Das Sehen der menschlichen Aura als Farben
Alle Farben meines LebensDer Klappentext auf dem Buchumschlag, in dem von einer Violet die Rede ist, passt nicht zur Hauptprotagonistin namens Alice. Da ist dem Verlag wohl ein riesen Fehler unterlaufen, zumindest in meiner Auflage. ...
Der Klappentext auf dem Buchumschlag, in dem von einer Violet die Rede ist, passt nicht zur Hauptprotagonistin namens Alice. Da ist dem Verlag wohl ein riesen Fehler unterlaufen, zumindest in meiner Auflage.
Außerdem habe ich aufgrund des Klappentextes eine Liebesgeschichte erwartet, die zwar auch vorkommt, aber nicht das Hauptmerkmal dieser Geschichte ist. Wie der passende Titel nahelegt, ist es eine Lebensgeschichte, in der auch die Familie eine sehr wichtige Rolle spielt. Ich hatte mich schon ein wenig gewundert, dass das Buch nicht dem Genre Liebesroman, sondern Literatur zugeordnet wurde.
Der erste Buchabschnitt handelt von Alice' Kindheit. Mit ihrer depressiven Mutter mit ständigen Stimmungsschwankungen, ihrem großen Bruder Hugh, der sich von seiner Mutter nicht einlullen lässt und ihrem kleinen Bruder Ollie, der sich so sehr nach einer richtigen Mutter sehnt, sich ihr gefühlsmäßig anpasst und für alles Schlechte stets Alice die Schuld gibt. Im Alter von 8 Jahren fängt Alice an, Farben an Menschen zu sehen, die diese wie Auren umgeben. Farben, die die Gefühle darstellen. Blau für Traurigkeit, Rot für Wut, und so weiter. Erst nach und nach lernt sie, mit ihrer "Begabung" umzugehen bzw. diese zu akzeptieren.
Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, jedoch ist die Erzählung sehr episodenhaft und teilweise sprunghaft. Es wird zwar chronologisch das Leben von Alice erzählt, es gibt aber immer mal zwischendrin Szenen aus der Vergangenheit. Manche Abschnitte sind willkürlich, enden abrupt und irgendwie unvollendet und lassen mich als Leser etwas unwissend und unbefriedigt zurück.
Die im Klappentext angepriesene Großstadtpflanze wird Alice erst nach über 150 Seiten, als sie nach London zieht. Vorher hatte ich eher nicht den Eindruck, dass das eine prägende Eigenschaft von ihr wäre. Die ebenfalls im Klappentext erwähnte Begegnung mit dem Mann ohne Farben erfolgt nach fast 250 Seiten, also erst im letzten Drittel des Buches.
Auch wenn ich scheinbar so einiges zu bemängeln haben, hat mir die Geschichte ausgesprochen gut gefallen. Meine Erwartungen waren aufgrund des Klappentextes etwas anders, doch das Buch konnte mich trotzdem begeistern. Im mittleren Teil zog sich für mich die Geschichte etwas hin, bestimmt auch, weil ich mich fragte, wo das alles hinführt. Doch letzten Endes kann ich das Buch gern an Leser:innen weiterempfehlen, die nicht nur einen Liebensroman erwarten sondern offen für die Entwicklungen im Buch sind.