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Veröffentlicht am 18.01.2022

Spannend, fesselnd und informativ!

Der Profiler
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,,Der Profiler-Ein Spezialist für ungeklärte Morde berichtet’’ von Axel Petermann ist am 15. Juni 2015 im Heyne-Verlag erschienen. Dieses Buch enthält wahre Fälle, die ich unheimlich interessant fand. ...

,,Der Profiler-Ein Spezialist für ungeklärte Morde berichtet’’ von Axel Petermann ist am 15. Juni 2015 im Heyne-Verlag erschienen. Dieses Buch enthält wahre Fälle, die ich unheimlich interessant fand. Der Autor bot mir grobe, aber dennoch gute und teilweise erschreckende/spannende Einblicke in die Köpfe von Tätern, aber auch die Arbeit eines Profilers wurde mir nähergebracht. Er beschreibt seine Arbeit als Profiler und als damaliger Leiter der Mordkommission Bremen und stellvertretender Leiter im Kommissariat für Gewaltverbrechen, als das Bild eines Profilers noch nicht bekannt war. Da Axel Petermann auch über seine anfänglichen Ermittlungen schreibt, wurde mir sehr deutlich, wie fortgeschritten die heutige Kriminalistik arbeitet. Da Ermittler damals ohne große Technik ermitteln mussten, zeigte mir die mühsame und schwierige Spurensuche.

In diesem Buch wurden vier unglaubliche Kriminalfälle veröffentlicht, die zwar leider nicht alle aufgeklärt werden konnten, jedoch setzen diese Veröffentlichungen eine deutliche Erinnerung an den Täter/die Täterin, falls er/sie noch leben sollte. Es wird sachlich und neutral geschildert, man merkt sofort die jahrelange Erfahrung aus der Welt des Grauens, in die der Autor lebt. Es sind traurige, reale und brutale Kurzgeschichten von (teilweise namenlose) Mörder, die berühren und einfach unglaublich erscheinen. Besonders der erste hier beschriebene Kriminalfall hat den Leidensweg einer Familie geschildert, der mich sehr berührt hat.1995 wurde die 19-jährige Heike Rimbach grausam auf einem Dachboden in Lüttgenrode umgebracht. Der Täter ist bis heute unbekannt, aber ihre Eltern geben die Hoffnung auf Gerechtigkeit nicht auf. Die Trauer, die die Familie heutzutage noch auffrisst und was dieses Schicksal mit ihnen angestellt hat, hat mir wirklich Gänsehaut beschert. Oder aber auch eine Ermittlung in der Justizvollzugsanstalt Bremen und dem Geheimnis der Zelle 26 fand ich unglaublich. Hier hatte Axel Petermann ausgiebig ermittelt und einen Folterskandal aufgedeckt. Was seine Ermittlungen hinter den vier Meter hohen Mauern ergeben haben, damit habe ich anfangs überhaupt nicht mit gerechnet. Diese Geschichte hat mir gezeigt, wie vielseitig seine Ermittlungen sind und dass er nicht nur an Fälle mit Leichen arbeitet. Aber auch bei den restlichen Kriminalfällen musste ich mehrmals mit dem Kopf schütteln. Das Böse, was in den Köpfen der Täter vorging, wurde trotzdem nicht respektlos rübergebracht.

Wie der Autor mit besonderen Methoden und außergewöhnlichen Sichtweisen der operativen Fallanalyse hilft, Verbrechen aufzuklären, die andere als unlösbar betrachten, fand ich interessant und faszinierend zugleich. Als Profiler ist er ein Spezialist für ungeklärte Morde und ein Grübler/Querdenker unter den Ermittlern. Da seine Ansätze, die er ebenfalls gut erklärt beschrieben hat, oft ungewöhnlich und nahezu verrückt sind, war und ist er heute noch bei seinen Kollegen der Mordkommission nicht immer beliebt. Deshalb berichtet er in diesem Buch über spektakuläre Fälle, die größtenteils nur durch die unkonventionellen Methoden des Profilings gelöst werden konnten. Der Gesamtinhalt ist nicht nur eine Abhandlung über die kriminalistische Arbeit bei Tötungsdelikten und die Erstellung von Täterprofilen. Detailliert wurde mir aufgezeigt, wie der Profiler im Zusammenspiel von Fakten und Beweisen, von Theorien und Studien, von Aussagen und Expertenmeinungen eine Ermittlungsstrategie entwirft. Außerdem erklärt er, was man alles aus Spuren eines Tatorts lesen kann und wie am Ende ein Täterprofil entsteht. Auch schlüpft er in die Rolle des Mörders, um das Verbrechen mit seinen eigenen Augen sehen zu können. Nach jedem gelesenen Fall habe ich mir die Zeit genommen, mich im Internet, falls vorhanden, nach weiteren Informationen zu erkundigen, da mich diese wahren Begebenheiten natürlich auch sehr neugierig gemacht haben. Die hier geschilderten Fälle haben alle eins gemeinsam: man vergisst sie danach mit Sicherheit nicht mehr. Denn der Blick auf das Böse offenbart, dass es jeden zu jederzeit treffen kann. Ich finde diese True Crime-Geschichten deshalb spannender als einen fiktiven Krimi. Von mir eine klare Leseempfehlung für alle, die in die wahre Welt der Abgründe schauen möchte.

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Veröffentlicht am 16.01.2022

Ein düsteres Geheimnis über die eigene Wahrnehmung, der bitteren Wahrheit und geschickten Täuschungen!

Perfect Day
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In ,,Perfect Day“, dem dritten Thriller von Romy Hausmann, der am 12.01.2022 in der dtv-Verlagsgesellschaft erschienen ist, wurde ich in eine Welt menschlicher Abgründe entführt. In diesem Thriller spielen ...

In ,,Perfect Day“, dem dritten Thriller von Romy Hausmann, der am 12.01.2022 in der dtv-Verlagsgesellschaft erschienen ist, wurde ich in eine Welt menschlicher Abgründe entführt. In diesem Thriller spielen Gefühle eine sehr große Rolle. Aber was sie mit grausamen Mädchenmorde zu tun haben, das hat mir diese spannende Geschichte im Laufe der Handlung immer näher verdeutlicht. Besonders am Ende, als alle Hinweise an ihrem Platz saßen. Bis zum Schluss habe ich nicht genau herausfinden können, was wirklich gespielt wurde. Somit empfand ich diesen Psychothriller als sehr spannend, fesselnd, packend, beklemmend, wendungsreich und bis zur Aufklärung unvorhersehbar. Unterschiedliche Erzählstränge aus verschiedenen Zeiten haben für einen hohen Spannungsbogen gesorgt, die Protagonisten sind gut ausgearbeitet. Besonders Ann, aus dessen Perspektive den größten Teil geschrieben wird, sodass ich ihre Gedanken, Handlungen und Gefühle besonders gut nachvollziehen konnte. Sie kam für mich von Anfang an sehr authentisch und lebendig rüber. Sie hat mich auf ihre Suche nach Antworten mitgenommen, welche die abartigsten Abgründe der menschlichen Seele offenbart haben.

Der Hauptkern handelt wie erwähnt um Gefühle und welche Macht sie besitzen können, um diese besser zu spüren. Dass sie einen Kick geben und süchtig machen können, wurde mir irgendwann bewusst. Welches Motiv der Schleifenmörder hatte, ob er seine Taten aus mordlustigen oder nachvollziehbaren Motiven ausgeführt hat und vor allem, wer der Täter ist, hat mich die ganze Zeit auf Trab gehalten. Die Mädchenmorde, die über all die Jahre ausgeübt worden sind, scheinen ein Ende zu haben, nachdem der Philosophieprofessor Prof. Walter Lesniak, auch „Professor Tod“ genannt, unter Mordverdacht festgenommen wurde. Seine Tochter Ann, die bei der Verhaftung, die ihr den Atem geraubt hat, mit dabei war, ist von der Unschuld ihres Vaters überzeugt. Deshalb ermittelt sie auf eigene Faust weiter, mithilfe von einem Journalisten, ihrer besten Freundin aus Kindheitstagen und Akten des Anwalts ihres Vaters blickt sie in einen alptraumhaften Wahnsinn. Als Ann schließlich noch rote Schleifen vor ihrem Haus entdeckt, ist sie verzweifelt und alarmiert. Auch wenn ich diese Konstellation eines angeblich unschuldigen Serienmörders schon einige Male gelesen habe, entwickelte sich die Handlung dann doch völlig anders als gedacht. Die Autorin hat einen gut durchdachten und geschickten Plot eingebaut, auch wenn „Professor Tod" die ganze Zeit über geschwiegen hat. In separaten Aufnahmen, die schon in der Zukunft spielen, konnte ich dafür schon alles über die kranken Gedanken und Fantasien des wahren Täters erfahren. Einen Zusammenhang zwischen der Gegenwart konnte ich bis zum Ende nicht herstellen. Deshalb hat Romy Hausmann mich perfekt durch ein beklemmendes Verwirrspiel geleitet, auf dessen Weg mir mache Charaktere nicht geheuer waren.

Ann ist sich so sicher, dass ihr liebevoller Vater keiner Fliege etwas zu leide tun kann, denn nach dem Tod ihrer Mutter hat Lesniak sein Käferchen wohlbehütet, liebevoll und locker großgezogen. Bis zu seiner Verhaftung war das Verhältnis sehr eng. Auf ihrer Suche glaubt sie, auf der richtigen Spur des wahren Täters zu sein und es beginnt eine Zeit des Wahnsinns, die aus Täuschungen und schrecklichen Offenbarungen besteht. Liebe macht blind, das trifft auf diese Geschichte sehr gut zu.

Tiefgreifende Sehnsüchte, die ein Monster formen und Gefühle, die nicht nur Handlungen steuern, bestimmen in ,,Perfect Day“ eine Identität. Psychologische Aspekte wurden in einen unterhaltsamen Thriller eingebaut, mir hat die Auflösung eines angeblichen Serienkillers und seiner verzweifelten Tochter gut gefallen. Lange war mir nicht klar, warum Lesniak ständig von Ann als Kind verlangt hat, dass sie ihre Gefühle akribisch schildert und aufschreibt. Diese spiegelten ihre Emotionen wieder und waren für den Professor immer sehr von Bedeutung. Durch den flüssigen und bildlichen Schreibstil wurde die Geschichte sehr lebendig, auch Emotionen kamen dadurch sehr gut bei mir an. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, denn mir hat ein düsteres Geheimnis über die eigene Wahrnehmung, der bitteren Wahrheit und geschickten Täuschungen sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 15.01.2022

Eine raffinierte und wendungsreiche Plot-Konstruktion!

Die folgsame Tochter
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Als Selena im Zug einer jungen Frau begegnet, ist sie sogleich fasziniert von Marthas Offenheit und vertraut ihr ein Geheimnis an: Selena fürchtet, dass ihr Ehemann sie mit der Babysitterin betrügt. Nur ...

Als Selena im Zug einer jungen Frau begegnet, ist sie sogleich fasziniert von Marthas Offenheit und vertraut ihr ein Geheimnis an: Selena fürchtet, dass ihr Ehemann sie mit der Babysitterin betrügt. Nur wenige Tage später ist die Babysitterin spurlos verschwunden und Selena die Letzte, die sie sah. Während die Polizei beginnt, in Selenas Umfeld zu ermitteln, erinnert diese sich plötzlich an Marthas Frage: „Was wäre, wenn dein Problem einfach so verschwinden würde?“ Selena ist zutiefst beunruhigt …


„Die folgsame Tochter“ ist ein (Psycho)Thriller von Lisa Unger, der am 23.12.2021 im Bastei Lübbe-Verlag erschienen ist. Mir hat die Geschichte unheimlich gut gefallen, denn die rätselhafte Handlung besitzt eine raffinierte, wendungsreiche und spannende Plot-Konstruktion, die mich besonders stark nach der Hälfte des Buches überraschen konnte. Obwohl dies ein eher ruhiger Thriller ohne drastische Gewaltdarstellung ist, war ich schnell von einem geheimnisvoll-düsteren Familienleben in den Bann gezogen. Es haben sich im Laufe der Zeit viele Fragen entwickelt und ich bin gemeinsam mit der Hauptprotagonistin Selena auf die Suche nach Antworten gegangen. Es entwickelten sich einige dramatische Szenen, die eine erschreckende Vergangenheit offenbart haben. Die Autorin verknüpft mehrere Erzählperspektiven, die nach und nach Licht in eine unheimlich verzwickte Situation bringen, damit alle Puzzleteile an ihrem richtigen Platz liegen. Ich hatte genügend Momente zum mit spekulieren, aber mit den hier unvorhersehbaren Ereignissen habe ich nicht mit gerechnet. Diese plötzlich eingebauten Überraschungsmomente haben daher viel zu einem intensiven Lesevergnügen beigetragen. Aber auch ausreichende und verschiedene Einblicke in die Tiefe menschlicher Seelen haben mir sehr gut gefallen, stückchenweise erfuhr ich einiges aus dem Leben von Selena, einem professionellen Trickbetrüger und der aufgeschlossenen und immer hinterhältigeren Martha, die Selena übrigens im Zug kennengelernt hat.

Geneva, die spurlos verschwundene Babysitterin, hat bis zu ihrem Verschwinden ein paar rätselhafte Details aus ihrem Leben offenbart, die ich der Handlung lange Zeit nicht zuordnen konnte. Ihre tief sitzenden und verkorksten Gründe für ihr Verhalten, die nicht nur zum ersten Mal in Selenas’ Familie für große Unruhe gesorgt haben, sorgten neben ihrem Verschwinden für große Neugier. Da sie von ihrer Schwester als vermisst gemeldet wurde und Selena offiziell die Letzte war, die Kontakt zu ihr hatte, wurde ihr Leben und das ihres Mannes komplett durchleuchtet. Ihre Familiengeheimnisse behält sie für sich und erwähnt sie gegenüber der Polizei mit keinem Wort. Sie will damit nicht ihren untreuen Mann beschützen, sondern an erster Stelle stehen ihre zwei Söhne, dessen Familienleben sie verzweifelt versucht, intakt zu halten. Die Lügen, nur die glanzvollen Augenblicke aus ihrem Familienleben zu zeigen, versucht sie, solange es geht, aufrechtzuerhalten. Selbst auf ihren Posts auf Instagram ahnt niemand, dass es auch in ihrem Leben hässliche, langweile und alltägliche Momente gibt. Lange war ich im Unklaren darüber, was mit Geneva passiert ist. Ob sie entführt wurde oder ob irgendwann ihre Leiche auftaucht, darüber konnte ich nur spekulieren. Auch, ob Selenas’ Mann seine Finger mit im Spiel hat, war lange ein großes Geheimnis.

Zwischendurch hat sich Oliver, Selenas’ Sohn zu Wort gemeldet und seine Beobachtungen, Gedanken und Gefühle zu der verzwickten und spürbar angespannten Familiensituation offenbart. Durch seine Sicht kam ich einigen Antworten langsam näher, denn der aufmerksame Bursche hat mehr mitbekommen, als alle gedacht haben. Schnell wurde mir klar, dass Selenas’ perfekte Familienleben trügt. Besonders Marthas’ Frage an Selena, ob sie sich nicht auch wünschen würde, wenn ihre Probleme einfach so verschwinden würden. Zwischen den beiden Frauen lag eine angespannte, aber dennoch vertraute Atmosphäre, die ich sofort deutlich spüren konnte. Doch warum Martha immer wieder um Aufmerksamkeit von Selena kämpft, hat mich nicht nur überrascht, sondern auch ziemlich geschockt. Denn auch Martha besitzt Geheimnisse, die Selenas’ Leben in den Abgrund ziehen, sie selbst bezeichnet sich nämlich als „Löschungsarchitektin“.

Man muss sich, besonders am Anfang, auf die verschiedenen Erzählstränge einlassen können, auch wird mal in der Gegenwart erzählt, mal wird die Vergangenheit eines Mädchens namens Pearl durchleuchtet, dessen Kindheit alles andere als normal war. Ein Privatdetektiv sucht sie seit Jahren, jedoch ohne Erfolg. Erst als ein Mädchen, nachdem ihre Mutter brutal ermordet wurde, spurlos verschwand, erkennt er immer mehr Zusammenhänge. Denn ein Foto der vermissten Geneva treibt ihn zu weiteren Ermittlungen an, die großen Erfolg versprechen. Die komplette Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt, auch dies war anfangs leicht verwirrend. Doch als ich mich eingelesen hatte, konnte ich dem vielschichtigen Thriller, der in zwei Teile aufgeteilt ist, gut folgen. Die düstere Atmosphäre hat hervorragend gepasst und somit bis zum Schluss für beste Unterhaltung gesorgt. Im Mittelpunkt stehen die Protagonisten und eine erschreckende, dramatische Vergangenheit, die geschickt und gut durchdacht eingebaut wurde. Dass diese sehr nachtragend sein kann, hat für ordentlich Spannung gesorgt. Es gab zwar keinen konstant hohen Spannungsbogen, auch kurze Längen hatten sich zwischendurch eingeschlichen. Trotzdem empfand ich sie nicht als langweilig oder störend, denn jede einzelne Handlung hat in dieser Geschichte seinen Sinn. Der lockere, leichte, bildliche und flüssige Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen, zusammen kombiniert mit einer packenden Geschichte konnte mich dieser Thriller deshalb bestens unterhalten.

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Veröffentlicht am 13.01.2022

Wahre Vermisstenfälle und Schicksale, die mich berührt und teilweise sprachlos zurückgelassen haben!

Ohne jede Spur
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"Ohne jede Spur: Wahre Geschichten von vermissten Menschen" von Peter Jamin habe ich als ungekürztes Hörbuch gehört, welches am 19.11.2021 im Audio-To-Go Verlag erschienen ist. Der Sprecher Alexander Gamnitzer ...

"Ohne jede Spur: Wahre Geschichten von vermissten Menschen" von Peter Jamin habe ich als ungekürztes Hörbuch gehört, welches am 19.11.2021 im Audio-To-Go Verlag erschienen ist. Der Sprecher Alexander Gamnitzer erzählt 5 Stunden und 34 Minuten über wahre Kriminalfälle, mit denen Peter Jamin sich seit 25 Jahren beschäftigt. Es sind Vermisstenfälle, dessen Schicksale und dramatische Geschichten er in verschiedenen Kurzgeschichten zusammengetragen hat. Die meisten davon haben mich fassungslos zurückgelassen, oft war ich schockiert und sprachlos. Denn der Autor hat nicht nur detaillierte Hergänge wiedergeben, auch wurden die psychischen und verzweifelten Ausnahmezustände und Strapazen der Angehörigen von vermissten Menschen geschildert. Viele Fälle haben mich sehr berührt und mitgenommen, sodass ich mit einigen Menschen mitgelitten habe. Aber auch Wut und Unverständnis kamen bei mir auf, da auch gezeigt wurde, wie Betroffene und Angehörige im Stich gelassen wurden und keine Hilfe erhielten. Oftmals waren sie es dann, die ihre vermissten Angehörigen auf eigene Faust gesucht haben. Nicht immer gab es einen erfreulichen Ausgang. Jeder geschilderte Fall ist sehr unterschiedlich, zum größten Teil mit Wendungen, die für Gänsehaut gesorgt haben.

Der Sprecher Alexander Gamnitzer hat die wahren Vermisstenfälle, die manchmal zu Kriminalfälle wurden, sehr emotional, aber dennoch sachlich und authentisch wiedergegeben. Seine Fassungslosigkeit konnte ich an einigen Stellen heraushören, denn was ich hier zu hören bekommen habe, lässt wirklich niemanden kalt. Auch empfand ich seine Stimme als sehr angenehm, die sich jeden Fall sehr gut angepasst hat. Gamnitzer und Jamin haben den spannenden und teilweise wirklich sehr spektakulären Fällen eine großartige Stimme gegeben, Angehörige haben wie die Vermissten vom Autor gleichermaßen viel Aufmerksamkeit bekommen. Verschiedene Leidenswege haben mich sehr erschüttert, denn oft wurde die Zeit des Hoffens und Bangens für viele Angehörigen zur schrecklichen Ungewissheit, sie zerbrachen von Jahr zu Jahr immer mehr. Die Ohnmacht, die meistens vorhanden war, konnte ich absolut nachvollziehen. Besonders wenn die eigenen Kinder ohne ein Zeichen plötzlich verschwinden, da ist das Alter nebensächlich. Der Fall einer Mutter, die ihre Tochter verzweifelt auf Ibiza sucht, ging mir wirklich sehr an die Nieren. Die Tochter macht mit ihrer Freundin dort Urlaub, aber nach Deutschland kehrt nur die Freundin alleine zurück. Was in dem fremden Land passiert ist und wo die Tochter der verzweifelten Mutter abgeblieben ist, fand ich sehr mysteriös. Es gab Vermutungen und Spekulationen, die Mutter suchte ihre Tochter selbst auf Ibiza und hat alle Hebel in Gang gesetzt. Doch sie kam dort überhaupt nicht weiter, selbst ihr eigenes Leben setzte sie mit der Suche aufs Spiel. Die schreckliche Ungewissheit, ob die eigene Tochter in den Fängen eines Menschenhändlerrings steckt oder nicht mehr lebt, hat mich sehr mitgenommen.

Die Verzweiflung vieler Angehörigen hat Peter Jamin besonders authentisch rübergebracht. Er hat die verschiedenen Fälle sachlich und neutral zusammengefasst und berichtet wahrheitsgemäß und frei von jeglicher Sensationsgier. Ich konnte deutlich spüren, dass er immer versucht hat, sachlich zu bleiben. Aber manchmal war selbst sein Unverständnis zu groß, um Emotionen zu verbergen. Wichtige Fakten haben dafür gesorgt, dass ich die einzelnen Hergänge der Kurzgeschichten gut vor meinen Augen hatte, denn sie wurden verständlich, bildlich und flüssig erklärt. Die ein oder andere Wendung aus den hier erzählten Vermisstenfällen hat mich sehr überrascht, das Verhältnis zwischen "Happy End"und "Tragödien" fand ich in diesem Hörbuch gut aufgeteilt. Ein Ehemann und Vater zweier Töchter meldete seine Frau kurz nach ihrem plötzlichen Verschwinden als vermisst und sorgte für großes Aufsehen, da er verzweifelt um Hilfe bei der Suche nach einer Ehefrau bat. Doch Jahre später kam heraus, dass er sie aus Wut erschlagen und im Keller seines Hauses einbetoniert hat. Diese scheinheiligen Aktionen und die Glaubwürdigkeit, die der Mörder an den Tag gelegt hat, haben dafür gesorgt, dass es für die Polizei keinen Zweifel gab, den Mann als Täter in Betracht zu ziehen, etwas mit dem Verschwinden seiner Frau zu tun zu haben. Wie sich durch einen krassen Zufall das Blatt gewendet hat, hat mich richtig schockiert. Aber auch das Schicksal einer verzweifelten jungen Frau, die aus blinder Liebe zu ihrem Mann nach Saudi-Arabien gezogen ist, hat mich sehr mitgenommen. Als ihr bewusst wurde, dass sie als Frau dort keine Rechte mehr hat, will sie zurück nach Deutschland. Doch schnell wurde ihr deutlich gemacht, dass es unmöglich ist. Die gemeinsame Tochter wurde ihr vorenthalten und gemeinsam aus dem Land auszureisen war unmöglich...

Peter Jamin arbeitete als Redakteur und stellvertretender Redaktionsleiter in Redaktionen der Zeitungsgruppe WAZ, bevor er sich 1985 als Autor selbstständig machte. Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema "Vermisste Menschen". Ebenso lange unterhält er ehrenamtlich ein Vermisstentelefon und berät Angehörige. In diesem Hörbuch erzählt Alexander Gamnitzer Jamins' Geschichten von Menschen, die, ohne eine Spur zu hinterlassen, verschwunden sind. Außerdem wird von denjenigen erzählt, die sie vermissen und auf die Suche gehen. Es sind wahre Vermisstenfälle und Schicksale, die ihn in den vielen Jahren seiner Arbeit besonders berührt und bis heute nicht losgelassen haben. Einige dieser Geschichten gehen gut aus, andere leider nicht. Bei einigen Schicksalen konnte ich kaum glauben, dass es die Realität ist. Denn hinter jeder Geschichte steckt viel mehr als nur ein vermisster Mensch, denn wer noch nie so eine vergleichbare Situation miterlebt hat, kann sich nicht vorstellen, was mit den Angehörigen passiert, wenn ein geliebter Mensch plötzlich und spurlos verschwindet.

Interessante und sogleich erschreckende Einblicke in das bewegende Schicksal vieler Familien haben bei mir viele Emotionen hervorgerufen. Zustände, die sich teilweise jahrelang zwischen Trauer und Hoffnung abwechseln, haben mich definitiv nicht kaltgelassen. Denn das Schlimmste ist vor allem die Ungewissheit. Es wurde oft deutlich, dass die Vermissten und ihre Angehörigen von den Behörden keine Hilfe zu erwarten hatten. Die Polizei, die jeden Vermisstenfall eines Erwachsenen sorgfältig prüfen muss, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht, macht das ganze nicht leichter. Die Personen werden zwar registriert, was den Angehörigen oftmals aber nicht weiterhilft. Peter Jamin beriet ehrenamtlich Betroffene mit seinem Vermisstentelefon, in mehr als 2000 Fällen konnte er bislang helfen und er erfuhr dabei von Schicksalen, die für Außenstehende kaum vorstellbar sind. Die Geschichten von Vermissten spiegeln die meisten Probleme der Menschen in unserer Gesellschaft wider: Versagensängste, Mobbing, Verschuldung, Eheprobleme, Schwierigkeiten in der Schule, Studium und Beruf, Demenz, Depressionen und andere Krankheiten, Missbrauch und Misshandlungen, Gewalt in der Familie und vieles mehr. Die Geschichten der Angehörigen von Vermissten zeigen, wie hilflos und verzweifelt sie sind – sie gehen buchstäblich durch die Hölle. Ein Prozent der Vermisstenfälle, sind Gewalttaten – Entführung, Mord oder Totschlag. Doch verständlicherweise gehen Angehörige oft direkt vom Schlimmsten aus. In diesem Hörbuch möchte der Autor den Betroffenen eine Stimme geben.

Die Geschichten sind wahr, aber sie geben die Wirklichkeit natürlich aus einem besonderen Blickwinkel wieder. In manchen Geschichten stellt er besonders intensive Momente der Handlung in den Mittelpunkt. Peter Jamin hat in all den Jahren viele Menschen kennengelernt und eine Menge Situationen erlebt, die er in den Geschichten neu zusammensetzt. Sie geben nicht die Wirklichkeit wieder, aber die einzelnen Teile sind vollkommen wahr. Dieses Hörbuch ist aber auch Faction – Fakten und Fiktion ganz dicht an der Wahrheit. Die Basis der Kurzgeschichten sind reale Fälle, wobei er sich in die Protagonisten hineinversetzt und das Geschehen teilweise aus ihren Blickwinkeln beschreibt. So ist es möglich, das Handeln und Tun wie auch die Emotionen und Beweggründe von Angehörigen wie Vermissten intensiver zu vermitteln. Da nichts spannender und verstörender als die Realität ist, empfehle ich dieses (Hör)Buch ganz klar weiter. True Crime-Fans werden hier auf ihre Kosten kommen!

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Veröffentlicht am 11.01.2022

Genug hat nur fünf Buchstaben, die aber wichtig sind!

nICHt genug (nICHt genug-Reihe - Band 1)
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"nICHt genug" ist der erste Band aus der nICHt genug-Reihe der Autorin Maria Scrivan, der am 12.01.2022 im Loewe Graphix Verlag erscheint. Dieser Tagebuchroman für Kinder ab acht Jahre wurde aus dem Amerikanischen ...

"nICHt genug" ist der erste Band aus der nICHt genug-Reihe der Autorin Maria Scrivan, der am 12.01.2022 im Loewe Graphix Verlag erscheint. Dieser Tagebuchroman für Kinder ab acht Jahre wurde aus dem Amerikanischen von Harriet Fricke übersetzt. Die wichtigen und immer aktuellen Themen Freundschaft, Selbstwertgefühl, Schulalltag und Mobbing werden in dieser Geschichte altersgerecht aufgegriffen und in eine schöne Comicgeschichte eingebaut, sodass klare Botschaften der alltagsnahen Schulgeschichte klar und deutlich rüberkommen. Die komplette Handlung ist als Comic dargestellt, ausdrucksstarke und lustige Illustrationen sorgen deshalb auch bei Lesemuffel für einen schnellen und interessierten Lesefluss. 234 Seiten enthalten 19 Kapitel, die abwechslungsreich gestaltet sind. Neben einer detaillierten Beschreibung der Hauptfigur Natalie erfährt man viel aus ihrem spannenden Leben, unter anderem was sie mag und was in ihrem Leben wichtig ist. Aber auch schnell wird deutlich, dass das Selbstwertgefühl des Mädchens nicht sehr hoch ist. Sie findet sich unsportlich, nicht begabt und nicht cool genug. Aber ihre beste Freundin Lily ist ihr unheimlich wichtig, weshalb ihr diese Eigenschaften nicht allzu wichtig erscheinen. Das Blatt ändert sich jedoch rasch, als Natalie für Lily nicht mehr gut genug ist. Doch genau diese Wendung sorgt dafür, dass Natalie nach und nach erfährt, was wirklich wichtig in ihrem Leben ist und dass sie keinen Grund hat, an sich zu zweifeln. Ihr Selbstwertgefühl wird mit der Zeit immer höher, denn das Buch erzählt in lustigen und warmherzigen Dialogen eine schöne Geschichte. "nICHt genug" ist leicht zu lesen, verständlich und ein einfühlsames Comicbuch über den achtsamen Umgang mit sich selbst. Natalie ist ein sehr sympathisches und kommunikatives Mädchen, die nicht nur sich, sondern auch ihren Lesern aufzeigt, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Das durchgehend farbig illustrierte Comicbuch ist tiefgründig und einfühlsam, der Humor sorgt während des Lesens für gute Laune. Trotzdem gehen die ernsten Themen nicht unter, Kinder werden ermutigt und animiert, sich selbst anzunehmen, wie sie sind. Die Geschichte handelt von Individualität und davon, wie schön es sein kann, die eigene Besonderheit anzunehmen und zu dem zu stehen, was einen ausmacht. Es wird verdeutlicht, dass das Leben viel mehr Spaß macht, wenn man zu sich selbst steht. Jeder Mensch ist einzigartig, diese Botschaft kommt hier sehr gut rüber. Auch Natalie wirkt dank den farbenfrohen Bildern sehr authentisch, ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen werden gut zum Ausdruck gebracht. Der Schreibstil ist altersgerecht und leicht zu verstehen. Es macht Spaß, dieses stabile Buch mit dem auffällig gestaltetem Cover zu lesen. So können Kinder auch lernen, ihren eigenen Weg zu finden und sich optimal zu entfalten, egal welche individuellen Eigenschaften das Leben ihnen mitgegeben hat. Die Geschichte hilft, mit seinen eigenen Gefühlen besser umzugehen und das Selbstbewusstsein zu stärken. In einem gut sortierten Bücherregal sollte "nICHt genug" deshalb nicht fehlen. Auch wenn das Buch auf den ersten Blick wie ein typisches Mädchenbuch erscheint, finde ich es für Jungs gleichermaßen geeignet.

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