Ganz anders als erwartet!
Hard Liquor – Der Geschmack der NachtAls ich das erste Mal auf Maries Instagram von der Idee zu der neuen Buchreihe gehört habe, war ich bereits total begeistert. Dieses Konzept von Lebensmitteln, die übernatürliche Fähigkeiten auslösen, ...
Als ich das erste Mal auf Maries Instagram von der Idee zu der neuen Buchreihe gehört habe, war ich bereits total begeistert. Dieses Konzept von Lebensmitteln, die übernatürliche Fähigkeiten auslösen, habe ich bislang nie gesehen oder gelesen, deswegen war klar, dass ich das Buch lesen muss. Und auch, dass sie Geschichte queer wird, ohne dass es darum geht, hat mir sofort gefallen.
Aber von Anfang an: Tycho ist eine junge Studentin, die nachts in einer Bar arbeitet. Wie viele von uns es wohl leider kennen, wird sie auf den Weg nach Hause oft dumm angemacht oder sogar Opfer sexualisierter Gewalt. Dann wird sie zu Captain Vodka - einer Selbstjustiz ausübenden Rächerin mit übernatürlicher Stärke, die durch den Konsum von Alkohol ausgelöst wird. Klingt erst mal cool, bringt aber auch Schwierigkeiten mit sich. Zum einen ist Tychos Psyche nicht sonderlich stabil, da sie als Kind ihre Eltern verloren hat und später ihre Großmutter, bei der sie gelebt hat. Dazu kommt die Verlockung des Alkohols, der ihr, wie uns auch, die Sinne benebelt und sie unglaublich stark werden lässt. Zum anderen kann sie sich nicht einmal ihrem besten – und einzigen – Freund Logan vollkommen öffnen, da sie niemandem von ihren Kräften erzählen kann. Tycho ist also Alkoholikerin, einsam und psychisch recht labil. Sie ist definitiv nicht die typische Protagonistin… und das liebe ich so sehr an ihr! Natürlich ist die Geschichte Urban Fantasy und Tychos Fähigkeiten lassen sie zum Ziel einiger… „Interessensgemeinschaften“ werden. Es gibt Action, Kämpfe, Spannung und Plottwists. Aber das Buch ist noch so viel mehr! Es geht auch um mental health, Sucht, Depressionen, Vertrauen und viele düstere Gedanken. Tycho ist eine sensible, selbstzerstörerische Protagonistin, wie ich sie noch nie erlebt habe. Sie ist so roh und echt und verletzlich und liebenswürdig. Das hat mich an dem Buch echt umgehauen. Ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen, das Buch ist einfach unglaublich gut und Maries Schreibstil hat sein Übriges getan, dass ich nur so durch die Seiten geflogen bin.
Ich habe lediglich zwei Kritikpunkte. Zum einen hat der Klappentext viel zu viel verraten. Das war echt furchtbar. Teilweise sind die vorweggenommenen Handlungsstränge erst im letzten Drittel des Buchs aufgekommen, was einem eine vollkommen falsche Erwartungshaltung dem Buch gegenüber gegeben hat.
Zum anderen hatte das Buch vielleicht 50 bis 100 Seiten zu wenig. Manche Beweggründe von Personen oder Hintergrundinformationen haben einfach gefehlt. Hier wäre es schön gewesen, wenn Marie noch mehr Platz gehabt hätte, um vollständiges worldbuilding betreiben zu können. Besonders Fantasy Bücher dürfen bei mir ruhig dicker sein, damit keine plotholes entstehen und character development möglich ist.
Insgesamt hat mich das Buch aber absolut begeistert. Es ist die perfekte Mischung aus spannender Fantasy und einem tiefgehenden Einblick in die Psyche/Seele der Protagonistin, ohne dass es repetitiv wird. Fantasy ist manchmal so sehr mit worldbuilding und dem Plot beschäftigt, dass die Charaktere zu oberflächlich bleiben. Das ist hier definitiv nicht passiert. Tychos Geschichte hat mich tief berührt und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.