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Veröffentlicht am 10.07.2022

Mehr Fantasy als historischer Roman

Die Bruderschaft der Runen
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Mai 1822: Ein junger Student, der gerade dabei ist, für den Schriftsteller Walter Scott zu recherchieren, kommt in einer Bibliothek unter mysteriösen Umständen ums Leben. Scott ist fest entschlossen, die ...

Mai 1822: Ein junger Student, der gerade dabei ist, für den Schriftsteller Walter Scott zu recherchieren, kommt in einer Bibliothek unter mysteriösen Umständen ums Leben. Scott ist fest entschlossen, die Hintergründe aufzuklären, und begibt sich gemeinsam mit seinem Neffen Quentin auf Spurensuche. Dass er von verschiedenen Seiten davor gewarnt wird, weitere Nachforschungen anzustellen, erhöht nur seinen Eifer und schließlich erkennt er, dass die Ursachen für Gewalttaten in der Gegenwart weit in die Vergangenheit zurückreichen, in die Zeit, als William Wallace, genannt „Braveheart“, und Robert the Bruce gegen die Engländer kämpften.
Währenddessen ist die junge Engländerin Mary auf dem Weg in die Highlands, um einen Mann zu heiraten, dem sie noch nie zuvor begegnet ist. Sie ist von düsteren Vorahnungen geplagt und hat zunehmend seltsame Träume.

Der schottische Freiheitskampf ist zweifellos ein interessantes Thema und bei Sir Walter Scott handelte es sich um eine bedeutende historische Persönlichkeit. Dieser Roman kann jedoch beiden nicht gerecht werden.
Zwar wären der selbstbewusste und den Prinzipien der Wissenschaft verbundene Walter Scott und sein etwas tollpatschiger und ängstlicher Neffe ein interessantes Gespann.

Die Handlung strotzt aber nur so vor Ungereimtheiten, unlogischen oder unrealistischen Vorgängen. Außerdem gibt es übernatürliche Elemente, von denen Marys prophetische Träume noch das harmloseste sind, und manches ist schlicht absurd – wie etwa die „Ninja Mönche“.
Ich hatte häufig das Gefühl, keinen historischen, sondern einen Fantasy-Roman zu lesen.
Selbst das wäre nicht per se schlecht. Die Geschichte ist aber auch noch ziemlich vorhersehbar, es ist bald klar, wer die „Bösen“ sind.

Daher konnte dieses Buch meine Erwartungen nicht erfüllen.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Ein Weg zum Atomkrieg

Never - Die letzte Entscheidung
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Ken Follett zeichnet hier ein Szenario, wie es zu einem Weltkrieg kommen könnte, den (fast) niemand will. Dafür hat er zahlreiche Protagonisten entworfen, die grundsätzlich interessante Figuren wären. ...

Ken Follett zeichnet hier ein Szenario, wie es zu einem Weltkrieg kommen könnte, den (fast) niemand will. Dafür hat er zahlreiche Protagonisten entworfen, die grundsätzlich interessante Figuren wären. Darunter eine US-Präsidentin, die sich neben den Anforderungen durch ihr Amt auch privaten Herausforderungen stellen muss, ein chinesischer Vizeminister für internationale Information, dessen Frau der Star einer beliebten Fernsehserie ist, ein CIA-Agent libanesischer Herkunft, der viel riskiert, um einer afrikanischen Terrororganisation das Handwerk zu legen oder eine junge Frau aus dem Tschad, deren Traum von einem Leben in Europa ebenfalls große Gefahren birgt.

Ihre jeweiligen Lebensumstände werden anschaulich portraitiert, sie alle haben mit den einen oder anderen Problemen zu kämpfen, und es gibt ein paar Liebesgeschichten. Letztlich ist die Darstellung allerdings oft nur oberflächlich und teilweise klischeehaft. Außerdem ist vieles vorhersehbar, auch was die Charaktereigenschaften der verschiedenen Figuren betrifft. Wirklich mitfiebern konnte ich nur mit wenigen und auch das nicht immer.
Vor allem aber lenken die vielen kleinen Problemchen und Gefühlsausbrüche zu sehr vom eigentlichen Thema des Romans – der zunehmenden Eskalation gewaltsamer Auseinandersetzungen - ab. Letzteres sorgt dennoch für eine gewisse Spannung, wozu auch die Überschriften der einzelnen Abschnitte beitragen, durch die man mitverfolgen kann, wie sich die Alarmstufe des US-Militärs immer weiter erhöht. Außerdem entsteht öfters das Gefühl eines Blickes hinter die Kulissen, wobei deutlich wird, dass auch die Mächtigen gewissen Zwängen unterliegen und das Verhalten ihrer Verbündeten nicht immer kontrollieren können. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass der Autor bezüglich der Funktionsweise internationaler Politik etwas zu naiv ist.
Schade weiters, dass Europa so gut wie nicht vorkommt, wenngleich das zu dem Zeitpunkt, als das Buch geschrieben wurde (vor dem Ukrainekrieg) wohl als realistisch angesehen werden konnte. Andererseits sind manche Handlungsstränge eigentlich überflüssig.

Die Lektüre gestaltete sich daher ziemlich durchwachsen. Packendere Szenen wechseln sich mit zahlreichen langweiligen ab. Der Autor wollte wohl zu viele Themen und Problemstellungen in einem Buch unterbringen. Es wäre besser gewesen, den Fokus auf weniger Personen und Handlungsstränge zu legen und diese dafür gründlicher auszuarbeiten.

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Das Innviertel der 1950er und 1960er

Eine Luftmatratze muss her!
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Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben ...

Dieses Buch spürt den umwälzenden Veränderungen nach, die sich zwischen 1950 und 1970 im Innviertel (das diesbezüglich stellvertretend für jedes ländliche Gebiet in Österreich stehen kann) zugetragen haben – und zwar anhand von Ausschnitten aus der „Rieder Volkszeitung“, einer Wochenzeitung, welche in diesen Jahren im Innviertel die Monopolstellung innehatte.
„Denn nichts ist so aktuell und aufschlussreich wie eine vorvorgestrige Zeitung“
Wolfgang Marschall, der in jener Zeit in Waldzell aufwuchs, einem „herkömmlichen Dorf, wie alle herkömmlichen Dörfer damals“, hat eine Reihe von Textausschnitten ausgewählt: redaktionelle Beiträge, Kleinanzeigen, Leserbriefe und immer wieder Werbeanzeigen für Produkte aller Art. Gerade letztere demonstrieren sehr gut, wie die Moderne mit Waschmittel, Coca Cola und Packerlsuppe mehr und mehr Einzug hielt.

Insgesamt werden interessante Einblicke darin gegeben, was die Zeitung und ihre Leser bewegte. Da ging es um Themen wie Revolutionen in der Landwirtschaft, Segnungen der Atomkraft, Gefahren von Film und Fernsehen oder die Rolle der Frau. Manche Beiträge hätten auch 1850 geschrieben sein können, an anderen Stellen wollte die Zeitung hypermodern sein. Manches kann nostalgische Gefühle wecken, häufiger sind aber Aussagen, die aus heutiger Sicht eher erschreckend wirken. Sie lassen Zeiten wiederauferstehen, als die Vorschriften der Kirche den Alltag bestimmten, Schädlingsbekämpfungsmittel als harmlos galten und Datenschutz ein Fremdwort war.
Auch die Erklärungen und Kommentare des Autors sind informativ und verfügen über einigen Sprachwitz, der nur manchmal ein bisschen bemüht wirkt. Außerdem wäre es schön gewesen, wenn bei allen (oder jedenfalls bei mehr) Zitaten angeführt wäre, aus welchem Jahr sie stammen.

Fazit: Diese Lektüre ist sicher nicht nur für Innviertler empfehlenswert und regt nebenbei auch dazu an, darüber nachzudenken, wie heutige Medienberichte in 70 Jahren wohl wirken werden.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Die wichtigsten Konzepte der Biologie

Was ist Leben?
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Wie der Autoreninfo zu entnehmen ist, handelt es sich hierbei um das erste Buch des Nobelpreisträgers Paul Nurse. Was ich schade finde, hat er doch großes Talent dafür, die wesentlichen Ideen seines Fachgebiets ...

Wie der Autoreninfo zu entnehmen ist, handelt es sich hierbei um das erste Buch des Nobelpreisträgers Paul Nurse. Was ich schade finde, hat er doch großes Talent dafür, die wesentlichen Ideen seines Fachgebiets allgemein verständlich darzustellen.
Er beschreibt fünf zentrale Konzepte der Biologie – Zelle, Gen, Evolution, Leben als Chemie, Leben als Information – und erklärt, inwiefern sie jeweils zu unserem Verständnis dessen beigetragen haben, was das Leben ausmacht. Nach ein paar Ausführungen darüber, wie Wissen über Biologie dazu beitragen könnte, die Welt zu verändern, wagt er sich abschließend noch an eine Definition dessen, was Leben ausmacht.
Dabei gewährt er auch einige Blicke hinter die Kulissen der Forschungsarbeit und beschreibt vor allem seine persönlichen Beiträge (insbesondere die Entdeckung eines Gens, das den Zellteilungszyklus steuert) sowie damit verbundene Erlebnisse und Begegnungen mit Wissenschaftlerkollegen. Er stellt seine Erfolge dabei aber nicht übermäßig in den Vordergrund, sondern wirkt teilweise beinahe zu bescheiden.
Die Ausführungen sind eher knapp gehalten, jedoch nichtsdestoweniger fundiert. Nur an ein paar Stellen, insbesondere solchen, die mit ethischen Fragen (Beispiel Gentechnik) zu tun haben, hätte ich mir gewünscht, dass die Betrachtungen etwas mehr in die Tiefe gehen.
Insgesamt bietet dieses Werk einen gelungenen Überblick über den derzeitigen Stand der Biologie, mit vielen interessanten Informationen und Denkanstößen.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Breit ausgewalzte Geschichte des Christentums

Herrschaft
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Tom Holland möchte hier zeigen, wie sehr das Christentum dazu beitrug, dass „wir im Westen wurden, was wir sind, und so denken, wie wir denken“, und dass seine Einflüsse auch in unseren heutigen „säkularen“ ...

Tom Holland möchte hier zeigen, wie sehr das Christentum dazu beitrug, dass „wir im Westen wurden, was wir sind, und so denken, wie wir denken“, und dass seine Einflüsse auch in unseren heutigen „säkularen“ Gesellschaften allgegenwärtiger sind, als es wohl selbst gläubigen Menschen bewusst ist und als die meisten Atheisten jemals zugeben würden.
Er verfolgt den Lauf der Geschichte von der Antike bis ins 21. Jahrhundert und versucht zu erklären, wie eine Glaubensrichtung, deren Gründer von einer Großmacht als Verbrecher hingerichtet wurde, die ganze Welt erobern, schließlich sogar selbst als Rechtfertigung für imperiale Bestrebungen dienen, aber beispielsweise auch Argumente für die Abschaffung der Sklaverei liefern konnte.

Es gibt dabei durchaus erhellende Einsichten, zahlreiche Themen werden unter einem neuen Blickwinkel betrachtet. So etwa, dass sich in der „Me too“ Bewegung Anklänge an die puritanische Sexualmoral finden, oder, dass bereits unsere Vorstellung, es gäbe eine Trennung in einen religiösen und einen nicht-religiösen Bereich, vom Christentum beeinflusst ist. Sogar Kritik am Christentum leitet sich regelmäßig von einem Bezugssystem ab, das selbst durch und durch christlich geprägt ist.

Die Ausführungen sind jedoch zu weitschweifig. So interessant viele historische Entwicklungslinien auch sind, hätten sie doch knapper und auf das wesentliche konzentriert dargestellt werden können.
Außerdem geht der Autor in seiner Betonung der Rolle des Christentums häufig zu weit.
Beispielsweise führt er keinen echten Beweis für seine Behauptung an, dass zahlreiche Grundannahmen der westlichen Gesellschaft und Prinzipien wie etwa die Menschenrechte „nicht aus der klassischen Antike, noch weniger aus der menschlichen Natur, sondern ganz klar aus der christlichen Vergangenheit“ stammen. Dabei könnte es doch auch, dass sich der - wie hier mehrmals konstatiert wird – (angesichts seiner Entstehungsgeschichte) unerwartete Erfolg des Christentums gerade daraus erklärt, dass viele seiner Grundgedanken und Vorschriften gut zur menschlichen Natur passen.

Doch trotz einiger Schwächen lohnt sich die Lektüre, bietet sie doch spannende Einsichten und eine ungewöhnliche Perspektive darauf, was den „Westen“ ausmacht. Auch wenn ich nicht allem zustimmen kann, regt es daher jedenfalls zum Nachdenken an.