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Veröffentlicht am 24.11.2023

»Indem Sie etwas annehmen, nehmen Sie sich und mich auf den Arm.«

Mord zur Teatime - Der goldene Samovar
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Die grundlegende Idee einer zeitreisenden Bibliothekarin auf Mission im Russland des 19. Jahrhunderts, die eigentlich zwei junge Liebende verkuppeln will, dann aber unfreiwillig in mehrere Mordfälle reingezogen ...

Die grundlegende Idee einer zeitreisenden Bibliothekarin auf Mission im Russland des 19. Jahrhunderts, die eigentlich zwei junge Liebende verkuppeln will, dann aber unfreiwillig in mehrere Mordfälle reingezogen wird, hat mir gefallen.

Aufgrund des Klappentextes, erwartet man, dass eine intelligente Bibliothekarin zufällig auf die Morde stößt und dann Ermittlungen anstellt um den Mörder zu fassen, bestenfalls mit etwas Abenteuer und Verfolgungsjagd - ein Krimi à la Miss Marple eben. Leider wird damit ein völlig falsches Bild vom Buch gezeichnet.

Zwar handelt es sich bei Shona um eine ältere, wirklich belesene Bibliothekarin, die im Laufe des Buches durch viele Fakten über die damalige Zeit ihre Intelligenz beweist, allerdings scheint sie im Bezug auf die Ermittlung alles andere als intelligent oder zumindest grundliegend naiv. Ihr Vorhaben, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen und einfach etwas ohne ausreichenden Hintergrund anzunehmen, denn »Indem Sie etwas annehmen, nehmen Sie sich und mich auf den Arm.«, setzt sie im Laufe des Buches nicht ein einziges Mal um. Am Anfang hält man Shona noch für etwas naiv, lächelt über ihre (teils wirklich fantasievollen) Annahmen und Fehlschlüsse und wartet auf den Durchbruch, bei dem ihr plötzlich klar wird, dass sie die ganze Zeit auf dem Holzweg war und die Lösung doch eigentlich sonnenklar ist. Leider bleibt diese Erleuchtung bis zum Schluss aus, sodass Shona Naivität, die gegen Ende an Blindheit grenzen muss, dem Leser auf die Nerven gehen.

Es ist schön auch mal einen Krimi zu haben, bei dem der Leser dem Ermittler ein paar Schritte voraus ist und mit einem Lächeln denkt »Na, das ist doch wirklich offensichtlich«, bis dann dem Ermittler die Erkenntnis über die wahren Umstände kommt, oder eine für alle unvorhergesehene Wendung eintritt. Für meinen Geschmack wurde das hier allerdings zu sehr auf die Spitze getrieben, wonach dann trotzdem nichts mehr passiert ist.

Veröffentlicht am 28.05.2023

Rechtsstreit statt Thriller

Obsession
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Voyeur, Tiere, Flammenbrut und Obsession sind anders als die übrigen Simon Beckett-Bücher. Sie fallen unter die Psychothriller, wobei sie keine klassischen Thriller sind. Die Geschichten beginnen nicht ...

Voyeur, Tiere, Flammenbrut und Obsession sind anders als die übrigen Simon Beckett-Bücher. Sie fallen unter die Psychothriller, wobei sie keine klassischen Thriller sind. Die Geschichten beginnen nicht mit einer Leiche und einer darauf folgenden Ermittlung. Außerdem bekommt man viele überzeugende Einblicke in das kranke Gehirn der Protagonisten.

Nach dem Tod seiner Frau Sarah bleibt Ben nur noch sein autistischer Stiefsohn Jacob. Als Ben die Sachen seiner Frau aussortiert entdeckt er eine Schachtel mit Zeitungsausschnitten über ein entführtes Baby von vor 6 Jahren zusammen mit Jacobs Geburtsurkunde. Nach der Bestätigung seines Verdachts, dass Jacob nicht Sarahs leibliches Kind ist, macht sich Ben auf die Suche nach Jacobs leiblichen Eltern. Ben fechtet die Entscheidung des Jugendamts Jacob seinem leiblichen Vater zu übergeben nicht an. Diese Entscheidung wird er bald bereuen … nicht nur, weil ihm sein Junge fehlt, sondern wegen der Persönlichkeiten Jacobs neuer Eltern. Als Fotograf beginnt Ben Nachforschungen um belastendes Material zu sammeln und seinen Sohn zurückzubekommen.

In dem Buch geht es mehr um den Rechtsstreit um Jacob und die Beobachtungen der neuen Familie als um einen Kriminalfall. Bis zum Schluss, an dem endlich mal Action ins Geschehen kommt, handelt es sich hier um einen Roman.

Johannes Steck ist dabei der perfekte Leser für das kranke Gehirn. Man hört seine Freude beim lesen. Die Illusion muss wohl durch viel Zeit und Mühe zur Perfektion getrieben worden sein.