Nachdem von Takis Würger im Jahr 2017 „Der Club“ erschienen ist, sorgt er nun mit seinem neuen Roman „Stella“ für ordentlich Aufregung. Das aktuelle Buch wird heiß diskutiert und von der Presse geradezu zerrissen. Wer weiß, wovon „Stella“ handelt, wird von den Diskussionen im Internet, im Radio und Fernsehen wenig überrascht sein.
Eine Liebesgeschichte zu NS-Zeiten …
Im Jahr 1942 reist ein junger Mann namens Friedrich vom Genfer See nach Berlin. Dort lernt er Kristin kennen, die ihm den Kopf verdreht. Gemeinsam ziehen sie durch Jazzclubs und lassen den Krieg in den Hintergrund rücken. Bis Kristin eines Morgens mit Striemen im Gesicht vor Friedrich auftaucht. Sie ist schwer verletzt und damit wird Friedrich klar, dass „Kristin“ ihm nicht die Wahrheit erzählt hat. Denn Kristin ist nicht Kristin, sondern Stella. Eine Jüdin, die ihre Eltern vor dem Konzentrationslager Auschwitz bewahren möchte und sich deswegen auf einen Pakt mit der Gestapo einlässt: Stella ist fortan „Greiferin“ und muss Juden denunzieren, die - wie sie zuvor – unter falscher Identität in Berlin untergetaucht sind.
Der Roman „Stella“ – Wenn Realität zur Fiktion wird. Mehr als eine bewegende Geschichte.
Das Buch ist an wahre Begebenheiten angelehnt. Schon zu Beginn, bevor die eigentliche Geschichte beginnt, findet man eine Bemerkung des Autors, dass die kursiv abgedruckten Textpassagen aus Gerichtsakten und auch andere Teile der Geschichte tatsächlich geschehen sind.
Jedes Mal, wenn ein neuer Abschnitt im Buch anfängt, gibt es zunächst eine Aufzählung an Daten und Fakten, die veranschaulichen, was zur jeweiligen Zeit passiert ist. Dadurch kann man sich gut orientieren, wo die aktuelle Handlung einzuordnen ist. Zudem entsteht zusätzliche Spannung, denn hin und wieder verstecken sich in diesen Kapiteleinleitungen Hinweise, die auf zukünftige Ereignisse schließen lassen.
Der Einstieg in die Geschichte ist super. Die Sätze sind zwar kurz, ähnlich gebaut und der Schreibstil erinnert an den, eines „Spiegel“-Journalisten, aber genau das passt hervorragend zu dem, was im Buch erzählt wird und vermittelt die richtige Atmosphäre. Die graue Stimmung und die Unterdrückung der Bevölkerung, all die grausamen Ereignisse, die zu dieser Zeit stattgefunden haben, werden jedoch nicht nur durch den Schreibstil ausgedrückt, sondern ebenso durch den Protagonisten Friedrich. Denn dieser nimmt seine Umgebung in ganz besonderer Weise wahr. Wer die Geschichte liest, wird wissen, worauf ich hiermit anspiele.
Genauso gut verdeutlichen die Gespräche zwischen den einzelnen Figuren, diese Stimmung. Manchmal reden die Menschen aneinander vorbei oder der Charakter sowie die Position einer Person werden klar. Somit werden auch die Beziehungen der Figuren untereinander rasch geklärt und man fühlt sich schnell im Geschehen aufgehoben.
Das Cover und der Buchsatz sind toll gewählt und geben dem Buch den letzten Feinschliff, damit es perfekt ist. Das dunkle Cover, auf dem Stella zu sehen ist, passt hervorragend zur Geschichte und zur Atmosphäre der NS-Zeit.
Einen einzigen Kritikpunkt habe ich abschließend doch gefunden: Ein Gespräch wird auf Französisch geführt und da ich in der Schule nie mit der Sprache zu tun hatte, verstehe ich kein Wort davon. Mir hat schließlich der Übersetzer von Google geholfen. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass an dieser Stelle vielleicht ein Sternchen mit einer Übersetzung eingefügt wird. Das hätte den Lesefluss wesentlich weniger beeinträchtigt.
Insgesamt lässt sich Folgendes sagen: Anhand der gespaltenen Meinungen in der Öffentlichkeit sieht man sehr deutlich, wie gelungen dieses Buch ist. Sollte nicht gerade eine gute Geschichte zum Nachdenken und Diskutieren anregen? Genau das ist dem Autor mit „Stella“ gelungen. Ein weiterer Grund, weshalb ich das Buch großartig finde. Die Umsetzung ist Takis Würger meiner Meinung nach mehr als gelungen. Es lohnt sich, Friedrich bei seiner Reise zu begleiten.
Der Autor weiß, wie man gute Bücher schreibt …
Spätestens nach diesem Buch, weiß man, wer Takis Würger ist. Der Autor wurde 1985 geboren und studierte in Cambridge. Das nutzte er, um seinen ersten Roman „Der Club“ zu schreiben, der 2017 erschien und mit dem Debütpreis der lit.Cologne ausgezeichnet wurde sowie für den aspekte-Literaturpreis nominiert war.
Wenn er nicht an einem Buch schreibt oder aufgrund von Lesungen unterwegs ist, arbeitet er als Redakteur für das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und lebt in Berlin.
(Angaben aus dem Buch „Stella“ entnommen).
Ein Buch, das jeder gelesen haben sollte …
… und wenn es nur dazu dient, sich selbst eine Meinung zu der Geschichte, die Takis Würger erzählt, zu bilden. Man sollte nicht immer alles glauben, was die Presse einem auf die Nase bindet! Macht euch ein eigenes Bild von „Stella“ und gebt dem Buch eine Chance. Es lohnt sich wirklich, das Buch unvoreingenommen zu lesen und sich in die Vergangenheit entführen zu lassen.
Die NS-Zeit mit einer Liebesgeschichte?
Ich denke, dass Takis Würger ein Thema aufgreift, das nicht in Vergessenheit geraten darf und niemals zu oft erwähnt werden kann. Gab es zu NS-Zeiten denn keine erzählenswerten Liebesgeschichten? Ich finde doch. Man muss sich bloß an das Tagebuch der Anne Frank erinnern …
Auch „Stella“ ist ein perfektes Beispiel dafür, wie gut die Vergangenheit des Zweiten Weltkriegs aufgegriffen und mit einer Liebesgeschichte verknüpft werden kann. Wie gut Fiktion und Realität miteinander verbunden werden können und wie sehr beides einen Leser zum Nachdenken anstoßen kann, das beweist der Autor mit dieser Geschichte.
Deswegen gibt es von mir fünf von fünf Sternen für das Buch sowie eine absolute Leseempfehlung. Jeder, der sich für Geschichte interessiert, der gespannt ist, ob die Kritik um das Buch wirklich nachvollziehbar ist oder der einfach mal etwas Neues probieren möchte, wird von dem Buch begeistert sein. Lasst euch nicht von den Medien oder anderen abschrecken. Das Buch ist großartig, einzigartig und auf alle Fälle lesenswert!