Funkenflug-Spin-Off; ein Hoch auf starke Frauen und Gleichberechtigung; Abstriche bei der Spannung
GoldfieldsIzabelle Jardin verknüpft Familiengeschichten in zwei Zeitebenen. Den Rahmen gibt ein in England verorteter fiktiver Erzählstrang der Jahre 2011 bis 2013 in der Ich-Perspektive. In diesen eingebettet ist ...
Izabelle Jardin verknüpft Familiengeschichten in zwei Zeitebenen. Den Rahmen gibt ein in England verorteter fiktiver Erzählstrang der Jahre 2011 bis 2013 in der Ich-Perspektive. In diesen eingebettet ist die Erzählung, die 5 Jahre lang in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England und Australien inklusive Seeüberfahrt spielt. „Goldfields“ lässt sich eigenständig lesen, bildet dabei Anknüpfungspunkte an (und mittelschwere Spoiler zu) „Funkenflug“. Denn Beatrice, die man als Henrys Schwester und Verfechterin der Gleichberechtigung in einer kurzen prägnanten Nebenrolle kennenlernte, ist diesmal die Hauptfigur. Meinem Wunsch, die Entwicklung dieser absolut reizvollen Figur weiterzuverfolgen, wird damit entsprochen. Obendrein wird die Familiengeschichte rund um Faye, tolle Hauptfigur im zeitgenössischen Erzählstrang von „Funkenflug“, ein kleines bisschen weitererzählt. Für mich viele gute Gründe für meinen zweiten Roman von Izabelle Jardin.
Zu Robin im zeitgenössischen Erzählstrang konnte ich keine so starke Sympathie aufbauen wie zu Faye. Eventuell lässt es sie kühl wirken, dass ihr enormer Erfolg vorweggenommen wird und man sie nur für wenige Seiten in einer Leidensphase begleitet. Bei Faye liebte ich einfach das Mitfiebern, den Charme und Witz. Wenn sie in der dritten Person agiert, kommt das nicht so gut zum Tragen.
Davon abgesehen war ich etwa bis zwei Drittel des Buches enorm angetan. Für diesen Abschnitt vier Sterne mit Tendenz zu fünf Sternen. Das Londoner Treiben bildete eine Gefühlsachterbahn und Wissenszuwachs. Ich konnte die Sinneswahrnehmungen auf dem Schiff, die Exotik und die Goldgräberstimmung Australiens wie auch die Bedrohung sehr gut wahrnehmen. Australiens Weg hat mich sehr neugierig gestimmt.
Und ich empfand Beatrice als tolle Persönlichkeit mit Vorbildcharakter (Kämpferin für arme Kinder, für die Ausgebeuteten und Schwachen und für die Selbstbestimmtheit der Frauen) und zum Mitfiebern. Botschaft angekommen. Sicherlich lässt sich anführen, dass das Gutmenschentum etwas stark ausgeprägt ist und das Hinzufügen von Charakterschwächen mehr Realismus verliehen hätte. Fällt aber nicht nennenswert negativ ins Gewicht, da es veranschaulichend wirkt.
Lobenswert: Nicht bloß Liebesroman, sondern ein wilder Genremix.
Kontraproduktiv: Das Gelingen oder Misslingen vieler Maßnahmen lässt sich oft erahnen, manchmal wird das Ergebnis sogar durch Hinweise aus dem zeitgenössischen Erzählstrang vorangestellt, selten wird man überrascht, was sich negativ auf Spannung und Dramatik auswirkt. Kein rundum geglücktes Verbinden der Zeitstränge, finde ich.
Während sich die Autorin ansonsten ausreichend Zeit nimmt, war ich diesmal stellenweise enttäuscht, dass Schlüsselsituationen überhastet abgehakt werden, beispielsweise im Jahr 1855.
Die Wiederkehr von Faye hat’s für mich nicht rausgerissen. Es hat sich in ihrem Leben wenig geändert und sie ist mir diesmal nichts so sehr ans Herz gegangen.
Es bleibt das Gefühl, dass Izabelle Jardin ihren Idealtypus vom Miteinander von Mann, Frau und Kindern in Beruf und Privatleben zu aufdringlich vermitteln möchte, was Belange der Belletristik beeinträchtigt.
Meine Gesamtbeurteilung: Vier Sterne mit Tendenz zu drei Sternen.
Lesenswert für einen großen Adressatenkreis, u. a. für Fans von „Die ferne Hoffnung (Die Hansen-Saga)“.