Magische Geschichtensammlung
Liber ThanatamorDie Kurzgeschichtensammlung "Liber Thanatamor" ist das Debüt des Autors Dirk-Boris Rödel und beinhaltet 17 Kurzgeschichten, welche sich alle um das Thema Magie drehen. Die unabhängig voneinander lesbaren ...
Die Kurzgeschichtensammlung "Liber Thanatamor" ist das Debüt des Autors Dirk-Boris Rödel und beinhaltet 17 Kurzgeschichten, welche sich alle um das Thema Magie drehen. Die unabhängig voneinander lesbaren Geschichten sind in drei Kategorien unterteilt: Dramen, Visionen und Unfug, wobei die Dramen bei weitem den größten Teil ausmachen.
In diesem ersten Teil versammelt der Autor Geschichten, die mal in der Gegenwart, mal in der (näheren und ferneren) Vergangenheit angesiedelt sind. Die Geschichten welche in längst vergangenen Zeiten spielen haben mir meist besser gefallen, da die Sprache des Autors hier einfach besser zu passen scheint - aber dazu später mehr.
Besonders positiv herausgestochen sind in diesem Abschnitt die Geschichten "Das Einhorn von Magdeburg" und "Der Besucher". Erstere hat mich sehr gerührt. Sie handelt von einem jungen Mann, dessen Familie im Krieg ermordet wird, woraufhin er alles hinter sich lässt und selbst zu dem wird, was er eigentlich hassen müsste. Sie zeigt, wozu die Menschen in Notlagen im Stande sind, wie sie verrohen und bösartige Dinge tun. Doch die Begegnung mit einem jungen Mädchen lässt den Protagonisten erkennen, wozu er geworden ist und er erhält die Chance, seine Menschlichkeit unter Beweis zu stellen, wenn auch auf äußerst schmerzhafte Art und Weise. Eine sehr traurige Geschichte, die mir gut gefallen hat. Die Zweite großartige Geschichte aus diesem Abschnitt des Buches, "Der Besucher", handelt von einem Mann, der so einsam ist, dass er bereit ist für ein wenig Gesellschaft wirklich alles zu geben. Ein Fabelwesen, dass ihn eines Nachts besucht, bekommt dies auf grausame Art zu spüren. Die Geschichte endet für beide tragisch und hat mich noch eine ganze Weile beschäftigt.
Der zweite Abschnitt ist mit "Visionen" betitelt und enthält zwei wunderschöne Schöpfungsgeschichten, beide sehr poetisch und surreal. Sie haben etwas rauschhaftes und verträumtes und wirken noch lange nach. Sicher werde ich sie noch mehrmals hervorholen und im Klang ihrer Worte schwelgen.
Den Abschluss des Buches bilden drei Erzählungen der Kategorie "Unfug", welche alle sehr humorvoll sind und einem nach den vielen, sehr nachdenklich stimmenden Texten ein lächeln ins Gesicht zaubern - oder einen auch mal laut auflachen lassen. Da nutzt eine stets verwirrte Hexe aus Versehen Brausepulver statt Schwefel für einen Zauber, der Dämon Marduk macht jetzt "irgendwas mit Musik" und ein Mann will möglichst unhöflich zu einer alten Frau sein, um ja keinen weiteren Besuch einer wunscherfüllenden Fee zu erhalten.
Die Geschichten in diesem Buch sind alle recht kurz gehalten und eignen sich gut, um sie zwischendurch einzeln zu lesen, so kann man sie auch besser noch ein wenig nachwirken lassen, da einige von ihnen doch sehr nachdenklich stimmen. Manche lassen auch einigen Raum für Interpretationen und so lohnt es sich, der einen oder anderen Geschichte auch etwas Zeit zu lassen noch ein wenig nachzuhallen. Teilweise hätte ich mir die Erzählungen etwas ausführlicher gewünscht und gerade bei den Geschichten welche in der Gegenwart spielen passte die teils altertümlich anmutende Sprache des Autors nicht immer perfekt zum Inhalt. Eine Braut, die ihren Zukünftigen nicht "schelten" will als dieser verletzt auf seiner Hochzeit auftaucht, passt für mich nicht zu den Flitterwochen in der Dominikanischen Republik, um ein kleines Beispiel zu nennen. Dies hat den Lesefluss für mein Empfinden bei zwei oder drei der Erzählungen ein wenig gestört, passt aber umso besser zu den in der Vergangenheit angesiedelten Geschichten, weshalb dies auch nur ein kleiner Kritikpunkt ist.
Alles in allem ein sehr gelungenes Debut voll melancholischer, poetischer, nachdenklich stimmender und auch lustiger Geschichten, bei denen jeder Leser, der gerne ein wenig Magie in seinen Alltag lassen möchte, fündig wird.