Was mir besonders gefallen hat:
Insbesondere der Rahmen, der dem Buch gegeben wurde:
Es verfügt über ein Personenverzeichnis, bei dem zwischen fiktiven und historischen Personen unterschieden wird. In einem Nachwort macht der Autor transparent, inwieweit er sich Freiheit für Ausschmückungen genommen hat.
Toll ist auch die Zeittafel rund um den Magdeburger Dom und mit diesem zusammenhängende historische Ereignisse. Zusätzlich trägt ein detailliertes Glossar, in dem altertümliche Begrifflichkeiten erläutert werden, dankenswerterweise dazu bei, den Wissensschatz ein bisschen zu erweitern.
Es ist spürbar, dass Ruben Laurin Ortskenntnis besitzt und etwas Persönliches mit dem Magdeburger Dom, der Stadt und dem Umland verbindet.
Der Dombau wird stimmig und nicht überfrachtend in sehr vielen Szenen berücksichtigt, zeugt von guter Recherche zu Geschichtlichem und damaligen Handwerkstechniken, gewährt Impressionen zum Leben der am Bau Beteiligten.
Es gibt kurze Exkurse in die Römerzeit Ende des 3. Jahrhunderts, die ich als informativ und emotional intensiv empfand und die dem Werk mehr Tiefe verleihen.
Der Epilog greift den weiteren Werdegang der wichtigsten Figuren und des Doms auf, ein schöner Abschluss.
Es sind tiefsinnige Passagen enthalten, in denen die Begabung des Autors in Sachen roter Faden und Bildgewalt aufblitzt, z. B. auf Seite 114 bis 116.
Womit ich dazu komme, was mir nicht gefallen hat:
Die Sprache und der Schwerpunkt der Handlung, eine schöne junge Frau zwischen drei gänzlich unterschiedlichen Männern, erreichen über weite Strecken leider nur Groschenroman-Niveau.
Es gibt viele ausschweifende Beschreibungen.
Die Auflösung der Rätsel gestaltet sich ziemlich vorhersehbar.
Das Buch ist gespickt von Sentimentalitäten und überzogenen, ins Lächerliche abgleitenden Vergleichen. Beispiel: Den tanzenden Körpern folgen auf Seite 125 und 126 zahlreiche noch schlimmer geartete Metaphern, die weder atmosphärisch sind noch etwas zur Handlung beitragen.
In der Figurenzeichnung dominiert ein Schwarz-Weiß-Schema. Zwar unterhaltsam, aber wenig authentisch. Die Meinung bildet man sich auf den ersten Seiten, leider ohne nennenswerte Überraschungen im weiteren Verlauf. Bei Hauptfigur Moritz wird ständig auf die Tränendrüse gedrückt. Helena wirkt zu Beginn noch intelligent und stark, wie sie sich entwickelt, führt zu so manchem genervten Augenverdrehen. Die Figuren bleiben entweder so langweilig oder so eindimensional, dass sie mich nicht mitreißen konnten und mich ihr Schicksal nicht interessiert. Ausnahmen bilden natürlich wirkende Nebenfiguren, z. B. Schmied Benno und seine Frau Monica.
Die eigentliche Handlung ist gar nicht mal so schlecht, doch ich musste oft entnervt abbrechen. Dabei lese ich durchaus auch Liebesgeschichten und kann Gefühlsbekundungen sonst viel abgewinnen. Hier beneide ich die Leser, die sich hineinfühlen und mitfiebern konnten. Aufgrund des Schreibstils bleiben Zweifel, wie ernst man die Einblicke in die damalige Lebenswirklichkeit - eigentlich Hauptantrieb für mich, historische Romane zu lesen - nehmen kann. Schade, denn die Grundidee gefiel mir, und gefühlt schöpft der Autor sein Potenzial einfach nicht aus, zugunsten des Versuchs, mit leichter Kost eine neue Zielgruppe zu erschließen, zu der ich - als Fan anspruchsvoller historischer Romane (z. B. von Ken Follett) - offensichtlich nicht gehöre.