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Veröffentlicht am 09.04.2022

War mir zu politisch

Die Buchhandlung in der Amalienstraße
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München 1913: Für Elly wird ein Traum wahr, als sie in der Buchhandlung in der Amalienstraße ihre Ausbildung beginnen darf.
Zusammen mit ihrer Freundin Henni liest sie jedes Buch, das ihr in die Finger ...

München 1913: Für Elly wird ein Traum wahr, als sie in der Buchhandlung in der Amalienstraße ihre Ausbildung beginnen darf.
Zusammen mit ihrer Freundin Henni liest sie jedes Buch, das ihr in die Finger kommt.
Als der erste Weltkrieg beginnt, können die beiden sich nicht mehr in ihre Bücher flüchten....

Neben Elly und Henni spielt das historische München eine große Rolle. Die politische Entwicklung vor und während des Krieges sind mehr als nur der Rahmen einer sehr feministischen Erzählung rund um Bücher und vor allem Schriftstellerinnen der damaligen Zeit.
Die verschiedenen Details dazu sind beeindruckend und die entsprechende Recherche muss enorm gewesen sein!
Ich mag die Bücher der Autorin sehr und die Protagonistinnen waren mir durchaus sympathisch, aber irgendwann war mir der Grundtenor "Frauen können auch.... Frauen sollten endlich...." einfach zu viel.
Auch die gehäufte namentliche Nennung von diversen real existierenden Politikern, Verlegern, Autor(inn)en (die mir völlig unbekannte Carry Brachvogel z.B. wird mir persönlich deutlich zu oft erwähnt), sowie Buchtiteln, war mir etwas zu anstrengend. Es hat mir einfach den Lesefluss zu sehr gebremst.
Auch hätte ich gern, statt Berichte über politische Treffen oder Kundgebungen, mehr über die persönliche Entwicklung der Freundinnen erfahren.
Es tut mir fast weh, aber ich habe manchmal nur noch quergelesen.

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Sardische Vergangenheit

Die sardische Hochzeit
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Der Titel dieses bemerkenswerten Buches lässt eine italienisch-romantische Handlung vermuten. Dem ist allerdings nicht ganz so.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Leo, ein Kriegsveteran des 1. Weltkrieges, ...

Der Titel dieses bemerkenswerten Buches lässt eine italienisch-romantische Handlung vermuten. Dem ist allerdings nicht ganz so.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Leo, ein Kriegsveteran des 1. Weltkrieges, der noch immer unter den traumatischen Folgen seines Fronteinsatzes leidet.

Auf Sardinien, wo Leo sich wegen einer unbedachten Handlung vor den Faschistischen seiner liturgischen Heimat versteckt, lernt er nicht nur mit Gioia die Liebe seines Lebens kennen, sondern er erkennt auch, welch schrecklichen Weg Italien gehen wird, wenn Mussolini immer mehr Zuspruch erfährt.

Gioia lebt ein traditionelles sardische Leben. Als Tochter muss sie tun was der Vater von ihr verlangt. Auch wenn es sich um eine arrangierte Ehe handelt, die eine alte Blutfehde beenden soll!

Als Leo und Gioia sich begegnen, spüren sie sehr schnell eine unausgesprochene Anziehungskraft.

Aber beide sehen, bedingt durch Zeit und Umstände, keine Möglichkeit für eine gemeinsame Zukunft.

Also wird Gioia in eine ihre fremde - und nicht besonders wohlgesonne - Sippe einheiraten, während Leo die Insel wieder verlassen will.



Auch wenn die Liebesgeschichte zwischen Leo und Gioia ein wichtiger Bestandteil der Handlung ist, hat mich der historische Rahmen deutlich mehr beeindruckt.

Da sind zum einen die verschiedenen sardischen Bräuche und Mythen, die vor jedem Kapitel in kurzen Abschnitten auf faszinierende Art beschrieben werden.

Und zum anderen, sehr interessant mit eingeflochten, wie das Erstarken der Faschisten in Italien immer mehr den Alltag bestimmt.

Die Protagonisten des Buches erschienen mir manchmal vertraut, manchmal fremd. Das Sardinien dieser Zeit ist einem als Teil Italiens nah, aber als Land, welches von uralten Traditionen geprägt ist, dann wieder sehr fern.

Aber gerade diese zwei Seiten machen die Geschichte für mich besonders fesselnd.

Das Ende der Geschichte, das Aufdecken eines alten Geheimnisses, kam gänzlich unerwartet!

Die Zukunftsperspektiven lassen jedoch Raum für Spekulationen.

Wie wird es für Leo und Gioia weitergehen? Wie wird sich das Geschehen auf die Familien, das Leben in Ligurien und auf Sardinien auswirken?

Ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung!

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Veröffentlicht am 05.04.2022

Der Wald als Kosmos

Das Lied des Waldes
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Nach dem Tod ihrer Mutter kehrt Veronika in ihr Elternhaus im Nürnberger Reichswald zurück um dessen Verkauf abzuwickeln.
Ganz ungelegen kommt ihr diese Flucht aufs Land nicht: Ihre Ehe liegt in Scherben, ...

Nach dem Tod ihrer Mutter kehrt Veronika in ihr Elternhaus im Nürnberger Reichswald zurück um dessen Verkauf abzuwickeln.
Ganz ungelegen kommt ihr diese Flucht aufs Land nicht: Ihre Ehe liegt in Scherben, sie hat ihrem Job verloren und sich selbst entfremdet.
Die Kindheitserinnerungen in dem alten Forsthaus überwältigen Veronika und sie entdeckt ihre alten Aufzeichnungen über Anna Stromer wieder, die sich im 14. Jahrhundert mit Pioniergeist für den Schutz des Waldes eingesetzt hat.

Veronika hat sich, nachdem sie ihr Elternhaus Richtung Frankfurt verlassen hat, nie mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt.
Das frühere Leben im Forsthaus war ihr zu eng, die dortige Welt zu klein. Selbst ihre große Liebe hat sie ohne Abschied zurückgelassen. Ziellos ist sie durch ihr Leben getaumelt, die vermeintliche Karriere war eher eine Flucht vor sich selbst. Für die Verwirklichung ihrer einstigen Träume fehlte ihr der Mut.
Jetzt aber wird Veronika auf sich selbst zurückgeworfen und sie muss sich fragen, was ihr im Leben wichtig ist.
Anna ist das genaue Gegenteil. Ihre gesamte Welt ist der Wald vor ihrer Tür. Sie lebt aber nicht mit oder in ihm, sondern erst durch ihn. Wie niemand sonst versteht Anna den Wald als einen eigenen Kosmos, einen ewigen Kreislauf des Lebens.
Als junges Mädchen hat ihre Stimme, in der durch die reichen und einflussreichen Patrizier geprägten Gesellschaft, keinerlei Gewicht oder Bedeutung. Aber durch ihre stille und kluge Art macht sie an der richtigen Stelle auf sich aufmerksam und bringt tatsächlich bahnbrechende Veränderungen voran.

In diesem faszinierenden Buch gibt es neben Veronika und Anna eine dritte Haupt"person": Den Nürnberger Reichswald.
Klara Jahn vermittelt durch die Stimme von Anna ein unglaublich spannendes und interessantes Wissen über den Wald und das Leben darin. Jedes Lebewesen, ob Pflanze oder Tier, hat seinen Platz in dieser in sich geschlossenen Welt, in der es keinen endgültigen Tod gibt. Es existiert nur entstehen, wachsen und vergehen. Und selbst durch letzteres entsteht neues Leben.

Anna Stromer ist eine historische verbürgte Figur. Welcher Teil von ihrer Geschichte hier tatsächlich überliefert, oder der Phantasie der Autorin entsprungen ist, weiß ich leider nicht.

Für Natur-Liebhaber ist dieses Buch eine wunderschöne Liebeserklärung an die Wälder, die man nach der Lektüre nochmal mit ganz anderen Augen sehen, riechen, hören und fühlen wird.

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Veröffentlicht am 29.03.2022

Wer wahrhaftig liebt, fürchtet die Wahrheit nicht.

Das Goldblütenhaus - Der Ruf einer neuen Zeit
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Das Kosmetikunternehmen Glanz ist durch seine einzigartige Goldblütencreme berühmt und erfolgreich geworden.
Immer schon haben die Frauen der Familie die Geschicke der Firma mitbestimmt, und inzwischen ...

Das Kosmetikunternehmen Glanz ist durch seine einzigartige Goldblütencreme berühmt und erfolgreich geworden.
Immer schon haben die Frauen der Familie die Geschicke der Firma mitbestimmt, und inzwischen führt Leonie, die Enkelin des Gründers, das Unternehmen.
Für ein anstehendes Familienjubiläum gibt sie eine Firmenchronik in Auftrag. 

Mit "Der Ruf einer neuen Freiheit" startet eine Trilogie, die ihre Leser(innen) sofort mitnimmt an den Tegernsee und mitten hinein in das Leben der Familie Glanz.
Mit ihrer ruhigen, empathischen Erzählweise gelingt es Gabriela Groß ganz mühelos, Menschen und Orte vor dem inneren Auge erstehen zu lassen.
So geht es zu Beginn und in kurzen Zwischenkapiteln um Hedi, der Ehefrau des Gründers Alfons Glanz - der Fokus aber liegt auf Enkelin Leonie, deren Leben nach dem plötzlichen Tod des Bruders eine neue Wendung nimmt.
Mit der Idee der Familienchronik spült es bei den Protagonistinnen Teile ihrer Vergangenheit an die Oberfläche und damit die Frage "Sich stellen oder weiter schweigen?"
Eine verhängnisvolle Aussage ihrer Zwillingsschwester Ellla hatte Leonies Beziehung zu ihrer großen Liebe Michael zerstört.
War der Tod von Bruder Alexander vielleicht gar kein Unfall?
Welches große Geheimnis kann Hedi seit Jahren nur ihren heimlichen Briefen anvertrauen?
"Wer wahrhaftig liebt, fürchtet die Wahrheit nicht."
Das dies nicht immer einfach ist, erfahren die Protagonist(inn)en auf teils schmerzhafte Weise.
So kämpfen Leonie und Ehemann Gedeon nach einer Ehekrise um Vertrauen, Ella hofft auf ein Verzeihen und Hedi ringt mit sich selbst.

Mich hat erneut der warmherzige Schreibstil der Autorin begeistert.
Ihre Charaktere sind lebensnah, die Handlung wird extrem atmospärisch erzählt.
Auch wenn sich manches wie vermutet gefügt hat, bleiben noch einige Handlungsstränge offen und machen neugierig auf die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 22.03.2022

Ode an das Leben

Für immer und noch ein bisschen länger
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Seit dem Tod ihres Verlobten vor sechs Jahren hat sich Anna aus dem Leben zurückgezogen.
Seitdem lebt sie allein, unterhält sich aber weiter in Gedanken mit ihm.
Als ihr Vermieter plötzlich Eigenbedarf ...

Seit dem Tod ihres Verlobten vor sechs Jahren hat sich Anna aus dem Leben zurückgezogen.
Seitdem lebt sie allein, unterhält sich aber weiter in Gedanken mit ihm.
Als ihr Vermieter plötzlich Eigenbedarf anmeldet, muss Anna ihre Traumwohnung verlassen. Notgedrungen zieht sie in einer Senioren-WG ein, denn in Berlin eine bezahlbare Wohnung zu finden scheint unmöglich.
Nach und nach merkt Anna, in der Vergangenheit ihrer neuen Mitbewohner schlummern ebenfalls Geschichten, die von Liebe und Verlust erzählen.
Gunilla hat seit Jahren ihre Wohnung nicht verlassen, die stille Rose häkelt den ganzen Tag und Kurt-Georg kümmert sich um alles, nur nicht um sein gebrochenes Herz.
Anna beschließt, sie alle ins Leben zurückzuholen.
Aber das bedeutet, sie muss endlich auch wieder auf andere zugehen und selbst Nähe zulassen.
Hilfe und Unterstützung bekommt Anna dabei von ihrem blinden Nachbarn Anders.

Dieses wunderbare Buch ist ein literarisches Juwel!
Die Autorin erzählt mit ruhigen Worten und in einem unglaublich empathischen Schreibstil nach und nach die Geschichten von ganz unterschiedlichen Menschen, die man einfach lieben muss!
Und so ist man beim lesen gefühlt mit dabei, wenn Anna wieder anfängt zu leben, Gunilla ihre Angst überwindet, KG zu einer Lebenslüge steht und Rose ihre Stimme wiederfindet.
Das langsame Erwachen von gegenseitigem Vertrauen wird unglaublich warmherzig erzählt und für alle ist es fast wie eine Erlösung, wenn sie ihre Vergangenheit, mit allen Fehlern und Versäumnissen, offen legen und aus Mitbewohnern Freunde werden.
Und auf einmal ist da Zuversicht und Lust auf den nächsten Morgen.

Ich habe mit diesen, im wahrsten Sinne des Wortes, liebenswerten Menschen gelacht und geweint.
Wie gerne würde ich sie alle besuchen und oder zumindest im Innenhof stehen und zuhören, wenn Gunilla "O sole mio" singt.
Eine wunderschöne, herzerwärmende Geschichte über Liebe, Vertrauen, Freundschaft und Hoffnung. Eine Ode an das Leben!

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