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Veröffentlicht am 29.12.2018

Glaube, Hoffnung, Liebe

Der Mann, der wirklich liebte
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Frau Röhrdanz fällt durch einen Schlaganfall schwanger ins Wachkoma. Ihr Mann gibt sie und das ungeborene Kind nicht auf und begleitet seine Frau auf ihrem langen Weg zurück ins Leben, getragen von seiner ...

Frau Röhrdanz fällt durch einen Schlaganfall schwanger ins Wachkoma. Ihr Mann gibt sie und das ungeborene Kind nicht auf und begleitet seine Frau auf ihrem langen Weg zurück ins Leben, getragen von seiner unerschöpflichen Liebe zu ihr.

Hera Linds Roman nach einer wahren Geschichte beschreibt die Verzweiflung und Selbstaufopferung des Herrn Röhrdanz, der sich dem Balanceakt zwischen Beruf, Kindererziehung und der Pflege seiner Frau stellen muss.

Wie ich es auch schon von Linds Roman "Die Frau, die frei sein wollte" kannte, steigt die Autorin ohne große Umschweife direkt beim Thema des Buchrückens ein. Der Schicksalsschlag und das Verhalten aller Beteiligten des Geschehens wirken absolut realistisch. Genau so mag es sich ereignet haben. Hier ist man hautnah dabei und kann sich gut in die Ängste und die Überforderung von Herrn Röhrdanz einfühlen.

Ein langer Flashback führt zurück in die Zeit vor dem Schlaganfall und beschreibt, wie Herr und Frau Röhrdanz zueinander fanden sowie kleine gemeinsame Höhepunkte. Er riss mich unlieb aus dem aktuellen Handlungsstrang. Für die Geschichte an sich erscheint es mir unnötig, in die Vergangenheit zu springen. Es wäre auch schön gewesen, die Art und Weise, wie Herr Röhrdanz sich um seine Frau kümmerte, für sich sprechen zu lassen. Außerdem schafft es die Autorin nicht, den Funken überspringen zu lassen. Die Verliebtheit und Sehnsucht werden zu flach transportiert und kommen nicht an. Ich war froh, als der Abschnitt hinter mir lag.

Raus gerissen durch den Flashback kam mir beim Rest der Geschichte ein Stück weit das Mitgefühl abhanden. Im Folgenden wirken viele Handlungen aber auch nicht mehr so realitätsnah wie noch zu Anfang. Oder es lag am Ausmaß der negativen Seiten, welche die intensive Begleitung seiner Frau für ihn und alle anderen mit sich brachte.

Der Schreibstil ist so flüssig und lebendig durch viele Dialoge, dass der Roman überraschend schnell zu Ende gelesen war.

Für mich persönlich stand immer fest, dass ich die Möglichkeit haben will, um mein Leben zu kämpfen anstatt die Geräte abschalten zu lassen. Wenn man sich aber besieht, was daraus auch für Kummer und Schaden für die Angehörigen erwachsen kann, lässt es mich verunsichert zurück. Mich machte der Roman sehr nachdenklich: "Der Mann, der wirklich liebte". Oder: Der Mann, der zuviel liebte? Oder zu einseitig? Hatten manche Ärzte, die ihn egoistisch nannten, nicht vielleicht auch irgendwo recht damit? War es immer Liebe oder auch ein Stück weit sozialer Druck? Was, wenn es zu einer Stagnation gekommen wäre und seine Frau nicht genesen wäre oder ihr Sohn schwerstbehindert? Wie hätten sich die Kinder entwickelt, wenn er ihnen mehr seine Liebe geschenkt hätte als seiner Frau?

Herr Röhrdanz hatte Glück. Seine Frau fand wieder zurück. Sicher war seine hingebungsvolle Zuwendung hauptsächlich dafür verantwortlich, aber viele andere müssen sich damit abfinden, dass ihre Angehörigen nicht zurückkehren werden, egal ob sie noch für sie da sind oder nicht. Egal, ob sie wirklich lieben oder nicht. Man muss nur wirklich lieben und Glaube versetzt Berge ist zwar eine schöne Botschaft, aber auch gleichzeitig ein Affront denjenigen gegenüber, denen keine positive Wendung beschieden ist.

Veröffentlicht am 11.12.2018

Sehr bewegend

Die Frau, die frei sein wollte
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Alte türkische Vorstellungen von Ehre und Verpflichtung bestimmen Selmas Leben. Glücklicher Weise kommt sie mit ihrer Familie bei der Wahl ihres zukünftigen Ehemannes überein. Doch dann steigt sie zu Orhan ...

Alte türkische Vorstellungen von Ehre und Verpflichtung bestimmen Selmas Leben. Glücklicher Weise kommt sie mit ihrer Familie bei der Wahl ihres zukünftigen Ehemannes überein. Doch dann steigt sie zu Orhan ins Auto. Ab diesem Moment gibt es kein Zurück. Denn Orhan wird sie nicht freigeben.

Wie eine einzige Entscheidung im Leben alles umwerfen und auf den kompletten weiteren Lebensweg Einfluss haben kann, dessen wird man hier auf äußerst erschreckende Weise gewahr. Selmas Los wünscht man wahrhaftig niemandem und ihre Verzweiflung in ihrer ausweglosen Lage ist so greifbar, dass ich manche mitfühlende Träne ließ.

Schon nach wenigen Seiten sind wir auf dem Stand, den uns der Buchrücken vorgibt und damit mit dem bereits zu erwartenden Handlungsverlauf am Ende. Was danach kommt, trifft ganz unvorbereitet, aber zielsicher. Es ist eine Erzählung von schrecklicher Ungerechtigkeit, Machtlosigkeit und körperlichem sowie seelischem Leid. Aber auch von dem Recht auf ein unbeschwertes Leben, dem Wunsch nach Selbstbestimmung und von dem Versuch einer Blume, sich trotz grauer Wolken Richtung Sonne zu strecken.

Selma macht charakterlich viele Entwicklungen durch: mal ist sie stolz, mal voller Trauer, mal sehnsüchtig, dann ängstlich…sie ist sehr facettenreich. Und sie zu begleiten, war mir ein echtes Erlebnis. Zeitsprünge in Selmas Kindheit brachten nochmal ganz andere Seiten von ihr zum Vorschein oder erklärten Hintergründe und Beweggründe, auch wenn ich am liebsten bei der Haupthandlung blieb.

Das Buch habe ich regelrecht verschlungen, wie es mir schon ewig nicht mehr passiert ist. Hera Linds schonungslose Beschreibungen verfehlen ihre Wirkung nicht. Mit dem Wissen darum, dass es sich um eine wahre Geschichte handelt, prägen sich die Ereignisse sehr ein.

Ich wünsche dir, „Selma“, weiterhin viel Stärke im Kampf gegen deine Dämonen aus der Vergangenheit. So viele Jahre, in der deine Geschichte verschlossen in dir ruhte…jetzt wird sie hinausgetragen in die Welt, auf dass das Leid und das Unrecht Gehör finden und dein Mut andere ansteckt, sich nicht in ihr vermeintliches Schicksal zu ergeben.

„Sobald der erste Schritt getan ist, kann es nur noch vorwärts gehen.“
(Hera Lind: Die Frau, die frei sein wollte. Diana Verlag)

Veröffentlicht am 03.12.2018

Einfach nur wunderbar!

Die Phileasson-Saga - Totenmeer
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Knöcheltief versinkt der Fuß in schmutzigem Wasser.
Jeder Schritt ein schmatzendes Geräusch.
Ein ewiger Gestank verrottender Algen, ähnlich dem Geruch fauler Eier…

Es wird wahrhaft unwirtlich für unsere ...

Knöcheltief versinkt der Fuß in schmutzigem Wasser.
Jeder Schritt ein schmatzendes Geräusch.
Ein ewiger Gestank verrottender Algen, ähnlich dem Geruch fauler Eier…

Es wird wahrhaft unwirtlich für unsere beiden Helden Asleif Phileasson und Beorn, den Blender. Denn es geht ins Sargassomeer. Auch bekannt unter dem Namen Totenmeer, denn was dort erst einmal in den Sog des riesigen Tangfeldes gerät, kehrt nie wieder zurück. Nicht die besten Aussichten. Zu allem Überfluss gilt es für unsere beiden Kontrahenten auch noch, die nächste Aufgabe der Wettfahrt um den Titel „König der Meere“ zu lösen: Ein verschollener Kelch muss gefunden werden.

Und der ist sehr gefragt: Noch nie mischten so viele unterschiedliche Parteien mit wie dieses Mal. Manch einer mag dabei sein Leben lassen, besonders da es gegen schwarze Magie und Geister geht, doch nur so ist das Ziel zu erreichen, das wohl!
In den Ottajaskos ist auch ordentlich was los. Der Ruf nach Rache für ein altes Verbrechen wird immer lauter. Ein wirrer Verstand sucht mühsam nach Antworten. Sehnsucht und Trauer wechseln sich ab.

Das Totenmeer ist nicht mit dem Bermudadreieck gleichzusetzen, auch wenn dort ebenfalls den Geschichten nach Schiffe verschwinden. Ebenso wenig handelt es sich bei dem Kelch um den Heiligen Gral, sondern um etwas ganz eigenes, das man so bestimmt noch nicht gelesen hat.

Die Stimmung schwankt zwischen düster und heiter. Langeweile kommt nicht auf, ausgenommen vielleicht beim Prolog. Hier wurde diesmal kein bekannter Charakter gepickt, sondern eine Vorgeschichte erzählt, die für spätere Zusammenhänge im Buch nicht ganz unwichtig ist und somit schon ihre Berechtigung hat. „Totenmeer“ liest sich trotz zweier Autoren wie aus einem Guss runter und ich fühlte mich richtig gut unterhalten.

Fazit: Unser Autoren-Duo, Bernhard Hennen und Robert Corvus, hat mit „Totenmeer“ ein Meisterwerk geschaffen, das Rang 12 auf der Spiegel-Bestseller-Liste wohl verdient hat.

Veröffentlicht am 27.07.2018

Schöner Soft-Thriller

A Stranger in the House
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Dinge stehen nicht mehr an ihrem Platz und du wirst das Gefühl nicht los, dass jemand im Haus war. Ein Unfall lässt dich vergessen und plötzlich vermutet die Polizei einen Zusammenhang zwischen dir und ...

Dinge stehen nicht mehr an ihrem Platz und du wirst das Gefühl nicht los, dass jemand im Haus war. Ein Unfall lässt dich vergessen und plötzlich vermutet die Polizei einen Zusammenhang zwischen dir und einer Leiche. Was ist passiert und zu was bist du fähig?

Endlich erscheint Shari Lapenas zweiter Roman. Er trägt den Titel "A stranger in the house: Das Böse ist näher, als du denkst" und ist ein durchaus vorzeigbarer Nachfolgeroman.

Die Geschichte findet in einem sehr kleinen Personenkreis statt. Wieder einmal scheint jeder seine eigenen kleinen Wahrheiten zurückzuhalten. 
Eigentlich haben Lapenas Romane keine Verbindung zueinander, dennoch gibt es ein Wiedersehen mit einem Charakter aus "The couple next door", was sicher den ein oder anderen freuen wird.

Shari Lapenas Handschrift ist klar erkenntlich: Kurz gehaltene Sätze. Klarer Ausdruck. Super angenehm zu lesen. Der auktoriale Erzähler, der uns die Außenperspektive der Handlung beschreibt und gleichzeitig auch ganz genau über das Innenleben seiner Charaktere aufklärt, ähnelt sehr jenem aus dem Debütroman, doch sind die Wechsel der Figuren-Perspektiven dieses Mal seltener fließend, sondern werden klar durch Kapitel abgeteilt, von denen es insgesamt sehr viele gibt. Wonach bei der Aufteilung gegangen wurde, ist für mich nicht erkenntlich. 

Mit ihrem Debütroman "The couple next door" (englischer Nummer-1-Bestseller) hat die Autorin die Messlatte für den zweiten extrem hoch gehängt, was ihm leider nicht gut bekommt, denn im direkten Vergleich steht, dass "A stranger in the house" vom Thrill-Faktor, von den Skandalen und vom pompösen Finale her deutlich hinten zurück. 

Das macht ihn aber nicht zu einem schlechten Roman. Die Sog-Wirkung in die Geschichte hinein, ist immens und lädt dazu ein, das Buch in einem Zug zu verschlingen. Ein paar echt verblüffende Entwicklungen werden euch vom Hocker hauen und am Schreibstil lässt sich gefühlt nichts besser machen.

Insgesamt konnte man diesmal weniger Verdächtigungen anstellen und Miträtseln. Zum Teil langatmig wirkten Passagen, in denen bereits bekannte Enthüllungen nur weitergegeben wurden. Die Entwicklung der Geschichte war nicht ganz nach meinem persönlichen Geschmack. Spaß beim Lesen hatte ich allemal.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Spannung
  • Psychologie
Veröffentlicht am 06.07.2018

Netter Zeitvertreib

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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„Jedenfalls, du wirst vom Leben immer wieder irgendwohin katapultiert, wo du gar nich sein willst. Bleibt dir nich viel anderes übrig, als das Beste draus zu machen.“

Kaum zu glauben: Für Musiklehrerin ...

„Jedenfalls, du wirst vom Leben immer wieder irgendwohin katapultiert, wo du gar nich sein willst. Bleibt dir nich viel anderes übrig, als das Beste draus zu machen.“

Kaum zu glauben: Für Musiklehrerin Annika geht es ganz plötzlich vom Wohlstand-Schulleben an eine Brennpunkt-Schule. Und holterdiepolter fordert die von ihr dort gegründete Musical-AG ihr alles ab. Auch, dass sie sich ihrer eigenen Vergangenheit stellt. Inklusive ihrer große Liebe Tristan.

„Dangerous Minds“, „School of Rock“ und „Sister Act“ lassen grüßen. Leicht fühlt man sich an ähnliche Geschichten erinnert. Dennoch erzählt der Roman eine ganz eigene Geschichte. Das Liebesleben spielt eine größere Rolle als die Erlebnisse an der Schule mit den Schülern und einen ganz eigenen Charme hat das Buch selbstverständlich durch seinen Handlungsort Hamburg mit seinen Vierteln und eigenem Slang.

Bis sich am Ende alle Knoten lösen, geht es durch einige Verwicklungen und Verwirrungen. Viele kleine zarte Momente machen den Roman groß. Sehr sympathisch, aber für meinen Geschmack wieder etwas zu viele Klischees und richtige Lacher suchte ich auch vergebens.

Die Alkohol- und Back-affine Protagonistin mit ihren Vorbehalten und ihrem Widerstand gegen den Lauf, den die Geschichte nehmen soll, kommt zwar anfangs nicht ungemein liebenswert rüber, aber die Charakterentwicklung hängt schon spürbar in der Luft. Die Charaktere sind insgesamt alle gut ausgearbeitet in ihren Eigenheiten und kommen sehr glaubhaft rüber. Der Jugend-Jargon der Brennpunkt-Schule liest sich sehr amüsant und ließ mich auch über die deutsche Sprache sinnieren.

Als Pädagogin muss ich nochmal korrigierend festhalten: Lehrer sind keine Pädagogen! Ich kann mich mit Psychologie im Nebenfach schließlich auch nicht Psychologin nennen. Damit, die Begriffe Lehrer und Pädagoge synonym zu gebrauchen, hat der Roman für mich persönlich ein starkes Minus eingefahren, aber den Rest der Welt tangiert es sicher nur peripher, wenn überhaupt, also was soll´s.

Süß im wahrsten Sinne des Wortes ist ein Muffin-Back-Rezept, ganz am Ende des Buches. Dort finden wir auch sämtliche Musiktitel aufgelistet, die im Roman erwähnt werden. Wobei es auch Spaß macht, direkt bei Erwähnung im Roman selbst, das jeweilige Lied anzuhören (zum Beispiel über „Alexa“).