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Karschtl

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2018

Gehirngrippe und die crazy Catlady

Solange wir uns haben
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Das Cover lässt einen 'blumigen' Frauenroman vermuten, aber dem ist erfreulicherweise gar nicht so. Ich würde es sogar eher in die Kategorie Drama einordnen, obwohl es alles in einem doch recht leichten ...

Das Cover lässt einen 'blumigen' Frauenroman vermuten, aber dem ist erfreulicherweise gar nicht so. Ich würde es sogar eher in die Kategorie Drama einordnen, obwohl es alles in einem doch recht leichten Ton geschrieben ist. Ernstes Thema amüsant verpackt quasi.

Das Thema der psychischen Erkrankung hat mich nach Lesen der Kurzbeschreibung ja gleich interessiert. Ich habe bisher äußerst selten Romane gelesen, deren Hauptperson so etwas hat. Kann mich gerade nur an 3 Bücher erinnern, wo es in allen Fällen aber um Autisten / Personen mit Asperger Syndrom handelte. Und ich gebe zu, dass ich auch eher einer der Menschen bin die nicht so recht weiß, wie man einem Menschen mit einer psychischen Erkrankung - wie im Fall von Jesscia - helfen kann, oder mit ihm umgehen soll. Dank Hildegard weiß ich nun zumindest: einfach daneben sitzen und dableiben ist manchmal das Beste.
Die Autorin hat gleich in der ersten Szene recht gut verdeutlicht, wie sich diese Panikattacken für Jessica anfühlen, und mein Verständnis dafür ist durchaus gestiegen.

Aber nicht nur das Thema war hier außergewöhnlich, auch das Setting wurde ab der Hälfte des Romans durchaus 'exotisch'. Viel mehr kann ich hier gar nicht verraten, ohne nicht etwas vorweg zu nehmen. Doch trotzdem es im 2. Teil spannender und interessanter wurde, hat mir der erste Teil doch besser gefallen. Wie sich Jessica mit Kleinigkeiten ihres Alltags, die für sie jetzt plötzlich gar nicht mehr so leicht zu bewältigen sind, arrangieren muss. Wie sie sich mit ihrem Chef rumplagen muss, der wie viele andere auch so gar kein Verständnis für ihre Krankheit hat. Wie sie sich mit ihrer Nachbarin anfreundet. Diese Hildegard war ehrlich gesagt meine Lieblingsfigur des Buches, und ihre Weisheiten alle sinnvoll und hilfreich.

Dass die Autorin dann auch noch das Thema der Umweltproblematik ansprach, fand ich sehr gut, da das Thema immer wichtiger für uns alle wird wenn wir auch unseren Nachkommen noch eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen. Dafür runde ich meine 'eigentliche' Bewertung von 3,5 Sternen auch gern auf 4 Sterne auf!

Veröffentlicht am 05.08.2018

Potpourri der Elterntypen

Die Elternsprecherin
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Ich war ein Kindergartenjahr lang auch Elternvertreterin, hatte aber nicht annähernd so einen intensiven Job wie Jen Dixon. Anscheinend ist die Definition dieses "Jobs" in den USA eine etwas andere, und ...

Ich war ein Kindergartenjahr lang auch Elternvertreterin, hatte aber nicht annähernd so einen intensiven Job wie Jen Dixon. Anscheinend ist die Definition dieses "Jobs" in den USA eine etwas andere, und von den Eltern werden da viel mehr Dinge gefordert. Elternabende und Klassenparties ganz allein organisieren zum Beispiel.

Ich bin ja prinzipiell auch eher auf der Seite der coolen Mütter statt der konservativen Helikopter-Eltern. Aber selbst mir waren Jens Emails an die Eltern der Vorschulklasse ihres Sohnes Max einen Tick zu frech. Hätte ich solch eine Mail erhalten wäre ich wohl auch ein bißchen angepisst gewesen, und hätte auch nicht alle ihre Witze als solche erkannt.
Zum Glück war Jen 'privat' dann doch etwas normaler. Oder zumindest so normal wie man es als Ex-Groupie von INXS und nunmehrige Hausfrau und Mutter Mitte 40 sein kann. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ich mich auch mit ihr angefreundet hätte.

Wieso sich Jen aber in der Situation, als es um die Eltern-Cocktailparty ging, nicht verteidigt hat, fand ich unglaubwürdig. Sie ist ja auch sonst nicht auf den Mund gefallen oder um eine schlagfertige Antwort verlegen. Die Jen Dixon, die ich im Rest des Buches kennengelernt habe, hätte anders reagiert.

Aber das Buch besteht nicht nur aus einzelnen Episoden die mit ihrer Rolle als Elternsprecherin zusammen hängt, was ich sehr positiv fand. Denn ihr Familienleben, ihre neu geknüpften Freundschaften und Feindschaften, ihre sportlichen Ambitionen und ihre Midlife-Crisis haben mich fast noch mehr interessiert. Letztere hat ihre Mutter übrigens sehr gut zusammen gefasst. Sie ist nicht unglücklich in ihrer derzeitigen Situation, mit ihrem Ehemann Nr. 1. Sie ist vielmehr nur traurig, dass ihre Jugend unwiderruflich vorbei ist, muss das realisieren und dann akzeptieren.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Viele Teile von ihr ergeben ein Ganzes

Ein Teil von ihr
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Alles beginnt mit einer (scheinbaren?) Notwehr einer bislang unbescholtenen 55jährigen Bürgerin des beschaulichen Belle Isle. Warum sie trotzdem nicht mit der Polizei spricht, und auch vehement darauf ...

Alles beginnt mit einer (scheinbaren?) Notwehr einer bislang unbescholtenen 55jährigen Bürgerin des beschaulichen Belle Isle. Warum sie trotzdem nicht mit der Polizei spricht, und auch vehement darauf besteht, dass ihre Tochter Andrea kein Wort sagt (obwohl diese - starr vor Schreck - im Grunde eh nichts sagen kann), ist am Anfang absolut unverständlich.
Bis die Rückblicke ins Jahr 1986 anfangen. Ab da an wird die Geschichte von Kapitel zu Kapitel verstrickter. Und immer wenn es gerade spannend wird - kommt ein Zeitwechsel. Ich war mehr als einmal leicht frustriert, dass Karin Slaughter mich als Leser so herumspringen lässt.

Die Geschichte, die sich 1986 zugetragen hat, fand ich im ersten Kapitel das in Oslo spielt noch recht fad. Aber spätestens nach den Geschehnissen auf der Bühne war ich gefesselt. Ich wollte die Fäden entwirren und wissen, wie alles zusammenhängt und sich am Ende auflöst. Zurück in 2018 habe ich ständig Andy die Daumen gedrückt, dass sie bei ihrer Recherche voran kommt und gleichzeitig nicht geschnappt wird. Beides war nicht gerade einfach, da Andy zwar vieles richtig machte, aber trotzdem noch viele Fehler. Ich wäre in solcher Situation ja sicher völlig von der Rolle gewesen und hätte absolut keinen Plan gehabt.

Andy schafft es immerhin irgendwie bis zum großen Showdown. Und hat mich bis dahin oft auf die Folter gespannt, aber auch gut 'unterhalten', wenn man bei einem Krimi davon sprechen kann.

Veröffentlicht am 05.08.2018

Tragik & Humor perfekt vereint

Für immer ist die längste Zeit
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Das Buch behandelt ein sehr trauriges Thema - den Verlust einer Mutter und Ehefrau durch Selbstmord - und obwohl die Familienmitglieder, die hier zu Worte kommen (Ehemann und 16jährige Tochter) durchaus ...

Das Buch behandelt ein sehr trauriges Thema - den Verlust einer Mutter und Ehefrau durch Selbstmord - und obwohl die Familienmitglieder, die hier zu Worte kommen (Ehemann und 16jährige Tochter) durchaus sehr traurig sind, wirkt das ganze Buch ganz und gar nicht wie ein Tränendrüsendrücker. Dabei hilft sicherlich der Schreibstil der Autorin, der eher frisch als bedrückend wirkt. Und sie tut den Tod als Maddy auch nicht als Lappalie ab, ganz und gar nicht, und trotzdem streut sie immer wieder bissigen, sarkastischen Humor ein. Meist kommt dieser Humor aus den Mündern von Brady und Eve selbst.
Zum anderen glaube ich hilft es, dass auch Maddy aus dem Jenseits eine Stimme kriegt im Buch. So ist sie zumindest den Lesern immer präsent und das macht glaube ich auch ihren Verlust für den Leser weniger traurig. Außerdem hadert Maddy an keiner Stelle mit dem, was passiert ist, sondern sorgt sich allein um das weitere Wohlergehen ihrer Familienmitglieder - wie sie es auch zu Lebzeiten jeden Tag getan hat.

Denn das hier ist nicht nur ein Buch über den Tod und wie die Familie mit so einem Verlust umgeht, sondern es ist genauso auch ein Buch über die Ehe, über das Familienleben einer (Haus-)frau und Mutter. Und ich wette es geht tausenden von Frauen genau so wie Maddy. Sie tun alles für die Familie, und bekommen niemals auch nur ein Dankeschön. Und dabei sind die anderen Familienmitglieder noch nicht einmal besonders böse, oder arrogant, oder verwöhnt. Sie sehen nur leider einfach keine Notwendigkeit, sich zB besonders dafür zu bedanken, dass die Mama - wie sonst auch immer - dieses oder jenes erledigt hat. Und sie merken viel zu spät - in dem Falle hier wenn Brady und Eve Maddys Tagebuch lesen - wie sie selbst sich aufgeführt haben.

Immerhin durchlaufen Eve und Brady nach Maddys Tod einen Lernprozess. Zwei wichtige Kenntnisse möchte ich hier heraus streichen, weil ich sie sehr essentiell fand (und von der Autorin gut herausgearbeitet).
1. Eve erkennt, dass sie und ihr Vater die vielen Probleme nicht deshalb hatten, weil sie so verschieden sind, sondern weil sie sich so stark ähneln. Früher fungierte Maddy als Puffer zwischen ihnen. Dann, als sie nicht mehr da war, trafen 2 Plus-Pole aufeinander und stießen sich ab.
2. Brady erkennt, das wirklich alles im Leben aus einem bestimmten Grund geschieht.

ACHTUNG SPOILER:
Selbst die Tatsache, dass sie monatelang glaubten Maddy hätte Selbstmord begangen, hatte seinen berechtigten Grund. Ansonsten, so gesteht er sich selbst ein, wäre er eine zeitlang traurig gewesen, hätte aber ansonsten einfach sein altes Leben fortsetzt und niemals die Art und Weise, wie er mit seinen Mitmenschen (besonders denen in seiner eigenen Familie) umgegangen ist, in Frage gestellt. Und dann wäre er wohl als verbitterter Witwer geendet, der bis auf eine Karte zu Weihnachten keinen Kontakt mehr zu seiner einzigen Tochter gehabt hätte. Nur weil er sich wirklich angestrengt hat - und Eve ebenso - ist ihre Beziehung zueinander nicht den Bach runter gegangen.
Trotzdem ist er am Ende froh, die Wahrheit erfahren zu haben. Es ist wichtig für seinen Seelenfrieden, dass er doch kein so schlechter Ehemann gewesen war, dass man den Tod allem anderen, selbst einer Scheidung, vorgezogen hat. Mehr noch aber ist es glaube ich für Eves Seelenfrieden wichtig zu wissen, wie ihre Mutter gestorben ist. Denn sie hat ganz schön daran zu knabbern gehabt, dass ihre Mutter sie so schlimm fand, dass sie lieber vom Dach der Bibliothek sprang als nach Hause zu kommen und mit der Familie Ostern zu feiern. SPOILER ENDE

Ich finde den englischen Originaltitel "I liked my life" besser und aussagekräftiger als die deutsche Titelwahl. Aber sie ist ganz ok. Das Cover hingegen würde ich schon fast als Themenverfehlung bezeichnen. Ja, es zieht im Geschäft Aufmerksamkeit der weiblichen Leserschaft auf sich. Aber es weckt - zumindest bei mir - ganz andere Erwartungen an den Inhalt.
Dennoch, ich bin sehr froh dass ich dieses Buch lesen konnte. Es war ein sehr unterhaltsamer und vor allem auch erkenntnisreicher Roman für mich!

Veröffentlicht am 05.08.2018

Der schwierige Weg zum Glück

Frühstück in den Dünen
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Ich wollte das Buch unbedingt lesen, weil ich als Kind und auch als Jugendliche oft Urlaub auf dem Darß gemacht habe. Prerow, Zingst, Born - überall war ich schon. Und zum Glück lässt die Autorin die geografische ...

Ich wollte das Buch unbedingt lesen, weil ich als Kind und auch als Jugendliche oft Urlaub auf dem Darß gemacht habe. Prerow, Zingst, Born - überall war ich schon. Und zum Glück lässt die Autorin die geografische Lage und den Ostseestrand mehrmals in die Geschichte einfließen. Wenn auch das titelgebende "Frühstück in den Dünen" nur einmal vorkommt.

Nora war mir sehr sympathisch, und ich konnte mich auch in vielen Punkten mit ihr identifizieren. Ich habe meine Mutter in einem ähnlichen Alter verloren wie Nora, wurde dann ein gutes Jahr später schwanger. Und ein Klassentreffen hatte ich auch kürzlich.
Den Rest ihrer Probleme musste ich zum Glück nicht erleben! Weder den Stress um das schwanger werden noch die Frage nach dem Vater des Kindes hätte ich gern mitgemacht.

Ich fand es ja schade, dass die kurze Inhaltsangabe schon so viel verraten hat von der Geschichte. Natürlich soll sie den potentiellen Leser neugierig machen, aber es hätte wahrscheinlich gereicht zu erwähnen, dass beim Klassentreffen die erste Liebe wieder auftaucht. Dieser Marco blieb für mich allerdings ein bißchen 'gesichtslos'. Auch wenn er äußerlich beschrieben wurde, so hatte in meinem Kopf dennoch kein richtiges Bild von ihm. Wie er jetzt ist, wie er und Nora früher zusammen gewesen sind. Er ist nur eine Randfigur. Anders als Noras Papa und Katha, die ich beide sehr sympathisch fand.

Dass in diesem Buch auch ernstere Themen vorkommen, finde ich sehr gut. Bei den Briefen von Noras Mutter wurde ich dann auch sehr emotional! Trotzdem kann man "Frühstück in den Dünen" getrost als leichte Unterhaltung für den Urlaub kaufen, vorzugsweise wenn man an die Ostsee fährt. Das wunderschöne Coverfoto allein versetzt einen ja schon in die richtige Stimmung dafür. Beide Daumen hoch also für Susanne Lieder, ich werde die Augen offen halten für weitere (oder auch ältere) Bücher von ihr.