Nachdem ihre bisherigen historischen Romane immer in England angesiedelt waren, wendet Rebecca Gable sich hier erstmals der deutschen Geschichte zu.
Sie entführt die Leser ins 10. Jahrhundert, in die Regierungszeiten Heinrichs I und seines Sohnes Otto, die sich gerade daran darum bemühen, die östlich der Elbe ansässigen Slawen zu unterwerfen und zum Christentum zu bekehren.
929: Die Brandenburg, Herrschersitz des Volkes der Heveller, wird von einem sächsischen Heer überfallen. Nach einem furchtbaren Blutbad werden Prinz Tugomir und seine Schwerster Dragomira an den sächsischen Hof verschleppt. Während Dragomira sich bald mit ihrer Rolle als Ottos Geliebte anfreundet, fällt es Tugomir sehr schwer, sich mit seinem Dasein als Geisel abzufinden, zu groß ist sein Hass auf alle Sachsen. Doch mit der Zeit findet er eine neue Bestimmung als Heiler und es entsteht sogar eine Freundschaft mit Otto und dessen Halbbruder Thankmar – und die beiden ungleichen Brüder hätten tatsächlich oft einen Freund nötig, müssen sie sich doch nicht nur mit äußeren Feinden auseinander setzen, sondern sind auch in interne Machtkämpfe verwickelt.
Dass Frau Gable hervorragende historische Romane schreiben kann, hat sie schon zur Genüge bewiesen und auch hier schafft sie es wieder, vergangene Zeiten lebendig werden zu lassen. Sie wirft einen realistischen Blick auf die damaligen Ereignisse und scheut auch vor der Darstellung der allgegenwärtigen Gewalt nicht zurück. Dabei kann man auch Einiges über Lebensgewohnheiten, Gebräuche und - dank Tugomirs Tätigkeit – Heilmethoden erfahren.
Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Otto, Thankmar, deren Bruder Henning, Tugomir und Dragomira erzählt. Da es sich somit bei sämtlichen Hauptfiguren um reale historische Persönlichkeiten handelt, gelingt es sehr gut, die damaligen politischen Verhältnisse aufzuzeigen, einen Blick hinter die Kulissen der Macht zu werfen und die damit einhergehenden Schwierigkeiten nachvollziehbar zu machen. Andererseits ergibt sich daraus aber der Nachteil, dass die Autorin trotz alle künstlerischen Freiheit bei der Ausgestaltung ihrer Charaktere sowie den wesentlichen Elementen der Handlung einigen Einschränkungen unterworfen war. Vielleicht lag es auch daran, dass ich bisweilen gewisse Schwierigkeiten hatte, mit den Protagonisten wirklich warm zu werden. Außerdem gibt es hier keinen richtigen Helden, alle Personen haben ihre Stärken und Schwächen, und nicht jede ihrer Handlungen war für mich immer nachvollziehbar – aber das muss bei „echten“ Menschen eben so sein.
Eine gute Idee war es jedenfalls, dass hier sowohl aus sächsischer als auch aus slawischer Perspektive erzählt wird, sodass die Unterschiede zwischen den Völkern, vor allem was die Religion betrifft, sehr gut herausgearbeitet werden können.
Fazit: Ein fesselnder historischer Roman, der einen spannenden und leider viel zu selten beleuchteten Abschnitt der deutschen Geschichte behandelt. Ein gewisses Interesse an politischen Zusammenhängen sowie die Bereitschaft, sich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Namen auseinander zu setzen, sollte allerdings schon vorhanden sein – denn wie die Autorin im Nachwort vermerkt „haben die verantwortlichen Parteien des Mittelalters bei der Vergabe von Eigenamen für Personen und Orte leider wenig Rücksicht auf die Nachwelt genommen“