Liebe in Theorie und Praxis
Love, theoreticallyDa sie als Assistenzprofessorin finanziell schwach aufgestellt ist, arbeitet Elsie nebenbei als Fake-Date-Begleitung. Doch ausgerechnet als sie die Aussicht auf ihren Traumjob am MIT hat, treffen ihre ...
Da sie als Assistenzprofessorin finanziell schwach aufgestellt ist, arbeitet Elsie nebenbei als Fake-Date-Begleitung. Doch ausgerechnet als sie die Aussicht auf ihren Traumjob am MIT hat, treffen ihre beiden Welten aufeinander. Plötzlich steht Jack, der Bruder ihres aktuellen Fake Dates, vor ihr – und entpuppt sich auch noch als Teil des Auswahlkomitees! Schwierige Zeiten scheinen auf Elsie zuzukommen, da Jack sie als Bibliothekarin – und nicht Theoretische Physikerin mit Doktortitel – kennengelernt hat. Zu allem Überfluss sieht er in ihr nicht nur eine Lügnerin, sondern ist Jahre zuvor der Auslöser für einen unüberwindbaren Konflikt zwischen Experimentalphysikern und Theoretischen Physikern gewesen.
Mit „Love, theoretically“ habe ich meinen ersten Roman von Ali Hazelwood gelesen und habe schon während des ersten Kapitels gewusst, dass ich mehr brauchen werde.
Elsie wusste schon ihr Leben lang, dass sie eines Tages Theoretische Physikerin werden möchte und hat sich spätestens mit ihrer Dissertation auch einen Namen in diesem Fachbereich gemacht. Aufgrund einiger schlechter Erfahrungen ist Elsie jedoch auch zum typischen people pleaser geworden. Sie beobachtet, analysiert und schlüpft dann in die Rolle, die ihr Gegenüber zu brauchen scheint. Doch wer ist sie wirklich? Die wahre Elsie liebt Käse mindestens so sehr wie Twilight oder die Theoretische Physik, sie ist schlagfertig, aber auch unsicher, und hat Angst vor der Meinung anderer über sie. Sie kann nur schwer Nein sagen und lässt so einiges über sich ergehen, nur um Konflikten aus dem Weg zu gehen.
Und das sieht Jack. Er sieht jede ihrer Rollen und fordert sie nach und nach dazu heraus, ihr wahres Ich zum Vorschein zu bringen. Jack hasst Lügen und hat großes Potenzial für den perfekten Book Boyfriend. Sobald er und Elsie sich näherkommen, kümmert er sich rührend um sie und fördert sie mit all seinen Möglichkeiten.
Elsie und Jack haben mich durch den ganzen Roman hinweg herrlich unterhalten. Ich musste von Kapitel zu Kapitel mehr lachen – und bin auf der nächsten Seite plötzlich und völlig unvorbereitet mit Elsie in ein tiefes Loch gestürzt. Ali Hazelwood hat es perfekt geschafft, Wissenschaft in einer lockeren und ansprechenden Form zu verpacken, aber auch Gefühle zu den Protagonisten aufzubauen, die mich auf ihrem Höhepunkt mehr berührt haben, als ich durch den allgegenwärtigen Humor erwartet hätte. Elsies Schicksal hat mich echt erwischt und die damit verbundenen Emotionen sind mir unter die Haut gegangen. Auch der Mut zur Ehrlichkeit hat mich sehr angesprochen.
Mit der Geschichte macht Ali Hazelwood jedoch auch auf ernste und wichtige Themen (und Missstände!) aufmerksam: Frauen in der (Natur-)Wissenschaft haben es sehr schwer. Sie werden nicht ernst genommen, degradiert und sind oft mit Sexismus konfrontiert. Nein, wenn man noch einen Schritt weitergeht, sieht man diese Missstände in den verschiedensten Lebensbereichen. Es ist großartig, dass sie mit einer starken, aber nicht aufdringlichen Präsenz die Geschichte begleiten und deutlich machen, dass sich auch in der heutigen Zeit noch vieles ändern muss. Einen Lösungsvorschlag oder -ansatz gibt es zwar nicht, doch das erwarte ich von einer Romcom auch gar nicht. Vielmehr gelingt Ali Hazelwood ganz wunderbar der Spagat zwischen Unterhaltung, Komödie und dem Ankreiden von gesellschaftlichen Problemen.