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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2021

Intensiver Thriller um abgründige Familiengeheimnisse in bedrückender Atmosphäre

Das Tagebuch der Jenna Blue
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Dieser Thriller ist besonders und wirkt gefühlsmäßig intensiv. Der Erzählstil ist bildhaft und atmosphärisch dicht. Einerseits märchenhaft, andererseits melancholisch und der Realität entrückt, spielt ...

Dieser Thriller ist besonders und wirkt gefühlsmäßig intensiv. Der Erzählstil ist bildhaft und atmosphärisch dicht. Einerseits märchenhaft, andererseits melancholisch und der Realität entrückt, spielt er aber tatsächlich in einer Gegenwart ohne Magie. Die Einordnung des Verlags als Jugendroman teile ich nicht. Erzählt wird in der Vergangenheitsform aus der Ich-Perspektive der 17-jährigen Jenna. In kursiver Schrift sind Tagebucheinträge eingebettet. Die erste Hälfte ist dermaßen düster, schwermütig und wirkt so belastend, dass ich mich fragte, ob eine Trigger-Warnung angebracht wäre. Ich brauchte als erwachsene gestandene Persönlichkeit Unterbrechungen mit leichterer, aufheiternder Lektüre, damit es nicht emotional runterzieht oder ich schlecht schlafe. Bei Jugendlichen, die haufenweise mit Ansätzen von Depressionen, Minderwertigkeitsgefühlen, Zukunftsängsten, unerwidertem Eifer um Zuneigung und Zugehörigkeit usw. zu kämpfen haben, könnten sich ebensolche hier behandelte und mit starken Gefühlen unterlegte Themen noch stärker negativ auswirken.
Anstrengend ist, dass der Kern der Handlung anfangs schwer zu greifen ist. Man steht vor vielen Rätseln: Warum sind die Schwestern so unterschiedlich? Was ist in ihrer Familiengeschichte schiefgegangen? Welche Ziele verfolgen die Figuren?
Mittig gibt es Bekanntschaften, die sowohl die Stimmung als auch die inhaltliche Richtung angenehm erhellen. Ab da war ich voll dabei. Nachdem ich mich anfangs mit Schwierigkeiten darauf eingelassen hatte, war ich fasziniert und spürte die Spannung, sodass ich immer weiterlesen wollte und nach Antworten gierte.
Vieles ist anders als es anfangs schien. Ich liebe die Grauschattierungen in der Charakterzeichnung. Die Spannung steigert sich mit mehreren spektakulären Erkenntnissen und Wendungen bis zu einem fulminanten, schockierenden Ende, das die aufgeworfenen Fragen grandios beantwortet.
Einige besonders düstere, bedrohliche und mit emotionaler Wucht erzählte Szenen schufen bei mir Assoziationen zum Film „The Gift – Die dunkle Gabe“ mit Keanu Reeves, Cate Blanchett und Katie Holmes. Fans der Liebes-Thriller von Mila Olsen, die ebenfalls Grenzerfahrungen junger Frauen und Themen wie Verlust und Vergangenheitsbewältigung in den Mittelpunkt stellen, könnten diesen Roman mögen.
Herzlichen Dank für die im Anhang enthaltenen sympathisch wiedergegebenen Erklärungen von Julia Adrian. Eine mir bis dato unbekannte Autorin, die ich gern weiterverfolge. Großes Lob für das Cover an Alexander Kopainski. Es fängt die Stimmung und den Inhalt perfekt ein und begeisterte mich für diesen Roman, der genremäßig nicht in mein Beuteschema gehört.
4,5 Sterne und Leseempfehlung - für Erwachsene, die große Gefühle und etwas Besonderes suchen.

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Veröffentlicht am 04.10.2021

Prinzessin-Wettbewerb mit Biss und Herz

Selection
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Dieser Auftakt zu einer fünfteiligen Romanreihe dreht sich um ein Casting um die Liebe des Thronfolgers und das Amt der Prinzessin, um den Zwiespalt einer jungen Frau zwischen der ersten Liebe und romantischer ...

Dieser Auftakt zu einer fünfteiligen Romanreihe dreht sich um ein Casting um die Liebe des Thronfolgers und das Amt der Prinzessin, um den Zwiespalt einer jungen Frau zwischen der ersten Liebe und romantischer Gefühle gegenüber dem Prinzen und um Selbstfindung und Erwachsenwerden/Coming-of-Age. Es erzeugt Assoziationen zu Der Bachelor, Germany’s Next Topmodel, Wild Cards (George R. R. Martin u. a.), Tribute von Panem (Suzanne Collins) und Aschenkindel (Halo Summer). Verortet in einem Nachfolgestaat der USA nach dem 4. Weltkrieg, ohne Magie und ähnlich der Welt Anfang/Mitte des 20. Jahrhunderts, mit der Besonderheit eines Kastensystems, das die Berufe und Lebensverhältnisse aller Menschen im Königreich bestimmt.
Alles wird in der Vergangenheitsform aus der Ich-Perspektive der in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsenen America Singer erzählt. Sie lässt an ihrem Gefühlschaos teilhaben, wirkt stark und aufrichtig. Dank ihrer sympathischen Art konnte ich mich gut hineindenken und -fühlen. Ich mag den charmanten und humorigen Schlagabtausch mit Prinz Maxon und das Prickeln im Umgang mit Aspen. Erotik ist leider nicht enthalten. Dafür ist der Roman für Mädchen ab etwa 12 geeignet.
Die Vernunft sagt: Es ist nicht mein bevorzugtes Genre. Vieles bildet Klischees ab oder hält einer tieferen Prüfung nicht stand: Der Prinz ist zu perfekt, die Rebellen zu harmlos, das Personal zu planlos, das Kastensystem nicht ausgefeilt genug konzipiert. Figuren wie Celeste wirken schablonenhaft. Vieles wirkt mittelalterlich, anstatt Relikte aus der heutigen Zeit (z. B. Internet) zum Tragen kommen zu lassen. Das Liebesdreieck mit viel Hin und Her offenbart zudem Längen.
Das Herz sagt: Es gefällt mir. Die Lektüre versprüht märchenhaften Charme, ist leicht lesbar und inhaltlich wohltuend, insbesondere nach einem harten Tag oder zur Aufmunterung. Schwächen in Realismus und Logik lassen sich ausblenden. Zudem bieten Folgebände das Potenzial, Schwachpunkte zu relativieren. Bei einigen Nebenfiguren ist bereits erkennbar, dass die Autorin viel Vertiefung und Entwicklung bereithält. Lässt man sich darauf ein, kommen Spannung und Gefühle auf. Es erfreuen Wendungen und Überraschungen.
Fazit: Ich verfolge die Reihe gerne weiter. (Das eBook zu Band 1 habe ich ausgeliehen über Amazon Prime Reading. Folgebände leihe ich bei der örtlichen Stadtbibliothek.)

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Witzige und politisch eingefärbte Military SF / Space Opera

Stargazer
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Dies ist eine militärisch geprägte Space Opera um ein anatomisch und kulturell höchst unterschiedliches Vierergespann, unterwegs mit klapprigem Raumschiffchen in der Hoffnung auf Profit und Ruhm. Das Team ...

Dies ist eine militärisch geprägte Space Opera um ein anatomisch und kulturell höchst unterschiedliches Vierergespann, unterwegs mit klapprigem Raumschiffchen in der Hoffnung auf Profit und Ruhm. Das Team besteht aus Frank Gazer (Mensch, Kommandant), Troshk (Waffenoffizier), Betshrachthora (Metallschmeckerin, Chefingenieurin) und Dilara (Astrotelepathin).
Erläuterungen zum Aussehen und Funktionsweise diverser Spezies sowie Technik überlagern die recht dünne Handlung und bremsen das Tempo. Der Ausgang ist dann auch erwartungsgemäß. Die Space Opera entfaltet kaum Tiefgang, Herz und Thrill. Beziehungen berühren nicht und bleiben oberflächlich (z. B. neckt man sich, weil man sich mehr mag als man zugeben möchte). Es ist aber doch kurzweilig und interessant genug und mit einigen Überraschungen, um über die gesamte Länge bei der Stange zu halten. Es fällt allerdings schwer, den Verlauf ernst zu nehmen und mitzubangen. „Mutation“ von Ivan Ertlov hat besser die Balance gewahrt. „Der lange Weg zu einem kleinen zornigen Planeten“ von Becky Chambers mit ähnlicher Grundidee ist um Klassen stärker.
Sprachlich war es nicht so ganz meins. Es gibt viele verschachtelte Satzkonstruktionen, die ein flüssiges Lesen und Verstehen erschweren. Vergangenheits- und Gegenwartsform wechseln ohne erkennbaren Grund.
Der Roman bedeutet fette Beute für diejenigen Leser, die Witz und politische Seitenhiebe mögen. Man läuft oder fliegt durch die fiktive Zukunft, begegnet der Kirche des Profits, der Dreifaltigkeit Bezos, Gates und Buffet, den Söhnen Obamas, den Zeugen Merkels, Verheißungen von Erdogan usw.. Ich habe mich weggeschmissen vor Lachen! Skurril und reizvoll sind auch die Einfälle zur rechtlichen Schlechterstellung der bösen Spezies Mensch.
Weil ich viel zu kritisieren habe, aber den Kauf und die investierte Lesezeit nicht bereue, insbesondere spaßmäßig auf meine Kosten kam, vergebe ich drei Sterne.
Band 1 von 4 ist fairerweise in sich abgeschlossen. Ich halte mich im Folgenden lieber an die anderen SF-Reihen von Ivan Ertlov.
PS: Wo bekomme ich jetzt dieses ultraharte Chucknorrisium her?

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Spannendes SF-Katastrophenszenario mit ruhigen Tönen und Wissensvermittlung

Universum
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Dies ist ein leicht lesbarer Science-Fiction-Thriller um eine folgenreiche Katastrophe auf einer Weltraumreise im 22. Jahrhundert. Es ist kein Actionfeuerwerk. Effekthascherei hat der Roman nicht nötig. ...

Dies ist ein leicht lesbarer Science-Fiction-Thriller um eine folgenreiche Katastrophe auf einer Weltraumreise im 22. Jahrhundert. Es ist kein Actionfeuerwerk. Effekthascherei hat der Roman nicht nötig. Psychischer Druck nimmt eine zentrale Rolle ein. Die Stimmung ist angespannt und düster, dank eingestreuter Aufheiterungen ohne beim Lesen emotional runterzuziehen. Es ist keine Hard SF, weil Überlichtanflug, Wurmlöcher usw. eine große Rolle spielen. Verzeihlich, weil das Mehr an Dramatik dem Leser zugutekommt. Daneben scheint der Autor erfreulicherweise durchaus Wert auf fundierte technische und wissenschaftliche Erklärungen, Analysen und einhergehende Lerneffekte zu legen. Darüber freue ich mich als Laie immer besonders. Wenn man sich dafür nicht interessiert, ist es unschädlich, solche Zeilen zu überfliegen.
Bei diesem Erzählstil und in Teilen auch inhaltlich fühlte ich mich an P. P. Petersons erfolgreiches Erstlingswerk „Transport 1“ erinnert. Das Phänomen Zeitdilatation (Minuten vor Ort = Jahre woanders) schafft Assoziationen zu „Interstellar“. In Bildgewalt, Komplexität und Wendungsreichtum reicht „Universum“ zwar nicht an dieses filmische Meisterwerk heran, macht aber vieles besser als in „Transport“.
Alles spielt sich auf und um ein Raumschiff mit einer kleinen Crew und wenigen Passagieren ab. Das verleiht Übersicht und einen klaren Rahmen. Der Roman wird aus zwei kapitelweise wechselnden Perspektiven erzählt. Die Hauptfiguren Christine, Kommandantin auf ihrem letzten Flug, und Mike, Exsoldat mit schwerer Vergangenheit, der mit seiner Familie einen neuen Planeten besiedeln möchte, sind unperfekt, mit Ecken und Kanten. So richtig sympathisieren und mitfühlen konnte ich nicht. Aber sie wirken so interessant, gut greifbar, wie aus dem realen Leben, dass mich ihr Schicksal interessierte und über die gesamte Länge Spannung erzeugte. Mikes Gedanken zu seiner Familie wirken authentisch und gingen mir nahe. Innere Kämpfe werden gut aufgegriffen, in einer Kürze, die dem geneigten Publikum (wie mir) Anstoß zum Sinnieren bietet, ohne die Spannungskurve abflachen zu lassen. Kurze Kapitel animieren dazu, immer noch ein bisschen weiterzulesen. Auch die Nebenfiguren entwickeln sich spürbar und auf stimmige Weise. Vieles animiert zum Rätseln. Ich durfte mich an einigen Überraschungen erfreuen.
Der Roman ist eigenständig und hat ein zufriedenstellendes Ende mit Wow-Effekt.
Um 5 Sterne zu erreichen, hätte es für mich noch innovativer und aufwühlender oder mit Besonderheiten in der Charakterisierung sein müssen. Gute 4 Sterne für das unterhaltsame, durchweg spannende Szenario mit Lerneffekt.

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Veröffentlicht am 20.09.2021

Wenn Gebete, Fleiß und Hingabe nicht mehr reichen – einfühlsam, realistisch, mit Denkanstößen

Die vier Winde
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In diesem historischen Roman werden einfühlsam und hautnah die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der Dürre in den Great Plains in den 1930ern in den USA aus der Sicht von zwei starken Frauen (Erwachsene ...

In diesem historischen Roman werden einfühlsam und hautnah die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und der Dürre in den Great Plains in den 1930ern in den USA aus der Sicht von zwei starken Frauen (Erwachsene und Jugendliche) geschildert. Die Autorin ist Kristin Hannah, bekannt u. a. durch „Die Nachtigall“ und „Immer für dich da“.
Die Handlung ist actionarm und kommt fast ohne Effekthascherei aus. Sie hat mich emotional erreicht, ist traurig und erschütternd, aber nicht überbordend gefüllt mit Dramen. So unaufgeregt, ehrlich, bodenständig, realistisch, dass es sich damals hundertfach ähnlich abgespielt haben könnte. Momente der Hoffnung, Liebe, Freundschaft und des Zusammenhalts wirken inmitten eigentlich trostloser Zustände stimmungsaufhellend. Die Liebesgeschichte überfrachtet nicht den Kern der Handlung.
Elsa lernt man als Frau mit geknicktem Selbstwertgefühl und bescheidenen Zukunftsträumen kennen. Schnell habe ich sie ins Herz geschlossen und mitgefiebert. Sie ist ein guter Mensch, vielleicht etwas zu bieder; die rebellische Ader der zweiten Protagonistin bildet dazu einen erfrischenden Kontrast, sodass es Abwechslung gibt und sich die Wahrnehmungen und Gefühle gut ergänzen.
Ein Kritikpunkt ist, dass die Handlung vergleichsweise übersichtlich ausgefallen ist. Der Klappentext nimmt viel vorweg. Alles ist sehr detailliert, für Ungeduldige eventuell zu langatmig. Die Geschichte um die Deweys habe ich emotional mitverfolgt, gern hätte ich diese oder andere Nebenfiguren tiefergehend betrachtet und Grauschattierungen in der Gesellschaft mehr herausgearbeitet gesehen. Kernkonflikte werden am Ende gefühlt zu schnell abgehandelt.
Zur ländlich geprägten Umgebung erhielt ich dank bildhafter Beschreibungen lebhafte Eindrücke.
Ich habe einen Kenntniszuwachs zu mir bis dato wenig bekannten Begebenheiten mitgenommen. Zudem fühle ich mich demütig und sensibilisiert für ähnliche Probleme und Diskussionen in Gegenwart und Zukunft (schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen, Ausbeutung, Arbeitnehmerrechte, Lieferkettengesetz, Klimaflüchtlinge, …).
Da es aus Frauen-Sicht verfasst ist und ein paar sentimentale Anwandlungen rund um Mutterliebe usw. enthält, sehe ich dort die primäre Zielgruppe. Die leichte Lesbarkeit macht es für Jugendliche geeignet.
Gefühle, Spannung, Kopfkino, Logik, Informationsgehalt, Denkanstöße – alles da – klare Leseempfehlung.

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