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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.09.2019

Atmosphärisch dichter Roman mit Horroreffekt!

Harz
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Die Brüder Jens und Mogens wachsen auf einer dünn besiedelten dänischen Insel auf. Ihr Vater Silas ist Schreiner, liebt die Natur und ist leidenschaftlicher Sammler von allen möglichen Dingen. Der wortkarge ...

Die Brüder Jens und Mogens wachsen auf einer dünn besiedelten dänischen Insel auf. Ihr Vater Silas ist Schreiner, liebt die Natur und ist leidenschaftlicher Sammler von allen möglichen Dingen. Der wortkarge und eigenbrötlerische Jens gründet eine eigene Familie und gibt diese Leidenschaften an seine Tochter Liv weiter. Die Familie ist glücklich: Sie leben ein zurückgezogenes Leben, Liv wird von ihrer Mutter unterrichtet, ihr Spielkamerad ist ihr Bruder Carl, den jedoch nur sie sehen kann. Mit ihrem Vater fährt sie durch die Gegend und sammelt Sachen, die andere Leute für sie versteckt haben. Liv ist sich nicht bewusst, dass es sich dabei um Diebstahl handelt. Als Livs Großmutter zu Besuch kommt und den Eltern erklärt, dass Liv eine vernünftige Schulbildung braucht, entschließt sich Jens zu drastischen Maßnahmen, denn er ist der Ansicht, dass man ihm seine Tochter wegnehmen will.

Bei diesem Buch handelt es sich meiner Meinung nach nicht um einen Thriller, sondern um einen Roman. Das Buch hat sicherlich seine spannenden Momente, aber für einen Thriller fehlten mir doch einige entscheidende Aspekte, wie zum Beispiel einen klar zu erkennenden Spannungsbogen. Was mir besonders gut bei diesem Buch gefallen hat, waren der Schreibstil der Autorin sowie die Figuren, welche wirklich außergewöhnlich sind. Allen voran Liv, ein wunderbares, kluges, starkes Mädchen, für das die ungewöhnlichen (und, wie der Leser am Ende erfährt, tatsächlich entsetzlichen) Lebensumstände der Familie völlig normal sind. Eben diese Lebensumstände haben für mich einen großen Teil des Reizes beim Lesen ausgemacht und sie haben mich gleichzeitig abgestoßen. Ein bisschen wie ein Verkehrsunfall, bei dem man es einfach nicht schafft, wegzuschauen. So hat mich dieses Buch also gleichzeitig abgestoßen und angezogen, ich habe es gerne gelesen und war auch froh, als es vorbei war.

Fazit: Wer einen herkömmlichen Thriller sucht, ist hier schlecht beraten. Wer einen psychologischen Spannungsroman lesen möchte und keine Angst vor schockierenden, makaberen Details hat, dem kann ich das Buch empfehlen. Ich vergebe vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 05.09.2019

Ein wundervolles Buch

Alles Glück kommt nie
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Zugegeben, durch den ersten Teil des Buches musste ich mich auch durchkämpfen. Ich habe mich oft gefragt, was das alles soll, was die Autorin da von sich gibt und ob es nochmal eine Geschichte werden wird. ...

Zugegeben, durch den ersten Teil des Buches musste ich mich auch durchkämpfen. Ich habe mich oft gefragt, was das alles soll, was die Autorin da von sich gibt und ob es nochmal eine Geschichte werden wird. Denn zunächst präsentiert einem die Autorin nur scheinbar unzusammenhängende Fragmente, kurze, manchmal unsinnige Dialoge und Satzfetzen. Nicht verwunderlich, dass manche Leute da aufgeben und das Buch abbrechen. Ich stand auch kurz davor.
Aber irgendwas hielt mich fest und trieb mich zum Weiterlesen. Und im zweiten Teil wurde ich vollends dafür belohnt.

Kurz zum Inhalt: Charles Balanda ist ein erfolgreicher Architekt Mitte vierzig und mit seinem Leben eigentlich nicht unzufrieden. Bis er eines Tages einen Brief bekommt, in dem nur drei Worte stehen: "Anouk ist tot." Von da an ist für Charles nichts mehr so wie es war und seine Vergangenheit holt ihn mehr und mehr ein. Denn Anouk war nicht nur seine erste große Liebe, sondern auch die Mutter seines damaligen besten Freundes. Charles steht vor einigen Rätseln und begibt sich auf die Suche nach Antworten. Dabei wird sein Leben gehörig auf den Kopf gestellt, aber am Ende findet Charles die Antworten und vor allem endlich zu sich selbst.

Anna Gavalda macht es dem Leser sicherlich nicht leicht, aber am Ende wird man für seine Mühe belohnt und vor allem hat mich dieses Buch wirklich glücklich gemacht.
Letzten Endes ist das Buch so wie das Leben: Oft schwierig und manchmal zum Verzweifeln, es lässt sich in keine Schublade pressen und gerade wenn man denkt, es geht nicht mehr, zeigt es einem seine wundervolle Seite!

Veröffentlicht am 05.09.2019

Was das Leben zusammenhält

Das Leben kleben
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Georgie Sinclair bittet ihren Mann, einen Zahnbürstenhalter im Bad anzubringen, doch dieser ist mit wichtigeren Sachen beschäftigt. Das ist der Auslöser für einen Streit, nach welchem Georgies Mann Rip ...

Georgie Sinclair bittet ihren Mann, einen Zahnbürstenhalter im Bad anzubringen, doch dieser ist mit wichtigeren Sachen beschäftigt. Das ist der Auslöser für einen Streit, nach welchem Georgies Mann Rip sie verlässt. Georgie ist traurig und verblüfft, aber auch wütend, weshalb sie Rips Sachen in einen Müllcontainer entsorgt. Dabei begegnet ihr Mrs. Shapiro, eine seltsame alte Dame, die mit zahlreichen Katzen in einem heruntergekommenen, aber faszinierenden alten Haus in der Nähe wohnt.

Das ist der Anfang von Marina Lewyckas Roman "Das Leben kleben" und auch der Beginn einer Freundschaft zwischen Georgie und Mrs. Shapiro. Die beiden begegnen sich öfter, beginnen, sich anzufreunden und als Mrs. Shapiro schließlich ins Krankenhaus muss, kümmert Georgie sich um die Katzen und das Haus, wobei sie immer tiefer in das Leben der seltsamen alten Dame und in ihre Vergangenheit eintaucht. Im Laufe der Geschichte muss Georgie sich als alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn auseinandersetzen, der immer mehr zum religiösen Fanatiker wird, sie lernt den palästinensischen Handwerker Mr. Ali und die Nichtsnutze kennen und sie hat einen Affäre mit einem Immobilienmakler. Beruflich schreibt Georgie für ein Klebstoff-Magazin, was sie manchmal langweilt, manchmal aber auch erstaunliche Erkenntnisse bringt. Als Mrs. Shapiro schließlich entführt wird, spitzen die Ereignisse sich zu: Immer mehr Menschen interessieren sich für Mrs. Shapiros Haus, Georgie deckt alte Geheimnisse auf und versucht ihre Ehe zu kitten. Nebenbei lernt sie viel über den Konflikt zwischen Juden und Palästinensern. Und dann sind da ja immer noch Mrs. Shapiros Katzen, allen voran der exzentrische Wonder Boy, der noch eine wichtige Rolle spielen wird...

Das Buch hat mir richtig gut gefallen! Manchmal sind die Figuren etwas überspitzt gezeichnet, dennoch blieben sie für mich lebensecht und ich hatte das Gefühl, man könnte ihnen jederzeit in der Realität begegnen. Marina Lewycka greift mehrere Themen in dem Buch auf, hat aber meiner Meinung nach keine Probleme, die einzelnen Erzählstränge zusammenzuführen und schließlich zu beenden. Das Buch hat genau die richtige Länge. Die einzigartigen Figuren, der Schreibstil, der wundervolle Humor und die Detailverliebtheit machen für mich den besonderen Reiz dieses Buches aus. Es wird einen Platz in meinem Regal bekommen und ich werde es sicher irgendwann nochmal lesen.

Veröffentlicht am 05.09.2019

Ein Volltreffer!

Winterkartoffelknödel
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Schon lange hatte ich bei keinem Buch mehr solchen Spaß wie bei "Winterkartoffelknödel" von Rita Falk.
Franz Eberhofer ist Dorfpolizist in Niederkaltenkirchen, ein beschauliches Örtchen in Bayern. Hier ...

Schon lange hatte ich bei keinem Buch mehr solchen Spaß wie bei "Winterkartoffelknödel" von Rita Falk.
Franz Eberhofer ist Dorfpolizist in Niederkaltenkirchen, ein beschauliches Örtchen in Bayern. Hier passiert meistens nicht viel, aber neuerdings geschehen die merkwürdigsten Dinge. So wird zum Beispiel eine ganze Familie (die Neuhofers) durch seltsame Unfälle und Selbstmord ausgerottet. Das ist dem Franz nicht ganz geheuer und er versucht den Fall aufzuklären, wobei ihm diverse Personen (z.B. ein Polizeipsychologe der früher einmal Hals-Nasen-Ohrenarzt war) Steine in den Weg legen. Aber so leicht gibt der Franz nicht auf. Er ist vielleicht nicht immer der Schnellste beim Kombinieren, aber er hat doch mehr auf dem Kasten, als so manch einer ihm zutraut.
Und dann sind da ja noch all die anderen Dinge, die in Niederkaltenkirchen für Wirbel sorgen: Der Papa schneidet sich bei Rasenmähen zwei Zehen ab, die rumänische Frau von Franz Bruder haut mit dem ganzen Geld ab und die Oma ist auf der ständigen Jagd nach Schnäppchen (egal ob bei Aldi oder Obi). Sie kann zwar nix mehr hören, dafür aber umso besser kochen und dafür lässt der Franz auch mal so einiges stehen und liegen...

Richtig spannend ist das Ganze zwar nicht, dafür aber umso unterhaltsamer! Ich habe auf fast jeder Seite laut gelacht - was will man mehr? Der Sprachstil ist typisch bayerisch, steht im Einklang mit den Figuren und wirkt authentisch. Die Ausdrucksweise ist manchmal etwas derb, aber der Franz redet halt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Ich empfehle das Buch gerne weiter und freue mich schon auf den nächsten Fall vom Franz. Ein Highlight in diesem Jahr!

Veröffentlicht am 05.09.2019

Wackelkontakt mit der Realität

Die Herrenausstatterin
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Schon lange hat mich kein Buch mehr so berührt wie "Die Herrenausstatterin" von Mariana Leky. Auch jetzt noch - Tage nach dem ich das Buch beendet habe - denke ich darüber nach und es lässt mich nicht ...

Schon lange hat mich kein Buch mehr so berührt wie "Die Herrenausstatterin" von Mariana Leky. Auch jetzt noch - Tage nach dem ich das Buch beendet habe - denke ich darüber nach und es lässt mich nicht los. Drei Dinge mochte ich an dem Buch besonders: Die einzigartigen Charaktere, die wundervolle Sprache und die vielen kleinen Details, die das Buch unverwechselbar machen!

Der Inhalt klingt zunächst einmal merkwürdig: Katja Wiesberg wird der Boden unter den Füßen weggerissen, als sie erfährt, dass ihr Mann eine Affäre hat. Kurz darauf stirbt er bei einem Unfall und für Katja macht das Leben keinen Sinn mehr. Plötzlich taucht Blank in ihrem Leben auf, ihr ehemaliger Nachbar und mittlerweile ebenfalls tot. Doch Katja kann ihn sehen und mit ihm reden und so leistet er ihr von da an Gesellschaft. Ebenso unvermittelt steht der Feuerwehrmann Armin (mag Karatefilme und Astronautennahrung) vor Katjas Tür ud will einen Brand löschen, den es gar nicht gibt. Eine Freundschaft beginnt sich zu entwickeln und schließlich unternehmen die drei einen Kurztripp nach Holland, der einige Abenteuer bereithält.

Ich habe mich beim Lesen schon einige Male gefragt, ob es Blank (den toten Nachbarn) nun wirklich gibt oder ob er nur ein Hirngespinst Katjas ist, mit dessen Hilfe sie mit Jakobs Tod fertig wird (ein Wackelkontakt mit der Realität, wie Armin das nennt). Im Endeffekt spielt das aber überhaupt keine Rolle, denn wenn man sich auf die Geschichte einlässt, dann ist sie einfach wundervoll und bezaubernd.

Fazit: Eine wundersame Geschichte, bei der ich aus dem Staunen über die tollen Einfälle der Autorin nicht mehr herauskam. Selten habe ich so etwas Skurriles, Herzerwärmendes, Lustiges, Schönes gelesen! Ich habe gelacht und geweint, mitgefiebert und mitgefühlt und als es zu Ende war, hätte ich am liebsten sofort von vorne angefangen! Auf jeden Fall ein Monats- und Jahreshighlight, vielleicht sogar für mich das beste Buch des Jahres!