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Veröffentlicht am 20.12.2023

Erforderte eine bestimmte Art von Humor, aber es lohnt sich, trotz der Längen dran zu bleiben.

Die Bibel nach Biff
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Ein Roman, der vielfältig anspricht, vielleicht hin- und herreißt - berührend, profan, sexualisiert, amüsant, langatmig, erschütternd... Erforderte eine bestimmte Art von Humor, aber es lohnt sich, trotz ...

Ein Roman, der vielfältig anspricht, vielleicht hin- und herreißt - berührend, profan, sexualisiert, amüsant, langatmig, erschütternd... Erforderte eine bestimmte Art von Humor, aber es lohnt sich, trotz der Längen dran zu bleiben.

Zum Inhalt: 2000 Jahre nach seinem Tod wird Biff von einem Engel erweckt und in ein Hotel verfrachtet, um dort ein Evangelium ("Die Bibel nach Biff") zu schreiben. Also tut er das. Er erinnert sich daran, wie er Jesus zum ersten Mal gesehen hat und wie sie Freunde bis zu ihrem Tod blieben.

Meine Bewertung: Ich habe das Buch zweimal gelesen und fand es stellenweise langatmig und stellenweise großartig. Zum Lachen brachte es mich eigentlich nicht, denn den Humor habe ich sehr stark mit der Figur von Biff assoziiert. Bei mir blieb er hängen als einer mit einer großen Klappe, als ein Schandmaul und ein Spötter, der sich selbst gern reden hört, als ein Schlitzohr, das sich gern amüsiert, aber im Kern, wenn es um die wichtigen Dinge geht, moralisch gefestigt ist. Absolut rührend fand ich sein Bedürfnis, sich vom ersten Moment an um Jesus zu kümmern und ihn zu beschützen. Hinter all der von Biff zur Schau gestellten Oberflächlichkeit kam bei mir eine tiefe, reine Liebe an, die Biff für Jesus (Joshua) und Maria Magdalena (Maggie) empfindet. Daraus ergeben sich intensive Szenen wie die unter dem Kreuz. Genauso rührend fand ich die Figur des Joshua, der sich bereits als kleines Kind seiner Rolle bewußt war und sich darum bemüht, ihr gerecht zu werden und die Menschlichkeit zu ergründen. Das führt zu Szenen wie die, in der Joshua Biff beim Sex beobachten darf. Das mag anstößig wirken, genauso wie das, was Biff ständig daher redet. Wie gesagt, er hat ein Schandmaul und nicht umsonst bedeutet sein Spitzname Biff so etwas wie Kopfnuss. So kann ich es verstehen, wenn manche das Buch schrecklich finden und andere, die eine gewisse Art von Humor besitzen, sehr darüber lachen. Andererseits gehört Sex zur Menschlichkeit und es ist absehbar, dass einer wie Biff mit dem Thema sehr offen umgeht. Im Grunde genommen sehe ich das Buch jedoch als Glaubensbekundung, denn Biffs Liebe zu Joshua ist an vielen Stellen spürbar. Mir gefällt es immer sehr, wenn die Figuren eines Romans wie Biff verschiedene, überraschende Seiten haben. Selbst bei Jakan, der als Kind der Nachbarschaftsschläger war, wird irgendwann eine Seite offenbar, die seine Unsicherheit zeigt. Um auf die eingangs erwähnte Langatmigkeit zurückzukommen, die ergab sich möglicherweise daraus, dass ich die Suche nach den heiligen Königen (Magi) nicht wirklich verstanden hatte. In diesem Part gab es einiges, das sich unschön gezogen hat. Zusammengefasst muss man damit rechnen, dass es trotz und teils wegen der göttlichen Anwesenheit sehr profan wird, viel um Sex geht. Aber ich fand, dass es sich lohnt, trotz der etwaigen Längen an der Geschichte dran zu bleiben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.12.2023

Magisch, abenteuerlich und fantasievoll - Olivia erlebt die Geschichten, die ihr die Bäume erzählen - Eine Geschichte, die auf verschiedenen Ebenen vieles lehrt

Das Mädchen, das mit Bäumen sprach
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Oliva ist schockiert, als ihr Vater verkündet, dass er die große Eiche, die Olivia als ihre Freundin betrachtet, fällen lassen möchte. Er gewährt Olivia jedoch ein paar Stunden Zeit, um ihn von seinem ...

Oliva ist schockiert, als ihr Vater verkündet, dass er die große Eiche, die Olivia als ihre Freundin betrachtet, fällen lassen möchte. Er gewährt Olivia jedoch ein paar Stunden Zeit, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Auf der Suche nach etwas, das sie tun könnte, geht Olivia hinaus in den Park zu ihrer Eiche und erlebt sich in eine seltsame Welt versetzt, in der ihr nacheinander zuerst die Eiche, dann verschiedene andere Bäume eine Geschichte erzählen und Olivia dabei in unterschiedliche Zeiten und an verschiedene Orte mitnehmen.

Ich fand die Geschichte von Olivia bzw. die Zusammenstellung der Geschichten der Bäume überraschend magisch, fantasievoll und abenteuerlich. Zeitsprünge... verschiedene Orte und Wesen (wie eine Geschichtenerzählerin im herzoglichen Stadtpark, zwei Meerkinder und der Unterwasserwald oder die drei verwaisten Schwestern Erle, Birke und Linde im Tal der Wildapfelbäume) und Wendungen in den Geschichten, die zeigen, dass nicht alles kommen muss, wie man denkt. Es gibt für Kinder viel zu erfahren und zu lernen wie z. B. allein die verschiedenen Bäume, die vermutlich die wenigsten Kinder benennen könnten. Dadurch wird sicher einiges an Interesse für die Natur geweckt.

Ich hatte die Hörbuch-Version bekommen und fand, die Stimme der Sprecherin und des Sprechers klingen beide angenehm. Sie sind weich und klangvoll. Aber mit der Betonung wurde nach meiner Meinung übertrieben. Das war für mich oft etwas überdeutlich. Man hat sich Mühe gegeben, die diversen Rollen unterschiedlich klingen zu lassen. Aber die Variationsfähigkeit ist dabei rasch am Ende und so klingen manche Charaktere gleich. Das ist jedoch nicht bedeutsam, weil diese nicht nebeneinander auftreten und eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Daher war das Hörerlebnis trotzdem insgesamt gut. Die Musik dazwischen ist lebhaft-plätschernd und gefällt mir sehr gut. Ich hätte mir noch mehr davon gewünscht; sie hätte die Lesung untermalen können. Aber vielleicht wäre das für Kinder zu viel Ablenkung gewesen. Die Laufzeit der 3 CDs beträgt 3 Stunden und weil die Geschichte in mehrere in sich geschlossene Abschnitte unterteilt ist, kann man das Hörbuch auch sehr gut auf mehrere Tage verteilen. Die Verpackung fand ich sehr gut gestaltet. Umweltfreundlich aus Karton. Auf der Vorderseite das Bild von Olivia im Baum, das mir gleich so gut gefallen hat. Auch die CDs haben dieses Motiv und sind durch unterschiedliche Farben sehr leicht zu unterscheiden.

Veröffentlicht am 15.12.2023

Eine junge Frau setzt sich durch in einer Männerwelt - die Geschichte ist interessant, aber die Schreibe gefällt mir nicht.

Die Frauen vom Lindenhof - Ein Neuanfang für uns
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Anfang der 1950er Jahre möchte die junge Marianne den Familienbetrieb wiedereröffnen und sie lernt den Wanderarbeiter Alexandre kennen, der eigentlich Künstler ist, aber nach seinen Erlebnissen im Krieg ...

Anfang der 1950er Jahre möchte die junge Marianne den Familienbetrieb wiedereröffnen und sie lernt den Wanderarbeiter Alexandre kennen, der eigentlich Künstler ist, aber nach seinen Erlebnissen im Krieg nicht mehr so malen kann, wie er es möchte. Schauplatz ist vorwiegend der abseits gelegene Lindenhof in Hohenlohe in Süddeutschland.

Die Autorinnen haben es durchaus geschafft, mich in ihre Geschichte hineinzuziehen.

Als Erstes fand ich die Idee, dass Marianne entsprechend ihrer Möglichkeiten aus der Schreinerei des Vaters etwas Eigenes macht, interessant und habe gern dabei zugesehen, wie sich ihr Geschäft entwickelt.

Dann fand ich einige der Figuren (Alexandre, Ludwig, Henni) ansprechend, aber selbst diese blieben vergleichsweise blaß. Die Darstellung ist zwar sehr detailreich, verliert sich aber in Nebensächlichkeiten, so dass außergewöhnliche Ideen und Passagen, die dieser Roman sehr wohl enthält, fast darin untergehen. Mit der Schreibe bin ich nie wirklich warm geworden. Ich fand die Figuren eindimensional. Es ist für mich uninteressant, wenn es "die Guten", "den Bösen" oder "die Naive" gibt. Zum Ende hin fand ich die Darstellung überhastet. Da hätte es geholfen zu bemerken, dass der Roman eine umfangreiche Leseprobe für den folgenden Teil enhält. So stand ich unvermutet vor dem Schluß.

Veröffentlicht am 15.12.2023

Eine berührende, wunderschön erzählte Geschichte über Demenz, das Leben vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg und über Malerei

Elsbeth
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Elsbeth Pilz lebt in einer lieblosen Beziehung und ihre fortschreitende Demenz macht sie zur Last für ihren Lebensgefährten. Während sie verzweifelt versucht, ihm alles recht zu machen, ist Theo nie zufrieden ...

Elsbeth Pilz lebt in einer lieblosen Beziehung und ihre fortschreitende Demenz macht sie zur Last für ihren Lebensgefährten. Während sie verzweifelt versucht, ihm alles recht zu machen, ist Theo nie zufrieden mit ihren Bemühungen und nutzt Elsbeth aus. Selbst die Malerei, mit der Elsbeth ihren Lebensunterhalt bestritten hatte, will er ihr verbieten und Elsbeth malt nur noch heimlich. Erinnerungen an ihr Leben ohne Theo tauchen auf, an die Zeit ihres Aufwachsens im Sudetenland, als sie Malen lernte. An die Vertreibung, die entbehrungsreichen Nachkriegsjahre, an ihre erste Ehe und ihre Malerei.

Mir hat das Buch sehr, sehr gut gefallen. Neben Elsbeths Geschichte gefiel mir besonders die Erzählweise, die trotz der schwierigen Themen und Erlebnisse Ruhe ausstrahlt. Besonders zu Beginn wurden die Episoden aus Elsbeths Leben eher lose verbunden. So wurde man oft mit neuen Situationen überrascht und durch die kurze Darstellung konnte man viel aus Elsbeths langem Leben erfahren. Später wird die Darstellung ausführlicher, dort wo die Erlebnisse bedeutsamer werden. Auch da habe ich gern mitgelesen. Ich empfand kein Wort als zuviel und bewunderte die Fähigkeit der Autorin, sich mit wenigen Worten auszudrücken. Oft reicht ein Satz und die Stimmung der Situation, die Tragweite des Geschehens sind deutlich geworden.

Interessant fand ich auch die Aufteilung der Kapitel in einen Teil für die Gegenwart und einen für die Vergangenheit. Jedes Kapitel beginnt mit Elsbeths Gegenwart, die zunehmend verwirrend für sie wird. Irgendetwas leitet ihre Gedanken dann zu Erinnerungen und dann beginnt der zweite Kapitelteil, der von lange zurückliegenden Ereignissen aus Elsbeths Leben erzählt.

Mir hat auch gefallen, dass die Erzählweise wenig wertend ist. So bleibt es fast allein dem Leser überlassen, beispielsweise Elsbeths Lebensgefährten für seine Missetaten zu verdammen. Man ist als Leser frei, über die Fakten nachzudenken und zu eigenen Schlüssen zu kommen. Und es nimmt dem Text auch ein Stückweit das Gefühl; man fühlt sich nicht allzu bedrückt, wenn man mit jedem neuen Kapitel liest, was sich Theo an neuen Gemeinheiten für Elsbeth ausgedacht hat. Trotzdem gefiel mir zum Schluß das Happy End für Elsbeth; dass sie aus Theos düsterem Haus herauskommt, mit viel Licht lebt und malen kann, wie sie Lust hat.

Veröffentlicht am 15.12.2023

Abenteuer eines Wichtelkindes im Frühling in Lappland - Eine fantasievolle, lehrreiche Geschichte, die neugierig macht und sehr gut unterhält

Tuuli, das Wichtelmädchen 1. Tuuli und die geheimnisvolle Flaschenpost
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Es ist Frühling und das Wichtelkind Tuuli erwacht aus dem Winterschlaf. Zusammen mit den Eltern, der Oma-Ziege und den Hühnern wandert sie durch den Skullewald ins Glockenblumental zum Sommerhaus. Dort ...

Es ist Frühling und das Wichtelkind Tuuli erwacht aus dem Winterschlaf. Zusammen mit den Eltern, der Oma-Ziege und den Hühnern wandert sie durch den Skullewald ins Glockenblumental zum Sommerhaus. Dort findet sie am Fluß eine Flaschenpost, die einen Hilferuf enthält.

Das Buch, das für Kinder ab 6 Jahren zum Vorlesen gedacht ist, hat mir ausgesprochen gut gefallen.

Es fallen zunächst die Illustrationen von Julia Christians auf. Nach einer Karte der Landschaft, in der die verschiedenen Etappen der Geschichte spielen, ist im Folgenden jede zweite Doppelseite dekoriert. Die Farben scheinen die samische Flagge aufzugreifen und sind vorwiegend in Blau, Rot, Grün und Gelb gehalten. Die Wichtel tragen eine samische Tracht. Das entspricht dem, was die Autorin Stefanie Taschinski vorgibt. Denn sie bezieht sich vielfach auf die nordische Mythologie und Lebenswelt. Beispielsweise ist Tuuli ein Vorname, den man in Finnland und Estland findet, und die Moltebeere ist ein Wahrzeichen Lapplands. Die Illustrationen wirken lebhaft ohne aufzuregen und greifen sehr gut die Gefühle der dargestellten Situation auf. In vielen Zeichnungen schaut Tuuli so herrlich neugierig und spitzbübisch.

In die Geschichte und Sprache ist sehr viel Fantasie hineingeflossen. Man fragt sich oft, was Realität, was eine Anspielung oder eine Erfindung ist. Es gibt viele Anregungen und Ideen, um zu fragen und nachzuschlagen (tut man es nicht, versteht man die Geschichte trotzdem). Die Autorin bringt uns unsere eigene Welt näher, indem sie durch Wortkreationen wie Tannenspitzenschnee unseren Blick auf besondere Details unserer Realität lenkt. Oder sie verwendet reale, eher unbekannte Worte in einem anderen Sinn und macht beispielsweise die Raubfliege namens Grauwicht zu einem Fabelwesen.

Durch solche Details wird die Geschichte sehr lebhaft und abwechslungsreich. Auch die Erzählweise trägt dazu bei, da Tuuli sich oft erinnert oder die Oma-Ziege Gedanken daran hat, was alles passieren könnte. Diese ordnen sich aber in die Geschichte ein und sich dieser unter. Man kommt sehr flüssig in der Geschichte voran, auch wenn man den Gedanken hat, dass dies oder jenes auch ein spannendes Buch ergeben würde.

Interessant wird die Geschichte auch durch Wendungen, die man nicht kommen sieht. Die Autorin hat mit mehrfach erfolgreich angetäuscht. Dann wenn etwas absehbar erscheint, kommt es doch anders.

Auch wie die Figuren dargestellt werden, trägt dazu bei. So kann beispielsweise die überängstliche Oma-Ziege auch einmal sehr mutig sein. Die darin enthaltene Botschaft, dass Leute verschiedene Seiten haben, gefällt mir sehr gut. Stefanie Taschinski zeigt dem Leser immer wieder, dass man nicht vorschnell urteilen sollte. So können Kinder auf eine vollkommen unaufdringliche Art lernen, wie man beispielsweise mit Angst umgeht. Man sieht Tuuli zu, wie sie das macht und ihre Angst bewältigt. Auch andere ernsthafte Themen wie den Klimawandel greift die Geschichte auf, lässt sich davon jedoch nicht dominieren. Die Geschichte zeigt, dass das Leben nicht nur positive Seiten hat, und sie ist damit realistisch - bei aller Magie, die man in einer Geschichte von Wichteln eben erwarten kann.

Schön fand ich, dass fast alle Kapitel in sich abgeschlossen sind. Es liegt dem Buch zwar eine fortlaufende Geschichte zugrunde. Aber nach fast jedem Kapitel ist die Szene ohne Cliffhanger beendet und ein deutlicher Schlußstrich gezogen. So kann man das Buch gut unterbrechen und in Etappen lesen.

Ein sehr schönes Buch besonders für Kinder oder Eltern, die Skandinavien im Allgemeinen und Lappland im Besonderen lieben.