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Veröffentlicht am 24.02.2017

Packend, überraschend und sehr originell

Rat der Neun - Gezeichnet
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"Ergreift ihn", rief der Mann namens Vas, woraufhin sich der Kleinste sofort auf Aoseh stürzte. Cisi und Akos wichen zurück, als ihr Vater und der Shotet-Soldat miteinander rangen. Aoseh knirschte mit ...

"Ergreift ihn", rief der Mann namens Vas, woraufhin sich der Kleinste sofort auf Aoseh stürzte. Cisi und Akos wichen zurück, als ihr Vater und der Shotet-Soldat miteinander rangen. Aoseh knirschte mit den Zähnen. Der Spiegel im Wohnzimmer zersprang, die Splitter flogen in alle Richtungen. Dann zerbrach der Rahmen auf dem Kaminsims mit dem Bild vom Hochzeitstag ihrer Eltern. Der Shotet hatte Aoseh inzwischen fest im Griff. Er schleifte ihn ins Wohnzimmer und ließ die drei Kinder allein zurück. Dann zwang er ihren Vater auf die Knie und drückte die Stromklinge an seine Kehle.
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INHALT:
Der junge Akos lebt auf Thuve, einem der neun vom Hohen Rat anerkannten Planeten seiner Galaxie. Für ihn sind die Grenzen klar: Auf der einen Seite lebt er mit seinem friedliebenden Volk, und hinter dem Federgras lauern die brutalen Shotet, die rauben und morden. Einige von ihnen greifen eines Tages auf Geheiß ihres Herrschers Rysek seine Familie an und entführen ihn und seinen älteren Bruder.Von nun an sind sie Gefangene, denn ihre Lebensgaben - Fähigkeiten, die jeder Bewohner der Galaxie erhält - sind sehr wertvoll für die Shotet. In Gefangenschaft begegnet Akos Cyra, Schwester von Rysek und dafür bekannt, Schmerz zu verbreiten. Doch der Preis dafür ist hoch: Sie fühlt genau diese Schmerzen ebenso stark. Nur Akos hat die Möglichkeit, ihr Leid zu lindern. Und zwischen den Beiden entsteht ein ungeahntes Bündnis...

MEINE MEINUNG:
Nach ihrer Debüt-Trilogie hat Veronica Roth dem Dystopien-Genre den Rücken gekehrt und stattdessen eine eigene Science Fiction-Welt erschaffen. "Gezeichnet" ist Band 1 ihrer neuen Reihe um den "Rat der Neun" und lebt insbesondere durch den originellen und überraschenden Weltentwurf. Man sollte wahrscheinlich ein Fan des Genres sein, um sich bei den Beschreibungen der Planeten und ihrer Eigenarten so richtig wohl zu fühlen. Der Stil ist voller wunderschöner Beschreibungen, und er beschwört schnell eine dichte und packende Atmosphäre herauf. Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive von Cyra und der personalen Sicht von Akos, wobei diese teilweise ins Auktoriale abdriftet. Die beiden berichten jedoch nicht immer abwechselnd, sondern haben anfangs ganze Teile für sich allein, wodurch man sie für sich kennen lernen kann.

Cyra ist in einer sehr brutalen Familie aufgewachsen und hat deren Wesenszüge teilweise übernommen. Trotzdem hat sie im Gegensatz zu ihrem Bruder ihr Gewissen bewahrt - was zum Teil wohl auch damit zusammenhängt, dass sie den Schmerz, den sie anderen zufügt, selbst auch fühlt. Ihre eher sarkastische und spröde Art weiß zu gefallen und macht sie in Verbindung mit ihren Schuldgefühlen sehr menschlich. Akos ist der ruhigere der beiden, der mit seiner gutmütigen, aber trotzdem mutigen Art schnell Sympathien sammelt. Manchmal agiert er etwas kopflos, was in seiner Verzweiflung aber verständlich ist. Und auch die Nebenfiguren sind großartig ausgearbeitet: Der brutale Rysek, geformt durch die Taten seines Vaters, früher liebevoll und heute voller Angst vor seinem Schicksal. Oder der schwache Jorek, der wie fehl am Platz wirkt zwischen den oft eher verschlagenen Shotet. Es gibt hier kein Schwarz oder Weiß, alle Charaktere zeigen gute wie schlechte Seiten.

Prinzipiell hat sich Veronica Roth einem bekannten Thema gewidmet: Dem Krieg zwischen zwei verfeindeten Völkern, in diesem Fall den Bewohnern von Thuve und von Shotet. Einige Elemente dieser Handlung kommen einem auch durchaus bekannt vor: Ein sich auflehnendes Familienmitglied, eine Liebe über alle Grenzen hinweg und ein Trupp von Rebellen, die den Herrscher stürzen wollen. Doch durch viele besondere Details und Ideen kommt es trotzdem immer wieder zu außergewöhnlichen Momenten. Die Art, wie Cyras grauenhafte Schmerzen und ihre zerrüttete Familie beschrieben werden, die vielen Pflanzen, Orte und Tiere, oder auch das spannende System dieser Planeten inklusive der Lebensgaben und Schicksale, das alles fesselt, lässt man sich darauf ein.

Die Autorin hatte nach Veröffentlichung des Romans stark mit Rassismus-Vorwürfen zu kämpfen, die ich absolut nicht nachvollziehen kann - obwohl ich eine absolute Gegnerin von Diskriminierung jeglicher Art bin. Äußerlichkeiten werden größtenteils eher vage beschrieben, aber es wird deutlich gemacht, dass zum Beispiel das Volk der Shotet nicht einheitlich aussieht, weil es aus so vielen Ethnizitäten besteht. Zu behaupten, hier würden dunkelhäutige Personengruppen als gefährlich dargestellt, ist damit schlichtweg falsch, vor allem, weil die Personen oft eher ambivalent und selten ausnahmslos böse dargestellt werden. Hätte ich nicht von den Problemen gewusst - niemals wäre mir in den Sinn gekommen, hier Rassismus zu suchen. In jedem der Völker gibt es gute wie schlechte Menschen, ganz so wie in Wirklichkeit. Damit sind die Charaktere undurchschaubar und wissen immer wieder zu überraschend, die Motive sind deswegen aber nicht weniger glaubwürdig. Bis zum Ende ist der Roman eine spannende Mischung aus fulminanter Action, mitreißenden Dialogen und einer sich sehr langsam und realistisch entwickelnden Liebesgeschichte. Da kann Band 2 gar nicht schnell genug kommen.

FAZIT:
Lässt man sich auf Veronicas originelle und spannende Science Fiction-Welt ein, könnte "Gezeichnet" zu einem Highlight werden. Ambivalente, undurchschaubare Charaktere, eine fesselnde Liebesgeschichte und spannende Ereignisse lassen einen kaum Luft holen. Der Nachfolger erscheint im Original zum Glück schon nächstes Jahr. Verdiente 4,5 Punkte!

Veröffentlicht am 01.02.2017

Zu blasser Weltentwurf

Schwestern der Wahrheit
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Aeduans Finger trommelten einen aufgeregten Rhythmus auf sein Stilett. Diese Nacht hatte gerade eine sehr interessante Wendung genommen. Die Wahrmagis, die versucht hatte, Gildemeister Yotiluzzi zu überfallen, ...

Aeduans Finger trommelten einen aufgeregten Rhythmus auf sein Stilett. Diese Nacht hatte gerade eine sehr interessante Wendung genommen. Die Wahrmagis, die versucht hatte, Gildemeister Yotiluzzi zu überfallen, tanzte inzwischen nicht nur mit einem, sondern mit zwei Prinzen.
Oh, dem Blutmagis names Aeduan war nicht länger langweilig. Absolut nicht mehr langweilig.
Er hatte jetzt einiges zu tun.
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INHALT:
Safiya und Iseult sind seit Jahren beste Freundinnen, die füreinander ihr Leben geben würden. Beide haben magische Kräfte: Iseult ist eine Strangmagis, die Gefühle sieht, Safiya kann Wahrheit und Lüge erkennen - und ist damit äußerst selten. Als einer ihrer gemeinsamen Pläne schief geht, werden ihre Kräfte erkannt und die Mädchen fortan gejagt: Von den Schergen des Kaisers und von einem gefährlichen Blutmagis, der sie überall wittern kann. Und als wäre das nicht schlimm genug, bringen die Freundinnen mit ihrer Flucht auch noch den 20-jährigen Waffenstillstand in Gefahr und ein Krieg scheint nicht mehr weit entfernt zu sein...

MEINE MEINUNG:
"Schwestern der Wahrheit" wurde direkt nach Erscheinen ein absoluter Bestseller und zog Unmengen an Lesern in den Bann - kein Wunder also, dass bereits ein Dreivierteljahr später die Übersetzung ins Deutsch erscheint. Susan Dennard nutzt in ihrem Roman viel Bewährtes, die innige Freundschaft zwischen den Protagonistinnen ist jedoch neu. Der Schreistil ist detailreich und atmosphärisch, teilweise aber auch zu blumig, wodurch er insbesondere in romantischeren Szenen in den Kitsch abrutscht.

Es wird schnell klar, dass der Fokus der Geschichte auf Safiya liegt - obwohl diese deutlich langweiliger ist als ihre Strangschwester (beste Freundin). Sie ist schön, kann alles, zieht jeden in ihren Bann und macht doch unglaublich viele Fehler, aus denen sie nicht lernt. Sie hegt eindeutig starke Zuneigung zu ihrer Freundin, warum sie so besonders sein soll - obwohl ihre Magie sie doch öfter trügt -, wird einem jedoch nie klar. Iseult ist da viel interessanter: Sie entstammt dem verhassten Nomatsi-Volk, kann großartig kämpfen und ist im Team für das Denken zuständig. Besonders ihre Willenskraft weiß zu beeindrucken. Safiyas Love-Interest Merik ist aufbrausend, unfreundlich und gutaussehend, was braucht es mehr für einen Helden? Im Ernst, originell angelegt ist er nicht und Gefühle hat er in mir auch nicht geweckt. Dagegen überzeugt dann wieder Blutmagis Aeduan: Er ist sehr schwer zu durchschauen, aber definitiv nicht der typische Bösewicht voller Grausamkeit. Seine vielen Geheimnisse lassen ihn zu einem faszinierenden Antagonisten werden.

Weniger faszinierend ist allerdings die Geschichte selbst. Es gibt Bücher, die fesseln sofort und entlassen einen nicht aus ihrer Welt, bis man die letzte Seite gelesen hat - aber dieses gehörte für mich leider nicht dazu. Die Verbindung zu Figuren und der Geschichte hat mir komplett gefehlt, was auch daran liegen könnte, dass der Weltenentwurf stark schwächelt. Es werden unzählige unbekannte Begriffe gebraucht, aber nicht erklärt, die Länder und deren Bewohner bleiben die gesamte Zeit über blass. Auch der Ursprung der Magie und der Sinn dahinter werden nie näher beleuchtet - sodass bis zum Ende die Frage bleibt, was Iseult und Safiya nun eigentlich Wichtiges mit ihren Kräften anfangen sollen. So großartig die Freundschaft zwischen den Beiden dagegen auch ist, wird leider auch noch eine völlig unnötige Liebesgeschichte mit eingewoben, die nie mitreißt. Zum Ende hin wird es noch einmal etwas spannender und der gegebene Ausblick auf die weitere Geschichte macht durchaus Lust. Ob es dort allerdings mehr Antworten gibt, ist fraglich.

FAZIT:
Susan Dennards Debüt wird von vielen geliebt, mich allerdings konnte "Schwestern der Wahrheit" nicht wirklich überzeugen. Der Weltentwurf ist zu blass, zwei der Hauptfiguren sind ziemliche Klischees und eignen sich daher nicht zum Identifizieren. Gefesselt war ich daher nur äußerst selten. In High Fantasy noch nicht so versierte Leser könnten an diesem Buch aber durchaus ihre Freude haben. Knappe 3 Punkte.

Veröffentlicht am 01.02.2017

Neuartig, aber mit einer eher untätigen Protagonistin

Irrlichtfeuer
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"Was ist mit deinen Ausflügen nach Rothentor?"
"So schwer es mir auch fällt, ich werde damit aufhören müssen. Eine Gattin meines Standes kann sich nicht mehr heimlich in Männerkleidung fortschleichen."
Ein ...

"Was ist mit deinen Ausflügen nach Rothentor?"
"So schwer es mir auch fällt, ich werde damit aufhören müssen. Eine Gattin meines Standes kann sich nicht mehr heimlich in Männerkleidung fortschleichen."
Ein humorloses Lächeln hing auf seinen Lippen. "Du wirst es nicht schaffen."
"Ich muss." Sie war froh, dass sie es nicht musste - jedenfalls nicht länger als ein paar Tage. Schon jetzt würde sie am liebsten losstürmen und ihre Schwingen anlegen.
Sie sah auf den Muff, in dem sich ihre Hände verkrampft hatten. "Es tut mir Leid", flüsterte sie. Einer der wenigen Sätze, die sie genau so meinte.
Von Sora kam keine Antwort.
Sie blickte auf. Er war weg. Nur die Spuren seiner nackten Füße waren im Schnee zurückgeblieben.
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INHALT:
Die junge Alba leidet an einer Krankheit, die ihr immer mehr die Kraft aus dem Körper entzieht. Lange hat sie nicht mehr zu leben und jetzt schon schwinden immer wieder ihre Lebensgeister. Doch bevor sie die Welt verlässt, will sie eines getan haben: Fliegen. Daher werkelt sie unermüdlich an ihren selbst gebauten Schwingen - und als sie unverhofft in den Besitz von Irrlicht, der Energiequelle der Stadt, kommt, scheint ihr Traum in greifbare Nähe zu rücken. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass sie durch ihre Taten in die Gefahr geraten würde, von zwielichtigen Gestalten als Spielball genutzt zu werden...

MEINE MEINUNG:
Julia Lange hat in ihrem Debüt "Irrlichtfeuer" eine neuartige Fantasy-Welt geschaffen, die mit der Mischung aus altbekannten und frischen Details überzeugen kann. Zwar ist die Gesellschaft und auch die Struktur des Stadtstaats Ijsstedt stark altertümlich angehaucht, die Technologie und besonders die durch Irrlicht gewonnene Elektrik geben dem aber einen ganz neuen Anstrich. Erzählt wird die Geschichte aus vier verschiedenen Sichten, wobei die Figuren etwa gleich oft zu Wort kommen, auch wenn das Augenmerk deutlich auf Alba liegt. Der Schreibstil ist einem Fantasy-Roman angemessen sehr detailreich und beschreibend - gut gefällt aber besonders der gelungene Bruch im Stil je nachdem, ob jemand aus der Unter- oder der Oberschicht erzählt.

Alba ist eine recht willensstarke Heldin, die von einem mitreißenden Traum getrieben wird und einem durch ihre körperliche Schwäche sehr echt erscheint. Allerdings geht mit ihrem Wunsch auch ein gewisser Egoismus einher: Ihr ist so gut wie nichts anderes wichtig. Sie stammt aus der Oberschicht und ist es deshalb nicht anders gewohnt, aber ich fand es doch recht schade, dass sich kaum eine Wandlung ergibt, sondern sie sich bis zum Schluss nicht wirklich für die Belange insbesondere der ärmeren Menschen interessiert. Da gefiel mir das Irrlichtkind Kass besser. Er ist eines von jenen Straßenkindern, das durch einen Unfall viele Jahre zuvor magische Kräfte erhalten hat - und er hasst die damit einhergehenden Pflichten. Er versucht sich aus den Fängen zu befreien, womit er einem sehr sympathisch wird. Interessante Figuren sind aber vor allem der Graf Karel, der versucht, sein Gebiet sauber zu halten, und sein Sohn Rafael, der sich vollkommen in eine Sache verrennt und damit immer weiter in die Dunkelheit abrutscht.

Das Grundgerüst des Romans ist erst einmal nicht neu: Es gibt arm, es gibt reich und es gibt die Revolutionäre, die dies ändern wollen. Dazwischen tummeln sich zwielichtige Gestalten, geborene Anführer und Menschen, die einfach nur ihr Leben leben wollen. Was der Geschichte jedoch das Besondere verleiht, ist das Irrlicht, Segen und Fluch zugleich. Die normalen Bürger leben in Gefahr und arbeiten dafür, während es nur den oberen Schichten zusteht. Dieser Konflikt wird immer wieder angerissen - allerdings geht er in den anderen Problemen der Protagonistin Alba ständig unter. Diese interessiert sich nämlich ganz einfach nicht dafür, sondern einzig und allein für ihren Wunsch nach dem Fliegen. Natürlich muss hier nicht moralisch der Zeigefinger erhoben werden - ein wirkliches Umdenken hätte ich mir aber schon gewünscht.

Stattdessen tut sie nur notgedrungen mal etwas in die richtige Richtung, die restliche Arbeit verrichten im Grunde die anderen Figuren. Immerhin hat Julia Lange mit Rafael Carrasco einen so spannenden Charakter erschaffen, dass man trotzdem gern dran bleibt. Die Art, wie er immer weiter in die Abgründe abdriftet, ist absolut großartig porträtiert. Leider tritt davon abgesehen vieles auf der Stelle und wären nicht einige überraschende Enthüllungen gewesen - das Ganze hätte sich enorm gezogen. Zum Glück zieht das Tempo zum Ende hin wieder an, und während man zwischenzeitlich noch gedacht hatte, es gebe zu viele offene Fäden für einen zufriedenstellenden Schluss, zeigt die Autorin doch noch ihr gesamtes Talent - und führt alles zu einem großen Ganzen zusammen.

FAZIT:
Julia Lange verwebt in "Irrlichtfeuer" gekonnt neue und alte Ideen und präsentiert damit einen Fantasy-Roman der sich durchaus sehen lassen kann - auch wenn mir persönlich die Protagonistin nicht wirklich zugesagt hat. Abgesehen von einigen Längen bietet das Buch aber sehr originelle Lesestunden. Knappe 3,5 Punkte!

Veröffentlicht am 01.02.2017

Authentisch und liebenswürdig

Wir beide in Schwarz-Weiß
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Ich folge ihrem Befehl, drehe mich an der Tür aber noch einmal zu ihr um. "Danke für die seltsame Limo."
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, bei dem ich wieder ihre spitzen kleinen Eckzähne sehen kann. ...

Ich folge ihrem Befehl, drehe mich an der Tür aber noch einmal zu ihr um. "Danke für die seltsame Limo."
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, bei dem ich wieder ihre spitzen kleinen Eckzähne sehen kann. "Danke für die fleckigen Kopien."
Fünf Sekunde später bin ich auf dem Flur und beginne, in Richtung Ausgang zu joggen. Das Echo meiner Schritte vibriert durch meinen Körper, und in meinen Adern summt das Adrenalin. Erst als ich in die Nachmittagssonne hinaustrete, fällt mir ein, warum ich so unter Strom stehe: Ich habe einen Rucksack voller Gras, das nur darauf wartet, vertickt zu werden. Genau, daran muss es liegen. Woran zur Hölle denn sonst?
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INHALT:
Als Kunststudentin Kris in einem Café auf Alex trifft, können die beiden sich auf Anhieb nicht leiden - und als sie sich bei einer Party wiedertreffen, fliegen die Fetzen. Doch irgendwo liegt dahinter auch eine gewisse Anziehung verborgen und als sie sich ein drittes Mal treffen, können beide die Chemie nicht leugnen, die bald zu mehr wird. Sie haben jedoch Lasten aus ihrer Vergangenheit mitzuschleppen - und Alex lebt sogar ziemlich gefährlich. Sein Versuch, sich für Kris zu ändern, droht furchtbar schief zu gehen...

MEINE MEINUNG:
Die ehemalige Selbstpublisherin und nun erfolgreiche Verlags-Autorin Kira Gembri legt mit "Wir beide in Schwarz-Weiß" Teil 2 um die Jungs-WG von Jay und Alex vor. Letzterer erzählt dieses Mal abwechselnd mit Kris seine Geschichte. Den Roman kann man auch sehr gut lesen, wenn man den Vorgänger nicht kennt, weil die Handlung zur gleichen Zeit spielt und nicht auf der anderen aufbaut. Das ist etwas verwirrend, wenn man ein wenig über das andere Buch weiß, dennoch kommt man schnell rein. Das liegt wahrscheinlich vor allem am flüssigen Schreibstil, der insbesondere mit den realistischen, jugendlichen Dialogen punktet.

Kris bringt einen mit ihrer natürlichen, mutigen Art schnell dazu, sie zu mögen. Sie hat ihre Probleme mit der Verarbeitung einer Familientragödie und verrennt sich daher in die Performance-Kunst, die ihr gar nicht liegt - dieser Schutzmechanismus ist aber vollkommen nachzuvollziehen. Alex ist da ein wenig schwieriger, was vor allem an seiner Psyche liegt. Er ist sehr schlecht darin, zu vertrauen, wofür er selbst aber nichts kann. Beide machen glaubwürdige Entwicklungen durch und finden dadurch nicht nur zueinander, sondern auch zu sich selbst. Mit Kris' Hippie-Eltern und Alex' Mitbewohnern - die versierte Leser ja bereits aus Band 1 kennen - hat die Autorin außerdem interessante Nebenfiguren geschaffen, die allerdings teilweise ein wenig zu kurz kommen.

Viele Elemente der Geschichte sind einem natürlich bereits aus anderen (Liebes-)Romanen bekannt: Junge und Mädchen treffen sich, verlieben sich, vermuten unüberwindbare Hindernisse und streiten sich. Kira Gembri erzählt diese Geschichte aber so herzerwärmend, witzig und sympathisch, dass einem das größtenteils egal ist. Alex und Kris sind ein sehr niedliches Pärchen, das man gerne beim Meistern der Schwierigkeiten begleitet - vor allem, weil es bei ihnen keine kitschige Instalove ist. Und auch die Probleme der beiden sind relativ neu und werden vor allem sensibel mit eingebunden. Nur das Verhältnis von Kris und ihrer Familie zu den Ereignissen der Vergangenheit wurde definitiv nicht zufriedenstellend gelöst, sondern eher so belassen, was schade ist. Nichtsdestotrotz schlägt man den Roman mit einem zufriedenen Gefühl zu - und freut sich bereits auf den nächsten der Autorin.

FAZIT:
Kira Gembri hat eine wunderbar humorvolle und realistische Art, ihre Geschichte zu erzählen. Die süße, nachvollziehbare Liebesgeschichte und die interessanten Figuren tragen zum Wohlfühlfaktor bei - nur eines der Probleme fand ich nicht ganz zufriedenstellend gelöst. Das fällt aber nicht allzu sehr ins Gewicht. Nach der Geschichte von Kris und Alex habe ich jedenfalls richtig Lust, auch den Vorgänger zu lesen. Wer beide Bücher noch nicht kennt, sollte das dringend ändern. Gute 4 Punkte!

Veröffentlicht am 01.02.2017

Für Fans des Regency-Genres

Die Magier Seiner Majestät
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Sie hielt inne und dachte nach. "Vielleicht werde ich bei den Frauen andeuten, ich möchte die Geschichte geheim halten, weil ich mich ein wenig in Mr Hsiang verliebt habe und es mir jetzt im Nachhinein ...

Sie hielt inne und dachte nach. "Vielleicht werde ich bei den Frauen andeuten, ich möchte die Geschichte geheim halten, weil ich mich ein wenig in Mr Hsiang verliebt habe und es mir jetzt im Nachhinein leidtut, meine Tugend verteidigt zu haben. Bei den Männern werde ich natürlich eine andere Herangehensweise wählen müssen."
"Dein unmoralischer Einfallsreichtum bei der Verfolgung deiner Interessen ist absolut schockierend", sagte Zacharias.
"Ja, nicht wahr?", fragte Prunella geschmeichelt.
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INHALT:
Zacharias Wythe ist erst seit Kurzem der Königliche Magier und er ist nicht gerade beliebt. Dass er afrikanischer Herkunft ist löst bei den anderen Zauberwirkern Misstrauen und Missgunst aus. Kein Wunder also, dass sie ihm den Mord an seinem Mentor anhängen wollen und ihn außerdem dafür verantwortlich machen, dass die Magie in Großbritannien schwindet. Zacharias macht sich auf die Suche nach dem wahren Grund und begegnet in einer Mädchenschule der jungen, dickköpfigen Prunella Gentleman. Diese hütet ein Geheimnis, dass England retten könnte - die beiden aber auch in große Gefahr bringt.

MEINE MEINUNG:
"Die Magier Seiner Majestät" ist der erste Band der "Sorcerer Royal"-Reihe und wird mit den Romanen Jane Austens verglichen - was seltsam anmuten mag, geht es doch um Zauberer. Tatsächlich kann man das Buch aber in das Regency-Genre einordnen, nur spielt eben auch ein bisschen Magie mit. Man merkt dem Schreibstil richtig an, wie viel Spaß die Autorin dabei hatte. Er ist altmodisch und teilweise etwas gestelzt, in vielen Momenten aber auch urkomisch. Die Erzählweise ist eher auktorial und begleitet nicht nur Zacharias und Prunella, sondern manchmal auch Nebenfiguren.

Zacharias ist ein Protagonist, dem ich ziemlich schnell Sympathien entgegen gebracht habe. Er wollte das Amt des Königlichen Magiers nie, aber er nimmt die Pflicht an und tut diese so gut er kann. Und obwohl er fast ausschließlich schlecht behandelt wird, lässt er seinen Ärger darüber doch nie an jemandem aus - was natürlich auch mit dem Anstand zu tun haben kann, der eben zur Zeit Napoleon Bonapartes galt. Der weibliche Gegenpart Prunella hat es mir dagegen oftmals eher schwierig gemacht. Eingeführt wird sie als starke, etwas aufmüpfige junge Frau. Bald 200 Seiten lang quält sich einen dann aber mit unglaublicher Oberflächlichkeit und Arroganz. Sie kann und weiß alles und ist sich dessen sicher, was mich ziemlich angestrengt hat. Zum Glück besinnt sie sich zum Ende hin wenigstens zum Teil, auch wenn ihre Eingebildetheit nicht nachlässt. Am Besten haben mir definitiv der unkonventionelle Damerell und Zacharias' Ziehmutter Lady Wythe mit ihrer gewitzten, gutmütigen Art gefallen.

Die Geschichte kommt anfangs recht träge ins Rollen und braucht ihre Zeit, um Wirkung zu entfallen. Es gibt viele Besprechungen, viele Diskussionen und bei dem Thema überraschend wenig Magie. Letzteres bleibt auch die meiste Zeit so. Trotzdem gelingt es der Autorin, einen immer wieder mit verspielten Details zu erfreuen, und ihre vielen absurden Einfälle, die als völlig normal dargestellt werden, entlocken einem immer wieder ein Lächeln. Schade ist, dass die Liebesgeschichte so kurz kommt. Entweder hätte sie weggelassen oder ausgebaut werden müsen - so kommt nicht auch nur ein Gefühl beim Leser an und Chemie entwickeln die beiden schon gar nicht. Dafür wird es auf den letzten 100 Seiten dann überraschend spannend und vor allem magisch. Endlich werden Geheimnisse gelüftet und überraschende Taten vollzogen. Das Ganze wird ziemlich gut abgeschlossen und lässt eigentlich keine Fragen offen. Ich könnte mir daher durchaus vorstellen, dass es in den folgenden Bänden um andere Charaktere geht.

FAZIT:
Anfangs war ich recht skeptisch, ob das Buch etwas für mich wäre - und habe daher auch lange gebraucht, um mich mit dem Stil und der Art der Erzählung anzufreunden. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass Zen Cho eindeutiges Talent hat und ihr witziger, origineller Stil lädt oft zum Schmunzeln ein. "Die Magier Seiner Majestät" ist weit weniger zauberhaft als vermutet, dafür detailreich und überraschend. Ein Fan von Regency-Romanen sollte man aber sein. Sehr knappe 4 Punkte!