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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.10.2018

Funkenflug-Spin-Off; ein Hoch auf starke Frauen und Gleichberechtigung; Abstriche bei der Spannung

Goldfields
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Izabelle Jardin verknüpft Familiengeschichten in zwei Zeitebenen. Den Rahmen gibt ein in England verorteter fiktiver Erzählstrang der Jahre 2011 bis 2013 in der Ich-Perspektive. In diesen eingebettet ist ...

Izabelle Jardin verknüpft Familiengeschichten in zwei Zeitebenen. Den Rahmen gibt ein in England verorteter fiktiver Erzählstrang der Jahre 2011 bis 2013 in der Ich-Perspektive. In diesen eingebettet ist die Erzählung, die 5 Jahre lang in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England und Australien inklusive Seeüberfahrt spielt. „Goldfields“ lässt sich eigenständig lesen, bildet dabei Anknüpfungspunkte an (und mittelschwere Spoiler zu) „Funkenflug“. Denn Beatrice, die man als Henrys Schwester und Verfechterin der Gleichberechtigung in einer kurzen prägnanten Nebenrolle kennenlernte, ist diesmal die Hauptfigur. Meinem Wunsch, die Entwicklung dieser absolut reizvollen Figur weiterzuverfolgen, wird damit entsprochen. Obendrein wird die Familiengeschichte rund um Faye, tolle Hauptfigur im zeitgenössischen Erzählstrang von „Funkenflug“, ein kleines bisschen weitererzählt. Für mich viele gute Gründe für meinen zweiten Roman von Izabelle Jardin.
Zu Robin im zeitgenössischen Erzählstrang konnte ich keine so starke Sympathie aufbauen wie zu Faye. Eventuell lässt es sie kühl wirken, dass ihr enormer Erfolg vorweggenommen wird und man sie nur für wenige Seiten in einer Leidensphase begleitet. Bei Faye liebte ich einfach das Mitfiebern, den Charme und Witz. Wenn sie in der dritten Person agiert, kommt das nicht so gut zum Tragen.
Davon abgesehen war ich etwa bis zwei Drittel des Buches enorm angetan. Für diesen Abschnitt vier Sterne mit Tendenz zu fünf Sternen. Das Londoner Treiben bildete eine Gefühlsachterbahn und Wissenszuwachs. Ich konnte die Sinneswahrnehmungen auf dem Schiff, die Exotik und die Goldgräberstimmung Australiens wie auch die Bedrohung sehr gut wahrnehmen. Australiens Weg hat mich sehr neugierig gestimmt.
Und ich empfand Beatrice als tolle Persönlichkeit mit Vorbildcharakter (Kämpferin für arme Kinder, für die Ausgebeuteten und Schwachen und für die Selbstbestimmtheit der Frauen) und zum Mitfiebern. Botschaft angekommen. Sicherlich lässt sich anführen, dass das Gutmenschentum etwas stark ausgeprägt ist und das Hinzufügen von Charakterschwächen mehr Realismus verliehen hätte. Fällt aber nicht nennenswert negativ ins Gewicht, da es veranschaulichend wirkt.
Lobenswert: Nicht bloß Liebesroman, sondern ein wilder Genremix.
Kontraproduktiv: Das Gelingen oder Misslingen vieler Maßnahmen lässt sich oft erahnen, manchmal wird das Ergebnis sogar durch Hinweise aus dem zeitgenössischen Erzählstrang vorangestellt, selten wird man überrascht, was sich negativ auf Spannung und Dramatik auswirkt. Kein rundum geglücktes Verbinden der Zeitstränge, finde ich.
Während sich die Autorin ansonsten ausreichend Zeit nimmt, war ich diesmal stellenweise enttäuscht, dass Schlüsselsituationen überhastet abgehakt werden, beispielsweise im Jahr 1855.
Die Wiederkehr von Faye hat’s für mich nicht rausgerissen. Es hat sich in ihrem Leben wenig geändert und sie ist mir diesmal nichts so sehr ans Herz gegangen.
Es bleibt das Gefühl, dass Izabelle Jardin ihren Idealtypus vom Miteinander von Mann, Frau und Kindern in Beruf und Privatleben zu aufdringlich vermitteln möchte, was Belange der Belletristik beeinträchtigt.
Meine Gesamtbeurteilung: Vier Sterne mit Tendenz zu drei Sternen.
Lesenswert für einen großen Adressatenkreis, u. a. für Fans von „Die ferne Hoffnung (Die Hansen-Saga)“.

Veröffentlicht am 21.10.2018

Bedrückend, gruselig, mit Raum zur Charakterentwicklung

Das schwarze Schiff
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Erzählstil: Simpel, wie bei „Transport“. Die Geschichte wird in der Vergangenheitsform und chronologisch aus der Perspektive von Captain Jeff Austin geschildert. Keine Kapitel-Überschriften, Nebenschauplätze ...

Erzählstil: Simpel, wie bei „Transport“. Die Geschichte wird in der Vergangenheitsform und chronologisch aus der Perspektive von Captain Jeff Austin geschildert. Keine Kapitel-Überschriften, Nebenschauplätze oder emotionsgeladene Rückblenden, was ich persönlich schade finde.
Weltenbau, Umfeld, Stimmung, Handlung: Spielt 400 Jahre in der Zukunft, was gut rüberkommt. Auf das unmittelbare Umfeld der Hauptfigur konzentriert. Angesichts dessen, dass es ein in sich geschlossenes Werk ist, völlig ausreichend. Technisches zeugt von Expertise (aus Sicht eines Laien betrachtet). Das außerirdische Schiff wird intensiv beschrieben, sodass Bilder im Kopf kreiert werden. Zunächst actionreich, dann (und hier zeigt sich der Unterschied zur filmischen Umsetzung) still, angespannt, düster, beklemmend, Psycho-Thriller-Charakter. Kurz bevor für mich Längen und Langeweile auftraten: Horror, Grusel, Blut, Apokalypse. Man sollte nicht zartbesaitet sein.
Für meinen Geschmack eine gute Mixtur, zumal sich der ruhige Abschnitt der Charakterentwicklung widmet, was für mich - kein Freund der Military-Sci-Fi - ein sehr wichtiger Aspekt ist.
Es treten Wendungen und Überraschungen auf, mit dem Ende bin ich zufrieden.
Figuren: Hauptfigur Jeff wirkt auf mich sympathischer als Russell aus „Transport“. Er nimmt in einem aus neun Männern und einer Frau bestehenden Raumschiff-Team den zweithöchsten Rang ein. Er ist keine ernstzunehmende Führungskraft und hatte eigentlich nicht vorgehabt, Kriegshandlungen auszuüben, möchte eigentlich Historiker werden. Von Tiefgründigkeit zu sprechen, wäre des Guten ein bisschen zu viel, denn er verharrt in seiner Lethargie gefühlt zu lange und erfüllt manches Klischee. Doch über weite Strecken wirkte seine Persönlichkeit, Gedanken- und Gefühlswelt und die Entwicklung, die er durchmacht, stimmig und spannend. Ich konnte mich mit ihm identifizieren. Mitfühlfaktor vorhanden.
Nebenfiguren sind stringent gezeichnet. Kein einprägsames Highlight, nicht so dass man mitfiebert/trauert, aber gut genug, um in ihren Funktionen und ihrem Handeln glaubhaft zu wirken und zum Spekulieren über Motive und Hintergründe anzuregen. Den Anführer fand ich besonders reizvoll. P. P. Peterson versäumt es nicht, sich zwischenmenschlichen Beziehungen zu widmen.
Fazit: Hätte in Erzählstil, Weltenbau und Charakterzeichnung noch ausgefeilter sein können, was Jammern auf hohem Niveau ist. Ein abgeschlossenes Werk für wenig Geld (eBook 2,99 €). Ich fühlte mich emotional involviert, habe die bedrohliche Atmosphäre gespürt, gerätselt und mich über die gesamte Länge gut unterhalten gefühlt. Dafür vier Sterne mit Tendenz nach oben. Ich freue mich auf weitere Werke des Autors.

Veröffentlicht am 18.10.2018

Darauf eine Schnapspraline ...

Die Känguru-Apokryphen (Die Känguru-Werke 4)
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Ein vierter Teil, für den es keine Vorkenntnisse braucht. Schon die Einleitung der Brüller. Herrliche neue Kurzgeschichten um den Kleinkünstler Marc-Uwe und seinen WG-Kumpan, das vorlaute kommunistische ...

Ein vierter Teil, für den es keine Vorkenntnisse braucht. Schon die Einleitung der Brüller. Herrliche neue Kurzgeschichten um den Kleinkünstler Marc-Uwe und seinen WG-Kumpan, das vorlaute kommunistische Beuteltier. Nicht alle megainnovativ (z. B. „Die Frage“, „Doofe Kommentare“), doch über die meisten habe ich mich königlich amüsiert.
Tiefsinnig und anspruchsvoll trifft auf sinnfrei. Philosophisches prallt auf zutiefst Banales. Skurril, schräg, frech, gesellschaftskritisch, politisch unkorrekt und vor allem megalustig. Bildhafte Wortschöpfungen, die sich im Hirn festsetzen: Technik-Tourette, Ja-ja-Arschlecken-Taste, etc.
„Stroganoffs 9. Sinfonie“ dürfte in der Hörbuch-Version echt cool rüberkommen.
Genau das Richtige, um einen anstrengenden Arbeitstag mit herzhaftem Lachen abzuschließen. Aus diesem Grund habe ich mir auch Zeit gelassen, das Buch durchzulesen. Jeden Abend vor dem Schlafengehen nur wenige Schnapspralinen, äh, Kapitel, um länger etwas davon zu haben. Tja, offensichtlich habe ich das Känguru noch nicht genug verinnerlicht. Wer spielt mit mir Open-Schnick?

Veröffentlicht am 06.10.2018

Verantwortungsbewusste Frauen im Wandel der Zeit

Funkenflug
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Cover mit Titel (hübsch und auf vielfältige Weise passend gewählt), viele aussagekräftige positive Rezensionen und die Leseprobe haben mich auf den Geschmack gebracht.
Der Roman besteht aus zwei Geschichten ...

Cover mit Titel (hübsch und auf vielfältige Weise passend gewählt), viele aussagekräftige positive Rezensionen und die Leseprobe haben mich auf den Geschmack gebracht.
Der Roman besteht aus zwei Geschichten um zwei verantwortungsbewusste Frauen:
Wir begleiten Faye im Jahr 2010/11, erfrischenderweise nicht das jungfräuliche dumme Supermodel (wie in so vielen Liebesromanen, die ich bewusst meide), sondern Mutter zweier Kinder, verwitwet, hart arbeitend als Schäferin und freie Journalistin für eine Provinzzeitung, die in Constantin ihr zweites Liebesglück gefunden hat und sich für ein gemeinsames selbstbestimmtes Leben stark macht.
Außerdem begleiten wir über die Dauer von zwei Jahrzehnten die junge Clara, adelig, zunächst fröhlich, unbedarft und naiv, Constantins Urgroßmutter, die im Jahr 1851 ihre Jugendliebe heiraten möchte.
In beiden Fällen treten Widerstände und Konflikte auf. Mehr möchte ich bewusst nicht verraten.
Was ich weitergeben möchte: Man lernt beide Frauen in ihrem Gefühls- und Stimmungskarussel kennen. Dabei bedient sich Izabelle Jardin manchmal bildmalerischer Sprache. Zitat: „Stumm und verzweifelt. Kalt und verwundet fühlte sich ihr Körper an. Verstört ihre Seele.“ Das habe ich als intensiv und ziemlich authentisch empfunden. Auch schmerzhaft, weil eben nicht Romantik, Tanzgesellschaften, etc. im Mittelpunkt stehen, sondern Tücken des Alltags und was diese aus einem Menschen machen. Mal traurig, mal hoffnungsfroh und aufbauend. Schnell habe ich für beide Sympathien entwickelt und die Entwicklungen mit Spannung verfolgt. Dabei wurde ich auch des Öfteren überrascht. Besonders in Faye konnte ich mich gut hineinversetzen, da heutzutage viele Frauen ihrer oder einer ähnlichen Lage ausgesetzt sind. Auflockernd und aufbauend wirken die intelligenten und schlagfertigen Töne, insbesondere von Faye.
Nebenfiguren, z. B. Beatrice, die eine politische Note einbringt, sich für die Interessen des arbeitenden Volkes und die Gleichberechtigung der Frau stark macht, sind auch einprägsam und interessant gestaltet.
Die zwei Geschichten sind stilistisch und inhaltlich gelungen miteinander verknüpft. Da es immer mal wieder Zeitsprünge gibt, gilt es allerdings, konzentriert zu lesen.
Indem Lebensart, Gepflogenheiten und Geschlechterrollen bei Adel und Landvolk im Deutschland und England des 19. Jahrhunderts wiedergegeben werden, kommt Atmosphäre auf und ein kleiner Lerneffekt entsteht.
Das Ende hallt nach. Auch wenn’s nicht mein bevorzugtes Genre darstellt: Fayes Schicksal lässt Potenzial für eine Fortsetzung, die ich gern lesen würde. Der für Ende Oktober 2018 angekündigte Roman „Goldfields“ scheint die Geschichte einer tollen Nebenfigur aus „Funkenflug“ weiterzuerzählen. Da werde ich auf jeden Fall reinlesen.

Veröffentlicht am 06.10.2018

Zweites Weltraumabenteuer liebgewonnener Charaktere

Titan
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Auch wenn angegeben ist, dass es als Einzelband lesbar sei, möchte ich ausdrücklich empfehlen, die ganze Eismond-Reihe in der vorgesehenen Reihenfolge zu lesen. Okay, die Mission rund um den Saturnmond ...

Auch wenn angegeben ist, dass es als Einzelband lesbar sei, möchte ich ausdrücklich empfehlen, die ganze Eismond-Reihe in der vorgesehenen Reihenfolge zu lesen. Okay, die Mission rund um den Saturnmond als solche hat einen Anfang und ein Ende. Doch überwiegend führt „Titan“ Handlungsstränge aus dem Auftaktband „Enceladus“ inklusive zwischenmenschlicher Beziehungen weiter, ohne diese abzuschließen. So gibt es beispielsweise in Bezug auf das außerirdische Enceladus-Wesen wenig Neues zu erfahren. Es dürften viele Fragezeichen auftreten, falls man die vorangegangenen Ereignisse nicht mitverfolgt hat.
In Bezug auf Dramaturgie und Charakterzeichnung empfand ich den Auftaktband als stärker. Glücklicherweise hatte ich bereits eine emotionale Bindung zu den im Mittelpunkt stehenden Bordmitgliedern hergestellt, sodass trotzdem Lesegenuss aufgekommen ist und sich eine Bewertung von knappen vier Sternen ergibt.
Dass trotz strenger psychologischer Auslese beim Astronautenprogramm manchmal die Gefühle mit den Figuren durchgehen, sehe ich persönlich als Vorteil, denn so kann ich mich besser hineinfühlen.
Zumindest erwähnen möchte ich, dass einige Probleme aus dem Auftaktband ad absurdum geführt werden, z. B. der Energiemangel, was ich aber gern akzeptiere, da ich als Leserin letztendlich davon profitiere, liebgewonnene Romanfiguren auf weiteren Expeditionen begleiten zu können.
Ansonsten wiederholen sich meine bisherigen Eindrücke von Sci-Fi-Romanen von Brandon Q. Morris: Vergleichsweise nüchtern erzählt, mit ausführlichen Beschreibungen zur Beschaffenheit der Umgebung, zu Umweltbedingungen und zur Mission inklusive vorbereitender Arbeiten, mit gelegentlichen Problemstellungen, die es allein oder im Team zu bewältigen gilt. Obwohl wenig Action präsentiert wird (Intrigen, Kämpfe und Weltraumschlachten schon mal gar nicht), tritt bei mir keine Langeweile auf.
Ich nutze Morris‘ Bücher gern als Kontrastprogramm zu anderen Sci-Fi-Werken. Und erfreue mich daran, im Rahmen kurzweiliger Unterhaltung meine Laien-Kenntnisse rund um Astrophysik und Raumfahrt (möglichst nachhaltig) aufzubauen.
E-Book-Sparfüchsen rate ich, es mir gleichzutun und direkt den Eismond-Sammelband (4 Romane für 9,99 €) zu kaufen.