„Solange wir lügen“ – E. Lockhart (14,99€, erschienen am 26.08.15 im Verlag Ravensburger)
Cadence Sinclair Eastman wächst in einer wohlhabenden Familie als älteste Enkelin auf. Jeden Sommer trifft sich die ganze Familie rund um ihren Großvater Harris Sinclair auf einer Privatinsel vor der Küste von Massachusetts. Nach einem Unfall verliert Cadence die Erinnerungen an den „Sommer 15“(also der Sommer, in dem Cadence das fünfzehnte Mal auf der Insel war). Als sie im Sommer 17 schließlich auf die Insel zurückkehrt, ist sie vor allem auf Spurensuche. Doch die Familie verbirgt den Unfall hinter einer Fassade, die langsam anfängt zu bröckeln.
Als das Buch ankam, war ich sofort von dem einzigartigen Cover fasziniert. Ein leicht durchsichtiger Umschlag, auf dem Titel, Autor und ein Mädchen und ein Junge abgebildet sind, von denen ich annehme, dass sie Cadence und Gat darstellen sollen. Durch den Umschlag schimmert ein großes Haus auf Klippen durch, mit einem sehr wolkigen, scheinbar stürmischen Himmel. Definitiv kein 08-15-Cover, sondern eins, das zum Lesen einläd!
Die Inhaltsangabe war auf kurze Stickworte und einen Textausschnitt beschränkt. Leider hat der Textausschnitt vermittelt, dass es auch um eine Liebesgeschichte geht, die stand allerdings nicht so ganz im Vordergrund.
Das Buch wird aus der Sicht von Cadence erzählt. Die Kapitel sind sehr kurz und die Autorin hat einen fast poetischen Schreibstil, bei dem ich mich erst einmal etwas einlesen musste. Immer mal wieder sind die Kapitel durch Märchen unterbrochen, die sich im weiteren Verlauf des Buches immer mehr auf Cadence und ihre Familie anwenden lassen. Die Autorin nimmt sich viel Zeit dem Leser die Situation der Familie Sinclair vor dem Sommer 15 zu beschreiben. Dann ändert sich die Situation, weil ihre Großmutter Tipper verstirbt und die Tanten um das Erbe zu streiten beginnen. Da blickt der Leser endlich mal hinter die Fassade der Familie, die am Anfang sehr perfekt erschien.
Auf der Insel hat Cadence immer viel mit einer ihrer Cousinen, Mirren, ihrem Cousin Johnny und dessen Freund Gat unternommen. Zusammen nennen sie sich die „Lügner“. Ich hätte mir da gerne eine Auflösung gewünscht, warum genau sie sich so nennen oder genannt werden.
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass das Buch erst so ab der Hälfte so richtig in Fahrt kommt. Vorher war ich sehr verwirrt, von den einzelnen Erinnerungen, die so langsam zurückkamen, und von der ganzen Situation in der Großfamilie. Das Buch endet sehr überraschend und fast schlagartig. Eigentlich müsste man danach das Buch noch einmal lesen, um die ganzen Hinweise, die die Autorin am Anfang gegeben hat, richtig zu verstehen.
Am Anfang des Buches findet sich ein Stammbaum der Familie Sinclair, den ich am Anfang wirklich oft gebraucht habe, weil ziemlich schnell die einzelnen Familienmitglieder auftauchen. Spätestens am Kapitel 20 ist man aber dann voll drin in der Geschichte, dass man ihn dann nicht mehr braucht, also keine Angst, es ist nur am Anfang verwirrend.
Eine Karte von der Insel und einem kleinen Stück Festland wären sicher schön gewesen, weil die einzelnen Anwesen auf der Insel Namen haben und ich stellenweise doch sehr verwirrt war.
„Solange wir lügen“ ist ein Buch, das noch nachwirkt. Das Ende kam so rasch, dass ich da erst einmal eine Nacht drüber schlafen musste, bis ich mir eine Meinung vom ganzen Buch machen konnte. Leider ist der Schreibstil der Autorin trotz Ich-Perspektive und wegen der kurzen Kapitel etwas distanziert, doch gegen Ende sind die Emotionen doch auf mich über geschwappt und ein paar Tränen sind doch geflossen.
Zusammenfassend gesagt:
Ein Buch, das noch nachwirkt und leider erst gegen Ende richtig in Fahrt kommt. Dann allerdings geht es Schlag auf Schlag. Poetischer Schreibstil mit kurzen Kapitel und Märchen, die zur Interpretation einladen. Ich bin geteilter Meinung, weil ich im ersten Moment noch etwas geschockt und die erste Hälfte etwas schleppend war, aber das Ende emotional und definitiv zum Nachdenken anregt.