Ein bewegendes Drama über Verlust und Versöhnung zwischen Vater und Tochter
LeaStell dir vor, du bist ein Vater, der alles verloren hat. Deine Frau ist gestorben und deine Tochter, Lea, hat sich in eine eigene Welt zurückgezogen, in die selbst du keinen Zutritt hast. Genau das ist ...
Stell dir vor, du bist ein Vater, der alles verloren hat. Deine Frau ist gestorben und deine Tochter, Lea, hat sich in eine eigene Welt zurückgezogen, in die selbst du keinen Zutritt hast. Genau das ist die Ausgangslage in „Lea“ von Pascal Mercier, und ich sage dir, diese Geschichte hat mich echt mitgerissen.
Lea, gerade mal acht Jahre alt, hat nach dem Tod ihrer Mutter jeglichen Lebenswillen verloren. Sie lebt in einer düsteren Blase, bis der Klang einer Geige sie wieder zum Leben erweckt. Plötzlich zeigt sich, dass sie eine außerordentliche musikalische Begabung hat. Und das bleibt nicht unbemerkt – schnell liegt ihr die Musikwelt zu Füßen. Klingt erstmal wie ein Märchen, oder?
Aber Moment, das hier ist Pascal Mercier, und der hat ein Talent dafür, dass aus einem vermeintlichen Märchen eine tieftraurige Tragödie wird. Während Lea von Erfolg zu Erfolg eilt, driftet ihr Vater Martijn immer tiefer in die Einsamkeit ab. Der arme Kerl kämpft verzweifelt um die Liebe und Nähe seiner Tochter, und seine Versuche, sie zurückzugewinnen, verstricken ihn in ein Verbrechen, das sein ganzes Leben auf den Kopf stellt.
Die Geschichte wird aus der Perspektive von Adrian Herzog erzählt, einem ehemaligen Chirurgen, der auf einer Zugreise zufällig Martijn kennenlernt und sich dessen Geschichte anhört. Und was für eine Geschichte das ist! Adrian wird schnell zum Spiegel für Martijns verzweifelte Versuche, seine Tochter zu verstehen und zu retten. Beide Männer kämpfen mit ihrer eigenen Art von Verlust und Missverständnissen, was die Erzählung noch packender macht.
Mercier zieht einen sofort in die Geschichte hinein. Die Art, wie er die Tragik und Verzweiflung von Martijn und die stumme Abkapselung von Lea schildert, ist einfach herzzerreißend. Man spürt förmlich die Last, die auf Martijns Schultern liegt, während er hilflos mitansehen muss, wie Lea sich immer weiter von ihm entfernt.
Der Schreibstil ist, wie man es von Mercier erwartet, poetisch und tiefgründig. Manchmal vielleicht ein bisschen zu schwermütig, aber hey, wir sind hier schließlich in der Welt von Pascal Mercier, wo die Sonne nur selten scheint. Die sprachlichen Bilder sind so dicht und intensiv, dass man sich oft fühlt, als würde man selbst in diesem melancholischen Regen stehen, der die gesamte Geschichte durchzieht.
Humor? Ja, es gibt ein paar lichte Momente, die einem ein Schmunzeln entlocken, aber hauptsächlich zeigt sich hier Mercier von seiner tragischsten Seite. Und das ist gut so, denn diese Geschichte braucht diese Schwere, um ihre volle Wirkung zu entfalten.
Fazit: „Lea“ ist eine tragische, aber wunderschöne Geschichte über die unerschütterliche Liebe eines Vaters zu seiner Tochter und die schmerzhaften Grenzen dieser Liebe. Es ist kein leichtes Buch, aber es ist eines, das dich tief berühren wird. Also, schnapp dir eine Tasse Tee, mach es dir gemütlich und lass dich von dieser bewegenden Erzählung in die Welt von Lea und Martijn entführen.