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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2025

Spannend, informativ und angenehm anders – aber kein Roman!

Vampire! Vampire!
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„Vampire! Vampire!“ von Markus Heitz ist ein unterhaltsames Sachbuch für alle, die mehr über den Ursprung und die Entwicklung des Vampirglaubens erfahren möchten. Heitz hat gründlich recherchiert und verbindet ...

„Vampire! Vampire!“ von Markus Heitz ist ein unterhaltsames Sachbuch für alle, die mehr über den Ursprung und die Entwicklung des Vampirglaubens erfahren möchten. Heitz hat gründlich recherchiert und verbindet historische Fakten mit einer angenehm lockeren, oft humorvollen Erzählweise – ganz ohne trocken zu wirken.

Ich fand besonders spannend, wie vielfältig die Vorstellungen von Vampiren über die Jahrhunderte waren. Es ist faszinierend zu lesen, woher bestimmte Mythen kommen und wie ernst das Thema früher genommen wurde. Dabei bleibt das Buch durchweg zugänglich und kurzweilig.

Wichtig: Wer hier einen Roman erwartet, wird enttäuscht. Es ist ein Sachbuch – aber eines, das auch Lesemuffel bei Laune hält. Einige Stellen sind etwas akademischer, aber insgesamt sehr gut zu lesen.

Für alle Vampir-Fans mit Wissensdurst

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Veröffentlicht am 16.04.2025

Düstere Atmosphäre mit kleinen Längen – solider Thriller mit Mystery-Note

Apartment 5B
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Das Cover von Apartment 5B hat mich sofort angesprochen – düster, geheimnisvoll und mit einem Titel, der laut „Lies mich!“ ruft. Also hab ich’s getan.

Der Einstieg war erst etwas holprig – der Prolog ...

Das Cover von Apartment 5B hat mich sofort angesprochen – düster, geheimnisvoll und mit einem Titel, der laut „Lies mich!“ ruft. Also hab ich’s getan.

Der Einstieg war erst etwas holprig – der Prolog wirkte wirr – aber danach war ich schnell drin. Das Setting mit dem alten, unheimlichen New Yorker Haus hat direkt meine Neugier geweckt. Die Mischung aus Thriller, Mystery und leichten Horrorelementen funktioniert gut, auch wenn ich damit nicht gerechnet hatte. Die wechselnden Perspektiven von Rosie in der Gegenwart und Willa in der Vergangenheit haben die Handlung zusätzlich interessant gemacht.

Rosie fand ich grundsätzlich sympathisch, aber stellenweise zu naiv. Auch die Nebenfiguren blieben für meinen Geschmack oft zu klischeehaft oder blass. Gerade in einem so atmosphärischen Setting hätte ich mir greifbarere Charaktere gewünscht. Dafür punktet das Buch mit einigen Gänsehautmomenten und einem angenehm flüssigen Schreibstil. Die Spannung war subtil, aber spürbar – allerdings hätte der Plot insgesamt gestraffter sein dürfen.

Das Finale war überraschend und spannend, wenn auch etwas überladen. Apartment 5B ist für mich ein solider, atmosphärischer Thriller mit kleinen Längen und ein paar Schwächen in der Figurenzeichnung. Kein Highlight, aber durchaus lesenswert – besonders für Fans ruhiger, mysteriöser Geschichten mit Gänsehautfaktor.

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Veröffentlicht am 12.04.2025

Atmosphärisch stark, emotional distanziert – ein schillerndes Porträt mit blinden Flecken

Der ewige Tanz
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„Der ewige Tanz“ von Steffen Schroeder hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Schon das Cover hat mich neugierig gemacht, und auch die Zeit der 1920er Jahre, in der Anita Berber gelebt hat, fasziniert ...

„Der ewige Tanz“ von Steffen Schroeder hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Schon das Cover hat mich neugierig gemacht, und auch die Zeit der 1920er Jahre, in der Anita Berber gelebt hat, fasziniert mich sehr. Dass ihr Leben wie ein Roman war, macht diesen biografischen Roman eigentlich zu einem dankbaren Stoff. Und tatsächlich: Schroeder versteht es, die Atmosphäre dieser schillernden Epoche mit vielen Details lebendig werden zu lassen – das ist eine der großen Stärken des Buches. Ich hatte teilweise wirklich das Gefühl, direkt mit durch die verrauchten Salons, Bars und Hotelzimmer zu streifen, berauscht von einem Lebensgefühl zwischen Kunst, Exzess und Absturz.

Was mir leider gefehlt hat, war der Zugang zur Hauptfigur. Die Tänzerin Anita Berber bleibt in ihrer Persönlichkeit seltsam fern – fast wie eine stilisierte Erscheinung, nicht wie ein Mensch aus Fleisch und Blut. Obwohl ich nun viel über ihren Lebensweg weiß, hat sich zwischen ihr und mir keine emotionale Verbindung entwickelt. Ich habe die Künstlerin gesehen, aber nicht den Menschen dahinter gespürt.

Das liegt für mich vor allem an der Art der Erzählung. Schroeders Stil ist handwerklich gut und oft auch sehr elegant, aber es fehlt an Nähe, an Dialogen, an echten Momenten zwischen den Figuren. Stattdessen gibt es immer wieder längere Passagen, die eher berichten als erzählen. Und manchmal wird der Erzählfluss durch übermäßige Hintergrundinfos ausgebremst – von Hypnose bis Schmetterlingen, vieles wirkt hineingestopft, ohne echten Mehrwert für die Handlung oder die Figurenentwicklung.

Auch die Nebenfiguren bleiben oft blass. Neue Namen tauchen plötzlich auf und verschwinden wieder, ohne dass man sie wirklich greifen kann. Gerade bei einem so komplexen Umfeld wie dem von Anita Berber hätte ich mir mehr Kontinuität und Tiefgang gewünscht. Das Verhältnis zu ihrer Mutter oder die Liebesgeschichten werden angerissen, aber nie wirklich entfaltet – und das ist schade, denn genau hier hätte man dem Menschen Anita näherkommen können.

Was mich jedoch durch das Buch getragen hat, war Schroeders Sprache. Sie ist stellenweise bildhaft, manchmal poetisch, immer flüssig zu lesen. Und die Rückblenden vom Sterbebett aus geben der Geschichte immerhin eine melancholische Grundstimmung, die der Tragik dieser Figur gerecht wird.

Insgesamt würde ich sagen: Ein Roman, der viel zeigt, aber wenig fühlen lässt. Wer Anita Berber als Symbol ihrer Zeit kennenlernen möchte, wird fündig. Wer ihr als Mensch begegnen will, bleibt wohl wie ich etwas außen vor. Kein schlechtes Buch – aber auch keines, das mich wirklich berührt hat.

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Veröffentlicht am 12.04.2025

Skurril, smart, manchmal sprunghaft – aber definitiv lesenswert

Das Ministerium der Zeit
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Ich bin zwiegespalten, wenn ich über Das Ministerium der Zeit von Kaliane Bradley schreibe – nicht, weil das Buch schlecht wäre, im Gegenteil: Ich mochte es wirklich sehr. Es ist schräg, verspielt, traurig, ...

Ich bin zwiegespalten, wenn ich über Das Ministerium der Zeit von Kaliane Bradley schreibe – nicht, weil das Buch schlecht wäre, im Gegenteil: Ich mochte es wirklich sehr. Es ist schräg, verspielt, traurig, charmant und klug.

Das Ministerium der Zeit ist kein Sci-Fi-Blockbuster mit Action im Minutentakt. Wer sowas sucht, wird vielleicht enttäuscht sein. Es ist vielmehr eine ruhige, dialogreiche Geschichte mit einem herrlich absurden Setting.

Ich mochte vor allem den Ton der Erzählung. Es ist introspektiv, stellenweise poetisch (manchmal ein bisschen zu metapher-verliebt, ja), und nie langweilig. Auch wenn auf Handlungsebene lange nicht viel passiert, tragen die Gespräche die Geschichte mühelos. Das Spannende liegt nicht im Plot, sondern in den Themen, die beiläufig aber tiefgründig verhandelt werden: postkoloniale Identität, Sprache, Trauma, Anpassung, Zugehörigkeit.

Und ja natürlich, es gibt Romantik. Kein Hollywoodkitsch, sondern eine leise, seltsame, aber irgendwie glaubwürdige Beziehung, die sich da aufbaut. Besonders das Zusammenspiel zwischen Gore und der Ich-Erzählerin fand ich gelungen: viel Humor, viel Reibung, viel Subtext. Die Nebenfiguren bringen zusätzliche Farbe und Leben ins Geschehen.

Was das Buch für mich nicht zu einem uneingeschränkten Highlight macht, ist genau das, was andere auch kritisieren: Manchmal will es zu viel. Die Mischung aus Sci-Fi, Romanze, Spionage, Gesellschaftskritik und persönlichem Drama ist ambitioniert und nicht immer in Balance. Einige Themen werden nur angerissen, andere verlieren sich in der dichten Metaphernsprache. Ich hätte mir an ein paar Stellen mehr Fokus gewünscht.

Und doch: Dieses Buch hat mich berührt, zum Lachen gebracht, nachdenklich gemacht – und bleibt mir im Kopf. Auch wenn es nicht perfekt ist, finde ich es mutig, originell und alles andere als beliebig. Für ein Debüt: beachtlich. Für den Mainstream: vielleicht zu eigenwillig. Aber für Leser*innen, die gerne abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs sind, eine echte Empfehlung.

Also: Nicht von der Diskussion um den Titel abschrecken lassen. Einfach lesen. Und selbst ein Bild machen.

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Veröffentlicht am 04.04.2025

Blütenpracht mit düsterem Beigeschmack – konnte mich nicht ganz überzeugen

The Florist
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„The Florist“ von C.L. Pattison hat mich mit seiner atmosphärischen Prämisse sofort neugierig gemacht. Eine eher zurückhaltende Floristin, die sich in einem neuen, elitären Umfeld zurechtfinden muss und ...

„The Florist“ von C.L. Pattison hat mich mit seiner atmosphärischen Prämisse sofort neugierig gemacht. Eine eher zurückhaltende Floristin, die sich in einem neuen, elitären Umfeld zurechtfinden muss und dabei in ein Netz aus Misstrauen, Manipulation und Gewalt gerät – das klang nach einer spannenden Lektüre. Und ja, an vielen Stellen war es das auch. Trotzdem blieb am Ende bei mir ein leicht schales Gefühl zurück.

Amy, die Hauptfigur, ist definitiv kein klassischer Sympathieträger. Und genau das ist Fluch und Segen zugleich: Einerseits fand ich ihre Perspektive interessant, weil sie so vieles verbirgt – vor den anderen und vor uns als Leser*innen. Andererseits fiel es mir dadurch schwer, emotional mitzugehen. Es hat etwas gefehlt, das mich wirklich mitgezogen hätte. Stattdessen war ich oft irritiert und zeitweise sehr genervt von ihren Entscheidungen oder ihrem Verhalten.

Die Geschichte spielt mit Zeitsprüngen und eingestreuten Verhörprotokollen – das ist ein Stilmittel, das ich sehr mag und das der Erzählung eine gewisse Dynamik verleiht. Auch die Kulisse des Londoner Blumenladens, das florale Detailwissen und die geheimnisvolle Stimmung haben mir gut gefallen. Doch der Spannungsaufbau selbst wirkte auf mich nicht durchgängig konsequent. Gerade im Mittelteil hätte ich mir mehr Zug oder auch klarere Konflikte gewünscht – statt unterschwelliger Spannung blieb manchmal einfach nur ein schleichendes „Okay, und jetzt?“-Gefühl zurück.

Der Schluss kommt dann mit Nachdruck, überrascht auch, aber fühlt sich fast ein wenig gehetzt an – als wolle man in den letzten Kapiteln alles reinpacken, was zuvor noch offen war. Mir fehlte da der letzte Feinschliff, das „Aha!“-Erlebnis, das mich staunend zurücklässt.

Alles in allem: Ein solider Psychothriller mit einem ungewöhnlichen Setting und einer etwas sperrigen Protagonistin. Kein totaler Reinfall, aber eben auch kein echter Pageturner. Wer subtile Spannung mag und auch mit weniger greifbaren Figuren leben kann, wird hier sicher auf seine Kosten kommen. Ich persönlich habe mir ein bisschen mehr Tiefe und emotionale Bindung erhofft.

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