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Veröffentlicht am 10.04.2023

Viel Rebellion, wenig Mathematik und trotzdem ein schönes Buch

Die geniale Rebellin
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Ada Lovelace steht unter den Fittichen ihrer Mutter, nachdem ihr Vater, der berühmte Lyriker und Lebemann Lord Byron, früh gestorben ist. Adas Mutter setzte alles daran ihr Kind streng wissenschaftlich ...

Ada Lovelace steht unter den Fittichen ihrer Mutter, nachdem ihr Vater, der berühmte Lyriker und Lebemann Lord Byron, früh gestorben ist. Adas Mutter setzte alles daran ihr Kind streng wissenschaftlich und frei von Liebe und Zuneigung großzuziehen um zu verhindern, dass Ada später nach ihrem Vater schlägt und wie er ein Leben voller Leidenschaft und Ausgelassenheit führen wird. Genau gegen diese Lebensart der Mutter begehrt Ada auf und gibt sich den schönen Dingen des Lebens hin, was den rebellischen Teil des Titels widerspiegelt.

Die Genialität wird zu Beginn des Buches kurz angerissen, als Ada als dreizehnjähriges Mädchen einen Flugautomaten baut. Danach geht die Geschichte vornehmlich darum, wie sie einen Ehemann findet. Ada war eine Frau der Gesellschaft, daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass dies zu dieser Zeit einen sehr großen Anteil einnimmt. Allerdings tritt irgendwann Charles Babbage aus dem Nichts auf und sie wird auf einem Empfang als schönste Frau der Mathematik angesprochen, was dann doch ziemlich plötzlich kommt und zu diesem Zeitpunkt völlig überraschend war. Insgesamt kommt für mein Empfinden der geniale Teil des Buchtitels viel zu kurz. Die Übersetzung eines wissenschaftlichen Artikels, der Grund ist, warum Ada Lovelace teils als erste Programmiererin der Welt und bedeutende Persönlichkeit in der Entwicklung von Computern bezeichnet wird, nimmt im Buch nur einen überaus kurzen Teil ein. Ich hätte mir etwas tiefere Einblicke in die wissenschaftlich Arbeit gewünscht.

Ich habe das Buch an drei Tagen durchgelesen, so locker kommt es daher. Es geht vornehmlich um Selbstverwirklichung und wie Ada den Zwängen des Elternhauses bzw. ihrer Mutter zu entfliehen versucht und eben nicht unbedingt um Mathematik oder darum, wie schwer es eine Frau damals in der Wissenschaft hatte. Wenn man sich darauf einstellt, so ist es ein gutes Buch. Daher möchte es an alle empfehlen, die Spaß an dieser Thematik haben und historische Romane lieben.

Veröffentlicht am 04.04.2023

Cosy Crime in Ligurien

Abschied auf Italienisch
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Vito Grassi, seines Zeichen Polizist, erbt nach dem Tod seines Vaters ein Haus in Levanto. Doch kaum dort angekommen, muss er feststellen, dass sein Vater dort scheinbar nicht alleine gewohnt hat. Das ...

Vito Grassi, seines Zeichen Polizist, erbt nach dem Tod seines Vaters ein Haus in Levanto. Doch kaum dort angekommen, muss er feststellen, dass sein Vater dort scheinbar nicht alleine gewohnt hat. Das ist nicht die einzige Sache, die Vito über seinen Vater nicht gewusst hat. Doch viele Gedanken kann Vito sich nicht darüber machen, da kurz darauf ein Mord geschieht und Vito mit den Ermittlungen alle Hände voll zu tun hat.

Zunächst sticht das wirklich tolle Setting heraus und die wirklich wunderschöne Erzählweise lässt nicht nur Cinque Terre vor dem inneren Auge lebendig werden, man fliegt förmlich durch die Seiten und kann das Meer und den Wein riechen.
Inhaltlich sind für mich allerdings einige Fragen offen geblieben und es ist einfach von allem zu wenig.
• Zu wenig sympathisch ist mir Vito.
Er lässt seine Frau in Rom zurück um nach Levato zu ziehen und dort zu arbeiten. Um - ja, was eigentlich?! - seine Vergangenheit aufzuarbeiten? Oder noch einmal seinem Vater nahe zu sein? Als seine Tochter, die in Berlin lebt, einen Unfall hat, beklagt Vito, dass er immer zuletzt erfährt, wenn etwas vorfällt. Nur hat er Midlifecrisis-mäßig alles freiwillig zurück gelassen. Da fehlt mir das Verständnis.
• Zu wenig sind die anderen Protagonisten ausgearbeitet.
Von Vitos Partnerin bei der Polizei erfahren wir gerade mal, dass sie zweifarbige Haare hat und bunte Kontaktlinsen trägt. Das war‘s. Und so zieht sich das durch alle Nebenprotagonisten.
• Zu wenig einfallsreich ist der kriminalistische Plot.
Ich bin echt schlecht beim Whodunnit-Miträsteln, aber hier war es sehr durchschaubar und es war wenig einfallsreich. Alles in allem fehlt mir hier einfach das Alleinstellungsmerkmal.

Das Setting und die tolle Erzählweise haben es raus gerissen, sodass ich das Buch gerne gelesen habe, aber es war kein Highlight. Empfehlen möchte ich das Buch dennoch allen, die auf der Suche nach einer kurzweiligen und leichten Urlaubslektüre mit cosy crime vibes sind.

Veröffentlicht am 30.03.2023

Unterhaltsam und spannend von der ersten bis zur letzten Seite

Tote schweigen nie
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Cassie Raven ist Sektionsassistentin in einer Pathologie in London. Sie liebt ihren Job und manchmal scheint es als hauchen ihr die Verstorbenen noch etwas zu um Cassie zu verraten wie sie gestorben sind. ...

Cassie Raven ist Sektionsassistentin in einer Pathologie in London. Sie liebt ihren Job und manchmal scheint es als hauchen ihr die Verstorbenen noch etwas zu um Cassie zu verraten wie sie gestorben sind. Doch eines Tages liegt ihre Lehrerin und Mentorin Mrs Edwards vor ihr im Sektionssaal und Cassie kann und will nicht glauben, dass sie durch einen tragischen Unfall gestorben ist. Nachdem einige gruselige Dinge in der Pathologie passieren, vertraut sich Cassie Detective Phyllida Flyte an und das ungleiche Team beginnt mit den Ermittlungen…

Ja, es geht um Leichen und ja es wird auch berichtet, wie eine Sektion so abläuft. Aaaaaber: das alles gestittet und objektiv, nicht voyeuristisch oder blutig. Natürlich sollte man so etwas abkönnen, aber wer den Klappentext liest (oder meine Kurzzusammenfassung), dem wird klar sein was ihn erwartet. Der sorgsame Umgang von Cassie mit den Verstorbenen fand ich wirklich toll. Sie spricht mit Ihnen, als ob sie noch am Leben wären. Das mag im ersten Augenblick seltsam klingen, aber für mich hat das alles perfekt gepasst, da wir Cassie als sehr empathischen und liebevollen Menschen kennenlernen. Detektive Phyllida Flyte soll das krasse Pendant dazu darstellen, kalt und unnahbar, aber die Fassade bröckelt nach einigen Seiten und ich konnte sie genauso schnell ins Herz schließen wie Cassie. Die polnische Großmutter von Cassie macht die Geschichte noch rund und sie ist genauso liebenswürdig wie die beiden anderen Frauen.

Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und die Geschichte super spannend. Ich lese viele Krimis und rätsel super gerne mit, aber hier bin ich wirklich nicht auf die Lösung gekommen. Ich hab das Buch an zwei Abenden durchgelesen, weil ich es einfach nicht beiseite legen konnte und es gibt wirklich überhaupt gar nichts, was ich hier bemängeln könnte oder wollte. Deshalb eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alles Krimiliebhaber. Ich jedenfalls freue mich jetzt auf den zweiten Teil - Wer mit den Toten spricht.

Veröffentlicht am 25.03.2023

Ein fantastische Ausflug in die Literaturwelt der 20er Jahre

Die Verlegerin von Paris
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Lizzy, Tochter einer reichen englischen Familie, entflieht der Langeweile ihrer Ehe mit einem amerikanischen Mann. Sie möchte selbstbestimmt leben und reist zusammen mit Professor Moore, ihrem Mentor und ...

Lizzy, Tochter einer reichen englischen Familie, entflieht der Langeweile ihrer Ehe mit einem amerikanischen Mann. Sie möchte selbstbestimmt leben und reist zusammen mit Professor Moore, ihrem Mentor und Hauslehrer ihrer Kindheit, nach Paris. Dort trifft sie auf Künstler und Schriftsteller und ein ganz anderes Leben als das was sie als verheiratete Frau in New York erlebt hat.

Vorneweg: mir hat das Buch wahnsinnig gut gefallen. Viele Geschichten aus den 20er Jahren sind verständlicherweise düster und kritisch. Aber hier lernen wir mal eine andere Seite kennen. Lizzy durchläuft zwar eine etwas klischeehafte Wandlung zur klassischen Flapper, aber das Setting ist toll gewählt und für alle Literaturinteressierte und Buchliebhaber ein Fest. Es laufen uns allerhand Schriftsteller über den Weg von Ernest Hemingway bis James Joyce und wir lernen viel über das Verlegen von Büchern zur damaligen Zeit. Dabei spielt Shakespeare & Company, eine Buchhandlung, die es tatsächlich gab, und deren Inhaberinnen Sylvia Beach und Adrienne Monier eine entscheidende Rolle. Hier trifft Fiktion auf Realität, da beide Frauen zu engen Freundinnen von Lizzy werden. Wirklich fantastisch!
Ich habe mich an Midnight in Paris erinnert gefühlt (btw: wer den Film mit Owen Wilson nicht kennt - bitte unbedingt ansehen!).

Die Story ist an manchen Stellen etwas vorhersehbar, aber das tut dem Lesespass überhaupt gar keinen Abbruch, weil die Atmosphäre einfach so toll ist. Wenn man unbedingt etwas finden möchte, was vielleicht nicht so glücklich gelungen ist, dann ist es die Darstellung von Ezra Pound. Er ist meines Empfindens nach einfach zu positiv gezeichnet. Es wird zwar thematisiert, dass er ein Anhänger des Faschismus ist, aber hier hätte ich mir eine viel klarere Distanzierung gewünscht.

Alles in allem eine ganz klare Leseempfehlung für alle Bücher- und Literaturliebhaber!

Veröffentlicht am 21.03.2023

Düsterer und spannender Roman Noir

Der Tod ist ein Tänzer
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Josephine Baker hat mit ihrem Ensemble ein Engagement in Berlin. Paris liegt ihr bereits zu Füßen und nun will sie in Berlin den gleichen Erfolg feiern. Doch nicht alle teilen die Euphorie um die Tänzerin ...

Josephine Baker hat mit ihrem Ensemble ein Engagement in Berlin. Paris liegt ihr bereits zu Füßen und nun will sie in Berlin den gleichen Erfolg feiern. Doch nicht alle teilen die Euphorie um die Tänzerin und es gibt Hinweise, dass ein Anschlag auf sie verübt werden soll. Tristan Nowak soll das verhindern, doch wie, wenn man nicht weiß wann und wo die Gefahr lauert? Und wem kann er eigentlich vertrauen?

Die Atmosphäre ist düster, wie man es von einem Roman Noir erwarten kann. Nur Josephine bringt Glanz, Glitzer und Lebensfreude in die Geschichte. Sie sprüht vor Esprit und man kann sie einfach nicht nicht mögen. Da kann man auch mal vergessen, dass sie zu diesem Zeitpunkt - es beruht auf historischen Tatsachen, dass sie Anfang 1926 in Berlin aufgetreten ist - gerade einmal 19 Jahre alt und bereits zwei Mal verheiratet war. Tristan ist ein wahrer Haudrauf, wohnt in einem Bordell zur Untermiete, verdient mit illegalen Boxkämpfen sein Geld und entsprechend häufig fliegen auch die Fäuste.
Die Geschichte ist wirklich gut erzählt. Sie ist spannend und man fliegt durch die Seiten. Man kann die ganze Zeit mit rätseln wer da wie mit an der Verschwörung beteiligt ist und es hat mir wirklich viel Freude bereitet.
Aber es gibt einen Wermutstropfen: der Showdown am Schluss. Ich habe nichts gegen Blut und von mir aus kann auch aus irgendeiner Leiche das Gedärm raus hängen, aber was mich wirklich stört ist sinnlose Gewalt; in diesem Falle die seitenlange Beschreibung von Folter. Es trägt einfach überhaupt gar nichts zur Geschichte bei. Es gibt keinerlei Erkenntnisgewinn und endet dann auch noch in meinen Augen völlig inkonsequent. Das trübt den Lesespass ganz zum Schluss etwas. Glücklicherweise ist da das Buch schon fast fertig und weg legen lohnt nicht mehr.

Trotz dieses Punktes möchte ich das Buch an Roman Noir Liebhaber empfehlen. Ich werde auch den zweiten Teil lesen, weil mir Josephine einfach wahnsinnig gut gefallen hat und ich hoffe einfach auf einen oder mehrere Mordfälle mit etwas weniger überflüssigen Gewaltexzessen.