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Veröffentlicht am 11.03.2019

Gibt es eine sechste Geschmacksform?

Versuchung
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Am Kamm des Hohen Atlas im Süden Marokkos zerschellt ein Flugzeug – alle Passagiere überleben, ein Passagier wird vermisst. Er ist weder an der Absturzstelle, noch im Krankenhaus zu finden. Es handelt ...

Am Kamm des Hohen Atlas im Süden Marokkos zerschellt ein Flugzeug – alle Passagiere überleben, ein Passagier wird vermisst. Er ist weder an der Absturzstelle, noch im Krankenhaus zu finden. Es handelt sich um Bernhard Lieblig.

Fast 4 Wochen später stürzt ein Flugzeug der selben Fluggesellschaft fast an der gleichen Stelle ab. Alle Passagiere sind tot, bis auf einen. Es handelt sich um August Lieblig, den Sohn von Bernhard Lieblig.

Walter Calander, seines Zeichens Privatermittler, wird von einem Züricher Lebensmittelkonzern beauftragt, eine Person aufzuspüren. Diese Person ist im Namen des Lebensmittelkonzerns nach Nordafrika gereist, hat dann von dort aus per Telefax angekündigt, dass er zukünftig nicht mehr für seine Auftraggeber zur Verfügung steht und die Suche von nun an auf eigene Faust betreibt. Sein Name lautet Bernhard Lieblig.

Welchen brisanten Auftrag hat dieser für den Schweizer Lebensmittelkonzern zu erledigen und warum hat er sich auf einmal abgesetzt ?

Neben den fünf primären Geschmacksformen süß, salzig, sauer, bitter und umami gibt es noch eine sechste – bisher unbekannte – Geschmacksform, die sich „Abesse“ nennt. „Abesse“ ist Lateinisch und bedeutet „nicht da sein“. Ein Geschmack, von dem niemand weiß wie er schmeckt und vor allen Dingen, wo genau man ihn findet. Wer „Abesse“ besitzt und in der Lage ist, diesen Geschmack zu reproduzieren, in dessen Händen liegt der Schlüssel zur Manipulation unserer Lebensmittel, der Schlüssel zu Macht und Reichtum.

Einem Schweizer Lebensmittelkonzern wurde ein Stück Holz zugespielt, dessen Geruch/Geschmack sich mit nichts vergleichen lässt, was im Bereich der bisher bekannten Aromenreihen zugeordnet werden kann. Erste Untersuchungen haben ergeben, dass es sich um einen ca. 1.500 Jahre alten Ast eines Ölbaumes handelt, dessen Herkunft im Mittelmeerraum vermutet wird. Aus diesem Grund sendet der Lebensmittelkonzern 6 Aroma-Agenten aus, die die Herkunft dieses Holzstückes herausfinden und diesen bisher noch nicht bekannten Geschmack finden sollen, den sie vorerst M1 nennen. Einer dieser 6 Aroma-Agenten ist Bernhard Lieblig, auf dessen Spuren sich nicht nur sein Sohn August und Calander befinden, wie man nach und nach herausfinden kann.

Erzählt wird diese Geschichte in mehreren Handlungssträngen.

Zum einen ist da der Strang um August Lieblig. Nachdem er – genau wie sein Vater – einen Flugzeugabsturz überlebt hat, durchreist er die Länder Marokko, Tunesien, Libyen und Syrien. Überall auf seinem Weg trifft er auf hilfsbereite Menschen und so muss er, bevor er weiterreisen kann, bei all diesen Leuten stundenlang Tee trinken, etwas essen und sich deren (Lebens-)Geschichten anhören. Bei diesen Geschichten erfährt er immer wieder etwas über Ziryab, einen Gourmet aus dem Mittelalter, der u. a. die Sitte eingeführt hat, eine Mahlzeit in Vor-, Haupt- und Nachspeise aufzuteilen.

Der zweite Strang beschäftigt sich mit der Ermittlungsarbeit von Walter Calander, der von diesem Schweizer Lebensmittelkonzern auf die Spur von Bernhard Lieblig angesetzt wurde. Calander ist ein Meister seines Fachs, zumindest ist es das, was man so von ihm zu hören/lesen bekommt und seine Recherchearbeit ist sehr detailliert, jedoch nicht immer konventionell. Bevor er sich auf die vor-Ort-Suche nach Bernhard Lieblig macht, sammelt er zuerst einmal alle verfügbaren Informationen über diesen – bisher noch nicht gefundenen – Geschmack und alles, was mit Lebensmitteltechnologie (oder -manipulation) zu tun hat. Dabei stößt er auch auf Informationen zu einem Geheimbund, der sich „Die Bewahrer“ nennt und auch diesen Informationen geht er, mehr als ausführlich, nach, bevor er sich dann zum großen Showdown nach Aleppo/Syrien aufmacht.

Der dritte Handlungsstrang, der immer nur in ganz kurzen Kapiteln unter der Überschrift „Im Turm“ abgehandelt wird, erzählt von der geheimen Organisation „Die Bewahrer“.

Alle Handlungsstränge laufen am Ende des Buches in Aleppo/Syrien zusammen und die Auflösung des Falles ist total anders, als ich das erwartet hätte.

„Versuchung“ ist der 1. Krimi aus der Feder des Journalisten Florian Harms. Man kann in jedem Satz spüren, dass der Autor sich mit den Sitten und Gepflogenheiten der arabischen Länder auskennt und jahrelang durch die arabische Welt gereist ist. Die Handlung des Buches spielt vor dem Krieg, der seit Jahren in Syrien herrscht und viele Städte in Schutt und Asche zerlegt hat.

Es handelt sich hier nicht um einen Krimi der üblichen Art; es gibt keine Leiche, kein Blutvergießen und es gibt zuerst einmal keinen wirklichen Täter, es gibt nur einen Aroma-Scout, der sich von seinem Arbeitgeber losgelöst hat um auf eigene Faust Recherchen zu betreiben und ein paar Leute, die ihn - aus den unterschiedlichsten Gründen - suchen.

Sowohl die Lebens-/Geschichten der Menschen auf August Liebligs Weg, als auch die Informationen zur Herstellung von Aromen fand ich persönlich sehr interessant. Ich gehöre zu den Lesern, die immer gerne etwas lernen, wenn Lernen sich auf so einfache Art und Weise anbietet. Da Tante Google sowohl zu „Umami“ als auch „Ziryab“ etwas ausgespuckt hat, gehe ich davon aus, dass der Autor den ganzen Themenbereich sehr ausführlich recherchiert hat.

Der Plot von „Versuchung“ ist sehr interessant, eine Geschichte, wie man sie nicht schon 500 x von anderen Autoren gelesen hat, sonst hätte sie mich nicht über 448 Seiten beschäftigen können. Jedoch steht auf dem Cover „Kriminalroman“, und in der Buchbeschreibung findet sich der Hinweis auf einen „sinnlichen und hochspannenden Thriller“ und genau an diesem Punkt setzt meine Kritik an: Mir persönlich hat hier leider der Thrill gefehlt, eben diese Spannung, die einen Krimi oder gar einen Thriller für mich ausmacht. Das entspricht meinem persönlichen Empfinden und es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass ein anderer Leser dies ganz und gar anders empfindet.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Berlin/Wien 1936 – 1945 / 2018

Die Fliedertochter
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Die 75jährige Antonia Ostermann, Toni genannt, erhält einen Brief in dem sie von einer Lena Brunner darum gebeten wird, sie in Wien zu besuchen. Es ginge um das Vermächtnis Peter Matusek. Zum einen hat ...

Die 75jährige Antonia Ostermann, Toni genannt, erhält einen Brief in dem sie von einer Lena Brunner darum gebeten wird, sie in Wien zu besuchen. Es ginge um das Vermächtnis Peter Matusek. Zum einen hat Toni keine Ahnung, welche Verbindung es zwischen ihr und diesem Peter Matusek geben könnte, zum anderen ist sie gesundheitlich nicht in der Lage, diese Reise anzutreten, so dass sie Paulina Wilke darum bittet, sich dieser Angelegenheit anzunehmen. Obwohl Toni und Paulina nicht miteinander verwandt sind, stehen sie sich doch seit vielen Jahren sehr nahe. Paulina reist also nach Wien, im Gepäck eine Schneekugel, die sie schon ihr ganzes Leben lang als Talismann begleitet. Bei den Brunners in Wien wird sie freundlich aufgenommen und man überreicht ihr das Vermächtnis von Peter Matusek: Ein blaues Tagebuch, geschrieben von Luzie Kühn, die von 1936 bis 1944 in Wien lebte.

Paulina versinkt in der Geschichte von Luzie und nimmt den Leser mit in die schwärzeste Zeit der Deutschen Geschichte – in die Zeit des aufkommenden Nationalsozialismus.

Warum befindet sich das Tagebuch der Luzie Kühn im Besitz von Peter Matusek und was wiederum hat das mit Antonia Ostermann zu tun? Welche Rolle spielt die Schneekugel, die im Besitz von Paulina Wilke ist?

Mit „Die Fliedertochter“ hat die Autorin Teresa Simon ihren 4. Roman veröffentlicht, für mich ist es der 2. Roman, den ich von ihr lese. Die Autorin hat ihren Roman in einer geschichtlichen Epoche angesiedelt, die nicht fiktiv sondern leider bittere Realität ist. Ihre Hintergrundrecherchen zu dieser Zeit und den Geschehnissen sind hervorragend und neben seinem Unterhaltungswert hat dieser Roman auch einen hohen informativen Wert.

Im Prolog trifft der Leser auf die kleine Paulina, die in der Schublade ihrer Mutter einen Brief findet, mit dessen Inhalt die damals 11jährige nichts anfangen kann. Ihr Mutter verspricht ihr, dass sie sie über den Sachverhalt aufklärt – wenn sie alt genug dazu ist.

Dann springt die Geschichte einige Jahr weiter, Paulina ist erwachsen und Toni bittet sie, sich um diese Nachlassgeschichte zu kümmern, für die sie selbst nicht mehr gesund genug ist.

Die Handlung spaltet sich nun in 3 Stränge – Paulina, die sich in Wien bei Familie Brunner (Lena, Ferdinand und Sohn Max, sowie Max‘ Freund Tamás) aufhält, Paulinas Mutter Simone, liebevoll Mamasi genannt, die mit ihrer Freundin Heike auf Pilgerreise geht und Toni, die zu Hause auf die Informationen von Paulina wartet und der letzte Handlungsstrang ist die Geschichte von Luzie Kühn zu Zeiten des Nationalsozialismus.

Luzie arbeitet 1936 in einem Varieté in Berlin, träumt aber von einer Karriere beim Film. Aus diesem Grund begleitet sie ihren früheren Chef zu einer Veranstaltung, bei der sie den Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels kennenlernt, der sich über alle Maßen für Luzie interessiert und ihr nachstellt. Sein Spitzname „Der Bock von Babelsberg“ kommt nicht von Ungefähr und ohne einen Besuch in seinem „Besatzungsbett“ wären die Karrieren einiger Stars und Sternchen der damaligen Zeit wahrscheinlich schneller zu Ende gewesen als sie begonnen hätten. Noch ist Luzie nicht in Gefahr, da ihre „Abstammungslegende“ wasserdicht ist. Sollte sich jedoch jemand die Mühe machen genauer zu hinterfragen wer sie ist, wären sie und ihre Großeltern in großer Gefahr, denn Luzie ist Halbjüdin. Zu diesem Zeitpunkt besteht schon ein Berufsverbot gegen jüdische Anwälte und Mediziner und generell werden Menschen mit jüdischer oder halbjüdischer Abstammung schikaniert. Um sich und ihre Großeltern zu schützen, verlässt Luzie Berlin und geht nach Wien zu ihrer Tante. Aber auch in Wien war man nach der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich nicht vor Judenverfolgung sicher und der Leser wird Zeuge, wie sich die reale Geschichte des Deutschen Reiches damals zugetragen und wie geschickt die Autorin dies mit der fiktiven Geschichte von Luzie Kühn verknüpft hat. Beim Lesen habe ich mich mehr als 1 Mal gefragt, wie grausam Menschen sein können. Wer gestern noch Freund war, war heute dann Feind – nur, weil er einer anderen Ethnie zugehörig ist. Dieser Handlungsstrang ist sehr interessant, fesselnd aber auch sehr beklemmend.

Man darf gar nicht darüber nachdenken, dass es eine „Arbeitsanstalt für asoziale Frauen“ gab. Eine Anstalt der „Vernichtung lebensunwerten Lebens“, in der als erbkrank eingestufte Frauen zwangssterilisiert wurden und eine Kinderfachabteilung in der geistig und körperlich behinderte Kinder euthanasiert wurden.

Im Strang der Gegenwart besucht Paulina mit Max und Tamás einige Orte und Denkmäler, die noch heute von den Grausamkeiten des 2. Weltkrieges erzählen. Aufgrund der Erzählung aus dem Tagebuch, drehen die 3 eine Dokumentation, die das Leben der Luzie Kühn von damals mit den Gedenkstätten von heute verbindet.

Simone (Mamasie) und ihre Freundin Heike befinden sich auf einer Pilgerreise in Italien. Unterwegs erzählt Simone die Geschichte von Lille; ihrer besten Freundin, die vor einigen Jahren an Brustkrebs gestorben ist und das Leben ihres noch ungeborenen Kindes über ihr eigenes gestellt hat. Damit ihr Kind leben kann, musste Lille auf jegliche Behandlung verzichten. Bevor sie starb, hat sie ihr Kind in liebevolle Hände gegeben.

Toni hält sich unterdessen in einem Krankenhaus auf, sie musste sich einer Radiologischen Therapie unterziehen und wird von Paulina per Telefon auf dem Laufenden gehalten. Von Toni selbst erfährt man nur sehr wenige Einzelheiten, wer genau sie ist, erfährt man eigentlich erst ganz am Schluss.

Dass die Schicksale aller beteiligten Protagonisten irgendwie zusammenhängen, das kann man sich als Leser denken. Die Auflösung aller familiären Zusammenhänge erfolgt erst kurz vor Ende des Buches. Wenn man diese Verknüpfungen betrachtet, dann erschließt sich einem auch, warum es Personen gibt, deren Suchmeldungen seit Kriegsende bis heute nicht zum Erfolg geführt haben.

Wer, wie ich, ein Problem damit hat, wenn in den verschiedenen Handlungssträngen gleichzeitig viele Personen auftreten, dem kann ich nur empfehlen, sich auf einem Zettel eine Art Stammbaum aufzuzeichnen, damit man den Überblick nicht verliert.

Am Ende des Buches finden sich einige landestypische Rezepte, von denen ich ganz sicher das Eine oder Andere ausprobieren werde.

Alles in allem hat Teresa Simon hier eine Geschichte erschaffen, die schön und doch traurig ist und die den Leser nachdenklich zurücklassen sollte in Anbetracht der derzeitigen politischen Entwicklung in unserem Lande. Wer sich heutzutage diese Zeit zurückwünscht, der hat unsere Geschichte nicht verstanden.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Lieben heißt auch loslassen können ….

Der Klang deiner Liebe
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Alexandra ist eine lebenslustige junge Frau, deren Leben schon immer von Musik geprägt war. Schon als Kind summte und sang sie ununterbrochen, manchmal um sich zu konzentrieren, manchmal um den Supermarktlautsprecher ...

Alexandra ist eine lebenslustige junge Frau, deren Leben schon immer von Musik geprägt war. Schon als Kind summte und sang sie ununterbrochen, manchmal um sich zu konzentrieren, manchmal um den Supermarktlautsprecher zu übertönen oder einfach auch nur, während sie ein Buch las. Nach dem Abitur studierte sie Klavier, Gesang und Gesangspädagogik und es ist logisch, dass auch die Menschen in ihrem direkten Umfeld etwas mit Musik zu tun haben. Ihr Verlobter soll in wenigen Wochen seine neue Stelle als Konzertmeister bei den Wiener Symphonikern antreten – kurz nach ihrer Hochzeit, die in 14 Tagen stattfinden soll. Während sie summend, singend und voller Vorfreude auf ihr gemeinsames Leben ihre neue Wiener Wohnung einrichtet, bekommt sie den alles verändernden Anruf: Johann ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Schlagartig ist die Musik in Alexandra verstummt.

Zweieinhalb Jahre lang versucht sie vor diesem Schmerz wegzulaufen, sie reist um die halbe Welt, flüchtet von Ort zu Ort, bis sie in einem kleinen Ort in Mississippi auf Pastor Jeremiah Fellows trifft. Dieser bietet Alexandra einen Job als Kirchenmusikerin an und da sie das Geld braucht, muss sie – ob sie möchte oder nicht – wieder Musik in ihrem Leben zulassen. 4 Monate später kehrt sie nach Hause zurück.

Mit dem Geld aus Johanns Lebensversicherung pachtet sie auf Norderney das Elternhaus ihrer Fast-Schwiegermutter Marianne, lässt dieses zu einer Pension umbauen und widmet sich fortan liebevoll ihrem neuen Aufgabengebiet. In ihrer Pension wohnen sowohl normale Feriengäste, als auch Menschen, die – genau wie sie – einen schweren Verlust erlitten haben.

Die neuen Gäste der Pension, die Freunde Jens und Marc, tragen Wunden unterschiedlicher Art. Während Jens sich körperlich von einem Unfall erholen muss, trägt Marc seine Wunden unsichtbar vor sich her. In Alex‘ Gegenwart beginnt Marc sich nach und nach zu entspannen, die Beiden fühlen sich voneinander angezogen…. und dann holt die Vergangenheit sie gnadenlos ein.

„Der Klang deiner Liebe“ ist das 5. Buch, das ich von Noa C. Walker lese und wie immer finde ich eine Geschichte voller Emotionen, jedoch ohne Kitsch, voller bildhafter Beschreibungen, jedoch ohne Trivialität und Menschen mit den unterschiedlichsten Schicksalen, die jeden von uns morgen treffen können oder gar schon getroffen haben.

Verlust und Trauer muss jeder Mensch für sich selbst verarbeiten. Mit dem Tod einer nahestehenden Person klar zu kommen ist harte Arbeit, niemand kann einem dieses Leid abnehmen. Trotzdem ist es hilfreich, wenn man jemanden hat, der einem in dieser Zeit eine Schulter zum Anlehnen und Ausheulen bietet und einfach nur für einen da ist.

Manchmal brauchen wir einfach Zeit, dazu einen kleinen Anstoß und einen weisen Rat. Gelegentlich sind die Weite und ein Gefühl von Freiheit hilfreich oder aber der Schutz eines behüteten Umfelds. Vielleicht benötigen wir schlicht etwas, das wir lieben können, zuweilen jedoch den gehörigen Tritt eines Menschen, der uns liebt – auch wenn es zuerst wehtut. Doch immer haben wir jemanden nötig, der erst einmal schweigt und zuhört, der den Schmerz aushält um dann irgendwann, sobald wir bereit dafür sind, gemeinsam mit uns ein neues Lied in unser Herz zu schreiben.
(„Der Klang deiner Liebe“, Seite 28)


Die Autorin hat in der Pension von Alex die verschiedensten Menschen aufeinandertreffen lassen. So unterschiedlich wie die Charaktere sind, so unterschiedliche Wege wählen sie, mit ihrer Trauer klar zu kommen. Manche müssen vor der Trauerarbeit erst einmal ihre eigenen Schuldgefühle verarbeiten, andere müssen einfach „nur“ loslassen und sich wieder den schönen Dingen des Lebens öffnen. Einer sucht um Vergebung, die ihm leider nicht gewährt wird und andere wiederum ertrinken ihn ihrem Hass.

Noa C. Walker hat hier wieder einmal stimmige Charaktere erschaffen und diese in eine wunderbare Geschichte eingebettet. Ihr Schreibstil ist wie gewohnt flüssig und man kann dieses Buch nur schwer wieder aus der Hand legen. Wie immer klingt das Geschehen für eine ganze Zeit in mir nach – nicht zuletzt deswegen, weil ich meinen Vater im November 2018 und meinen Schwager im Januar 2019 verloren habe.

Vielleicht empfinde ich gerade deswegen eine gewisse Unruhe im Buch, ab dem Zeitpunkt, an dem die Freunde von Marc in der Pension auftauchen. Vielleicht haben sie mich mit ihrem jugendlich lauten und unruhigen Verhalten in meiner eigenen Trauerarbeit gestört.

„Der Klang deiner Liebe“ ist ein Buch in dem die Themen Trauer, Verlust, Schuld, Hass, Freundschaft und Liebe aufeinander treffen. Keine schwere Kost aber doch mit Tiefgang.

Veröffentlicht am 13.02.2019

Wenn nicht die Liebe unsere Wunden heilt, was dann?

Wenn Liebe Wunden heilt
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Jede Karriere, die steil nach oben geht, kann auch genau so steil wieder fallen. Genau das ist Brooke Adams passiert. Bis vor ½ Jahr war sie PR-Beraterin auf Profi-Niveau in der Musikbranche, dann bereitete ...

Jede Karriere, die steil nach oben geht, kann auch genau so steil wieder fallen. Genau das ist Brooke Adams passiert. Bis vor ½ Jahr war sie PR-Beraterin auf Profi-Niveau in der Musikbranche, dann bereitete ein Skandal ihrer Karriere jäh ein Ende. 6 Monate lang hat sie das Wahlkampfteam eines Senators in Oregon geleitet, bis ihr das Schicksal die Chance für einen Wiedereinstieg vor die Füße spült. Mit dem YouTube-Video eines Unbekannten aus Alaska in der Tasche wird sie bei ihrem ehemaligen Vorgesetzten Brennan Ward vorstellig und kann diesen davon überzeugen, dass sie es schaffen wird Finn Keller unter Vertrag zu nehmen. Finn ist jedoch nicht ganz so leicht davon zu überzeugen, das er – der Automechaniker im Familienbetrieb – der neue Star am Musikhimmel sein soll und Brooke muss sich richtig ins Zeug legen. Nachdem „Dream Music“ die Vertragssumme verdoppelt hat, unterschreibt Finn den Vertrag. Sein 1. Song geht in den Sozialen Netzwerken richtig durch die Decke und in ganz kurzer Zeit ist Finn Keller ein gefeierter Star. Er lässt jedoch keinen Zweifel darüber offen, dass er das alles nur des Geldes wegen tut und …. wegen Ava.

Mit Brooke und Finn hat die Autorin Emily Bold 2 Charaktere geschaffen, die so unterschiedlich sind, wie Sonne und Mond.

Brooke ist die knallharte Geschäftsfrau, die nichts anderes vor Augen hat als ihren beruflichen Werdegang. Sie ist besessen von ihrem Job und sie würde alles dafür tun, dass sie bzw. Finn eine gute Publicity bekommt. Der Spruch „Dein Arsch gehört mir“, kann es treffender nicht ausdrücken, wie Brooke tickt und Finn dementsprechend vereinnahmt. Wer es jedoch schafft hinter die Fassade von Brooke zu schauen, der findet dort eine Frau, die nichts anderes will als geliebt zu werden.

Finn ist ein bodenständiger junger Mann, der in einem kleinen Ort in Alaska als Automechaniker im Familienbetrieb arbeitet. Er sieht sich weder als Sänger, noch als Star und er weiß auch genau was er will bzw. was er nicht will. Mit Vertragsabschluss hat er jedoch seine Seele verkauft und so muss er in den meisten Fällen tun, was Brooke von ihm verlangt. Er hat jedoch auch seinen ganz eigenen Sturkopf und dann geraten Brooke und er auch schon mal aneinander. Beide merken jedoch anfangs nicht, dass es zwischen ihnen auch ganz gewaltig erotisch knistert, was ihre Zusammenarbeit leider nicht vereinfacht. Es gibt jedoch etwas, das zwischen ihnen steht – die Frage: Wer ist Ava, für die er das alles tut, und wie ist Finn mit ihr verbunden?

Der Schreibstil von Emily Bold ist, wie gewohnt, angenehm und die Geschichte um Brooke und Finn lässt sich flüssig lesen. Obwohl mir die Geschichte gut gefallen hat, so hat mir doch etwas gefehlt, was ich nicht näher beschreiben kann. Mein 1. Buch der Autorin war „Lichtblaue Sommernächte“ und dieses Buch hat mich emotional von der ersten bis zur letzten Seite mitgenommen, so dass ich auch hier genau nach diesen Emotionen gesucht aber leider nicht gefunden habe. Auch fehlte den erotischen Passagen etwas Tiefgang. Manche Szene empfand ich als oberflächlich und emotionslos.

Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Brooke und Finn und durch den Perspektivwechsel ist man immer direkt mit den Gedanken der jeweiligen Person vertraut. In einem Liebesroman ist der Schluss für den Leser vorhersehbar, trotzdem war es interessant den Weg von Brooke und Finn zu verfolgen, bis sie sich am Ende dann doch bekommen.

An manchen Stellen hätte ich Brooke bzw. ihren Chef Brennan gerne geschüttelt, in Anbetracht der Tatsache, wie sie mit Finn umgegangen sind. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass es gerade in der Musikbranche genau so zugeht, wie die Autorin hier beschrieben hat und man – ob man will oder nicht – die Rechte an seinem Körper verkauft. Man hat einen Vertrag zu erfüllen, ungeachtet der eigenen Befindlichkeiten, und wenn man keinen Manager hat, der bereit ist über Leichen zu gehen, ist man wahrscheinlich nur eine kurz aufleuchtende Sternschnuppe und genau so schnell wieder vom Firmament verschwunden, wie man aufgetaucht ist.

Alles in allem hat mich „Wenn Liebe Wunden heilt“ gut unterhalten, mir hat jedoch etwas gefehlt, was für mich die Geschichte hätte rund werden lassen. Im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Büchern, die ich von Emily Bold gelesen habe, hat mich dieses leider nicht so ganz überzeugen können.

Veröffentlicht am 01.01.2019

Mehr Schein als Sein

Nebenan funkeln die Sterne
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Nach ihrer gescheiterten Beziehung kehrt Emma ihrer Heimat Regensburg den Rücken. Um möglichst viel Raum zwischen sich und Simon zu bringen, zieht sie nach London in die 1-Zimmer-Dachgeschosswohnung ihrer ...

Nach ihrer gescheiterten Beziehung kehrt Emma ihrer Heimat Regensburg den Rücken. Um möglichst viel Raum zwischen sich und Simon zu bringen, zieht sie nach London in die 1-Zimmer-Dachgeschosswohnung ihrer Tante. Aufgrund eines Vorfalles, der letztendlich auch zur Trennung von Simon geführt hat, leidet Emma unter einer Art Agoraphobie, sie hat Angst vor die Türe und unter Menschen zu gehen. Heutzutage – im Zeitalter der weltweiten Vernetzung via Internet – ist es tatsächlich kein großes Problem, tage-/wochen-/monatelang seine Wohnung nicht verlassen zu müssen. Einkäufe erledigt Emma online, gebracht wird die Ware per Lieferservice bis zur Wohnungstüre und ihr Geld verdient sie damit, Web-Siten für Firmen zu erstellen. Emma arbeitet nachts und schläft tagsüber und ihre Sozialkontakte pflegt sie über Instagram, wo sie mehrere tausend Follower hat. Ein paar Bilder, ein wenig Photoshop – das Profil von „Em_dreams“ quillt über von tollen Fotos und zeigt ein perfektes Leben, das es jedoch in Wirklichkeit so gar nicht gibt. Als in der Nachbarwohnung ein neuer Mieter einzieht und Emma sich fortan die Dachterrasse mit Nathan Burberry teilen muss, kommt sie ganz langsam aus ihrem Schneckenhaus wieder heraus. Noch weiß sie nicht, dass auch Nathan seiner Umwelt stellenweise ein Fake-Profil präsentiert.

Ich habe mich für dieses Buch entschieden, weil ich (Jahrgang 1965) eine sehr kritische Einstellung zum Umgang mit den „Social Media“ habe. Natürlich nutze auch ich ein Smartphone, habe Accounts bei Instagram und Facebook, aber ich glaube, dass ich ein gesundes Nutzerverhalten an den Tag lege. Wenn ich mir die Jugendlichen aus meinem direkten Umfeld so anschaue, dann irritiert es mich immer wieder, wie wenig reale Kontakte sie haben – ihr Leben findet online statt und sie finden das toll. Statt einem Telefonat schreibt man sich lieber WhatsApp-Nachrichten und private Informationen teilt man auf Instagram, Facebook & Co. mit seinen „Followern“, wer auch immer sich dahinter verbergen mag. Man liegt stundenlang im Bett, mit dem Handy in der Hand und in der Anonymität des Netzes kann man sich durchaus ein Leben aufbauen, das man gerne hätte – aber nicht haben wird – und niemandem fällt es auf, dass man seit Tagen seine Wohnung nicht verlassen hat.

Emma hat sich genau so ein Leben aufgebaut. Sie lebt alleine in ihrer 1-Zimmer-Wohnung und man könnte das Gefühl haben, dass sie sich dabei eigentlich – bis auf einige wenige Ausnahmen - ganz wohl fühlt. Sie plant ihren Tag per Bullet-Journal und wenn ihr die Decke auf den Kopf fällt, loggt sie sich bei Instagram ein, verteilt ein paar Herzchen und Kommentare auf den Seiten der Menschen, denen sie folgt. Für ihre eigene Seite retouchiert sie alte Fotos, pimpt sie mittels Photoshop auf und suggeriert ihren Followern, dass sie unterwegs gewesen wäre. Zum Beispiel postet sie ein Foto vom Strand/Meer mit dem Hinweis „Herrliches Wochenende an der Küste verbracht“; in Wirklichkeit ist das Foto 1,5 Jahre alt und Emma hat am Wochenende natürlich keinen Schritt vor die Türe gemacht.

Durch ihre große Zahl an Followern dauert es immer nur kurze Zeit bis einer ihrer Beiträge kommentiert wird und dadurch fühlt Emma sich lebendig und „von Freunden umgeben“. Mit einer Hand voll Followern hat Emma sogar eine etwas engere Beziehung; man schreibt sich private Nachrichten aber sobald es auf ein Treffen hinausläuft, fällt Emma immer irgend etwas ein, warum sie zu diesem Treffen nicht kommen kann. Selbst ihrer Familie kann sie seit fast 2 Jahren erfolgreich etwas vorspielen und ihre Schwester Jana immer wieder von einem Besuch bei ihr abhalten.

Dem Leser wird zwar klar, dass Emma ein Problem damit hat unter Menschen zu gehen und am Leben teilzunehmen, das direkt vor der Haustüre stattfindet, es wird jedoch erst im Laufe der Geschichte offenbart, warum das so ist. Für mich steht das Verhalten von Emma in keinem Verhältnis zu dem Vorfall, der sie dazu veranlasst hat, sich in ihr Schneckenhaus zurückzuziehen. Emma zeigt für mich auch nicht die typischen Anzeichen eines Menschen der unter Panikattacken leidet, wenn er seine sichere Wohnung verlässt, sie fühlt sich unwohl, hat ein wenig Herzklopfen, mehr aber auch nicht. Sie ist durchaus in der Lage einkaufen zu gehen, wenn alle anderen Optionen versagen.

Zudem frage ich mich permanent, warum man seiner Umwelt solche Fake-Nachrichten zukommen lassen muss. Klar, man fühlt sich gut, wenn man positive Bewertungen/Kommentare bekommt, aber fällt man nicht anschließend automatisch wieder in ein Loch, wenn einem bewusst wird, dass das Leben gar nicht so rosarot ist, wie man es nach außen darstellt? Macht man sich so seine eigene Depression nicht selbst?

Als Nathan neben Emma einzieht, weiß dieser natürlich nichts von ihren Ängsten und ihrem „Doppelleben“ und er lädt sie öfter mal ein; zum Grillen, zum gemeinsamen Sitzen auf der Dachterrasse, zum Kaffee trinken …. Da Emma nicht immer „Nein“ sagen kann, schafft sie es nach und nach sich wieder dem richtigen Leben zu öffnen und in die Normalität zurückzufinden.

Ein Roman ist natürlich nicht vollständig, wenn nicht auch ein Quentchen Liebe darin vorkommt aber die Romanze zwischen Emma und Nathan braucht viel Zeit und Raum um sich zu entwickeln und wird dann von einem Ereignis überschattet, das Nathan schon lange bevor er Emma kennenlernte geplant hat. Auch Nathan hat eine Vergangenheit, mit der er abschließen muss.

Der Charakter von Emma hat sich mir leider nicht erschlossen, ich konnte mich eher mit Nathan identifizieren, ihn fand ich richtig sympathisch. Auch Nilla, die Inhaberin eines Schreibwarenladens, kam beim Lesen sehr sympathisch rüber und Emma schlägt sich ihretwegen stellenweise mit Eifersucht herum. Und dann ist da noch Britney, die als „BritMom“ in Instagram unterwegs ist und mit der sich Emma dann doch irgendwann im Laufe der Geschichte noch trifft. Auch sie wird sehr authentisch dargestellt.

Im ersten Drittel des Buches gibt es nur Emma und ihre Befindlichkeiten, im zweiten Drittel kommt Nathan dazu und meiner Meinung nach kommt das Buch erst im letzten Drittel so richtig in Fahrt, als Emma sich wieder dem wirklichen Leben widmet und offen ist für ihre Umwelt. Die Geschichte ist komplett aus der Sicht von Emma erzählt, der Schreibstil der Autorin ist gut zu lesen, mir fehlt aber irgendwie etwas, was mich mitreißt. Ich habe auch eine ganze Weile gebraucht, um das Buch zu Ende zu lesen.

Alles in allem eine nette und vorhersehbare Geschichte, die mich aber leider nicht nachhaltig begeistern konnte.