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Veröffentlicht am 29.12.2023

Spannung vor Heiligabend

Der Tote am Gletscher
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Es ist kurz vor Weihnachten und auch in der Questura in Bozen wünscht man sich, dass endlich Weihnachtsfrieden einkehren möge. Aber davon ist man weit entfernt, als die Nachricht eingeht, dass auf einem ...

Es ist kurz vor Weihnachten und auch in der Questura in Bozen wünscht man sich, dass endlich Weihnachtsfrieden einkehren möge. Aber davon ist man weit entfernt, als die Nachricht eingeht, dass auf einem Gletscher ein Mordopfer gefunden wurde. Im Schnalstal, dort wo in den 90er Jahren auch der Ötzi gefunden wurde, wurde ein Einsiedler auf ähnliche Weise umgebracht, wie es damals schon beim Ötzi der Fall war und zwar auch mit einem 5000 Jahre alten Pfeil.

Zeit sich mit Ötzi zu beschäftigen! Die beiden Kommissare Grauner und Saltapepe nehmen die Ermittlungen auf, unterstützt von einem Putz, einem Polizisten aus dem Tal.

Die beiden Ermittler sind grundverschieden, aber das passt nach Südtirol. Grauner ist gebürtig aus der Region von Bozen, er hat neben seinem Job als Commissario auch immer noch seinen Hof und seine Milchwirtschaft. Seine Kühe sind ihm ans Herz gewachsen, oft wäre er lieber Vollzeitbauer als bei der Kriminalpolizei beschäftigt. Saltapepe ist von Neapel nach Bozen versetzt worden. Ihm sind die Berge nicht geheuer und auf Schnee könnte er gerne ganz verzichten. Sein Interesse gilt dem Fußball, nie könnte er sich fürs Skifahren begeistern. Auch von der Art des Ermittelns sind sie grundverschieden, aber hier lassen sich beide Temperamente schon mal ganz gut kombinieren.

Sturm, Nebel und Schnee schaffen eine beunruhigende Atmosphäre, die auch den Leser in ihren Bann zieht. Und auch in den Dörfern hält man zwar gegen die Staatsgewalt zusammen aber unter der Decke brodelt es gewaltig und es tun sich Abgründe auf. Das gute Miteinander, das den Auswärtigen vorgespielt wird, kann auch schon mal in Schlägereien und Handgreiflichkeiten ausarten.

Es braucht einiges an Hintergrundinformationen bis endlich Licht in das Dunkel gebracht werden kann, aber am Mittag des Heiligabend kann der Fall noch gelöst werden, jedoch nicht ohne vorher noch ein paar spannende und gefährliche Situationen zu überstehen.

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Veröffentlicht am 29.12.2023

Den Lebenden und den Toten verpflichtet

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens
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Lucien Comte de Chacarasse entstammt einem alten französischen Adelsgeschlecht, das seit Generationen die hohe Kunst des Tötens an ihre Nachkommen weitergibt. Zwar wurde Lucien von klein an auf diese Aufgabe ...

Lucien Comte de Chacarasse entstammt einem alten französischen Adelsgeschlecht, das seit Generationen die hohe Kunst des Tötens an ihre Nachkommen weitergibt. Zwar wurde Lucien von klein an auf diese Aufgabe vorbereitet, dennoch würde er sich lieber heute als morgen vor dieser Tradition drücken und sich seinem erfolgreichen Bistro widmen. Mit seiner Küchenmannschaft schafft er es, jeden Abend ein volles Haus zu haben und viele, auch berühmte Gäste zufriedenzustellen. Selbst Madame le Commissaire Isabelle Bonnet, die wir von den anderen Südfrankreich-Krimis des Autors kennen, kommt mit dem reichen Kunstmäzen Rouven Madrinac zu Besuch. Diese Idee, die beiden Reihen zu verbinden, fand ich ganz bezaubernd.

Als ein Auftrag seines Vaters schief geht und er angeschossen wird, reicht dessen Kraft nur noch, seinem Sohn das Versprechen abnehmen, die Tradition der Familie fortzuführen, danach verstirbt er. Nun liegt die Verantwortung bei Lucien.

Im Buch geht es oft um den Zwiespalt zwischen Tradition, schlechtem Gewissen, Gerechtigkeit und Selbstjustiz.

Wie kann man der Tradition treu bleiben und trotzdem den Auftrag umgehen?

Lucien versucht, seine Aufträge so zu erfüllen, dass er nicht wirklich in die Lösung involviert ist. Er will noch mit den Angeklagten reden, treibt aber damit zumindest den ersten in die Flucht und auf die Bahngleise, auf denen sich gerade ein Zug nähert. Auch den zweiten Fall löst er ganz anders als von seinem Onkel und vom Auftraggeber vorgesehen, zumal der Auftraggeber reichlich Dreck am Stecken hat und Lucien ihn nicht damit durchkommen lassen will.

Dass Pierre Martin, wer auch immer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, gut schreiben kann, wissen wir schon aus den anderen Südfrankreich-Krimis. Auch hier scheint immer wieder ein feiner Humor durch, die Charaktere sind gut ausgearbeitet und wie so oft sind es die Nebencharaktere, die gut gefallen. In diesem Fall die alte Haushälterin Rosalie, der man nichts vormachen kann.

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Veröffentlicht am 29.12.2023

Rückblick auf das Leben

Café Leben
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Henrietta ist Anfang 30, gelernte Bibliothekarin und in ihrem Beruf zunächst einmal gescheitert. Sie ist nicht einfach im Umgang und diplomatisch kann man sie auch nicht gerade nennen.

Sie erhält den ...

Henrietta ist Anfang 30, gelernte Bibliothekarin und in ihrem Beruf zunächst einmal gescheitert. Sie ist nicht einfach im Umgang und diplomatisch kann man sie auch nicht gerade nennen.

Sie erhält den Job, in einem neuen Projekt Lebensbücher mit todkranken Menschen zusammenzustellen. Was hat den Menschen ausgemacht, wie verlief sein Leben. Nach einem immer gleichen Muster sollen Kindheit, Jugend, Erwachsenenjahre und später das Alter beschrieben werden und für die Angehörigen eine Erinnerung an ihre Lieben sein.

Eine ihrer ersten Gesprächspartnerinnen ist Annie.

Annie hat Krebs im Endstadium, die Ärzte geben ihr noch ca. 2 Monate. In acht Gesprächen mit Henrietta soll sie ihr Leben Revue passieren lassen und sie hat einiges, was sie sich von der Seele reden will. Da ist zum einen der ungeklärte Verlust ihrer Schwester Kath, da ist aber auch die Ehe mit Terry, die ihr zwar damals die Flucht aus dem Elternhaus ermöglichte, sie aber in neue Zwänge pferchte und ihr kein schönes Leben bescherte. Terry starb vor zwei Jahren bei einem Unfall und sein Tod war für sie eine Erlösung. Endlich konnte sie leben, wie sie es wollte und das tut sie seitdem mit einer neuen Wohnung, mit Designerkleidung aus zweiter Hand, mit Restaurantbesuchen, wenn ihr danach ist. Wie schade, dass diese tolle Zeit nun von ihrer Krankheit beendet wird.

Henrietta trifft Annie zum ersten Mal zum Gespräch und merkt auf Anhieb, dass ihr da einiges verschwiegen wird. Sie geht wie eine Kriminalkommissarin an den Fall heran, prüft die Aussagen auf Plausibilität, fragt an den richtigen Stellen nach. Annie auf der anderen Seite fühlt sich unverstanden, sie wollte sich doch nur ihre Version von der Seele reden und gar nicht so tief in die Geschichte eintauchen. Trotzdem öffnen sie sich beide langsam voreinander, auch Henrietta vor Annie.

Mir hat gefallen, dass mit Henrietta und Annie zwei Charaktere beschrieben werden, die alles andere als stromlinienförmig sind, beide haben reichlich Ecken und Kanten. Beide Protagonisten, sowohl Henrietta als auch Annie sind besonders, wobei natürlich auch ihre Vergangenheit sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind. Ich habe Annie dafür bewundert, dass sie die schlimmen Jahre mit Terry so tapfer ertragen hat, ihre beiden Fluchtversuche hatten allerdings auch ein jähes Ende gefunden. Terry musste sie unter Kontrolle haben, er war einer von der übelsten Sorte!

Bei Henrietta fand ich toll, dass sie nachgefragt hat. Es stand so nicht in ihrer Stellenbeschreibung und führte bei ihrer Vorgesetzten auch zu Kritik, aber sie ließ Dinge, die ihr nicht plausibel erschienen, nicht einfach so stehen sondern forschte nach. Nur so gelingt ihr dieser versöhnliche Abschluss der Geschichte.

Für mich war es ein absolut lesenswertes Buch, das ich gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 29.12.2023

Ein Sommermärchen

Tangosommer
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Phil und Riitta, jedes Jahr verbringen sie genau eine Woche miteinander, und zwar beim Tangofestival in Seinäjoki. Den Rest des Jahres verbringt sie ein ruhiges Leben in Lappland und er ist Direktor einer ...

Phil und Riitta, jedes Jahr verbringen sie genau eine Woche miteinander, und zwar beim Tangofestival in Seinäjoki. Den Rest des Jahres verbringt sie ein ruhiges Leben in Lappland und er ist Direktor einer Volkshochschule in Nürtingen, mittlerweile allerdings in Rente. Über die Vergangenheit und ihre frühere Liebe schweigen sie sich aus, so ist ihre Abmachung. Sie genießen einfach die Zweisamkeit beim Tanzen.

Doch in diesem Sommer ist alles anders. Riitta ist unruhig, sie hat sich zwar schon Stoff für ein neues Kleid bestellt, sie ist aber nicht sicher, ob Phil auch wirklich kommen wird. Sie hat von dem Tod seiner Frau gehört und macht sich Sorgen um ihn. Kurzerhand fliegt sie nach Stuttgart.

Phil hingegen freut sich das ganze Jahr auf diese eine Woche in Finnland. Seine Herzrythmusstörungen hat er mit Tabletten in den Griff bekommen und nun würde er gerne seine Tochter Johanna und seine Enkelin Leni auf einen Besuch nach Finnland mitnehmen. Dafür gibt es Gründe, die aber zunächst einmal im Dunkeln bleiben. Mit dem alten Ducato machen sie sich auf den langen Weg.

Die Perspektive wechselt zwischen den Hauptpersonen hin und her. Da sind aber nicht nur Phil und Riitta, da ist auch Johanna mit ihrer kleinen Tochter Leni. Johanna ist Journalistin ohne feste Anstellung und hat daher die Zeit, ihren Vater auf die Reise zu begleiten. Ihr ist lange nicht klar, warum ihr Vater ihr unbedingt Finnland zeigen will, zumal er sich, als sie erstmal angekommen sind, auch nicht wirklich auszukennen scheint.

Also, viele Fragezeichen, die sich erst im Verlauf des Buches lösen. Aber wie es scheint, wächst mit zunehmendem Alter auch die Weisheit und Einsicht in die Fehler der Vergangenheit, auch wenn es dafür manchmal eines plötzlichen Krankheitsschlages und eines kleinen Mädchens bedarf, die unvoreingenommen an Neues herangeht.

Das Buch liest sich gut und flüssig, ich habe mich im letzten Teil des Buches über Youtube von finnischer Tangomusik begleiten lassen, das passte gut und man konnte wunderbar in die Handlung eintauchen.

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Veröffentlicht am 15.12.2023

I guess, they're in love!

Songs of Emerald Hills
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Caroline hat vor einem Jahr ihre beste Freundin aufgrund einer Herzmuskelerkrankung verloren. Seitdem trauert sie und findet aus dieser Trauer keinen Ausweg, keine Therapie scheint ihr zu helfen.

Ganz ...

Caroline hat vor einem Jahr ihre beste Freundin aufgrund einer Herzmuskelerkrankung verloren. Seitdem trauert sie und findet aus dieser Trauer keinen Ausweg, keine Therapie scheint ihr zu helfen.

Ganz spontan meldet sie sich auf eine Anzeige. In Irland wird für einige Wochen ein Pflegejob für eine ältere Dame angeboten. Sie hofft, in einer neuen Umgebung etwas mehr Abstand zu bekommen, aber das ist zu Anfang gar nicht so einfach. Die ältere Dame ist starrsinnig, sie lehnt jegliche Hilfe ab, sie will selbstständig bleiben und so ist der Anfang mehr als mühsam. Wären da nicht die beiden süßen Hunde und der sehr sympathische Nachbar Conor.

Auch Conor hat mit Enttäuschungen und Verlusten zu kämpfen. Sein eigener Zwillingsbruder hat ihm die Freundin ausgespannt und ist dann ohne Abschied verschwunden. Conor trägt seitdem diese Wut mit sich herum. Sein Traum ist es, die alte Schule zu reaktivieren und zu einem Zentrum für den Gälisch-Unterricht zu machen. Sein großes Vorbild war sein Großvater, er war Direktor der Schule und ihm eifert er nach. Am schlimmsten trifft ihn aber, dass seine Ziele niemand zu teilen scheint. Seine Freunde verlassen das kleine Dorf, verlassen Irland, weil sie dort keine Chancen für sich sehen.

Caroline und Conor nähern sich langsam einander an. Da sind lange Gespräche, gemeinsame Strandspaziergänge, Ausflüge über die Insel und dabei merken beide, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen. Noch steht ihnen die Endlichkeit von Carolines Irland-Aufenthalt im Weg, Conor will nicht schon wieder verlassen werden und am Anfang sieht es nicht nach einem langen Aufenthalt aus. Das ändert sich, als Caroline sich doch mit Mrs. Connolly, ihrer Pflegepatientin anfreundet und als Conor und Caroline anfangen, Pläne für ein großes Kulturwochenende zu schmieden. Das alte Schulhaus soll wiederbelebt werden und den vielen Förderanträgen sollen endlich einmal Zusagen folgen.

Caroline hat sich in Irland sofort zuhause gefühlt. Die Insel hat trotz des oft so schlechten Wetters ihren ganz eigenen Charme, der sie gefangen nimmt. Und dieser Charme zieht auch den Leser in seinen Bann. Die Geschichte ist abwechselnd aus der Sicht von Caroline und aus der Sicht von Conor geschrieben. So kann man an ihrer beider Verwandlung in diesen wenigen Wochen teilhaben.

Emerald Hills ist ein Wohlfühlroman, der sich ausgesprochen gut und flüssig liest. Die Gastfreundlichkeit der Iren, die die Autorin auch selbst während ihres Studiums kennenlernen durfte, ihre zupackende Art, ihre Offenheit gegenüber Neuankömmlingen, all das macht die Atmosphäre auch für den Leser sehr attraktiv und heimelig.

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