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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.08.2024

Einfach schön! Zum Rätseln und Träumen.

Das größte Rätsel aller Zeiten
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Clayton, als Säugling vor den Türen der Gemeinschaft der Rätselmacher ausgesetzt, genießt ein ruhiges und zurückgezogenen Leben inmitten der nunmehr betagten Rätselmacher. Als Pippa, seine Ziehmutter ...

Clayton, als Säugling vor den Türen der Gemeinschaft der Rätselmacher ausgesetzt, genießt ein ruhiges und zurückgezogenen Leben inmitten der nunmehr betagten Rätselmacher. Als Pippa, seine Ziehmutter und Gründerin der Gemeinschaft, stirbt, hinterlässt sie ihm Hinweise über seine Herkunft und Clayton macht sich auf die Suche nach seinen Eltern. Dabei findet er mehr Antworten als nur auf die Frage wo er herkommt. Er begibt sich vielmehr auf eine Suche zu sich selbst, zu seinen Lebensträumen und Wünschen jenseits der Gemeinschaft, die bis dahin sein einziger Lebensinhalt war.

Falls ihr euch fragt, warum Pippa ihm nicht einfach einen Brief hinterlassen hat, der alles erklärt oder warum sie, nachdem sie sich über 20 Jahre ausgeschwiegen hat, erst nach ihrem Tod alles höchst umständlich aufklärt, dann ist das einmal der Tatsache geschuldet, dass das Rätseln nun einmal ein Leitmotiv in diesem Buch ist und zweitens weil es eigentlich nicht um die Lösung geht. Mit dem Rätsel ermöglicht Pippa Clayton nicht nur herauszufinden wo er herkommt, sie gibt ihm posthum Flügel, die er selbst niemals gedacht hatte zu haben, und schubst ihn sanft ihn aus seinem wohl-behüteten Nest um seinen Platz in der Welt zu finden. Und das alles ist gespickt mit Rätseln (die man, falls man möchte, selbst lösen kann - ich empfehle es ganz dringend, auch wenn das Lesen damit durchaus länger dauert!) und ganz viel britischem Flair!

Ein wundervolles Crossover zwischen Sherlock Holmes und einfühlsamer Coming of Age Geschichte! Sehr sehr große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.08.2024

Witzig, mit mehr Tiefgang als anfänglich erwartet

Pi mal Daumen
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Long story short: Oscar, 16 Jahre, Graf von Ebersdorff und Moni, 53 Jahre, Großmutter mit mehreren Jobs, lernen sich beim Mathe-Studium kennen. Die Geschichte wird ausschließlich aus Oscars Sichtweise ...

Long story short: Oscar, 16 Jahre, Graf von Ebersdorff und Moni, 53 Jahre, Großmutter mit mehreren Jobs, lernen sich beim Mathe-Studium kennen. Die Geschichte wird ausschließlich aus Oscars Sichtweise erzählt, sodass von Anfang an klar ist, dass Moni für ihn hier völlig fehl am Platze ist. Aus der anfänglichen Skepsis entwickelt sich dann allerdings schnell eine Freundschaft.

Es gibt sicherlich viele Ebenen, auf denen man die Charakterentwicklung Oscars beurteilen kann. Ich habe mal wieder die feministische Brille auf und damit sieht man vor allem eines: Dass Oscar als 16-jähriger upper class Angehöriger, das Gedankengut und Machtstreben der weißen Männer und patriarchale Strukturen im 21. Jahrhundert (und leider wahrscheinlich darüber hinaus) aufrecht hält. Er kommt gar nicht auf den Gedanken, dass Moni ein Mathematik-Studium wuppen kann, nur weil sie drei Enkel, drei Jobs, eine Püppi und einen Pit hat. Dass sie ihn, Oscar, defacto locker in die Tasche stecken kann. Während Oscar nun innerhalb der Geschichte eine soziale Entwicklung durchläuft, bleibt diese Frage bis zuletzt bestehen: Werden privilegierte Männer jemals einsehen, dass Frauen ihnen in jeder Hinsicht gleichrangig sind?

Ich glaube ich muss nach diesem Plädoyer gar nicht extra erwähnen, dass Moni hingegen mein Herz von Anfang an erobert hat. Ihr musst du nicht erklären wie das Leben funktioniert (okay, vielleicht wie man die Mensa-Karte auflädt) und trotz ihres wahnsinnig anstrengenden Lebens hat sie gute Laune, ein offenes Ohr und ein Händchen fürs Zwischenmenschliche.

Der Schluss kam mir persönlich etwas zu plötzlich und lässt einige Fragen offen. Ich hätte mir hier eine stärkere Positionierung Oscars gewünscht, die seine Entwicklung abgeschlossen hätte. So bliebt wieder einmal die große Frage wo wir Frauen zur heutigen Zeit in den MINT Bereichen (naja, eigentlich auch nicht nur da) stehen. Das Buch schafft es aber mit Witz und Leichtigkeit eine nicht erwartete Tiefe zu schaffen, was mir sehr gut gefallen hat. Klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.07.2024

Wichtiges Thema, interessant aufgearbeitet

Süß
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Kurzum: richtig gutes Buch, wenn man sich ein Sache klar vor Augen hält: Dieser Text ist eine wissenschaftliche Abhandlung!

Es geht um veraltete Frauenbilder und inwiefern diese aus feministischer Sicht ...

Kurzum: richtig gutes Buch, wenn man sich ein Sache klar vor Augen hält: Dieser Text ist eine wissenschaftliche Abhandlung!

Es geht um veraltete Frauenbilder und inwiefern diese aus feministischer Sicht zu kritisieren sind. Deutliche Lösungsansätze gibt es nicht, aber wenn es so einfach wäre mit jahrhundertealten Strukturen zu brechen, dann müssten wir jetzt nicht mehr drüber reden. Von daher darf man das auch nicht erwarten finde ich. Vielmehr bietet es ein paar weibliche Vorbilder, die sich eingefahrenen Machtstrukturen widersetzen oder widersetzt haben, von denen wir lernen dürfen (und vielleicht auch sollten).

Was mir gut gefällt und was ich auch schon positiv bei „Beklaute Frauen“ hervorgehoben habe ist, dass der weiße Oberschichten-Feminismus kritisch betrachtet wird. Genau bei diesem Thema kommt allerdings das große Manko des Buches raus: die Formulierung und Sprache. Weißer Feminismus bringt der Reinigungskraft aus Gelsenkirchen mit gerade so Hauptschulabschluss nichts, ist richtig, nur wird in diesem Buch ÜBER diese Frauen geredet, anstatt sich an sie zu wenden. Warum? Weil es teilweise echt kein Vergnügen ist diesen Text zu lesen! Wetten, dass ich es schaffe ein Maximum an Fachausdrücken in einem kleinen Text unterzubringen? Tlusty: Hold my beer!
Kleines Beispiel gefällig?
„Durch die Infragestellung vielfältiger Normen, der Norm der Heterosexualität, der Monogamie, des Vorrangs männlicher Lust, Besitzanspruchs auf eine Partnerin, der Doppelmoral der bürgerlichen Zweierbeziehung, hat sich unsere Kultur im vergangenen Jahrhundert nachhaltig liberalisiert, und diese Auseinandersetzungen kulminierten zweifelsohne in den Umbrüchen um 1968 herum - jedoch fanden sie statt, ohne die Idee des Patriarchats auflösen zu können.“ (Seite 73)
Boah! So geht das 167 Seiten lang. Da muss man schon richtig Bock auf Feminismus haben. Etwas umgangssprachlicher hätte es hier wirklich sein dürfen.

Veröffentlicht am 27.07.2024

Name ist Programm

Romantic Comedy
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Sally ist Autorin für eine Late Night Comedy Show und lernt in dieser Position den Musiker Noah kennen, der als Gastmoderator in eben jener Sendung einen Auftritt hat. Nachdem es zwischen den beiden etwas ...

Sally ist Autorin für eine Late Night Comedy Show und lernt in dieser Position den Musiker Noah kennen, der als Gastmoderator in eben jener Sendung einen Auftritt hat. Nachdem es zwischen den beiden etwas geknistert hat, kommt aber das Leben und eine Pandemie dazwischen und die beiden verlieren sich aus den Augen. Wie es zwischen den beiden weiter geht müsstet ihr jetzt selbst herausfinden, da will ich gar nicht mehr erzählen, aber seid euch gewiss: es ist eine einfach schöne, aber nicht schnulzige, Romanze zwischen einer Frau, in der ich mich in ein paar Punkten auch tatsächlich wiedererkannt habe, und (ja, okay hier wird es jetzt Nexflix RomCom mäßig stereotypisch) einem millionenschweren Promi.

Was diese Geschichte hier besonders macht: Sally ist Ende 30, weiß was sie vom Leben will und verdient gutes Geld. Dementsprechend verfällt sie Noah auch nicht augenblicklich oder rennt ihm hinterher wie in einem schlechten Film. Toll ist auch das Setting mit der Late Night Show; was ein krasser Blick hinter die Kulissen! Das fand ich super spannend und hier gibt es auch einige Lacher (Achtung: wenn man auf diese Art von teils derben Humor steht!).

Der versprochene feministische Einschlag muss man mit der Lupe suchen, das bleibt mir dann doch etwas zu oberflächlich. Das war es letztendlich auch, was mich auf das Buch aufmerksam gemacht hat, daher schade drum. Ohne diesen Hinweis aber wäre mir eine wirklich, ich sag mal altersgerechte, und tolle RomCom durch die Lappen gegangen. Wer also wie ich zur Mitte 30 und aufwärts gehört und wem dieses Genre sonst zu schnulzig und klischeehaft ist, der liegt hier goldrichtig. Eine leichte Lektüre fürs Herz, die einfach Spaß macht!

Veröffentlicht am 18.07.2024

Interessant aber nicht überwältigend

Die Bestatterin von Kilcross
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Jeanie Masterson soll die Bestattungsfirma ihres Vaters übernehmen, als dieser sich zur Ruhe setzen will um das Familienunternehmen fortzuführen. Sie hat ein besonderes Händchen für die Toten, da sie mit ...

Jeanie Masterson soll die Bestattungsfirma ihres Vaters übernehmen, als dieser sich zur Ruhe setzen will um das Familienunternehmen fortzuführen. Sie hat ein besonderes Händchen für die Toten, da sie mit ihnen nach dem Tod noch eine kurze Weile kommunizieren kann und mit dieser Gabe den Hinterbliebenen noch letzte Worte, Wünsche und andere Dinge, die nie ausgesprochen wurden, übermitteln kann.
Auch wenn sich Jeanie vor Jahren bewusst für das Leben in Kilcross, eine Kleinstadt in Irland, und die Arbeit im Bestattungsinstitut entschieden hat, stellt sie sich ob des nahenden Umbruchs die Frage, ob sie in ihrem Leben die richtigen Entscheidungen getroffen hat.

Jeanie erzählt in der ersten Person über ihr Leben, beginnend im Teenager-Alter, als sie Fionn, ihre erste große Liebe kennenlernt und endend mit dem drohenden Bruch zwischen ihrem Ehemann Niall. Stets fragt man sich was vorgefallen ist, dass sie nun mit Niall und nicht mit Fionn verheiratet ist und auf was die Geschichte hinauslaufen wird. Es gibt, soviel sei verraten, einen überraschenden Plottwist, der die Aufmerksamkeit der Geschichte nochmal in eine andere Richtung lenkt, was mir sehr gut gefallen hat, auch wenn dieser reichlich spät (vielleicht einen Hauch zu spät sogar) kommt

Das etwas mystische Element der Zwiegespräche mit den Toten findet in einem sehr passenden Rahmen Platz und hält die Erzählung auf einer nahezu realen Ebene und schweift kaum in das Fantastische ab. Es geht mehr um Selbstfindung, Selbstverwirklichung und die große Liebe. Bei letzterem Punkt war mir leider die emotionale Abhängigkeit zu Fionn dann doch too much, was die sonst gelungene Geschichte für mich etwas runtergezogen hat.