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Veröffentlicht am 23.05.2017

Faszinierend und atmosphärisch

Caraval
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Scarlett versuchte, Julian auf sich aufmerksam zu machen, ihm zu verstehen zu geben, dass er einen Fehler machte, aber sie sah die Entschlossenheit im Gesicht des Seemanns, als er antwortete : "Es war ...

Scarlett versuchte, Julian auf sich aufmerksam zu machen, ihm zu verstehen zu geben, dass er einen Fehler machte, aber sie sah die Entschlossenheit im Gesicht des Seemanns, als er antwortete : "Es war Scarlett."
Dummer Junge. Er glaubte zweifellos, dass er Tella einen Gefallen tat, doch genau das Gegenteil war der Fall.
Der Governor ließ Julian los und streifte sich die Handschuhe ab. "Ich habe dich gewarnt", sagte er zu Scarlett. "Du weißt, was passiert, wenn du dich mir widersetzt."
"Vater, bitte, es war nur ein ganz kurzer Kuss." Scarlett versuchte, sich vor Tella zu stellen, aber eine der Wachen zog sie zurück, packte ihre Ellbogen und drückte ihr grob die Arme auf den Rücken, während sie darum kämpfte, ihre Schwester zu beschützen.
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INHALT:
Scarlett und ihre jüngere Schwester Donatella haben die Insel, auf der sie aufgewachsen sind, noch nie verlassen. Unter der Herrschaft ihres grausamen Vaters haben die beiden keine Rechte und kaum Grund zur Freude. Daher fiebert Scarlett ihrer Hochzeit mit einem unbekannten Grafen entgegen, um dem Ort gemeinsam mit ihrer Schwester endlich entfliehen zu können. Doch plötzlich kommt alles anders als gedacht: Als sie drei Eintrittskarten für das legendäre Spiel "Caraval" erreichen, beginnt sie zwar zu zweifeln, doch es ist Donatella, die sie beide und einen Begleiter zu dem geheimen Ort bringt, an dem das Spiel statt findet. Dort ist nichts wie es scheint und trotz ihrer Faszination verspürt Scarlett auch Angst. Als dann ihre Schwester verschwindet, scheint sich die magische Welt in etwas Böses zu verwandeln...

MEINE MEINUNG:
Stephanie Garbers Debüt-Roman "Caraval" ist schon seit Wochen in aller Munde - und das zu Recht. Eine großartige Idee mit einer kleinen Portion Magie und vielen Illusionen, die sowohl der Protagonistin als auch dem Leser die Möglichkeit nehmen, zwischen Realität und Täuschung zu unterscheiden. Die Geschichte schreitet über die erste Hälfte zwar nur langsam voran, aber der ruhige, detailreiche und farbenfrohe Stil erzeugt seine ganz eigene Atmosphäre, die unaufhaltsam in die Geschichte hinein zieht.

Scarlett ist die meiste Zeit über eine sehr angenehme Protagonistin. Ihre Angst davor, jemandem zu vertrauen, ist aufgrund ihrer Familiengeschichte verständlich und ihre Vorsichtigkeit eine erfrischende Abwechslung zu sonst oft blauäugigen und naiven Hauptfiguren. Im Laufe der Handlung gewinnt sie auch an Stärke und kann einen mit der Zeit immer mehr von ihrem Mut überzeugen. Donatella ist das genaue Gegenteil ihrer Schwester: Wild und leidenschaftlich lässt sie sich kaum zähmen und riskiert alles für ihr Glück. Über weite Strecken habe ich sie als sehr egoistisch und rücksichtslos empfunden, auch wenn ihre Liebe zu Scarlett offensichtlich ist und sie meistens gute Absichten verfolgt. Die übrigen Figuren sind größtenteils undurchschaubar und man weiß nie, woran man bei ihnen ist: Der mysteriöse, grausam erscheinende Legend, dessen Ziele man nicht kennt; der charmante und arrogante Julian, der Scarlett mal wegstößt und sich mal um sie kümmert. Zwar lernt man sie auf diese Weise nicht wirklich kennen, dies hat aber auch seinen Grund, den man am Schluss erfährt.

Viele Leser erinnert der Roman an Erin Morgensterns "Nachtzirkus" und die Stimmung, sogar das Tempo, sind teilweise durchaus zu vergleichen. Garbers Geschichte hat mir jedoch deutlich besser gefallen, weil die Figuren viel mehr Identifikationspotenzial bieten. Zwar gestaltet sich das eigentliche Spiel ganz anders als erwartet, die einzelnen Hinweise lassen sich auch überraschend einfach finden - dennoch zieht diese Welt mit den vielen fabelhaften Details in den Bann. Ob Scarlett nun Apfelmost trinkt, der sie nur noch das Wichtigste in Farbe sehen lässt, oder sie sich von einem Wahrsager anhand von Tattoos ihre Zukunft vorhersagen lässt, auf jeder Seite lernt man neue skurrile Figuren kennen und erlebt weitere eigenartige Dinge.

Die sich entwickelnde Romanze habe ich persönlich so am Anfang nicht erwartet und ich war durchaus positiv überrascht. Die Gefühle hätten etwas tiefer gehen und sich auch langsamer entwickeln können, trotzdem kam die Chemie zwischen den beiden Liebenden bei mir zumindest größtenteils an. Viel wichtiger ist aber das Band zwischen den beiden Schwestern und dieses ist durchgehend spürbar. Nichts wünschen sich Scarlett und Donatella mehr, als die jeweils andere in Sicherheit zu wissen, und das ist auch die treibende Kraft hinter all ihren Taten. Zum Ende fährt die Autorin in dieser Hinsicht auch noch so einige Überraschungen auf, die einen bis zur letzten Seite in Atem halten. Da der Epilog aber neue Fragen aufwirft, ist trotz Scarletts einigermaßen abgeschlossener Geschichte Band 2 definitiv ein Muss.

FAZIT:
Stephanie Garber erzählt in "Caraval" eine faszinierende, wunderbar atmosphärische Geschichte von zwei Schwestern, die alles füreinander tun würden, verwoben mit einem magischen Spiel, das immer wieder für unvorhergesehene Wendungen sorgt. Ich freue mich auf den Nachfolger, der irgendwann 2018 erscheinen soll. Sehr gute 4 Punkte!

Veröffentlicht am 23.05.2017

Über die erste Hälfte leider wenig Neues

Tote Helden
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Er watete in die Fluten, wollte sich ein letztes Mal umwenden - als ihn ein Stein am Kopf traf. Er war faustgroß und kantig und mit aller Kraft geworfen, und er erwischte ihn an der rechten Schläfe.
Ikéron ...

Er watete in die Fluten, wollte sich ein letztes Mal umwenden - als ihn ein Stein am Kopf traf. Er war faustgroß und kantig und mit aller Kraft geworfen, und er erwischte ihn an der rechten Schläfe.
Ikéron kam es vor, als wollte sein Schädel zerspringen. Sein Bewusstsein flackerte wie eine Kerze im Wind, während er niederging und bäuchlings ins Wasser klatschte.
Und während die Strömung ihn erfasste und davontrug, verlosch es ganz, und es wurde dunkel.
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INHALT:
Vor 37 Jahren haben die Legenden von Astray das tyrannische Kaiserreich zerschlagen, dabei jedoch einen tiefen Riss zwischen den dem Osten und dem Westen des Landes hinterlassen, den sogenannten Abyss. Doch der Spalt zieht sich nicht nur durch das Land, sondern auch durch die Völker: Sie alle ringen um die Herrschaft, Kriege sind nicht mehr fern und die Ereignisse vor fast vier Jahrzehnten wurden so gut wie vergessen. Doch der Sänger Rayan, der durch seine Lieder Visionen erhält, ahnt, dass dies nicht mehr lange so bleiben wird. Denn im Abyss lauert eine unbekannte Bedrohung, und die Legenden sind wahrscheinlich die einzige Rettung der Menschheit.

MEINE MEINUNG:
Der Auftakt zu Michael Peinkofers neuer Reihe um "Die Legenden von Astray" ist klassische High Fantasy: Es gibt ein großes durch Neid, Missgunst und Machtgier gespaltenes Reich, eine bedeutende Vergangenheit und eine Handvoll Figuren, die im Laufe der Handlung zusammenfinden, um ein unbekanntes Unheil abzuwenden. "Tote Helden" wirkt wie eine lange Einführung in die Zusammenhänge und konzentriert sich insbesondere auf die Figurengestaltung und das Worldbuilding, ohne dabei jedoch die wichtigsten Fragen - etwa nach den genauen Geschehnissen vor 37 Jahren - zu beantworten. Der Schreibstil ist bildlich, teilweise auch zu detailreich, aber nichtsdestotrotz lebendig. Leider stören so einige Rechtschreibfehler und Sprachwunder wie "würde sie eine andere geworden sein" immer wieder den Lesefluss.

Wie oft zu Beginn einer solch komplexen Reihe ist es auch hier anfangs schwierig, die vielen Hauptfiguren auseinander zu halten - was zum Teil aber auch daran liegt, dass sich die Erzählstimmen stark ähneln. Außer der Prinzessin Nyasha und ganz selten der Diebin Bray oder der Bordellbesitzerin Jenaya kommen nur Männer zu Wort, die alle sehr egoistisch handeln und größtenteils an sich selbst denken. Der Zwerg Lorymar, der ein Geheimnis aus seiner Vergangenheit herumträgt, besitzt noch am meisten Witz, Sympathien sammelt er allerdings kaum. Sänger Rayan ist leider sehr langweilig und kann in seinen Kapiteln so gut wie gar nicht fesseln, trotz seiner für ihn bedrohlichen Gabe. Bray und Nyasha erscheinen einem in ihren wenigen Kapiteln deutlich stärker als jeder der Männer, aber die beiden unterschiedlichen Frauen erhalten deutlich zu wenig Rampenlicht. Hier hätten die Perspektiven deutlich stärker ausgebaut werden müssen.

Über die erste Hälfte des Romans fühlte ich mich fast permanent an andere Fantasy-Reihen erinnert. Besonders Vergleiche mit "The Witcher" und "Das Lied von Feuer und Eis" drängen sich des Öfteren auf: In beiden kommt ebenfalls ein kleinwüchsiger Mensch vor, der eine mehr oder minder zentrale Rolle spielt, es lauern Gefahren, bisweilen auch Monster, in den Wäldern, und sowohl bei Martin als auch bei Peinkofer gibt es einen im Hintergrund die Fäden ziehenden Eunuchen. Zum Glück lassen diese starken Ähnlichkeiten irgendwann nach und Astray beginnt ein Eigenleben zu entwickeln. Insbesondere der Aufbau von Skaradag, der Stadt des Salzes und der Diebe, weiß zu faszinieren. Was mir jedoch arg fehlte, war ganz einfach der Witz. Während im Klappentext noch ein wenig Humor angedeutet wurde, war davon im Roman selbst wenig zu finden. So fehlte mir irgendwo die Leichtigkeit zwischen all den schwerwiegenden und oft brutalen Ereignissen.

Auch weist das Buch so einige Längen auf, weil es viele hunderte Seiten dauert, bis die Protagonisten überhaupt in der gleichen Stadt ankommen. Bis dahin erfährt man von einigen Intrigen, von den Verhältnissen in den unterschiedlichen Reichen und von den Reisen, die die einzelnen Figuren unternehmen - aber wirklich in die Tiefe wird nicht gegangen, und viele Ereignisse, die die Geschichte weiterführen, basieren auf Zufällen. Es wird weder aufgelöst, was genau vor fast vier Jahrzehnten geschehen ist, noch was nun eigentlich im Abyss lauert. Nur bruchstückhaft gibt es ein paar Informationen, die Zusammenhänge muss man sich bis dahin erst einmal selbst zusammen reimen. Erst zum Ende hin, als die einzelnen Stränge endlich zusammen laufen, wird es richtig spannend und actionreich, sodass man sich kaum losreißen kann. Nur endet genau das in einem sehr offenen Ende. Natürlich sollen in einem Auftaktband nicht alle Fragen beantwortet werden, aber ein wenig Klarheit wäre dennoch schön gewesen. Da es für Band 2 noch keinen Erscheinungstermin gibt, heißt es nun also: Warten.

FAZIT:
Wie man es von klassischer Fantasy gewohnt ist, ist "Tote Helden" als Auftakt einer Saga so etwas wie eine lange Einführung. Verschiedene Handlungsstränge werden einzeln erzählt und verbinden sich schließlich. Dies dauert hier allerdings sehr lang, und leider bietet die erste Hälfte auch nicht viel Neues. Mit dem spannenden, mutigen, wenn auch sehr offenen Schluss, hat Michael Peinkofer jedoch die perfekte Ausgangslage für den Nachfolger geschaffen. 3 Punkte.

Veröffentlicht am 23.05.2017

Konnte mich leider nicht recht mitreißen

Vier Farben der Magie
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Kell setzte die Schneide auf die Außenseite seines Unterarms. Einen Schnitt hatte er sich heute bereits zugefügt, um die Tür zu öffnen, durch die er vorher getreten war. Nun zog er die Klinge ein zweites ...

Kell setzte die Schneide auf die Außenseite seines Unterarms. Einen Schnitt hatte er sich heute bereits zugefügt, um die Tür zu öffnen, durch die er vorher getreten war. Nun zog er die Klinge ein zweites Mal über den Arm, woraufhin rubinrotes Blut aus der Wunde quoll. Er steckte das Messer zurück in die Scheide, berührte den Schnitt mit den Fingern und erneuerte den Kreis und die Linie. Anschließend zog Kell den Ärmel über die Wunde - er würde die Schnitte behandeln, sobald er wieder zu Hause war - und warf einen letzten Blick auf den vor sich hinbrabbelnden König; erst dann legte er seine Hand auf das Zeichen an der Wand.
Ein magisches Summen erklang.
"As Tascen", sagte Kell. Durschreite.
Ein Beben durchlief die gemusterte Tapete, dann gab sie unter seiner Berührung nach. Kell machte einen Schritt und trat durch die Wand.
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INHALT:
Der junge Magier Kell kennt vier verschiedene Welten, die eines gemeinsam haben: Eine Stadt namens London. Doch jedes London ist ganz unterschiedlich. Das, aus dem er stammt, das rote, pulsiert vor Magie und Leben. Das graue London besitzt im Gegensatz dazu beinahe gar keine Magie mehr. Im weißen London herrschen Grausamkeit und Unterdrückung. Und im schwarzen London wurde alles Leben von der Magie vernichtet. Als Antari kann Kell von einer Welt in die andere springen und ist damit einer von wenigen, die die Verbindung zwischen den Städten aufrecht erhalten können. Dann fällt ihm eines Tages ein Gegenstand aus dem schwarzen London in die Hände, und ohne sich der Gefahr bewusst zu sein, nimmt er ihn mit ins rote London. Und setzt damit eine Kettenreaktion in Gang, die seinen Heimatort ins Verderben zu stürzen droht...

MEINE MEINUNG:
Victoria Schwabs hochgelobte Trilogie um die vier verschiedenen magischen Londons ist mit "Vier Farben der Magie" nun auch in Deutschland angekommen. Ihre geschaffenen Welten sind besonders, keine Frage, und die Idee weiß von Anfang an zu faszinieren. Es dauert jedoch seine Zeit, bevor die eigentliche Geschichte Fahrt aufnimmt. Bis dahin ist Kell mit lauter kleinen Botengängen beschäftigt, die einem wohl die verschiedenen Londons vorstellen sollen, sich aber auch ziemlich in die Länge ziehen. Der Schreibstil ist bildlich, wirkt aber auch teilweise sehr distanziert, wenn es um die Emotionen der Figuren geht.

Kell ist abgesehen von seinen magischen Fähigkeiten kein allzu spannender Protagonist. Er ist von sich selbst überzeugt, aber oft unvorsichtig, und seine Motivation sind hauptsächlich seine Vergangenheit und sein Ziehbruder Rhy. Die junge Diebin Lila, von der er eines Tages im Grauen London bestohlen wird, besitzt da schon mehr Charakter, auch wenn ihre Handlungen nicht immer komplett nachzuvollziehen sind. Sie ist verständlicherweise neugierig auf die Welt der Magie und stößt andere Menschen, geprägt von ihrem Leben auf der Straße, oft zurück. Mit der Zeit beginnt sie aber auch teilweise sich zu öffnen. Leider hat die Autorin die Angewohnheit, die spannendsten Nebenfiguren mit großem Potenzial zu töten, sodass das Spektrum an Charakteren bald sehr ausgedünnt erscheint.

Obwohl die Geschichte an vielen Stellen außergewöhnlich ist und die neuartigen Ideen zu begeistern wissen, hat mich das Ganze doch nicht mitgenommen und ich kann nicht einmal den Finger darauf legen, was genau an der Atmosphäre das Problem war. Inhaltlich jedenfalls hatte ich mehr erwartet. Die Storyline ist, schaut man hinter den Schleier, letztendlich doch eher altbekannt und vor allem schnell durchschaut. Die Strippenzieher sind durch und durch böse, der andere, extrem undurchschaubare Antari kommt viel zu wenig vor. Die Kämpfe, die Kell und Lila bestreiten müssen, sind spannend, blutig und großartig geschrieben, aber sie täuschen nicht über die teilweise doch schwache Story hinweg. Zum Ende hin wird es allerdings dafür richtig fesselnd und einige wichtige Fragen werden beantwortet. Zwar bleiben noch einige für den Folgeband ungeklärt, dennoch scheint die Reihe fast schon episodisch aufgebaut zu sein, weil sich in Teil 2 offensichtlich ein neues Problem heraus kristallisieren muss. Wie das funktionieren kann, wird sich zeigen.

FAZIT:
"Vier Farben der Magie" hat mich leider nicht so begeistert wie viele andere Leser. Irgendwie konnten mich die Figuren nicht recht mitnehmen auf ihre Reise, die originell wirkte, aber an vielen Stellen nicht wirklich überraschen konnte. Eventuell versuche ich in Band 2 noch einmal, den Zauber zu finden. 3 Punkte.

Veröffentlicht am 27.04.2017

Unlogisch und nervig

Boy Nobody
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Jacks Vater beugt sich vor und reicht mit eine Dose Cola.
Im selben Moment ramme ich ihm die Kulispitze in den Unterarm. Der winzige Zylinder entleert sich und sofort setzt die Wirkung des Gifts ein.
Jacks ...

Jacks Vater beugt sich vor und reicht mit eine Dose Cola.
Im selben Moment ramme ich ihm die Kulispitze in den Unterarm. Der winzige Zylinder entleert sich und sofort setzt die Wirkung des Gifts ein.
Jacks Vater sieht mich mit großen Augen an. Sein Mund zieht sich zusammen und formt ein W.
Vielleicht will er warum fragen.
Vielleicht aber auch was. Was machst du da?
Aber das Gift wirkt schnell. Wie schnell, das hängt vom Alter und der Konstitution des Opfers ab. Und da hat Jacks Vater schlechte Karten. Er ist nicht gerade der Fitteste.
Also wirkt es fast sofort. Schneller, als man warum oder was sagen kann.
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INHALT:
Er hat viele Namen, momentan nennt er sich Benjamin. Ausgebildet wurde er seit seinem 12. Lebensjahr für einen einzigen Job - den Job eines Killers. Er schleicht sich in Familien ein und schaltet im richtigen Moment eines der Mitglieder aus. Die Motive und Hintergründe für seine Taten kennt er nicht, er tut, was ihm gesagt wird. Doch bei seinem neusten Fall ist alles anders. Denn das Mädchen, dem er dabei begegnet, löst in ihm etwas absolut Ungeahntes aus...

MEINE MEINUNG:
Allen Zadoffs Jugend-Thriller "Boy Nobody" ist so beliebt und so erfolgreich, dass er 2014 mit Jaden Smith in der Hauptrolle verfilmt wird - und auch, wenn mir schleierhaft ist, warum nun ein Afro-Amerikaner den Benjamin geben wird, war mein Interesse geweckt. Und eigentlich beginnt der Roman auch sehr gut, mit der Szene eines Mordes nämlich, sodass man gleich in die Welt des Protagonisten hineingeworfen wird. Der Schreibstil ist kühl und distanziert, beschränkt sich auf wenige Beschreibungen. Dies ist anfangs passend und hat durchaus seine Berechtigung, ändert sich aber bis zum Ende nur minimal und fängt so irgendwann an zu nerven.

Benjamin wurde im jungen Alter von 12 Jahren für seinen Job als Soldat rekrutiert und mordet seitdem. Ein Gewissen besitzt er im Grunde nicht, da seine Arbeit für ihn Alltag ist und die Hintergründe ihn nicht zu interessieren haben. Dafür, dass er sich selbst als eiskalt sieht, ist er aber doch recht nachdenklich und stellt oft in den unmöglichsten Situationen große Überlegungen an, was nicht wirklich passen mochte. Sein Love Interest Sam ging mir dafür gehörig auf die Nerven. Bei den kleinsten Äußerungen, die ihr nicht passen, fährt sie fürchterlich aus der Haut, sie lässt keine andere Meinung gelten und spielt sich als Wundertäterin auf. Ihren Charakter konnte ich persönlich gar nicht leiden, weshalb ich Bens Begeisterung für sie nicht nachempfinden konnte. Die übrigen Charaktere bleiben häufig blass, der Bürgermeister von New York gefiel mir in seiner Art jedoch immerhin.

Das Problem von "Boy Nobody" ist eben einfach, dass die Hauptfigur zu jung für die Geschichte ist. Sicherlich, um sich in die Leben der Zielpersonen einschleichen zu können, sind hier jugendliche Freunde existenziell wichtig - aber das hätte man auch anders lösen können. Denn Benjamins Eskapaden erschienen mir in seinem Alter nicht glaubwürdig, und dass ihm nach zwei Jahren Ausbildung ohne offensichtliche Löschung der Erinnerung alles egal ist, was er davor je gelernt hat, halte ich doch für relativ unwahrscheinlich. Natürlich soll der Roman unterhalten, und das tut er bisweilen in den Action-Szenen auch, aber ich darf mir auch nicht veralbert vorkommen. Und das war bei mir des Öfteren der Fall. Denn Benjamin rühmt sich damit, schlau und gewitzt zu sein, erkennt aber die einfachsten Zusammenhänge nicht und kommt bis kurz vor Schluss nicht drauf, wer einer seiner Widersacher sein könnte, während ich ihm gerne eine Pfanne auf den Schädel hauen wollte, damit er zur Besinnung kommt.

Zudem passiert im ganzen Roman relativ wenig. Der Junge erhält seinen Auftrag, und versucht fortan 300 Seiten lang, diesen zu erfüllen, wird dabei jedoch von seinen - für den Leser nur durch seine mehrmalige Aussage, er sei dabei sich zu verlieben, ersichtlich - Gefühlen davon abgehalten. Gezogen wird das Buch immer wieder durch schier endloses Geplänkel und kitschige Gespräche, garniert von den Geheimnissen um Benjamins Eltern. Das Einzige, was mir wirklich gefiel, waren die innovativen Wege, auf denen er mit seinen Auftraggebern kommuniziert - durch eigens erstellte Apps etwa oder durch verschlüsselte Nachrichten. Ansonsten jedoch nimmt der Roman selten richtig Fahrt auf und der Protagonist wurde zumindest mir bis zum Ende nicht sympathisch. Der Schluss deutet auf weitere Bände zur Lösung der übrig gebliebenen Rätsel hin, diese sind mir ehrlich gesagt aber wirklich herzlich egal.

FAZIT:
"Boy Nobody" von Allen Zadoff ist, ich habe es geahnt, ein üblicher Verdächtiger unter den Jugend-Thrillern: Die Liebesgeschichte wird schrecklich ausgewalzt, kommt dabei aber beim Leser nicht an, die Umstände sind unlogisch und der eigentlich so schlaue Hauptcharakter kommt einfach nicht auf den grünen Zweig. Danke, nein! 2 Punkte von mir.

Veröffentlicht am 27.04.2017

Faszinierend und neuartig

Giants - Sie sind erwacht
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- He has a file?
- Your hairdresser has a file and you see him once a month. Vincent Couture is a foreign national on US soil, with direct access to top-secret-level information on a daily basis. He has ...

- He has a file?
- Your hairdresser has a file and you see him once a month. Vincent Couture is a foreign national on US soil, with direct access to top-secret-level information on a daily basis. He has several files, very large ones.
- You have a file on my hairdresser?
- Yes. He really needs to file his taxes.
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INHALT:
Die junge Rose stiehlt sich eines Abends aus dem Haus, um ihr neues Fahrrad zu fahren - als sich unter ihr die Erde auftut und sie in diesem eine riesige Hand aus verschiedenen seltenen Materialen entdeckt. Das Artefakt wird ein paar Jahre ohne wirkliche Erkenntnisse untersucht und dann in einem Lagerhaus vergessen. Doch nun, 17 Jahre später, leitet dieselbe Rose, nun promovierte Doktorin, ein Team von Wissenschaftlern, um Herkunft und Zweck der Hand zu erforschen. Es wird schnell klar, dass das Körperteil nicht das einzige sein kann, das irgendwo unter der Erde liegt - und dass die Fundstücke nicht von Menschen geschaffen wurden. Doch welche Motivation könnten mögliche Außerirdische haben?

MEINE MEINUNG:
Romane, die als Stilmittel dokumentarisch angehauchte Stilmittel wie Interviews oder Logbuch-Einträge nutzen, sind gerade im Kommen und erfreuen sich großer Beliebtheit. "Sleeping Giants" nutzt dabei vor allem Gespräche, in denen der Fragensteller immer der gleiche bleibt und einen so durch jeden der Dialoge führt. Durch diese Art der Erzählung ist man während der Geschehnisse zwar nicht direkt dabei, durch die eindrücklichen Wiedergaben der einzelnen Befragten hat man jedoch nie das Gefühl, etwas zu verpassen. Dass die Identität des Interviewers nicht gelüftet wird, befeuert die Fantasie außerdem noch zusätzlich.

Überraschenderweise gelingt es Sylvian Neuvels trotz dieser gewählten Romanform äußerst gut, seine Charaktere lebendig zu gestalten. Da ist Dr. Rose Franklin, eine engagierte und begeisterungsfähige Wissenschaftlerin, die sich zwar mit moralischen Fragen konfrontiert sieht, aber immer weiß, wie wichtig es ist, die Geheimnisse zu lüften. Kara, vorher Pilotin des Militärs und nun im Team der Wissenschaftler, wird einem mit ihrer sarkastischen und willensstarken Art sofort sympathisch, ebenso wie der liebevolle, aber stark eifersüchtige Ryan. Und auch der Linguist Vincent kann überzeugen, nachdem man sich an sein anfänglich übergroßes Ego gewöhnt hat. Am interessantesten ist aber definitiv der Interviewer, der die ganze Zeit über sehr geheimnisvoll bleibt und mit seiner skrupellosen Art fasziniert - über den man aber immer wieder kleinere Details erfährt und dem man so im Laufe der Handlung immer näher kommt.

Die ganze Geschichte ist nicht nur originell und neuartig, sondern auch außerordentlich spannungsreich umgesetzt. Es vergeht kaum ein Kapitel, in dem man nicht gebannt den Erzählungen folgt und der Enthüllung entgegenfiebert, was es mit den Körperteilen und den Symbolen darauf auf sich hat. Unterteilt in 5 Parts endet jeder davon mit einem Cliffhanger, der einem keine Ruhe lässt und sofort weiterlesen lässt - und auch dazwischen gibt es immer wieder große Überraschungen und Wendungen. Abgesehen davon sind auch die wissenschaftlichen Fakten großartig eingewoben, ohne einen zu überfordern oder zu langweilen, und der trockene Humor sorgt immer wieder für ein wenig Auflockerung. Letztendlich werden in diesem 1. Band noch nicht viele Fragen beantwortet, eher stellen sich sogar noch mehr. Gerade das ist es aber auch, was die unbändige Neugier auf den Nachfolger weckt, die einen mit Sicherheit überkommt.

FAZIT:
Sylvian Neuvels "Sleeping Giants" ist fantastische Science Fiction mit einer interessanten, gut umgesetzten Erzählweise und so gut wie nie abnehmender Spannung. Auf die Enthüllungen des 2. Teils darf man gespannt sein! Gute 4,5 Punkte.