Viel mehr als eine Liebesgeschichte
Das Glück auf Gleis 7Emma Brook ist an der Südküste Englands geboren, genauer gesagt in Brighton. Für Emma bedeutet dieser Ort Heimat und Familie und sie liebt Brighton sehr. So sehr, dass sie seit viereinhalb Jahren täglich ...
Emma Brook ist an der Südküste Englands geboren, genauer gesagt in Brighton. Für Emma bedeutet dieser Ort Heimat und Familie und sie liebt Brighton sehr. So sehr, dass sie seit viereinhalb Jahren täglich zwischen Brighton und London hin und her pendelt, denn sie arbeitet als Make-up-Artist bei Ten to Twelve, einer der bekanntesten Morningshows des Landes.
Jeden Morgen um 05.18 Uhr steigt sie in den Zug ein und lässt sich in Sitz Nr. 86 fallen, gleich rechts hinter dem Einstieg in den letzten Wagen, unmittelbar vor der Kofferablage. In der Regel sitzen jeden Morgen die gleichen Personen im Zug. Man kennt sich, man grüßt sich und auch wenn es dafür keine Regel gibt, so sitzt doch jeder auf seinem „Stammplatz“.
James Carlton, Jamie, ist das genaue Gegenteil von Emma. Er wohnt ebenfalls in Brighton, hat aber schon an seinem ersten Pendel-Tag keine Lust darauf, eine Stunde mit einer Horde Fremder in einem stickigen Zugabteil festzustecken, schlechten Atem einzusaugen und noch schlechteres After Shave. Er möchte so schnell wie möglich in London eine Wohnung finden und umziehen. Auch er fährt mit dem Zug von Brighton nach London um dort einem (neuen) Job nachzugehen – er soll in Kürze die Leitung des Verlages übernehmen, der sich seit Jahren im Familienbesitz befindet.
Am Morgen des 04. Juli möchte Emma nur eines: sich auf ihren Platz im Zug fallen lassen, die Augen schließen und darüber nachdenken, was sie gestern Abend von ihrer Schwester und deren Partnerin erfahren hat – sie haben ihren Freund Tyler mit einer anderen Frau gesehen. Ausgerechnet an diesem Morgen sitzt ein fremder Mann auf ihrem Sitz Nr. 86: James Carlton.
Von diesem Tag an treffen Emma und Jamie täglich im Zug aufeinander. Die Beiden kommen ins Gespräch – anfangs belanglos, doch nach und nach werden die Gespräche immer persönlicher.
Beide wissen noch nicht, welchen Stellenwert sie in einigen Wochen jeweils im Leben des Anderen haben werden.
Anhand des Covers und des Klappentextes könnte man annehmen, dass es sich bei „Das Glück auf Gleis 7“ um einen Liebesroman handelt. Der Gedanke ist nur halbwegs richtig, denn in diesem Buch steckt so viel mehr, als nur eine Liebesgeschichte. Aber ……. es ist kompliziert.
Emma und Jamie sitzen täglich im gleichen Abteil des Zuges nach London und jeder hat mit seinen eigenen Problemen zu tun. Das ist jedoch nicht das, was der jeweils Andere sieht.
Jamie sieht eine Frau, die jeden Morgen ein fettiges Croissant aus einer Bäckertüte verspeist und dazu einen Kaffee aus einem to-Go-Becher trinkt. Nach seinem Studium des Verlagswesens hat er noch eine Ausbildung zum Koch gemacht und so fragt er sich, wie man Tag für Tag dieses ungesunde Zeug in sich hineinstopfen kann und ob man das nicht durch eine gesündere Komponente austauschen könnte, während Emma permanent damit beschäftigt ist, sich Gedanken über ihre Beziehung zu Tyler zu machen. Sie liebt ihn, aber er hat sie schon einmal betrogen und seit dem ist ihr Vertrauen in ihn nicht mehr so grenzenlos, wie es in einer glücklichen Beziehung sein sollte. Sie ist sich nicht sicher ob das, was sie für ihn empfindet, noch ausreicht um weiterzumachen – wobei Tyler ihre Liebe gerne vor dem Traualtar besiegeln würde.
Emma sieht einen „knurrigen Anzugträger“, der jeden Morgen eine knappe Stunde lang in das Display seines Laptop starrt und dabei nicht sehr glücklich aussieht, während Jamie innerlich schon alleine bei dem Gedanken, dass er in Kürze den Familienverlag übernehmen soll, einer Panikattacke nahe ist. Er weiß nicht, wie er seinem Vater begreiflich machen soll, dass er für diesen Job nicht die richtige Person ist, seine Familie weiß nicht, dass er auf bestimmte Situationen mit Panikattacken reagiert.
Beide wohnen in Brighton und nachdem man sich nun persönlich kennt, erkennt man sich auch, wenn man sich zufällig begegnet – aber meist treffen sie genau dann aufeinander, wenn der Zeitpunkt nicht unpassender sein könnte. Diese Begegnungen führen aber andererseits dazu, dass ihre Gespräche morgens im Zug immer tiefgründiger und privater werden und sie sich auf diesem Weg ganz langsam, aber wirklich gaaaanz langsam, näher kommen.
Auch wenn die Story sehr viel Tiefgang hat, hat die Autorin Anne Sanders es geschafft, die Geschichte von Emma und Jamie mit einer gewissen Leichtigkeit aufzuschreiben. Ich habe das Buch an einem Vormittag komplett durchgelesen. Emma und Jamie erzählen abwechselnd aus der Ich-Pespektive und so bekommt man nach und nach Einblick in das Leben der Beiden und was sie außer diesen – vordringlichen – Problemen noch so beschäftigt.
Es gibt ein Happy End für Emma und Jamie, aber es ist kein überschwängliches sich-in-die-Arme-fallen sondern …. es ist wirklich kompliziert.