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Karschtl

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.10.2018

"Quality-Time" für Familie Birch

Sieben Tage Wir
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"Lügen haben kurze Beine" hat meine Mama immer gesagt, und das wird hier sehr eindrucksvoll bewiesen. Auch wenn diese Lügen schon 30 Jahre alt sind, irgendwann kommt alles ans Licht - und verletzt dann ...

"Lügen haben kurze Beine" hat meine Mama immer gesagt, und das wird hier sehr eindrucksvoll bewiesen. Auch wenn diese Lügen schon 30 Jahre alt sind, irgendwann kommt alles ans Licht - und verletzt dann die Betroffenen nur umso mehr.



Aber es kann in dieser Familie anscheinend niemand offen mit dem anderen reden, und so kommt es zu allerlei Missverständnissen. Olivia zum Beispiel, die nicht nur das erste Mal seit langem mal wieder Weihnachten mit ihren Eltern + Schwester verbringt, sondern überhaupt seit längerer Zeit mal wieder mehr als nur ein paar Stunden zusammen mit ihrer Familie verbringt, ist ziemlich genervt von dem überschwänglichen Willkommen ihrer Familie und wie alle besonders nett sind aber keiner so genau die Details ihres Aufenthalts im Krisengebiet erfahren möchte. Ihre Gedanken dazu formuliert sie sehr gut in ihrem Blog-Eintrag dazu, und ich konnte Olivia voll stehen. Aber dann kommt auch Emma, ihre Mutter, zu Wort - und genauso konnte ich nachvollziehen wie sie ihre erwachsene Tochter nach diesem lebensgefährlichen Einsatz als Ärztin einfach nur verwöhnen möchte, ihr was Gutes tun will. Genau so hätte wohl meine Mutter auch reagiert. Und wenn ich früher wohl eher auch so genervt gewesen wäre wie Olivia, so kann ich es heute als Mutter viel besser verstehen.

Die Birch Familienmitglieder gehen miteinander höflich aber reserviert um, und so herrscht Frust auf allen Seiten. Bis dann vor allem Jesse als Katalysator für einigen Zündstoff sorgt.



Die einzelnen Familienmitglieder machen eine ziemlich große Sache daraus, dass sie über Weihnachten 7 Tage lang isoliert sein werden. Für mich klingt das eigentlich wie ein schöner gemütlicher Weihnachtsurlaub (und einen Einkauf gleich für eine ganze Woche tätige ich regelmäßig). Aber gut, meine Kinder sind auch noch nicht erwachsen und verbringen noch gerne Zeit mit ihren Eltern. Wer weiß wie das in 20 Jahren ist, vielleicht würden sie es da auch als Zumutung empfinden.



Die Geschichte hat einige Parallelen zu "Die Familie Stone", einen Film den ich sehr liebe. Als da wären: ~~~Achtung: Spoiler~~~Verlobung, krebskranke Mutter, schwuler Bruder, und schwangere Schwester. Letzteres hat wohl so ziemlich jede Leserin frühzeitig gecheckt. Wieso sonst wird wohl in einem Frauenroman mal 'beiläufig' erwähnt, dass bei Olivia die Regel ausgeblieben ist, und später ist ihr ständig übel. Nachtigall, ick hör dir trapsen. ~~~Spoiler Ende~~~

Die Birches kommen vom Toll-Find-Faktor nicht ganz an die "Familie Stone" heran, aber ich habe das Buch sehr genossen und vor allem als tolle Studie zwischen-familiärer Beziehungen betrachtet. Diese Dynamik steht auch eindeutig im Vordergrund der Geschichte, das weihnachtliche Setting ist nur der Rahmen und spielt eine sehr untergeordnete Rolle (wenn also jemand auf Weihnachtsstimmung aus ist sollte er wohl eher zu einem anderen Buch greifen).

Veröffentlicht am 22.10.2018

Der Bestattungs-Neurotiker

Gestorben wird morgen
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Bei den Namen Wolfgang und Alma denke ich zunächst nicht an Personen in meinem Alter. Ich hatte dann auch lange Zeit ein etwas biederes Bild von Wolfgang im Kopf, bis Alma ihn irgendwann einmal beschreibt ...

Bei den Namen Wolfgang und Alma denke ich zunächst nicht an Personen in meinem Alter. Ich hatte dann auch lange Zeit ein etwas biederes Bild von Wolfgang im Kopf, bis Alma ihn irgendwann einmal beschreibt "wie der Vampir aus Twiligt - nur 20 Jahre älter". Nunja, und dunkle Haare und eisblaue Augen - damit kann man bei mir durchaus auch punkten. Daher kann ich durchaus verstehen, wieso Alma Interesse an diesem Bestattungsunternehmer voller Neurosen und mit spleenigem Hobby hat. Wobei sie sich auch wirklich sehr beharrlich zeigt und sich selbst von seiner Unfähigkeit, einen Kaffee zu bestellen, nicht abschrecken lässt. Ich selbst hätte da wohl doch lieber das Weite gesucht, aber schaute dennoch sehr gern von der Ferne mit, wie der zwar mit Ängsten zugeschüttete aber trotzdem absolut liebenswerte Wolfgang versucht sein Leben und seinen Laden zu retten.

~~~ACHTUNG: Spoiler~~~
Wie schnell es dann doch mit den zweien geht, fand ich nicht mehr ganz konsistent mit dem vorher so lang eingeführten Charakter von Wolfgang. Der hätte es nach dem Kuss im Krematorium doch langsamer angehen lassen... Und auch das völlige Ende all seiner Ängste ist dann doch ein bißchen plötzlich.
Und dass es um Alma noch irgendein Geheimnis gibt, habe ich spätestens da gemerkt als sie ihn in ihrer Zweisamkeit mal mit "Wolf" angesprochen hat. So nannte ihn sonst nur sein bester Freund Oskar. Dass sie keine Schriftstellerin ist, hat man ja im Grunde schon viel früher bemerkt.
~~~Spoiler ENDE~~~

Mir war aber nicht nur die Hauptperson sehr sympathisch, sondern vor allem auch der Schreibstil. Durchwegs witzig, sehr unterhaltsam zu lesen (ganz anders als die Leseprobe von Almas Debütroman!) Und ich hatte auch an keiner Stelle das Gefühl, dass sich über Menschen die unter solchen Ängsten wie Wolfgang leiden lustig gemacht wird. Ich hab in den letzten 2 Monaten 2 Romane gelesen, deren Hauptpersonen Panikattacken, Ängste oder OCDs hatten; und finde das ein sehr wichtiges Thema in der Unterhaltungsliteratur.

Veröffentlicht am 18.10.2018

Leichtsinnige Liebe

Wo du bist, fängt der Himmel an
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Die Familiensituation der Richters fand ich spannender als die eigentliche Liebesgeschichte zwischen Luise und ihrem Lehrer. Klar beschreibt Luise ihre aufkeimende Verliebtheit. Aber wie sie, und auch ...

Die Familiensituation der Richters fand ich spannender als die eigentliche Liebesgeschichte zwischen Luise und ihrem Lehrer. Klar beschreibt Luise ihre aufkeimende Verliebtheit. Aber wie sie, und auch ihre Eltern, mit dem Verlust der kleinen Schwester umgehen ist eben etwas, was ich bisher kaum in Romanen gelesen haben. Schon gar nicht in welchen für Jugendliche.

Die Autorin ist selbst erst 17, und daher wohl bestens in der Lage sich in die Gefühlswelt von Luise reinzudenken. Aber sie beschreibt eigentlich Konstantin recht gut. Nur: von einem Lehrer erwarte ich mir auf jeden Fall, dass er sich beherrschen kann und sich nicht so schnell von seinen Gefühlen überrumpeln lässt. Dass es zu einem Kuss kommen kann, ok. Und dann unterbindet er ihre Freundschaft ja auch. Aber bei der nächsten Gelegenheit kommen sie sich direkt wieder näher... Trotz seiner deutlichen Absage. Und als er sie später regelrecht 'verführt' mit in sein Zimmer zu kommen, sowas darf ihm echt nicht passieren. Nicht umsonst gibt es diese Gesetze, die eine Beziehung zu einer "abhängigen Person" verbieten. Luise ist zwar über 18, aber emotional durch die das Verschwinden ihrer Schwester absolut 'leichte Beute' für Konstantin, der ja immer sehr verständnisvoll auf ihre Trauer reagiert.

Der Altersunterschied hingegen, auf den vor allem im 2. Teil des Buches sehr stark eingegangen wird, ist meines Erachtens gar kein Problem. Luise ist fast 19, Konstantin noch nicht 30. Also trennen sie maximal 10 Jahre. Meinen Freund und mich trennen 11,5 Jahre - und ich war nur ein paar Jahre älter als Luise als wir uns kennen lernten. Auch ich bin dann bei ihm eingezogen als ich in 'seine' Stadt zog um zu studieren, und auch ich habe es meinen Eltern erst im nachhinein erzählt. Sie haben aber absolut Klasse reagiert, und hatten nie ein Problem mit ihm. Und mittlerweile ist das schon über 16 Jahre her, und wir sind immer noch zusammen.

~~~ACHTUNG: ab hier leichte SPOILER~~~
Luises Eltern haben glaube ich auch kein Problem mit dem Altersunterschied, sondern eher mit der Tatsache, dass er mal ihr Lehrer war. Die Aufregung vor allem vom Vater kann ich durchaus verstehen.
Nicht verstehen kann ich allerdings, wieso Luise so feindselig auf Tobias und Kais Frage reagiert, ob sie jetzt zusammen wären. Wieso motzt sie Freunde so an? Für mich ist das eine sehr legitime Frage, und die hätte man ganz anders beantworten können. Dann wären die beiden wahrscheinlich auch nicht gleich so eingeschnappt gewesen.
In dieser Szene sagt Konstantin dann auch "wir haben so lange waren und hart für unsere Liebe kämpfen müssen" Also weder haben sie lange gewartet, sie konnten es ja nicht mal lassen die wenigen Wochen bis Luises Schulzeit zu Ende ist die Finger voneinander zu lassen (noch so eine Sache, wo ich nur den Kopf schütteln kann - da riskieren sie alles, statt lieber noch ein paar Wochen zu warten??) noch haben sie je irgendwo kämpfen müssen!

Den Schreibstil der Autorin fand ich zumindest sehr angenehm.

Veröffentlicht am 18.10.2018

Lebensecht

Was für immer zählt
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Wenn ein alleinerziehendes Elternteil einen neuen Partner in seinem Leben hat oder haben möchte, ist das für die Kinder meistens unangenehm. Sie wollen Mama/Papa nicht teilen, sie fühlen eine gewisse Loyalität ...

Wenn ein alleinerziehendes Elternteil einen neuen Partner in seinem Leben hat oder haben möchte, ist das für die Kinder meistens unangenehm. Sie wollen Mama/Papa nicht teilen, sie fühlen eine gewisse Loyalität zum jeweils anderen Elternteil, sie wollen sich von "Fremden" die dann zu Stiefeltern werden nichts sagen lassen...
All diese Gründe hat auch die 15jährige Leonie, und noch einige mehr. Denn gleichzeitig mit dem Auftauchen eines neuen Kollegen ihrer Mutter verlieben sich auch ihre besten Freunde (und davon hat sie nicht viele), und sie fühlt sich überall nur noch wie das 5. Rad am Wagen. Außerdem ist ihr Vater tot, und sie selbst im Rollstuhl, und so ist sie mehr denn vielleicht viele andere Kinder auf ihre Mutter angewiesen, sowohl emotional als auch aus praktischen Gründen. Und diese Mutter will sie mit niemandem teilen.

So viel Verständnis ich für Leonie aufbringe, so sehr möchte ich dennoch nicht, dass Yvonne für ihre Tochter all ihre Bedürfnisse vernachlässigt. Aber Yvonne fühlt sich nun mal schuldig am Unglück ihrer Tochter. Denn sie saß am Steuer, als der Autounfall ihr den geliebten Mann und ihrer Tochter die Beine nahm...

Die Geschichte ist absolut lebensecht geschrieben, die einzelnen Protagonisten sind in ihren Ansichten und Motivationen grundverschieden und doch alle absolut verständlich. Das Setting einer Krankenhausschule, das dann leider doch nur eine eher geringe Rolle im Roman spielt, war für mich komplett neu; und ich finde es immer gut wenn ich von einem Buch noch überrascht werde, etwas Neues erfahre und/oder nicht schon hundertfach Gelesenes anders verpackt präsentiert bekomme.

Zudem ist der Schreibstil äußerst angenehm. Schön zu lesen und vor allem gibt es keine ellenlangen (unnötigen) inneren Monologe der Protagonisten. Und auch die kleinen Einheiten von trockenem Humor in einzelnen Dialogen sind genau meine Wellenlänge!

Veröffentlicht am 16.10.2018

Magische Höhlenforscher

Die drei Magier - Die schwarze Höhle
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Und wieder hat der Autor die magische Welt von Algravia erweitert. Und jedes Mal gelangen die Kinder auf eine andere Art und Weise von ihrem kleinen Städtchen Mühlfeld, wo gerade Silvester gefeiert wird, ...

Und wieder hat der Autor die magische Welt von Algravia erweitert. Und jedes Mal gelangen die Kinder auf eine andere Art und Weise von ihrem kleinen Städtchen Mühlfeld, wo gerade Silvester gefeiert wird, nach Algravia - wo aus ihren Jacken Umhänge und aus ihren Stöckchen Zauberstäbe werden. Diese Kreativität hat mir als Erwachsene besonders gut gefallen. (Und als Kind der 80er fühlte ich mich beim langsamen Schwinden der Magie an Bastian und Phantasien erinnert).

Auch die Geschichte ist wieder sehr gut, hat aber im ersten Drittel kleinere Längen. Zumindest waren meine 2 Söhne dieses Mal nicht ganz so versessen darauf, unbedingt weiterlesen zu wollen obwohl es längst Schlafenszeit ist, und wir hatten das Buch ein paar Abende auch gar nicht angerührt. Im weiteren Verlauf des Buches hat sich das aber wieder gelegt und wir haben Kapitel um Kapitel gelesen.

Nach ihrer Meinung befragt fanden sie es auch wieder toll, besonders das kleine Königslunie, das aus dem Stein Knarzi 'schlüpft', fanden sie süß. Die Illustrationen sind wieder absolut gelungen und ein Highlight!

Zum Schluss, als die drei Magier ohne ihre Zauberstäbe nach Mühlfeld zurück kehren, dachten wir schon "huch, war's das jetzt mit der Reihe?". Aber dann gab es ja doch sowas wie einen Cliffhanger. Wir halten jedenfalls die Augen offen nach einer Fortsetzung!