Ein bewegendes Buch mit einer sehr interessanten Handlung, die ein paar kleine Schwächen aufweist
Vox„Vox“ ist der Debütroman von Christina Dalcher. Der sozialkritische Roman ist im August 2018 erschienen.
Eine neue Regierung versetzt die USA wieder in eine Zeit, in der die Frauen keinerlei Rechte haben: ...
„Vox“ ist der Debütroman von Christina Dalcher. Der sozialkritische Roman ist im August 2018 erschienen.
Eine neue Regierung versetzt die USA wieder in eine Zeit, in der die Frauen keinerlei Rechte haben: Kein Pass, keine Arbeit, kein Wahlrecht und auch keine Stimme. Ein Wortzähler, den jedes Mädchen und jede Frau tragen muss, erlaubt nicht mehr als 100 Wörter pro Tag, danach wird frau mit Stromschlägen bestraft. Jean war vor der Neuerung eine hochangesehene Neurowissenschaftlerin. Jetzt muss sie miterleben, wie ihre kleine Tochter in der Schule nicht im Lesen unterrichtet wird, sondern nähen und kochen lernt, ihre Söhne allmählich die neuen Regeln verinnerlichen und die Frauen abfällig betrachten und ihr Mann sich immer mehr anpasst. Aber Jean will nicht aufgeben, sie ist bereit für ihre Stimme zu kämpfen. Wie weit würdest du gehen, um eine falsche Regierung zu stürzen?
Dystopie oder realitätsnah, die Frage habe ich mir so manches Mal gestellt. Die Schilderungen, wie es zu dem Wechsel in der Regierung, der schleichenden Patriarchalisierung, dem religiösen Fanatismus gekommen ist, sind durchaus realistisch und lassen dieses – für jede Frau – Horrorszenario nicht so abwegig erscheinen, wie es wünschenswert wäre. Allerdings ist der weitere Verlauf der Geschichte, wie Jean es schafft, die Regierung zu hintergehen doch sehr fantastisch und unrealistisch.
Der Anfang des Buches war faszinierend und erschreckend zu gleich. Mitanzusehen, wie die Regierung es mit perfiden Methoden schafft, ihre fanatischen Vorstellungen umzusetzen und Gehirnwäsche bei den Menschen zu betreiben, wie schnell sich die jungen Leute an diese Regeln gewöhnen und sie als normal und richtig erachten, wie die Weltsicht sich ändern kann und man auf einmal Freunde/geliebte Menschen verrät und verachtet, weil sie sich „falsch“ verhalten, ist erschreckend, zumal es nichts Neues ist, sondern ja in anderer Art und Weise bereits vorgekommen ist.
Im Verlauf des Buches gerät dieser Ansatz dann aber etwas mehr in den Hintergrund und die neurolinguistische Arbeit der Protagonistin gerät in den Fokus. Sowohl was die medizinischen Fakten anbelangt als auch am Ende die Umsetzung von Jeans Plan bleibt es dann allerdings sehr schwammig und die Erklärungen lassen viele Fragen des Lesers unbeantwortet. Hier hätte die Autorin vermutlich etwas tiefer recherchieren müssen, um mehr ins Detail gehen zu können und sich nicht zu sehr in Ungereimtheiten zu verstricken.
Der Schreibstil ist gut. Das Buch liest sich flüssig und durch die Ich-Erzählperspektive kann man sich auch gut in Jeans Gefühls- und Gedankenwelt hineinversetzen.
Das Cover rüttelt wach und zeigt sofort, worum es geht. Die roten Buchstaben auf dem weißen Grund wirken alarmierend und das rote X vor dem Mund der Frau verdeutlicht anschaulich das Thema.
Sozialkritik, religiöser Fanatismus, Feminismus, Gleichberechtigung sind die Hauptthemen des Buches.
Fazit:
Ein bewegendes Buch mit einer sehr interessanten Handlung, die ein paar kleine Schwächen aufweist. Aber durchaus lesenswert.