The Ivy Years
The Ivy Years – Bevor wir fallenMeinung
Corey ist eine der außergewöhnlichsten New Adult Heldinnen, die mir seit Langem untergekommen ist. Denn Corey sitzt aufgrund eines Unfalls im Rollstuhl. Nimmt man dann noch den Love Interest auf ...
Meinung
Corey ist eine der außergewöhnlichsten New Adult Heldinnen, die mir seit Langem untergekommen ist. Denn Corey sitzt aufgrund eines Unfalls im Rollstuhl. Nimmt man dann noch den Love Interest auf Krücken hinzu, wirkt es auf den ersten Blick wie ein New Adult Roman mit Diversität. Allerdings hat The Ivy Years – bevor wir fallen dahingehend mehr versprochen, als es tatsächlich eingehalten hat.
Bezüglich Coreys „Behinderung“ hat es sich die Autorin in meinen Augen einfach zu leicht gemacht. Sie hat sie so gewählt, dass sie ihre Protagonistin zwar in einen Rollstuhl setzen kann aber alles was sonst dazu gehört, geht komplett im monotonem New Adult Gesäusel unter. Es sind im Großen und Ganzen die fehlenden Gedanken und Gefühle Coreys die sie als stereotypisch erscheinen lassen. Im zweiten Drittel gab es an ein paar Stellen die Möglichkeit, mehr hinter ihre Fassade blicken zu können, aber allgemein wirkte sie sehr platt und durch ihr Handeln nicht immer sympathisch. Durch ihre Vergangenheit als Sportlerin sieht sie sich selbst in einem ganz anderen Licht, als all die anderen Mädchen. Dies ist auch ohne ihre Sportverletzung typisch für New Adult.
Auch ihre Oberflächlichkeit gegenüber anderen Menschen mit Behinderungen fand ich eher fragwürdig. Vollkommen nachvollziehbar wäre es für mich gewesen, wäre ihr Verhalten mit einer Wut gegen sich selbst und gegen ihren „Zustand“ erklärt worden. Da sich ihre Gedanken jedoch die meiste Zeit um nicht viel mehr als Hartley drehten, blieb sie dadurch einfach in ihrer unsympathischen Art in meinen Gedanken hängen.
Die Art und Weise wie sich die Beziehung zwischen den beiden ergeben hat, war dabei leider ebenfalls klischeebehaftet und vorhersehbar. Die böse (und sehr blonde) Nochfreundin erhält null Persönlich- dafür sehr viel Oberflächlichkeit, um die Protagonistin in einem besseren Licht erstrahlen zu lassen. Dann wird die besagte Nochfreundin ins Ausland verfrachtet, damit die Distanz eine neue Nähe zwischen den Protagonisten schaffen kann. Als Sahnehaube obendrauf kommt natürlich ein Seitensprung ihrerseits, damit auch der männliche Protagonistin endlich freie Bahn hat. Da ich schon länger dem Brooding Young Adult Hero auf Twitter folge, erinnerte mich dieser komplette Handlungsstrang an die zahllosen Zitate aus seinen Tweets.
Richtig absurd wurde es für mich allerdings nach dem ersten erotischen Austausch der beiden Helden. Dieser wird am nächsten Morgen nämlich wie folgt mit der Mitbewohnerin besprochen und verteidigt:
„Also das ist die verrückteste und romantischste Geschichte, die ich jemals gehört habe. Er hat dich überredet, mit ihm rumzumachen, damit du herausfindest, ob du noch …“ – Seite 166
Genau, weil dieses Zusammentreffen auf keinen Fall einen Mehrwert für ihn geboten hat und Hartley total selbstlos aus dieser Sache hervorgegangen ist. Eben nicht. Wenn man das kleine „Ich habe doch nein gesagt, aber du bist das von Frauen wahrscheinlich nicht gewöhnt“ zwischendrin schon außer Acht lässt, dann war es ein Abend, von dem beide etwas hatten. Gewisse Flüssigkeiten sprechen da für sich. Hier wiederholt sich auch nur ein Faktor, der schon oft in New Adult Romanen aufgegriffen worden ist. Allerdings in neuer Verpackung. Hier wurde das Mädchen, welches bei allen Männern zuvor nie zu einem Orgasmus kam, und nun ins All katapultiert wurde durch das Mädchen ersetzt, welches sich nach dem Unfall einfach noch nicht mit seiner sexuellen Befriedigung auseinandergesetzt hat. Hier ist man sicher auf der Gewinnerseite, wenn man bisher kaum bis kein New Adult gelesen hat.
The Ivy Years – Bevor wir fallen hat mir nicht insgesamt missfallen. Tatsächlich bietet dieser Roman endlich mal keinen klassischen Bad Boy, auch wenn der gut aussehende Sportler sicher nichts neues für eingefleischte New Adult Fans sein wird. Die Freundschaft, die sich zunächst zwischen Hartley und Corey entwickelt, hat dabei besonders gut ein Bild von Hartley zeichnen können. Durch das einfügen von einige Kapiteln aus seiner Sicht, wurde dies zusätzlich unterstrichen.
Und – leider – besonders der Part, der von dicker Luft zwischen den Turteltauben umgegeben war, gab mir endlich die Einblicke in Coreys Leben, die ich auf den bisherigen Seiten so vermisst hatte. Wie schlägt sie sich am College (besonders bei all den alten Gebäuden ohne Barrierefreiheit)? Wird sie eine andere Sportart für sich sich entdecken, falls sie nie wieder zum Eishockey zurückkehren kann? Was hat es mit den Verletzungen überhaupt auf sich (an verschiedenen Stellen wurden immer wieder Andeutungen gemacht, die sich gegenseitig aufzuheben scheinen)? Diese Dynamik kam zu meiner Enttäuschung leider erst zum letzten Drittel auf. Mehr von diesem Gefühl, an Corey Leben teilnehmen zu können, hätte dem kompletten Roman nicht nur gut getan, es hätte ihm auch mehr Charakter verliehen, sich von anderen Büchern der Art abzuheben.
Fazit
Das sprichwörtliche Rad wurde erneut nicht neu erfunden. Was sich zunächst nach einem neuen und frischem Setting im Genre New Adult angehört und mit Charakteren und deren Diverität gelockt hat, entpuppt sich als gewöhnlicher Genreroman, der altes im neuen Gewand verpackt verkauft. Wenn man auf der Suche nach echter Diversität ist, sollte man sicher zu einem anderen Buch greifen. Lesetipps mit Protagonisten im Rollstuhl nehme ich sehr gerne entgegen. Und auch Vielleser des Genres, die gerne ein wenig Abwechslung in ihren Leseplan bringen möchten sollten vielleicht auch vorsichtig sein, da vieles Bekannte mal wieder aufgegriffen wurde. Für Neulinge allerdings sicher nicht das falscheste Werk, da die Latte – ja ich habe in einer Rezension zu einem New Adult Nackenbeißer Latte geschrieben – nach unten sehr groß ist.