Auflösung ihres letzten Aschaffenburger Falles möglicherweise der falsche Mann im Gefängnis sitzt. Die beiden machen sich auf die Suche nach einem weiteren Verdächtigen und das trotz Alexas noch nicht ausgeheilter Schussverletzung an der Schulter.

Zwischen den Kapiteln kommen immer einmal wieder Täter und Opfer zu Wort, nur dummerweise weiß man nicht, um wen und welchen Fall es sich handelt, das löst sich erst zum Schluss auf.
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Während der Fall in Österreich dieses Mal nicht so spannend ist und eigentlich nur aus der Rekonstruktion eines Familiendramas besteht, gerät Alexa mit Jan in große Gefahr.
Im Prinzip bleiben sich die Charaktere aus den beiden vergangenen Büchern treu. Obwohl ihr immer wieder ans Herz gelegt wird, vorsichtig zu sein und keine Alleingänge zu wagen, kann sie nicht aus ihrer Haut. Auch der letzte Fall ist in Teilen ein Alleingang, wenn auch mit Jan zusammen.
Und auch Bernhard Krammer nimmt sich erst zum Schluss vor, sich endlich mehr zu öffnen.
Es wird eine Fortsetzung geben und wir sind gespannt, ob unsere Ermittler etwas dazugelernt haben.

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