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Veröffentlicht am 20.08.2017

Wir lieben Mama Muh!

Mama Muh geht schwimmen
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Vor einiger Zeit ging ich mit meinem Sohn durch unser Dorf spazieren. Kurz zuvor hatten wir zusammen ein neues Kinderbuch, das ich dank einer Empfehlung einer Bloggerin gekauft hatte, gelesen. Als wir ...

Vor einiger Zeit ging ich mit meinem Sohn durch unser Dorf spazieren. Kurz zuvor hatten wir zusammen ein neues Kinderbuch, das ich dank einer Empfehlung einer Bloggerin gekauft hatte, gelesen. Als wir an einer Koppel mit Kühen vorbeikamen, rief mein Sohn völlig aufgeregt: Mama Muh! Komm her! Wo ist Krähe? Etwas irritiert musste ich erst einmal sortieren, was er jetzt damit meinte – das Kinderbuch hatte ich schon längst wieder vergessen. Mein Sohn rief unentwegt nach Mama Muh und einer Krähe, bis es endlich auch seiner Mama klick machte. Kurz zuvor hatten wir „Mama Muh geht schwimmen“ von Jujja Wieslander und Sven Nordqvist gelesen. Und diese Geschichte muss so eindrucksvoll für meinen Sohn gewesen sein, dass er sie nun in der realen Welt suchte. Warum er das ungleiche Gespann so in sein Herz geschlossen hatte, konnte ich gut nachvollziehen.

Als Kind habe ich nichts so sehr gehasst wie folgende Sätze: „Dafür bist du noch zu klein bzw. zu groß!“, „Das kannst du nicht!“ Oder „Das ist unmöglich, das kann ein Mensch nicht!“. Auch wenn ich mich heute selbst oft dabei erwische, wie ich eben diese Sätze meinem Sohn entgegenbringe, finde ich sie nach wie vor falsch. Denn beschneiden wir damit nicht die Fantasie und den Mut unserer Kinder? Ich denke schon und deswegen sind Bücher mit einer Figur wie Mama Muh so wichtig. Denn Mama Muh ist, wie der Name schon sagt eine Kuh. Wer jetzt denkt, dass eine Kuh den ganzen Tag nur auf der Weide steht, Gras frisst und wiederkäut, der irrt sich gewaltig. Mama Muh zeigt dem Leser, dass nichts unmöglich ist. Sie überlegt nicht lange und ignoriert die Krähe, die sie zu gerne darauf hinweist, dass ihr Vorhaben unmöglich ist, weil eine Kuh das eben nicht kann. Für Mama Muh ist das eher noch ein Ansporn.

In „Mama Muh geht schwimmen“ erfahren wir Leser auf 32 wunderschön illustrierten Seiten, was eine Kuh alles in einem Schwimmbad erleben kann. Natürlich erst, nachdem wir die Belehrungen der neunmalklugen und nörgeligen Krähe miterleben durften. Mama Muh genießt den Besuch im Schwimmbad und kehrt stolz nach einer bestandenen Schwimmprüfung mit einem Goldfisch-Abzeichen heim. Da staunt die Krähe nicht schlecht und wirkt sogar ein bisschen traurig, weil sie nicht schwimmen kann. Mama Muh bemerkt es sofort und überlegt sich, wie sie ihre Freundin wieder aufmuntern kann.

Die Krähe ist meiner Meinung nach ein sehr gelungener Kontrast zu Mama Muh. Beide sind so verschieden und doch ergänzen sie sich auf wunderbare Weise und sind gute Freunde. Eine sehr herzliche Kuh, die sich dem Unmöglichen stellt und eine etwas griesgrämige und wilde Krähe – getreu dem Motto harte Schale, weicher Kern -, die kein Blatt vor dem Mund nimmt.

Während des Lesens fiel mir immer wieder auf, wie engstirnig und rational wir Erwachsenen sind. Kinder betrachten diese Geschichte mit ganz anderen Augen. Sie fragen sich nicht, ob ein Fahrrad überhaupt das Gewicht einer Kuh tragen kann, oder ob es anatomisch überhaupt möglich ist, dass eine Kuh sich aufrichten kann. Und das muss man sich mal vorstellen! Eine Kuh auf der Wasserrutsche oder gar neben sich im Whirlpool oder in der Sauna sitzend. Schön, dass man auch noch als Erwachsener dazulernen kann und die Dinge einfach so nimmt, wie sie sind: Mama Muh kann das!

„Mama Muh geht schwimmen“ von Jujja Wieslander und Sven Nordqvist ist in tolles Bilderbuch, das ich allen Vorlesern wärmstens empfehlen kann. Es bietet nicht nur detailreiche und witzige Illustrationen, sondern auch eine humorvoll und tief gehende, aber trotzdem leichte Handlung mit gewichtigen Botschaften.

Mama Muh hat übringens schon in vielen Bänden einige "unmögliche" Dinge erlebt und möglich gemacht. Und dieses Buch wird auch nicht unser letztes sein.

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Veröffentlicht am 20.08.2017

Lizzy Carbon hat sich verändert ...

Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe - Band 2
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Es geschieht sehr selten, dass man in einer Geschichte eine literarische Figur findet, bei der man das Gefühl hat, sie schon ewig zu kennen. An eine Protagonistin, mit der es mir so ergangen ist, erinnere ...

Es geschieht sehr selten, dass man in einer Geschichte eine literarische Figur findet, bei der man das Gefühl hat, sie schon ewig zu kennen. An eine Protagonistin, mit der es mir so ergangen ist, erinnere ich mich noch sehr gut: Lizzy Carbon! Außenseiterin und hormongesteuerte Teenagerin mit zotteligen Haaren. Meisterin des Sarkasmus, Expertin für Fettnäpfchen jeder Art und unüberlegtes Aussprechen von Gedanken, die man lieber für sich behalten hätte. Herrje - Lizzy und ich ähneln uns auf unheimliche Weise, nur dass ich ihr im Alter weit voraus bin.

Lizzy lernte ich in dem großartigen Debütroman „Lizzy Carbon und der Klub der Verlierer“ von Mario Fesler kennen und lieben. Die Chaosqueen mit dem Herz aus Gold und der Spinne auf der Zunge hat mich vor allem mit ihrem Humor, ihrer Begeisterungsfähigkeit und ihrem wahren Interesse für Menschen restlos für sich eingenommen. Aus diesem Grunde war ich völlig aus dem Häuschen, als ich von einem weiteren Band über Lizzys Leben erfuhr.

Mit „Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe“ ist nun ein zweiter Band erschienen, in dem es um das Thema Liebe gehen. Vorab hatte ich keinerlei Befürchtungen, dass dieses Thema zu schwülstig und zu seicht behandelt werden könnte. Mario Fesler hat in seinem Debüt deutlich gezeigt, dass er das Potenzial eines Themas völlig ausschöpfen kann und Männer haben ja bekanntermaßen eine etwas nüchternere Betrachtungsweise als wir Frauen. Aus demselben Grund war ich sehr gespannt, wie Mario Fesler Lizzys Gefühlwelt zu Papier bringt. In dieser Geschichte geht es jedoch nicht nur um Lizzys erste Verliebtheit, sondern man könnte die Liebe als eine große Überschrift sehen. Es gibt verschiedene gute und schlechte Beziehungen, die hier von dem Autor beleuchtet werden. Jede literarische Figur liebt eine andere, oder eben nicht. Zum Teil gibt es große Krisen zu bewältigen, wie bei Lizzys Eltern, die sich anscheinend überhaupt nicht mehr verstehen. Und jeder reagiert in Krisen anders und irgendwann muss Lizzy feststellen, dass die Wunder der Liebe ganz schön anstrengend sind.

Im gewohnt sarkastischen Stil berichtet Lizzy ihren Lesern - zum Teil in Tagebuchform -, was in der Welt um sie herum alles passiert und was sie selbst bewegt. Neben den allgegenwärtigen und urkomischen Absurditäten gibt es die noch so fremden Gefühle des ersten Verliebtseins, die Lizzy in vollen Zügen genießt. Aber auch viele Sorgen und große Angst um die eigene Familie. Und irgendetwas hat all dies mit Lizzy gemacht. Ich habe sie teilweise nicht wiedererkannt. Sie ist reifer und etwas besonnener geworden (ihre Haare scheinen auch kein Problem mehr darzustellen), was ich wirklich schade finde, auch wenn Entwicklungen wichtig sind und dem Lauf der Dinge entsprechen. Ich wollte mich aber noch nicht von diesem rebellischen Mädchen mit dem rabenschwarzen Humor verabschieden. Zum Glück gab es noch genügend Passagen, in denen ich dieses Mädchen wiedergefunden habe. Sehr positiv fand ich, dass im Laufe der Handlung die Gefühle von Lizzy nicht überspitzt dargestellt wurden, genau wie ihre erste Liebesgeschichte. So kommt es bei den jüngeren Lesern auch nicht zu falschen Vorstellungen oder zu übertrieben hohen Erwartungen. Die Liebe läuft eben nicht immer wie in einem hollywoodreifen Film ab.

Ein abschreckendes Beispiel waren für mich Lizzys Eltern. Nicht im Bezug auf ihre Probleme, sondern eher wie sie damit umgingen. Die eigenen Probleme in Alkohol zu ertränken oder gar vor ihnen wegzulaufen ist eine Sache. Die eigenen Kinder aber völlig überfordert zurückzulassen etwas anderes. Hier hätte ich mir klarere Botschaften von Mario Fesler gewünscht. Aber irgendwie hatte ich fast im gesamten Buch das Gefühl, dass alles etwas oberflächlicher und sprunghafter, als im ersten Band abgehandelt wurde.

Auch wenn „Lizzy Carbon und die Wunder der Liebe“ für meinen Geschmack vom Niveau nicht ganz an seinen Vorgänger herankommt, bleibt Lizzy Carbon meine ungeschlagene Lieblingsprotagonistin. Sie vertreibt manch finsteren Gedanken mit ihrem wunderbaren Humor und gibt dem Leser die Hoffnung und die Gewissheit, dass sich auch nach zahlreichen Katastrophen die Erde einfach weiterdreht …

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Veröffentlicht am 10.08.2017

Kommt nicht an "Eleanor & Park" heran

Fangirl
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Zwillingen – besonders den eineiigen - wird nachgesagt, dass sie ein ganzes Leben lang eine besondere Bindung haben. Sie umschlingt ein unsichtbares Band, das sie auf eine bestimmte gemeinsame Gefühlsebene ...

Zwillingen – besonders den eineiigen - wird nachgesagt, dass sie ein ganzes Leben lang eine besondere Bindung haben. Sie umschlingt ein unsichtbares Band, das sie auf eine bestimmte gemeinsame Gefühlsebene versetzt, die niemand sonst erreichen kann. Schmerzhaft wird es für ein Zwillingspaar, wenn sie sich während der Pubertät nicht nur von ihren Eltern abnabeln müssen, sondern auch voneinander, um ihren eigenen Platz im Leben zu finden. Die Zwillinge Cath und Wren sind auch durch ein stabiles Band verbunden. Doch nun beginnt für beide mit dem College ein neuer Lebensabschnitt. Wren scheint nun andere Interessen zu entwickeln und entfernt sich zunehmend von ihrer Schwester. Für Cath sind diese Entwicklungen ein harter Schlag und machen ihr Angst. Anstatt sich diesen Ängsten zu stellen und sich in das für sie neue College-Leben zu integrieren, kehrt sie lieber der realen Welt den Rücken und verliert sich beim Schreiben von Fanfiction in einer magischen Welt – wo es keine bösen Überraschungen gibt, weil Cath die Fäden zieht und alle Ereignisse bestimmt. Doch irgendwann muss sie auf schmerzliche Weise lernen, dass die wichtigen Schritte außerhalb der eigenen Komfortzone gemacht werden.

In ihrem neuen Roman „Fangirl“ beschreibt Rainbow Rowell in einem sehr eindringlichen Stil die Veränderungen in der besonderen Beziehung zwischen den Zwillingen Cath und Wren - obgleich Wren für den Leser eher im Hintergrund agiert. Die Geschichte von Cath dem Fangirl gleicht meiner Meinung nach einer sehr intensiven Charakterstudie eines jungen Menschen, der sich nach vielen schmerzlichen Erfahrungen eine eigene Welt erschaffen hat, um den eigenen Schmerz nach zahlreichen Verletzungen abzumildern.
Als Leser erfährt man mit jeder gelesenen Passage, wie Caths bisheriges Leben verlaufen ist und was sie angetrieben hat eine virtuelle der realen Welt vorzuziehen. Man erlebt, wie Cath nach und nach gezwungen wird sich weiterzuentwickeln, um aus ihrer Komfortzone auszubrechen, sich echten Menschen öffnen und an sich selbst zu glauben. Und was könnte verlockender sein, als die Liebe?

„Fangirl“ von Rainbow Rowell ist ein Buch, das seine Leser durch ruhiges Fahrwasser dahintreiben lässt. Die Geschichte entwickelt sich erst nach und nach, dann aber stetig. Cath wird mit jedem neuen Kapitel etwas offener und berichtet auf eindringliche Weise über die vielen Brennpunkte in ihrem Leben.
Ein für mich uninteressanter Brennpunkt war Caths Leidenschaft für Simon Snow. Genauer gesagt nicht ihre Leidenschaft für die literarische Figur – jeder sollte für etwas brennen -, sondern die Vielzahl an Textpassagen aus den Simon Snow Büchern und die von Cath geschriebene Fanfiction, in der sie ihre Fantasien auslebt. Ich persönlich konnte diesen Texten nichts abgewinnen. Vielmehr wollte ich über Caths reales Leben erfahren. Um ihre Leidenschaft für den Magier nachvollziehen zu können, hätte mir die Lektüre „Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow“ von Rainbow Rowell womöglich etwas auf die Sprünge geholfen. Beide Bücher scheinen genau wie Cath und Wren eine besondere Verbindung zu haben.

Rainbow Rowell scheint mit „Fangirl“ die Leserschaft zu spalten. Die einen überschlagen sich mit Lob, die anderen mit negativen Kritiken. Ich sitze buchstäblich zwischen den Stühlen, denn einerseits habe ich sehr gerne viele interessante und eindringliche Stunden mit der außergewöhnlichen und so menschlichen literarische Figur Cath und einer erfrischenden Liebes- und Lebensgeschichte verbracht. Andererseits haben einige Längen und die Textpassagen zum Thema Simon Snow aus dieser Geschichte meine Geduld etwas strapaziert.

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Veröffentlicht am 06.08.2017

Meja macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt ...

Meja Meergrün
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Neue literarische Heldinnen braucht das Kinderbuch-Genre! Aber nicht irgendwelche … Stark sollten sie sein, kämpferisch und ohne Furcht die eigenen Emotionen zu zeigen. Sie sollten träumen und ihre Träume ...

Neue literarische Heldinnen braucht das Kinderbuch-Genre! Aber nicht irgendwelche … Stark sollten sie sein, kämpferisch und ohne Furcht die eigenen Emotionen zu zeigen. Sie sollten träumen und ihre Träume verwirklichen. Und vor allem sollten sie an sich selbst glauben. Nach diesen Heldinnen suche ich aktuell, denn ich möchte, dass mein Sohn nicht nur mit männlichen Heldenfiguren aufwächst.
Natürlich gibt es einige literarische Figuren wie Pippi Langstrumpf oder Ronja Räubertochter, die mir zu diesem Thema einfallen, aber vor Kurzem durfte ich eine noch recht junge und frische Protagonistin aus einer neuen Kinderbuchreihe kennenlernen, die das Potenzial zur Heldin hat: Meja Meergrün.

Die kleine Meerjungfrau lebt in einer magischen Unterwasserwelt. Ihre Eltern verreisen sehr oft und während dieser Zeit wohnt Meja allein in einem wunderschönen Haus mit einer meergrünen Glocke. Und was tut man, wenn die eigenen Eltern ausgeflogen sind? Richtig! Man sucht nach großen Abenteuern, die man mit seinen besten Freunden bestreiten kann. Lange suchen muss Meja jedoch nicht, denn in den letzten Tagen scheint irgendetwas Merkwürdiges in der Unterwasserwelt vorzugehen. Nach und nach wird es dunkler auf dem Meeresgrund. Dahinter steckt bestimmt die böse Wasserhexe Siri und Meja macht sich zusammen mit ihren Freunden auf, um das Verlöschen des Lichts zu verhindern und schlittert von einem tollkühnen Abenteuer ins nächste.

Bevor Meja sich ins Abenteuer stürzt, lernt der Leser erst einmal ihre Lebensumstände etwas besser kennen. Sie lebt allein in einem großen Haus, ihre Eltern begeben sich meistens auf geheimnisvollen Reisen und lassen Meja viel Freiraum, obgleich diese noch recht grün hinter den Ohren ist. Meja liebt es, ohne Regeln in den Tag hineinzuleben und sich mit ihren Freunden in der Unterwasserwelt zu tummeln. Zur Schule geht Meja einfach nicht. Das findet ihre Lehrerin überhaupt nicht gut und setzt alles daran die kleine Meerjungfrau umzustimmen.
Erinnert euch das vielleicht an eine andere Geschichte? Mich auch und das war für mich ein großer Kritikpunkt. Gerade am Anfang gab es doch viele Parallelen zu „Pippi Langstrumpf“, die der Autor lieber weggelassen hätte. Genau wie die darauffolgenden Ereignisse, die vergleichbar mit den Begebenheiten aus „Arielle, die Meerjungrau“ sind. Bei mir kam im Laufe der Geschichte auch die Frage nach dem Verbleib der Eltern auf, weil dieses Thema nicht behandelt wird. Als Erwachsener muss man bei Kinderbüchern manchmal das rationale Denken weglassen und über solche Dinge hinwegschauen. Bei „Meja Meergrün“ entdeckt man dann auch die vielen unterhaltsamen und sehr witzigen Details und die amüsanten literarischen Figuren in der abenteuerlichen Handlung und kann, zusammen mit seinem Kind, das sich sowieso nicht von den Ereignissen ablenken lässt, eine wunderbare Geschichte erleben.

„Meja Meergrün“ habe ich zusammen mit meinem Sohn in Hörbuchform erleben dürfen - gelesen und gesungen von der brillanten Hörbuchsprecherin Anna Thalbach. Diese verleiht durch ihre Stimme, jedem Protagonisten aus dieser Geschichte eine ganz besondere Charakternote. Besonders ausgeprägt ist diese Note jedoch bei Meja Meergrün. Diese literarische Figur wirkt so abenteuerlustig, wild und mutig, manchmal aber auch etwas rotzig und frech. Eine wichtige charakterliche Eigenschaft ist auch ihre Liebenswürdigkeit, die immer wieder durchsickert – auch wenn Meja es nicht möchte. Ihr Herz ist einfach am richtigen Fleck.

„Meja Meergrün“ von Erik Ole Lindström ist der Auftakt zu einer neuen Kinderbuchreihe, in der viel Potenzial schlummert. Wenn der Autor sich in den nächsten Bänden etwas mehr auf seine eigenen Ideen beschränkt und seiner Handlung und einigen Protagonisten etwas mehr Tiefe verleiht, kann daraus eine großartige Geschichte entstehen, die mit einer weiblichen literarischen Heldenfigur gekrönt wird.

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Veröffentlicht am 30.07.2017

Ein Buch für laue Sommernächte

Du neben mir und zwischen uns die ganze Welt
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Habt ihr euch schon mal auf ein Buch eingelassen, ohne dass ihr wusstet, was euch thematisch erwartet? Für mich ist es immer wieder ein Erlebnis und ich lasse mich gerne darauf ein, weil für meinen Geschmack ...

Habt ihr euch schon mal auf ein Buch eingelassen, ohne dass ihr wusstet, was euch thematisch erwartet? Für mich ist es immer wieder ein Erlebnis und ich lasse mich gerne darauf ein, weil für meinen Geschmack in den Kurzbeschreibungen der Bücher viel zu viel vom Inhalt preisgegeben wird.
Meine Lektüre wähle ich oft nach den Bewertungen anderer Leser und nach der Gesamtgestaltung aus. Natürlich gehe ich damit auch ein Risiko ein, aber das Leseerlebnis ist dafür umso größer. Mein letztes Buch habe ich genau nach diesem Schema ausgewählt und einen absoluten Volltreffer gelandet. Die Vielzahl an positiven Leserbewertungen hat mich sehr neugierig auf „Du neben mir und zwischen uns die ganze Welt“ von Nicola Yoon gemacht und die wunderschöne Aufmachung leistete den Rest an Überzeugungsarbeit.

Wie bereits erwähnt, hatte ich keinerlei Vorstellungen davon, was mich erwarten würde. So konnte sich die Geschichte mit jeder Seite etwas mehr entfalten und mich unvoreingenommen mit einer für mich faszinierenden Handlung begeistern.
In den ersten Passagen durfte ich die außergewöhnliche literarische Hauptfigur Madeline kennenlernen. Außergewöhnlich ist sie deshalb, weil sie ein ungewöhnliches Leben hinter den dicken Mauern ihres Wohnhauses fristet. Sie hat keine Ahnung davon, wie sich ein warmer Sommerregen oder ein kühler Windhauch auf der Haut anfühlt, denn jeder Schritt in der freien Natur könnte ihren Tod bedeuten. Trotzdem hadert Madeline nicht mit ihrem Schicksal und weiß sich mit Büchern und Fernkursen zu beschäftigen. Die Fenster ihrer Wohnung sind, neben ihrer Mutter und einer Pflegerin, die einzige Verbindung zur Außenwelt. Eines Tages beobachtet sie, wie ein Junge ins Haus gegenüber einzieht. Zu diesem Zeitpunkt hat Madeline noch keine Ahnung, wie sehr dieser Junge namens Olly ihr Leben durcheinanderbringen wird.

Madelines Liebe zu besonderen Büchern hat mich komplett für sie eingenommen. Nicht nur weil sie viele Geschichten gelesen hat, die mir auch sehr am Herzen liegen. Auch die Art und Weise, wie sie manchmal ihre Bücher liest, fand ich sehr interessant.

„Manchmal lese ich meine Lieblingsbücher von hinten nach vorne. […] Wenn man verkehrt herum liest, wechseln die Charaktere von Hoffnung zu Verzweiflung, von Selbsterkenntnis zu Selbstzweifeln. Liebesgeschichten beginnen damit, dass Paare Liebende sind und zu Fremden werden. Gestorbene Lieblingsfiguren erwachen wieder zum Leben.“ Seite 178


Madeline meint, ihre Lebensgeschichte würde sich beim Rückwärtslesen nicht verändern. Wie falsch sie da doch liegt. Ehrlich gesagt würde ich aber keinem empfehlen, sie rückwärts zu lesen. Denn so würden viele faszinierende, bewegende Momente und Wendungen an ihrer Wirkung verlieren.

Nicola Yoon hat ihre liebenswerten und authentischen Figuren in eine sehr interessante Handlung hineingeschrieben und beschert dem Leser ein außerordentlich schönes Leseerlebnis. Man erhält einen guten Einblick in Madelines ungewöhnliches Leben und in ihre Gefühlswelt, die von einem auf den anderen Augenblick komplett aus den Fugen gerät. Man fiebert mit ihr und lässt sich von dem lyrischen Schreibstil und der vielfältigen Handlung mitreißen. Nicalo Yoon versteht es die gewichtige Thematik ihrer Geschichte leicht und beschwingt zu verpacken, um ihre Leser nicht zu überfordern.
Das filigran illustrierte Cover enthält viele Symbole, die wichtiger Bestandteil der Geschichte sind. Auch die gelungene Gesamtgestaltung fügt sich perfekt in die Geschichte ein. Auf einigen Seiten findet man ausgewählte Illustrationen, die zur gelesenen Passage passen. All das macht „Du neben mir und zwischen uns die ganze Welt“ zu einem Buch für laue Sommertage, an dem man nichts weiter tun möchte, als eine wunderbare Geschichte zu lesen.

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