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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.09.2021

Ein trauriges, ergreifendes Schicksal - mit goldenem Licht am Horizont

Junge mit schwarzem Hahn
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Martins Schicksal ist hart. Als völlig einsames, mittelloses Straßenkind fristet er sein Leben in einer Zeit von Krieg und Armut. Sein einziger Freund ist ein schwarzer Hahn, den er ständig bei sich trägt, ...

Martins Schicksal ist hart. Als völlig einsames, mittelloses Straßenkind fristet er sein Leben in einer Zeit von Krieg und Armut. Sein einziger Freund ist ein schwarzer Hahn, den er ständig bei sich trägt, der mit ihm spricht und vor manchen Angriffen mit scharfem Schnabel und gewetzten Krallen schützt. Als ein Wandermaler in das Dorf kommt, der freundlich mit ihm umgeht, ergreift Martin die Gelegenheit und begleitet ihn…
Stefanie vor Schulte hat eine sehr, sehr ergreifende Geschichte geschrieben. Ein Märchen? Eine Gleichung? Eine Mahnung? Martin, der auf sich allein gestellt, trotz aller Widernisse ein freundliches und kluges Kind ist, erlebt so viel Ungemach, dass einem die Haare zu Berge stehen. Und doch schwebt über der Erzählung ein Sonnenhauch, eine Zuversicht, dass alles gut werden könnte, dass der Junge einen Schutzengel hat. Als Leser fiebert man mit, rätselt, staunt und verzweifelt fast an den schlimmen Erlebnissen.
Das Buch ist ein Appell an die Menschlichkeit, erinnert den Leser an das, was im Leben wirklich wichtig ist. Man begegnet Starrsinn, Eitelkeit und Aberglauben, Vorurteilen, Rücksichtslosigkeit und Gewalt, während der Junge, davon scheinbar unberührt, geduldig seinen eigenen Weg geht und den Glauben an das Gute nicht verliert.
Martins Geschichte hat mich sehr berührt und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Sie gibt mir viel zum Nachdenken – über zwischenmenschliches Verhalten, innere Stärke, Zuversicht - und erscheint mir wie ein warmes Licht am Horizont. Eine wunderbare, trotz des Grauens zauber- und märchenhafte Lektüre, die man unbedingt lesen sollte!

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Zwei Schwestern - eine bizarre Konstellation mit Gänsehautfaktor

SCHWEIG!
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Esther ist eine toughe, durchgetaktete Allrounderin, glücklich verheiratet, zwei Kinder und Haus – ihre Schwester Sue ist einsam, unglücklich und lebt allein in einem Haus im Wald. Esther fühlt sich für ...

Esther ist eine toughe, durchgetaktete Allrounderin, glücklich verheiratet, zwei Kinder und Haus – ihre Schwester Sue ist einsam, unglücklich und lebt allein in einem Haus im Wald. Esther fühlt sich für Sue verantwortlich und beschließt, sie am Tag vor Weihnachten zu besuchen. Eine folgenreiche Entscheidung, wie sich bald herausstellt…
"Schweig!" fängt für mich zunächst wie eine ganz normale Familiengeschichte an, allerdings erzeugen schon die Hinweise (Was ich schon weiß - was ich noch nicht wusste) beim Lesen ein sehr mulmiges Gefühl. Judith Merchant lässt beide Schwestern aus ihrer eigenen Perspektive erzählen, was die psychische Verfassung der beiden noch unterstreicht und zusätzlich für Spannung, Verwirrung und zum Teil sogar Ablehnung sorgt.
„Schweig!“ ist für mich ein richtiger Psycho-Thriller, hervorragend erdacht und gruselig, schaurig und perfide erzählt. Er führt den Leser aufs Glatteis, erzeugt eine Achterbahn der Gefühle und wenn man gerade Verständnis für eine der Schwestern aufgebracht hat, wendet sich das Blatt und man ist erschrocken und entsetzt über den Fortgang der Geschichte. Man muss ein bisschen durchhalten und darf auch in die Vergangenheit der beiden eintauchen, wird dann aber mit einem unerwartet fulminanten, bizarren Showdown belohnt! Eine krasse Story – absolut empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 09.09.2021

Ausgefuchster Thriller, spannend und mysteriös

Ausweglos
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Vor Jahren ermittelte Elias Blom, Kommissar in Hamburg, in einer mysteriösen Mordserie. Den Toten fehlte der Ringfinger, sie waren sehr speziell und grausam zugerichtet – der Täter wurde nie gefasst. ...

Vor Jahren ermittelte Elias Blom, Kommissar in Hamburg, in einer mysteriösen Mordserie. Den Toten fehlte der Ringfinger, sie waren sehr speziell und grausam zugerichtet – der Täter wurde nie gefasst. Da geschieht ein Mord, der zum selben Schema wie damals passt und Elias Blom macht sich auf eine verworrene Spurensuche...
Henri Faber ist meines Erachtens ein super spannender Thriller gelungen. Er lässt seine Protagonisten selbst erzählen, was dem Leser Einblick in deren Gefühlswelten und Lebensumstände verschafft. Sehr geschickt arbeitet er nach einem Zeitplan, erzeugt Tempo und Brisanz, wobei die Intention des Täters völlig im Dunklen bleibt. Für den Leser entsteht eine Achterbahn der Gefühle, denn kaum meint man, dem Mörder auf die Spur zu kommen, schon wendet sich das Blatt unerwartet. Bis zum bitteren Ende ist es mir nicht gelungen, auch nur den geringsten Hinweis zu entdecken, die Spannung blieb durchgängig erhalten, das Buch hat einen regelrechten Sog entwickelt. Super erdacht, fesselnd geschrieben, undurchsichtig und mysteriös bis zum Schluss! Absolut empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 05.09.2021

Commissario Brunetti ist einfach Kult

Flüchtiges Begehren
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Zwei amerikanische Touristinnen werden in der Nacht von Unbekannten auf dem Steg des Hospitals abgelegt, bewusstlos, hilflos. Die Ermittlungen deuten zunächst auf einen Unfall, aber die Umstände sind zu ...

Zwei amerikanische Touristinnen werden in der Nacht von Unbekannten auf dem Steg des Hospitals abgelegt, bewusstlos, hilflos. Die Ermittlungen deuten zunächst auf einen Unfall, aber die Umstände sind zu mysteriös, um ad acta gelegt zu werden. Brunetti forscht weiter und muss die Kollegen der Carabinieri und der Küstenwache hinzuziehen, um einem furchtbaren Verbrechen auf die Spur zu kommen...
Brunetti ist einfach Kult, und auch sein dreißigster Fall reiht sich ein in die wunderbaren Venedig-Krimis von Donna Leon. Auch wenn Brunetti älter geworden ist – noch immer ist seine Familie zusammen, man fühlt sich vertraut mit seinen Gewohnheiten und den lieb gewordenen Kollegen, und auch wer Venedig noch nicht selbst gesehen hat, wird die traumhaften Szenen der Verfilmungen vor Augen haben.
Das Buch reißt einen zwar nicht vor lauter Spannung vom Hocker, aber es ist wieder solide gelungen und sehr unterhaltsam, und Donna Leon vergisst auch nie, auf die besondere Problematik Venedigs aufmerksam zu machen. Noch immer ankern die Kreuzfahrtriesen vor Venedig und überschwemmen die Stadt mit noch mehr Touristen, ein Drama für die verbliebenen Einheimischen. Ein angenehmer Krimi mit vertrauten Protagonisten, den man gerne empfehlen kann!

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Facettenreiches Leben, in bruchstückhaft erzählt

Der Kolibri
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Marco Carrera ist Augenarzt – und in den Augen seiner Freunde „der Kolibri“. Was in seiner Kindheit und Jugend für seine Körpergröße stand, wird später im Leben ein Synonym dafür, dass er mit aller Kraft ...

Marco Carrera ist Augenarzt – und in den Augen seiner Freunde „der Kolibri“. Was in seiner Kindheit und Jugend für seine Körpergröße stand, wird später im Leben ein Synonym dafür, dass er mit aller Kraft versucht, an einer Stelle zu bleiben...
Sandro Veronesi kann kann hervorragend schreiben, seine Schilderungen sind ehrlich, offen und zutiefst menschlich. Einfühlsam beschreibt er das von tragischen Schicksalsschlägen getroffene Leben von Marco, seine große Liebe, seine rührende Hingabe zu Tochter und Enkelin.
Sandro Veronesi Geschichte hat mich sehr berührt und gefällt mir auch sehr, aber ich konnte den starken Zeitsprüngen in den unterschiedlichsten, zum Teil winzigen Puzzle-Teilchen zunächst nicht folgen und bin auch stets wieder in Verwirrung geraten. Leider habe ich erst am Ende gesehen, das es ein sehr übersichtliches Inhaltsverzeichnung mit Jahresangaben gibt, das mir sicher bei der Orientierung geholfen hätte. Da ich es immer vermeide, ein Buch vom Ende her aufzublättern, ist mir dieses natürlich entgangen.
Eine wunderbare, sehr beeindruckende Geschichte, leider für mich sehr „zersplittert“, womöglich zu anspruchsvoll.

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