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Veröffentlicht am 26.01.2022

✎ Michaeleen Doucleff - Kindern mehr zutrauen

Kindern mehr zutrauen
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"Kindern mehr zutrauen - Erziehungsgeheimnisse indigener Kulturen. Stressfrei - gelassen - liebevoll"
Was für ein wundervoller Titel. Er suggeriert, dass Kinder etwas wert sind. Dass man Kindern auf Augenhöhe ...

"Kindern mehr zutrauen - Erziehungsgeheimnisse indigener Kulturen. Stressfrei - gelassen - liebevoll"
Was für ein wundervoller Titel. Er suggeriert, dass Kinder etwas wert sind. Dass man Kindern auf Augenhöhe begleiten sollte. Dass Kinder keine kleinen Tyrannen sind, sondern Menschen, die man liebt.

Das Buch fing auch richtig gut an. Die Autorin sprach mir aus dem Herzen. Sie lud dazu ein, eingeschränkte Sichtweisen, die wir durch unsere eigene Erziehung haben, zu weiten.
Ihre Definition von Beziehung klang herzerwärmend:
- Kooperation, statt Konflikt
- Vertrauen, statt Angst
- persönlich abgestimmte Anforderungen, statt standardisierte Entwicklungsmeilensteine

Doch dann wird der Inhalt teilweise furchtbar. Ich bin vereinzelt sogar richtig schockiert!

Das Hörbuch ist mit seinen 12 Stunden schon keines, welches man mal eben nebenbei hört. Da muss man Ausdauer mitbringen. Bei einem Sachbuch über Kindererziehung? In meinen Augen nicht ganz so gelungen. Denn wer sich solch ein Sachbuch zu Rate zieht, möchte nicht viel drumherum reden, sondern knackige, alltagstaugliche Anregungen bekommen.

Michaeleen Doucleff verliert sich jedoch in stundenlangen Schilderungen bzw. holt mächtig weit aus, geht also weit in die Vergangenheit und bleibt dann dort stecken. Das hätte man alles viel mehr zusammenfassen können. Beim Printexemplar hätte ich es höchstwahrscheinlich sogar übersprungen.

Doch das ist nur einer von vielen Kritikpunkten, die ich habe.

Frau Doucleff hat - genau wie ich - nur 1 Kind. Nichts Verwerfliches. Auch mit 1 Kind hat man Stress, Konflikte, Meinungsverschiedenheiten. Ihre Erfahrungen indessen, die sie außerhalb der USA sammelt, geschehen alle in kinderreichen Großfamilien mit vielen Freunden und Bekannten. Und mit Familien, die - so habe ich das herausgehört - das Familienmodell leben, dass der Mann arbeitet und die Mutter sich um Haushalt und Kinder kümmert.

Schon dieser Vergleich hinkt. Sie sagt, man sollte sich Hilfe holen. Andere Kinder. Andere Erwachsene. Jugendliche. Ältere Menschen. Aus jeder Generation etwas. Auch das ist nachvollziehbar und dem stimme ich absolut zu.

Doch bei den indigenen Völkern existiert dieses sprichwörtliche Dorf, was man benötigt, um Kinder groß zu ziehen. Das heißt, das eigene Kind geht zu anderen Kindern oder Erwachsenen, kann jedoch jederzeit zur Mutter (der Vater findet keine einzige Erwähnung im Hörbuch) zurückkehren, um den inneren Bindungstank aufzuladen. Größere Geschwister sind häufig dazu da, um auf kleinere aufzupassen. Und um allgemein zu helfen. Die Haustüren sind quasi immer und überall geöffnet.

Woraus besteht das "Dorf", welches wir kennen? Vielleicht gibt es zufällig Großeltern in der Nähe. Vielleicht gibt es auch Freunde, zu denen das Kind alleine gehen kann. (Schon mit 3? Das bezweifle ich ...) Auf alle Fälle geht ein Großteil der Kinder in den Kindergarten oder sogar schon in die Kindergrippe.
Doch das ist für mich nicht das Gleiche. Das Kind hat nicht jeder Zeit die Möglichkeit, zur Mutter zurückzukehren. Es entscheidet auch nicht selbst, ob es in den Kindergarten möchte. Das entscheiden die Eltern. Die zudem nicht selten genug arbeiten gehen.

Bei einem 1-Kind-Haushalt kann sich das Kind nun mal nichts von den größeren Geschwistern abgucken. Da bleibt vieles an den Eltern hängen.

Im Werk wird viel vom kindzentrierten bzw. erwachsenenzentrierten Umgang gesprochen. Es wird gesagt, dass sich Eltern in indigenen Völkern nicht den Kindern unterordnen, sondern sich die Kinder den Eltern anpassen sollen.
Konkret auf ihre Situation bezogen, heißt das zum Beispiel, dass sich die Verfasserin nicht mit Eltern trifft, die sie nicht mag - auch wenn ihr Kind die Kinder mag. Und wenn das nun die beste Freundin / der beste Freund ist? Sie bestimmt im Alltag also, mit welchen Kindern ihr Kind Umgang haben darf. Wie traurig!
Sie geht sogar soweit zu sagen, dass alle kindzentrierten Aktivitäten abschafft werden sollen. Dazu zählt sie unter anderem Zoobesuche, Geburtstage, Spieleverabredungen. Aber nur die Geburtstage der Kinder! Auf die Geburtstage und zu Verabredungen ihrer Mutter muss das Kind natürlich mitgehen.
Auch hat sie zwar Lust, auf den Spielplatz zu gehen. Dort möchte sie aber einfach nur sitzen, die Vögel beobachten oder ein Buch lesen. Keinesfalls spielen! Und wenn nun kein anderes Kind zum Spielen dort ist? Muss sich ihr Kind ganz alleine die ganze Zeit beschäftigen. Genauso traurig!
Zu Hause hat sie natürlich auch keine Lust aufs Spielen. Man solle doch das Spielzeug reduzieren. Ein paar Stifte, eine Box mit Lego und ein paar wenige Bücher (man bräuchte keine 100 Stück) würden ausreichen. Ansonsten könne es ja im Haushalt helfen. Wo bleibt da die Individualität des Kindes?
Außerdem wird mit dem Wegwurf des Spielzeuges gedroht und auch gemacht, wenn es nicht sofort aufgeräumt wird.

Einer der "Tipps" mit dem meisten Kopfschüttelpotenzial ist der, dass Frau Doucleff meint, man solle das Kind, wenn möglich, mit zu seinem Arbeitsplatz, auf Geschäftsreise oder zum Geschäftsessen mitnehmen. Man muss das Kind ja am Erwachsenenleben teilhaben lassen. Doch das Kind muss dabei ganz still sein, denn schließlich arbeitet man ja.
Echt jetzt? Sie sagt ihrem 3-jährigem Kind, dass es sich über Stunden (!!!) ruhig verhalten soll? Und das klappt? Unvorstellbar für mich! Vor allem, wenn es überhaupt keine Möglichkeit zwischendurch hat, den Bindungstank irgendwie aufzuladen. Ich mein, ich sehe es bei uns zu Hause, wenn mein Mann im Home-Office ist und mein Kind zu Hause. Das klappt mal mehr, mal weniger gut. Aber keinesfalls so viele Stunden am Stück - auch wenn ich da bin, um mich um unser Kind zu kümmern.

Meine Kritikpunkteliste geht noch weiter:

Kinder, die nicht teilen oder andere Kinder / Geschwister ärgern, werden als "Babys" beschimpft. Nicht-teilen wird mit nicht-mögen gleichgesetzt. Doucleff droht ihrer 3-Jährigen ständig, dass die Freundin / der Freund beim nächsten Mal nicht mehr zu Besuch kommt, wenn sie nicht teilt. Auch die Schnullerentwöhnung wird damit angegangen. Schließlich wollen Kinder keine Babys sein, sondern 'schon groß'. Die Autorin fragt ihre Tochter: "Was hätte ein großes Mädchen getan?"
Laut ihr soll gewünschtes Handeln mit Reife und ungewünschtes mit Unreife verbunden werden.
Merkt die Frau überhaupt, was sie ihrem Kind damit antut? Es wird gedemütigt! Das ist psychische Gewalt! Sie erpresst das Kind, zu teilen. Sie droht dem Kind, das Spielzeug wegzuwerfen. Die Liste ist noch länger ...

Ein weiteres, negatives Beispiel aus dem Hörbuch? Gerne:
"Kinder vorübergehend zu ignorieren, ist ein ausgesprochen wirkungsvolles Werkzeug zur Disziplinierung." (das wird genau so im Hörbuch gesagt) Die Wutanfälle vom Kind sollen einfach ignoriert werden. Laut Autorin wirkt sich Weggehen statt reden positiv aus. Es wird ein Kommunikationskanal geöffnet. Und welcher genau?
Klar hat sie recht, wenn sie schreibt, dass wütend werden nicht das Problem löst, sondern lediglich die Kommunikation zwischen Kind und Mutter beendet. Aber wenn ich weggehe, dann beende ich ebenfalls die Kommunikation. Da wird nichts geöffnet.
Und wie sie ja selbst schreibt: Sie möchte disziplinieren. Das hat für mich besonders in einer Kindheit nichts zu suchen.

Sie führt hier ein eigenes Beispiel an:
Ihre Tochter (3) ist völlig übermüdet, setzt sich auf die Straße und quengelt. Die Autorin ignoriert sie. Das Kind weint und schreit. Es kommt eine andere Person und lenkt sie ab, indem sie ihr irgendetwas Wundervolles in der Natur zeigt. Dadurch soll die Wut des Kindes in Ehrfurcht umgewandelt werden.
Meine Erkenntnis: Die Wut ist unerwünscht. Dem Kind werden also auch seine Gefühle abgesprochen!

Kinder werden auch raus geschickt, wenn das Verhalten für ihr / sein Alter oder dem Grad der Reife nicht akzeptabel ist. Es soll sich Gedanken über seine / ihre soziale Verantwortung machen.

An einer Stelle wird sogar beschrieben, dass eine indigene Mutter, bei der die Autorin zu Besuch war, ihr Kind, nachdem es gehauen hatte (oder dergleichen), auf den Schoß nahm und ihm leicht auf den Po klopfte und sagte, dass Hauen weh tut. Bringe ich durch Gewalt meinem Kind wirklich bei, dass es keine Gewalt anwenden darf?

Als ein 3-Jähriger getragen werden möchte, fragt der Vater: "Was bin ich? Dein Esel?" Damit soll der Impuls gegeben werden, über das Verhalten und die daraus resultierenden Konsequenzen nachzudenken.

Kleine Kinder dürfen nicht um etwas bitten, ohne zu helfen. Und falls sie quengeln, werden sie abgelenkt.

Ein Kind wird als respektlos beschimpft, weil es "nein" zur Sonnencreme sagt. Als die Mutter das sagt, schaut sie das Kind nicht mal dabei an. Es wird überhaupt nicht auf das Kind eingegangen.

Kindern werden angsteinflößende Geschichten erzählt. Sie werden angeblich von Zappelphilipp- und Teilenmonstern geholt, wenn man zum Beispiel nicht ruhig sitzen kann oder nicht teilen mag.

Ein Kind weigert sich, Spargel zu essen. Die Mutter erzählt, dass sie als Kind bei der Oma, die der Boss war, auch Spargel essen musste und schon isst das Kind ebenfalls Spargel.
Eine super Methode, um Essstörungen zu fördern!

Ein Abschnitt des Buches heißt "Verhalten formen". Und genau das ist es, was Michaeleen Doucleff mit ihrer kleinen, 3-jährigen Tochter machen möchte: Einen kleinen funktionierenden Erwachsenen formen, damit sie selbst ein bequemes Leben hat. Man erwartet, dass das Kind teilt, hilft und freundlich ist. Man erwartet, dass es der Gruppe etwas zurückgibt, wann immer möglich.

Mein Fazit?
Michaeleen Doucleff ist eine reiche weiße Dame, die in die Häuser von POC geht, um in ein paar Monaten ein paar Eindrücke zu sammeln, die sie dann wild um sich werfen kann. Sie ist weder Anthropologin, noch hat sie irgendeine andere professionelle Ausbildung, die sie dazu befähigt, Schlüsse über das soziale Leben anderer Völker zu ziehen.
Sie sollte sich erstmal mit sich selbst beschäftigen. Sie sollte aufhören, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Sie sollte wissen, was sie selber möchte und dies klar kommunizieren. (sie widerspricht sich nämlich ständig selbst) Sie sollte begreifen, dass es nicht nur schwarz-weiß gibt.
Und sie sollte vor allem aufhören, einen kleinen Soldaten auszubilden. Ihre Tochter ist ein kleiner Mensch, kein kleiner Erwachsener.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 23.01.2022

✎ Mira Galle - Mia Marmelade 1 Leon und der grüne Flaschengeist

Mia Marmelade
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Meine Erwartungen an das Buch waren, ehrlich gesagt, nicht sehr hoch. Es überwog meine Neugier, wie das Thema 'Alkoholsucht' behandelt und vor allem kindgerecht aufgearbeitet wird. Ich bin auf alle Fälle ...

Meine Erwartungen an das Buch waren, ehrlich gesagt, nicht sehr hoch. Es überwog meine Neugier, wie das Thema 'Alkoholsucht' behandelt und vor allem kindgerecht aufgearbeitet wird. Ich bin auf alle Fälle positiv überrascht worden.

Leon ist ein authentischer Charakter. Er wird mit seinen Stärken und Schwächen dargestellt. Seine Gedanken und vor allem seine Gefühle bekommen viel Raum in der Geschichte. Das gibt zum einen betroffenen Kindern die Möglichkeit zu sehen, dass sie nicht alleine sind. Das gibt aber ebenso nichtbetroffenen Kindern und Erwachsenen die Möglichkeit, etwas über die verborgene Welt, in der Betroffene leben, zu erfahren.

Man merkt, dass die Autorin im sozialen Bereich arbeitet. Sie schreibt nicht einfach nur aus einer dritten, unpersönlichen Perspektive. Sie schreibt das Leben. Der Text ist feinfühlig und ohne Bewertungen. Er nimmt einen an die Hand und in den Arm.

Einige Situationen aus Leons Geschichte kann man auch aufs alltägliche Leben von Kindern projizieren. Sie sollten allgemein merken, dass es besser ist, nicht nur die guten Gedanken / Erlebnisse miteinander zu teilen, sondern auch über die nicht so schönen Dinge zu reden. Ansonsten können sie ganz schnell zu schwer für einen so kleinen Rücken werden, der einen ganzen Rucksack voll Traurigkeit mit sich rumschleppen muss.

Eine Stelle finde ich besonders emotional:
Leon muss etwas ganz Wesentliches erkennen, damit sich die Situation bessern kann. Als dies geschieht, spricht er es sehr laut aus. Es wird sogar in Großbuchstaben abgedruckt.
Ich hoffe, dass sich betroffene Kinder diese Erkenntnis von Leon zu Herzen nehmen und auch auf sich anwenden.

"Leon und der grüne Flaschengeist" ist ein wichtiger Beitrag, um einigen Leuten die Augen zu öffnen und betroffenen Kindern zu zeigen, dass sie nicht alleine sind. Ich wünsche mir, dass Kinder ihre Augen vor allem denen gegenüber öffnen, die still und leise in einer Ecke für sich sind. Ich kenne kein Kind, das gerne alleine ist ...

Ich habe bereits das Cover des zweiten Teils entdeckt. Ich finde es gut, dass sich eine Autorin solch alltäglichen Themen annimmt, wovor andere die Augen verschließen.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 19.01.2022

✎ Alex Michaelides - Die stumme Patientin

Die stumme Patientin
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November 2021: Puh ... Da bin ich also. Ich möchte meine Rezension abtippen und mir fällt einfach die Auflösung der Geschichte nicht mehr ein ...

Januar 2022: Ich habe mir das Hörbuch nun einfach noch ...

November 2021: Puh ... Da bin ich also. Ich möchte meine Rezension abtippen und mir fällt einfach die Auflösung der Geschichte nicht mehr ein ...

Januar 2022: Ich habe mir das Hörbuch nun einfach noch einmal angehört. Und jetzt vergess' ich das Ende hoffentlich nicht mehr so schnell. Denn es war doch ziemlich überraschend. Also zumindest habe ich nicht damit gerechnet und war irgendwie auf einer ganz anderen Spur.

Es ist kein besonders herausragender Psychothriller. Nichts, was ewig im Gedächtnis bleiben wird. Gerade auch der Strang um den Psychiater beinhaltet einige Längen.
Und doch er hat mir ein paar spannende Stunden bereitet.

Mal schauen, ob ich mir noch das andere Buch des Autors gönne. "Die stumme Patientin" bekommt von mir jedenfalls nur eine eingeschränkte Hörempfehlung. Kann man mal hören, man verpasst aber nichts, wenn man es nicht tut.

©2021 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 17.01.2022

✎ Elke Thompson - Dürfen wir noch kuscheln?

Dürfen wir noch kuscheln?
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Krebs ist ein Arschloch. Immer. Doch wenn (kleine) Kinder involviert sind - egal, ob selbst erkrankt oder eine nahestehende Person -, wird es ganz besonders schwierig. Dann fehlen einem die Worte. Man ...

Krebs ist ein Arschloch. Immer. Doch wenn (kleine) Kinder involviert sind - egal, ob selbst erkrankt oder eine nahestehende Person -, wird es ganz besonders schwierig. Dann fehlen einem die Worte. Man versucht, über Bücher eine Brücke zu schlagen, denn Worte sind meist zu abstrakt, als dass sie sie verstehen könnten. Und was ist, wenn es kein passendes Werk gibt? Man schreibt selbst eins.

Elke Thompson hat genau dies getan.

In "Dürfen wir noch kuscheln?" wird aus der Sicht einer 3-Jährigen - ihrer Tochter - erzählt, welche Fragen seitens der Kinder auftauchen, wenn die Diagnose 'Krebs' im Raum steht.

Die Autorin hat in ihrem Werk ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet. Genau das merkt man auch. Entstehung des Krebses, Chemotherapie, Bestrahlung, Operation - all dies wird kindgerecht erklärt. Und doch ist es ganz schön viel, was da auf Kinderseelen zukommt.

Belaste ich mein Kind zu sehr, wenn ich offen über das Thema rede?

Peter Kravitz, Psychotherapeut, beantwortet einige Frage der Erwachsenen im Anhang. Er plädiert dafür, ehrlich zu sein. Kinder spüren, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Außerdem lernen die Kleinsten auf diese Weise, dass man IMMER zu jemanden gehen kann / sollte, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt - egal, ob etwas im / am Körper oder seelisch / Gefühle.

Dieses Kinderfachbuch nimmt sowohl Eltern als auch Kinder an die Hand, um die erste Phase - Was wird demnächst alles auf uns zukommen? - greifbarer zu machen. Dass eine 3-Jährige in der ich-Form erzählt, macht das Thema für Kinder in diesem Alter verständlicher.

Einzig über das Wort 'Indianerehrenwort' bin ich ein wenig gestolpert. Ein einfaches 'Ehrenwort' hätte hier auch gereicht.

"Dürfen wir noch kuscheln?" zeigt auf, welche Ängste Kinder entwickeln und wie Erwachsene diese auffangen können. Es ist ein gutes Buch, um einen Einstieg in diese sensible Thematik zu finden, ohne zu überfordern.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 14.01.2022

✎ ZO-O - Die Ecke

Die Ecke
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Welche Worte sind angemessen für ein Buch, welches fast gänzlich ohne Worte auskommt?

Ich hatte "Die Ecke" ein paar Mal in sozialen Medien gesehen und bin neugierig geworden. Ausnahmslos alle lobten dieses ...

Welche Worte sind angemessen für ein Buch, welches fast gänzlich ohne Worte auskommt?

Ich hatte "Die Ecke" ein paar Mal in sozialen Medien gesehen und bin neugierig geworden. Ausnahmslos alle lobten dieses Debüt und so besorgte ich es mir - ohne vorher einen Blick rein zu werfen oder den Klappentext zu lesen.

Als es dann bei mir ankam, war ich erstmal erstaunt. Ich konnte im ersten Moment nichts damit anfangen. Zwar liebe ich Geschichten - ich lese sehr viel(seitig) - und ich in der Schule schrieb ich selbst gerne Aufsätze, doch mit reinen Bilderbüchern hatte ich mich irgendwie noch nie beschäftigt.

Meine Angst ging dahin, dass ich mir nicht genug ausdenken könnte für unser Kind. Es ist so unheimlich wissbegierig. Singt und textet den ganzen Tag. Hat eine blühende Fantasie. Und das mit nicht mal 4 Jahren. Da kann ich einfach nicht mithalten.

Also legte ich das Werk erstmal wieder zur Seite.

Beim regelmäßigen Vorlesen kam es jedoch, dass das Kind genau dieses Buch aus dem Regal nahm. Und ich Schweißausbrüche. Ich dachte: "Ok, wir schauen uns es jetzt einmal gemeinsam an und legen es nach 2 Minuten zur Seite, weil es mein Kind nicht interessieren wird."

Doch was dann geschah, konnte ich selbst kaum glauben:

Die Worte sprudelten aus mir heraus. Auf manchen Seiten verweilten wir richtig lange, weil wir über die Zeichnungen sprachen - über das, was wir sahen; über das, was wir nicht sahen.

Und seitdem ist es ein regelmäßiger Begleiter bei unseren Leserunden. Mal erzähle ich. Mal erzählt unser Kind. Doch oft erzählen wir einfach gemeinsam.

Die Lektüre hat meinen Horizont in einer Weise erweitert, die ich selbst nicht für möglich gehalten habe. Ich brauchte nicht krampfhaft nach Worten suchen, um mein Kind zu unterhalten. Die Illustrationen sprechen für sich und lassen die Worte einfach fließen.

Momentan schauen wir: Welche Ecke darf sich das Kind ganz nach den eigenen Wünschen einrichten? Sie fragte natürlich, ob sie auch die Wände bemalen dürfte. Das habe ich jedoch abgefangen, indem ich vorschlug, dass wir Bilder aufhängen, die beliebig ausgetauscht werden können. Glück gehabt! lach

Die Illustratorin ZO-O hat für uns also ein ideales Bilderbuch geschaffen.

Bereits mit ihren 3 Jahren merkt mein Kind, dass, egal, wie schön das eigene Zuhause ist, man immer auch andere Menschen benötigt, um glücklich und ausgeglichen zu sein. Sie ist ein sehr kontaktfreudiger Mensch und ihr fällt Isolation sehr schwer. ZO-O gestaltet dies auf 27 Doppelseiten ausdrucksstark ohne überladen zu wirken.

Für uns ein sehr wertvolles Buch, welches wir mit Sicherheit noch einige Male zusammen anschauen werden und irgendwann nimmt sie es sich auch alleine zur Hand und erzählt ihrem Hasi ihre ganz eigene Geschichte ...

©2022 Mademoiselle Cake