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Karschtl

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.09.2019

Schön geschrieben, aber unrealistisch

An einem Sonntag im August
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Wieder einmal hat sich gezeigt, dass es viel besser ist wenn ich direkt vor dem Lesen eines Buches den Klappentext NICHT nochmal überfliege. Den habe ich zu dem Zeitpunkt nämlich meist längst vergessen, ...

Wieder einmal hat sich gezeigt, dass es viel besser ist wenn ich direkt vor dem Lesen eines Buches den Klappentext NICHT nochmal überfliege. Den habe ich zu dem Zeitpunkt nämlich meist längst vergessen, und kann mich von der Story dann wenigstens überraschen lassen. Abgesehen von dem, was in der Kurzbeschreibung schon verraten wird, gibt es dann nämlich keine größeren Überraschungsmomente mehr.

Generell war der Großteil der Story ein bisschen hanebüchen, um nicht zu sagen unrealistisch. Aber andererseits liest sie sich einfach sehr gut. Das kann man perfekt in einem Rutsch runterlesen, ohne dass man sich langweilt. Perfekt für so einen Sonntag im August (oder auch jeden anderen Monat ). Zudem fand ich die Charaktere recht sympathisch, und der Berliner Lokalkolorit war auch nicht verkehrt.

Veröffentlicht am 12.09.2019

Zum Lachen, Weinen, Nachdenken

Wanka würde Wodka kaufen
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Ich hatte bei diesem Buch gezögert. Erwartete ich bei der Kurzbeschreibung doch eine Mischung aus "Russendisko" und "Der Zopf meiner Großmutter" von Alina Bronsky - und beide Bücher erhielten von mir nur ...

Ich hatte bei diesem Buch gezögert. Erwartete ich bei der Kurzbeschreibung doch eine Mischung aus "Russendisko" und "Der Zopf meiner Großmutter" von Alina Bronsky - und beide Bücher erhielten von mir nur 3 Sterne. So eine Culture Clash Geschichte ist nämlich nicht automatisch immer witzig.

Schlussendlich hat mich der Hinweis darauf überzeugt, dass die Autorin eigentlich Juliane Käppler ist und uns hier die Vorgeschichte von Max Leifs Putzfrau präsentiert. Die fand ich in "Die sieben Tode von Max Leif" schon zum Schießen! (Wanka würde wohl dieses Sprichwort nur allzu wörtlich nehmen, und schreiend davon rennen.)

Auch hier überzeugt die Autorin mit vielen - teilweise unfreiwillig - komischen Szenen. Auch wenn Wanka selbst ziemlich oft einfach nur zum Heulen ist. Dann wird das Buch auch schon mal melancholisch, und wir erfahren von ihrer Sehnsucht nach ihrem alten, unbeschwerten Leben und allem, was ihr einst lieb & teuer war. Jetzt muss sie von Null anfangen, und erhält dabei nur mäßig Unterstützung - egal ob von Behörden, Nachbarn, Schein-Ehemann und besonders dessen Teenie-Kindern. Aber da Wanka - bzw. Jekaterina - nicht auf den Mund gefallen ist, weiß sie sich meistens gut zu helfen. Ihre Sätze mit starkem russischen Akzent entlockten mir fast jedes Mal ein Schmunzeln.

Gleichzeitig war ich aber auch erschrocken zu lesen, was sich Frauen in bestimmten Jobs teilweise bieten lassen müssen. (Denn ich glaube durchaus, dass in den einzelnen Episoden immer auch ein Körnchen Wahrheit drin ist).

Ein tolles Buch zum Lachen, ein bisschen 'Weinen' und vor allem auch zum Nachdenken!

Veröffentlicht am 12.09.2019

Schweres Thema leicht erzählt

Wir von der anderen Seite
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"Wir von der anderen Seite" erzählt vom Krankenhaus- und Reha-Aufhalt einer 35jährigen Frau, deren lästiger Nierenstein zu einer Blutvergiftung mit multiplem Organversagen führte bis sie letztendlich ins ...

"Wir von der anderen Seite" erzählt vom Krankenhaus- und Reha-Aufhalt einer 35jährigen Frau, deren lästiger Nierenstein zu einer Blutvergiftung mit multiplem Organversagen führte bis sie letztendlich ins Koma versetzt wurde. Nun muss sie sich auf den schmerzhaften Weg zurück zu einem normalen Leben machen. Dabei kann sie anfangs noch nicht mal einen Löffel halten...

Obwohl das Buch mehr ein 'Bericht' als ein Roman ist, so fand ich es extrem lesenswert. Trotz der Schwere des Themas hat Anita Decker, ihres Zeichens Drehbuchautorin für Komödien, einen leichten Ton gefunden (gespickt mit etwas schwarzem Humor) - ohne dass sie irgendetwas verharmlost oder übertrieben witzig darstellt! Aber es liest sich einfach super, und man fühlt mit Rahel auf jedem ihrer Schritte mit.

Das ist wohl auch deshalb so, weil ich beim Lesen immer im Hinterkopf hatte, dass die Autorin ihre eigenen Erfahrungen niedergeschrieben hat. Wobei man nicht weiß, wo sie sich dichterische Freiheiten genommen hat und wo etwas genau so passiert ist. Eine schreckliche und erschreckende Erfahrung ist es ganz bestimmt gewesen. Zum Glück hat sie eine so tolle Familie an ihrer Seite, die hatte ich sofort ins Herz geschlossen! Über ihre Tätigkeit als Drehbuchautorin, so ein bisschen "Hinter den Kulissen", hätte ich zu gerne noch mehr erfahren. Dafür hätte ich den ganzen Beziehungskram, der im letzten Drittel des Buches im Mittelpunkt steht, nicht in diesem Umfang gebraucht. Den Anfang, wo es allein um Rahel und ihre Genesung ging, fand ich deutlich interessanter. Aber es gehört wohl alles zum Prozess, den unsere Protagonistin durchlaufen ist, dazu.

"Lacht laut und heult leise!" - diesen 'Tipp' (oder ist es vielmehr eine Aufforderung?) von Bora Dagtekins Testemonial zu diesem Buch kann ich zu 100% weitergeben.

Veröffentlicht am 08.09.2019

Mehr Drama als Krimi

Verratenes Land
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Vor über 15 Jahren habe ich "24 Stunden" von Greg Iles gelesen. Das war ein gut geschriebener und vor allem richtig spannender Thriller, bei dem ich mitgefiebert habe.

Das ist bei "Verratenes Land" nicht ...

Vor über 15 Jahren habe ich "24 Stunden" von Greg Iles gelesen. Das war ein gut geschriebener und vor allem richtig spannender Thriller, bei dem ich mitgefiebert habe.

Das ist bei "Verratenes Land" nicht so. Es ist zweifellos gut geschrieben, aber statt einem Krimi ist es vielmehr ein groß angelegtes Drama, das zahlreiche Themen abdeckt. Schwierige Vater-Kind-Beziehungen, Verluste, Trauer, Schuldgefühle, Verrat, Betrug, erste Liebe, Affäre, Kriegstrauma.

Da gerät die eigentliche Geschichte - wie der Poker Club mit allen Mitteln den Bau einer chinesischen Fabrik durchkriegen will und anscheinend auch nicht vor einem Mord zurückschreckt - stark in den Hintergrund. Vor allem weil sich bei dieser Geschichte die ersten 300 Seiten fast gar nichts weiter entwickelt (stattdessen werden all die anderen Themen angerissen, inklusive zahlreicher Flashbacks).

Die gesamte Story spielt innerhalb nur weniger Tage (wenn man die zahlreichen Flashbacks in die Vergangenheit nicht mitrechnet natürlich), und so ergibt sich dann doch irgendwie eine steigende Dramatik. Doch obwohl der Protagonist mehrmals in lebensbedrohliche Situationen gerät, kam bei mir keine echte Spannung auf in dem Sinne, dass ich Angst um unseren Held hatte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass meine Sympathiewerte für ihn und diverse weitere Personen eher begrenzt waren.
Insgesamt war das Buch meiner Meinung nach zu überladen mit Themen, so dass der rote Faden schnell verloren ging. Vielleicht hätte hier eine Aufteilung auf mehrere Teile und dafür ausgefeiltere Storylines mit einem ordentlichen Spannungsbogen mehr Sinn gemacht.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Familie, Freundschaften, Hilfsbereitschaft

Familie Flickenteppich 1. Wir ziehen ein
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Ein alleinerziehender Vater zieht mit seinen 3 Kindern (fast 5, 8 und 11) in eine neue Wohnung in einem 6-Parteien-Haus. Die Kinder finden schnell neue Freunde und lernen nach und nach ihre Nachbarn kennen. ...

Ein alleinerziehender Vater zieht mit seinen 3 Kindern (fast 5, 8 und 11) in eine neue Wohnung in einem 6-Parteien-Haus. Die Kinder finden schnell neue Freunde und lernen nach und nach ihre Nachbarn kennen. Dabei sind manche nett, manche nicht so - und manche anscheinend "geheimnisvoll".

Als roter Faden durch das Buch zieht sich die Frage, was es denn mit dem Bewohner der Wohnung im Erdgeschoss auf sich hat, da den schon lange niemand zu Gesicht bekommen hat. Die Kids (insgesamt gibt es 6 im Haus mit der Nummer 11) wollen das undbedingt ändern.
Dazwischen finden sich Kapitel, in denen alltägliche Dinge beschrieben werden, z.B. wie die kleine Jojo nicht einschlafen kann und ihre Gewschwister ganz lieb für sie da sind, ein Kaffeeklatsch bei Oma Becker und wie die Kids bei einem Sturm Unterschlupf suchen.
Ein ernsteres Thema kommt auch immer wieder mal vor - nämlich die abwesende Mutter von Jojo, Emma und Ben, die ihre Familie verlassen hat um sich in Australien 'selbst zu verwirklichen'. Wie die Kinder das finden und damit umgehen wird mehrmals angesprochen. Das ist von der Autorin sehr einfühlsam gemacht. Doch ist dieser Grund für eine Alleinerzieher-Familie wahrscheinlich äußerst selten und für die meisten kleinen Leser auch nur schwer zu verstehen. Selbst ich kann kaum glauben, dass eine Mama freiwillig so tolle liebe Kinder verlässt.

Mich hat das Buch teilweise an die TV-Serie "Wir Kinder vom Möwenweg" erinnert. Wer das gerne schaut, der hat sicher auch Freude an dem Buch. Für meine Jungs und mich hätte es gern noch etwas spannender sein können, und damit ist nicht nur die Geschichte um den Nachbarn gemeint sondern auch in den 'alltäglichen' Episoden hat ein bisschen der Pfiff gefehlt. Dennoch hoffen wir, dass ein 2. Teil nachkommt, denn es gibt noch genügend zu erzählen über diese 'Familie Flickenteppich'.