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Veröffentlicht am 03.02.2021

Nett erzählt – aber die Frage ist: Was wird hier erzählt?

Das Mädchen, das in der Metro las
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Juliette fährt mit der Metro immer die gleiche Strecke durch Paris zu ihrer Arbeit. Dabei beobachtet sie lesende Leute. Eines Tages steigt Juliette zwei Stationen früher aus und begegnet Soliman und seiner ...

Juliette fährt mit der Metro immer die gleiche Strecke durch Paris zu ihrer Arbeit. Dabei beobachtet sie lesende Leute. Eines Tages steigt Juliette zwei Stationen früher aus und begegnet Soliman und seiner Tochter Zaide. Soliman glaubt, dass jedes Buch die Kraft hat, ein Leben zu verändern.
Die Inhaltsangabe, die Aussage auf dem Umschlag „Ein Roman über die magische Macht der Literatur“ (Deutschlandfunk) und auch das schöne Cover des Buches haben mich neugierig gemacht auf diese „Macht der Bücher“, aber leider ist von dieser Magie nicht viel zu spüren. Schon der Titel ist irreführend, denn Juliette liest im ganzen Roman so gut wie gar nicht (auch nicht in der Metro), sondern ist nur von Büchern umgeben. Sie selbst gibt nur drei Bücher an andere Menschen weiter, aber was diese Bücher aus den Menschen machen, erfährt man nur am Rande (und vor allem erfährt man nicht, warum dieses Buch solche Macht ausübt).
Die Begegnung mit Soliman und seiner Tochter verändert auch Juliette, aber wirklich nachvollziehbar sind ihre Handlungen nicht. Überhaupt bleiben alle Personen des Romans sehr blass. Interessante Charaktere (besonders Zaide) werden eingeführt und verschwinden im Nichts. Ich konnte zu keiner Person in irgendeiner Weise eine Beziehung aufbauen und die lose Aneinanderreihung von Szenen und Handlungen machten für mich keinen Sinn.
Am Ende des kurzen Romans stand für mich die Frage: Was wollte die Autorin eigentlich erzählen? Die Sprache, die sie benutzt, ist nämlich durchaus schön und zuweilen auch poetisch. Leider konnte sich das nicht auf die Handlung übertragen. Wer etwas über die Macht von Büchern lesen will, sollte lieber zu Michael Endes „Die unendliche Geschichte“ oder Alan Bennetts „Die souveräne Leserin“ greifen.

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Veröffentlicht am 24.01.2021

Sneijder und Nemez in einem rasanten Fall – mit menschlichen Zwischentönen

Todesurteil
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In Wien taucht ein Jahr nach ihrem Verschwinden die elfjährige Carla auf, ihr gesamter Rücken ist tätowiert mit Motiven aus Dantes „Inferno“. In Wiesbaden beginnt Sabine Nemez ihre Ausbildung beim BKA ...

In Wien taucht ein Jahr nach ihrem Verschwinden die elfjährige Carla auf, ihr gesamter Rücken ist tätowiert mit Motiven aus Dantes „Inferno“. In Wiesbaden beginnt Sabine Nemez ihre Ausbildung beim BKA zur Profilerin. Ihr Ausbilder Maarten S. Sneijder, ein Misanthrop mit 97%-iger Aufklärungsquote, nimmt in seinem Seminar ungeklärte Mordfälle durch. Bald entdeckt Sabine Nemez einen Zusammenhang zwischen den Fällen. Und der Mörder hat sein Werk noch nicht vollendet und er trifft auch Nemez an ihrer empfindlichsten Stelle.
Andreas Gruber schafft es wieder, seine beiden so unterschiedlichen Ermittler in eine verwickelte Mordserie zu verwickeln. Neben der anfangs recht ruhig anmutenden Handlung im Ausbildungszentrum des BKAs, die vor allem die eigenwillige Ausbildung hochbegabter (aber menschlich schwieriger) Studenten bei Sneijder zeigt, gibt es parallel dazu die in Wien stattfindenden Ermittlungen der Staatsanwältin Melanie Dietz zu einer Reihe von Morden an jungen Mädchen. Beide Handlungen entwickeln ein rasantes Tempo und führen zu einem spannenden Showdown. Gruber schafft es, die verwickelte Handlung stets logisch und übersichtlich zu präsentieren, so dass man das Buch nur schwer aus der Hand legen kann.
Gut gefallen hat mir zudem, dass sich in dem Band auch das Verhältnis von Sneijder, einem Einzelgänger mit Arschloch-Charakter, und Nemez weiterentwickelt und beide auch menschliche Züge zeigen.
Eine gelungene Fortsetzung, die Lust auf den nächsten Band macht.

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Hercule Poirot reloaded – gut, aber Sophie Hannah ist nicht Agatha Christie

Die Monogramm-Morde
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Sophie Hannah hat 2014, fast 40 Jahre nach Hercule Poirots letzten Fall „Vorhang“ mit der Genehmigung von Agatha Christies Familie wieder einen Fall mit dem belgischen Detektiv veröffentlicht. Damit tritt ...

Sophie Hannah hat 2014, fast 40 Jahre nach Hercule Poirots letzten Fall „Vorhang“ mit der Genehmigung von Agatha Christies Familie wieder einen Fall mit dem belgischen Detektiv veröffentlicht. Damit tritt sie in sehr große Fußstapfen.
Der Roman ist im Jahr 1929 angesiedelt und man findet atmosphärisch viele von Agatha Christies geprägte Schauplätze in diesem Roman wieder: Kaffeehäuser, Hotels und ein typisches englisches Dorf. Hercule Poirot sitzt im Pleasent’s Coffee House, als plötzlich eine Frau hineinstürmt. Jemand wolle sie umbringen, aber sie habe es verdient. Der Täter dürfe nicht dafür bestraft werden. Ebenso schnell verschwindet die Frau wieder und bevor Poirot sich diese Begegnung erklären kann, wird er von dem jungen Scotland-Yard- Beamten Catchpool zu einem spektakulären Dreifachmord in das Hotel Bloxham gerufen. Schnell erkennt Poirot einen Zusammenhang zwischen den drei Morden und der seltsamen jungen Frau.
Der Roman ist gut aufgebaut, so dass eine eigentlich spannende Kriminalgeschichte entsteht. Leider hat dieser Roman einige Mängel, die nicht zuletzt daher rühren, dass man natürlich immer den Vergleich mit Agatha Christie bemüht. Die Kriminalhandlung ist von der Grundidee gut, jedoch ist der Plan des Täters unglaublich kompliziert und von sehr vielen Zufällen und psychologischen Momenten abhängig. Je weiter die Handlung geht, desto öfter hat man das Gefühl, dass sich bestimmte Elemente ständig wiederholen, und dass nach dem ersten Twist in der Handlung sofort ein zweiter und ein dritter folgen muss. So gerät auch dann die Auflösung des Falls sehr lang. Passend dazu versammelt Poirot nicht nur alle Verdächtigen, sondern gleich noch das gesamte Hotelpersonal dazu. Weniger wäre da mehr gewesen. Wo Agatha Christie mit wenigen Strichen ein Bild malt, benutzt Sophie Hannah eine ganze Farbpalette.
Leider ist auch die Charakterisierung Poirots nicht gut gelungen. In dem Roman hat er den jungen Scotland-Yard- Beamten Catchpool an seiner Seite. Dieser wirkt in seinen Handlungen so gehemmt und begriffsstutzig, dass man ihn sich als fähigen Inspektor nicht vorstellen kann. Zudem werden ihm seine Mängel von Hercule Poirot auch immer wieder schonungslos vor Augen geführt. Während bei Agatha Christie dieses Spiel zwischen Poirot und Colonel Hastings wunderbar funktioniert, da Poirot Hastings gegenüber bei aller geistigen Überlegenheit immer augenzwinkernd freundschaftliche Zuwendung zeigt und auch immer noch eigene Stärke zeigt, so wirkt das Verhältnis zwischen Poirot und Catchpool eher wie das eines immer wieder zurechtweisenden Lehrers zu seinem begriffsstutzigen Schüler. Poirot ist so vor allem eines- arrogant, von Herzlichkeit ist nicht viel zu spüren. Zudem sind Poirots Schlussfolgerungen zuweilen von einer solchen Spitzfindigkeit, dass sie zuweilen unglaubwürdig wirken. Wie groß ist denn der unterschied zwischen „den Mund öffnen“ und den Mund aufmachen“? Nicht sehr groß, denn Poirot muss diesen für ihn so offensichtlichen Unterschied auf vier Seiten erklären.
Insgesamt aber hat Sophie Hannah einen ordentlichen Kriminalroman geschrieben, der allerdings Längen aufweist, da die Handlung zu kompliziert ist und sich in zu vielen Einzelheiten verliert. Einige Personen sind sehr gut charakterisiert, aber gerade den von Agatha Christie durch über 30 Romane und zahllosen Kurzgeschichten vorgegebenen Charakter Poirots kann Hannah nicht wirklich wiedergeben. Nach diesem Roman bemerkt man vor allem, welche Stärken Agatha Christies Romane haben. Vielleicht sind die Mängel in den nachfolgenden Romanen verbessert worden.

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Veröffentlicht am 18.01.2021

Mord in Oxford - spannende Lehrstunde zu Lewis Carroll

Der Fall Alice im Wunderland
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Der Krimi „Der Fall Alice im Wunderland“ ist der zweite Band mit dem Oxforder Logik-Professor Arthur Seldom und seinem argentinische Mathematik-Doktoranden.
Die ehrwürdige Lewis-Carroll-Bruderschaft ist ...

Der Krimi „Der Fall Alice im Wunderland“ ist der zweite Band mit dem Oxforder Logik-Professor Arthur Seldom und seinem argentinische Mathematik-Doktoranden.
Die ehrwürdige Lewis-Carroll-Bruderschaft ist einer Sensation auf der Spur. Eine verschollene Seite aus Lewis Carrolls Tagebüchern soll aufgetaucht sein. Ihr Inhalt könnte ein völlig neues Licht auf Carrolls mutmaßlicher Pädophilie und sein Verhältnis zu Alice und ihrer Familie werfen. Doch bevor der Inhalt bekannt wird, geschieht ein Mordversuch, und bei diesem soll es nicht bleiben.
Guillermo Martinez hat auf der Grundlage der Forschung um Lewis Carrolls Tagebücher und seine mutmaßliche Pädophilie einen gut recherchierten und spannenden Krimi geschrieben. Die Ereignisse um Carrolls Tagebücher haben größtenteils realen Hintergrund, in dem sich die Krimi-Handlung wunderbar einfügt. Mich hat das Thema auch dazu veranlasst, selber mehr über Carrolls Tagebücher zu erfahren. Vieles an diesem 1994 spielenden Krimi erinnert an das Flair der Sherlock-Holmes-Romane, besonders wenn die (so nicht real existierende) Lewis-Carroll-Bruderschaft handelt. Aktionreich ist das alles nicht, aber dennoch steigert sich die Spannung in der zweiten Hälfte beträchtlich (während der ersten Hälfte manchmal etwas das Tempo fehlt). Die Personen werden charakterlich anschaulich dargestellt, ihre Motive zu handeln sind gut nachzuvollziehen. Auch sind die meisten Figuren nicht einfach nur gut oder böse, so dass man mit den meisten auch immer wieder Sympathie oder auch Abneigung empfindet.
Mir hat die Mischung aus Krimi und Literaturforschung sehr gut gefallen, auch einige Ausflüge in den Bereich der Mathematik hat Martinez ohne groß zu belehren gut eingefügt (mir persönlich gefällt der Exkurs zu Andrew Wiles‘ Beweis der Fermatschen Vermutung sehr gut).
Der Hörbuchsprecher Sascha Tschorn macht seine Sache ordentlich. Man kann ihm gut zuhören, jedoch wäre bei der großen Anzahl an Personen manchmal etwas mehr stimmliche Abwechslung gut gewesen. Dennoch macht das Hören Spass, besonders in der zweiten Hälfte, wenn das Tempo schneller wird. Ein guter, etwas anspruchsvollerer Krimi, der gut unterhält und auch informiert.

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Veröffentlicht am 12.12.2020

Unterhaltsames Lesevergnügen – Agatha Christie im Reich der Märchen

Erkül Bwaroo fischt im Trüben
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Erkül Bwaroo, Elf-Detektiv mit einem großem Ego, lernt auf einer Urlaubsreise den Fischer Sebastian kennen. Dessen Frau Ilsebill hat ihn verlassen, nachdem ein verzauberter Fisch ihr den Wunsch nach einem ...

Erkül Bwaroo, Elf-Detektiv mit einem großem Ego, lernt auf einer Urlaubsreise den Fischer Sebastian kennen. Dessen Frau Ilsebill hat ihn verlassen, nachdem ein verzauberter Fisch ihr den Wunsch nach einem Schloss erfüllt hat. Während Sebastian lieber in der Fischerhütte geblieben ist, lebt Ilsebill auf dem Schloss, umgeben von einer großen Anzahl von illustren und seltsamen Gäste, von denen die wenigsten es gut mit ihr meinen, wie Bwaroo feststellt. Und schon bald wird aus einem Mörderspiel tödlicher Ernst.
Dieser Märchen-Krimi von Ruth M. Fuchs, mittlerweile der siebte Band aus der Erkül Bwaroo-Reihe, bietet ein unterhaltsames und ungewöhnliches Lesevergnügen. Ganz im Geiste von Agatha Christie ermittelt Bwaroo in einem Mordfall und die Verdächtigen sind Elfen, Sirenen, Faun, Gargoyle oder Märchenfiguren. Dass das Ganze so viel Spass macht zu lesen, liegt daran, dass Ruth Fuchs es jederzeit gelingt, diese Märchenwelt und ihre Bewohner ganz normal zu beschreiben. Die Verdächtigen haben alle ihre Geheimnisse und handeln aus Liebe, Neid, Eifersucht und Gier. Bwaroos Ermittlungen schreiten gemütlich voran (vor allem wenn er den Gargoyle Hubert befragt) und enden in einer Christie-würdigen Enttarnung des Täters. Alles ist mit einem gewissen Maß an Humor geschrieben, besonders wenn die Märchenwelt auf recht menschliche Weise durchbrochen wird, z.B. wenn Jogger und Drama-Queens plötzlich eine Rolle spielen.
Ein gelungener und ungewöhnlicher Krimi und eine wunderbare Hommage an die Queen of Crime.

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