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Veröffentlicht am 27.10.2019

Ein spannender Krimi aus dem hohen Norden mit viel Ermittlungsarbeit und einer hohen Realitätsnähe

Wisting und der Tag der Vermissten
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Am 10. Oktober 1989 verschwindet Katharina Haugen spurlos und niemand weiß, ob sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist oder wie schon einmal, ihr gewohntes Leben verlassen hat. Lediglich einen akribisch ...

Am 10. Oktober 1989 verschwindet Katharina Haugen spurlos und niemand weiß, ob sie einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist oder wie schon einmal, ihr gewohntes Leben verlassen hat. Lediglich einen akribisch gepackten Koffer, einen Strauß roter Rosen und einen Zettel voller Zahlen lässt Katharina zurück, dessen Bedeutung sich niemand erklären kann. Ein seltsamer Fall, der Kommissar William Wisting auch noch 24 Jahre danach nicht ruhen lässt. Uns so nimmt er sich, wie in jedem Jahr, die Akten wieder vor, forscht nach unentdeckten Hinweisen und fährt am 10. Oktober zu ihrem Ehemann. Doch diesmal ist der schon fast zu einem Freund gewordene Martin Haugen nicht da, während eine neu gegründete Cold-Case-Gruppe seine Fingerabdrücke in einem anderen Vermisstenfall entdeckt.

„Wisting und der Tag der Vermissten“ ist eine neue Krimiserie des aus Norwegen stammenden Autors Jørn Lier Horst, der einmal selbst als Kriminalkommissar für die norwegische Polizei tätig war. Inzwischen nun setzt er seine Erfahrungen und Erlebnisse bei der Bekämpfung von Verbrechen in gut konstruierten Kriminalromanen ein, die mit einer geradlinigen Ermittlung, interessanten Charakteren und viel Atmosphäre bestens zu unterhalten wissen. Dabei kommt er ohne rasante Verfolgungsjagden, brutal agierende Verbrecher und bluttriefende Tatorte aus, sondern versteht es, seine Leser mit einer spürbaren Nähe zur Realität und akribisch geführten Ermittlungen zu fesseln.

Kurz gehaltene Kapitel, ständig wechselnde Perspektiven, eine verständliche Erzählweise und der angenehm wendungsreiche Verlauf halten die Spannung hoch und sorgen dafür, dass der Leser die zu untersuchenden Cold-Case- Vermisstenfälle aus verschiedenen Blickwinkeln heraus betrachten kann. So erfährt er zum einen durch die Ermittlungen von Wisting, welche neuen Erkenntnisse und Verbindungen es inzwischen gibt und begleitet zum anderen Wistings Tochter Line bei ihren Recherchen zu einem Podcast, für den sie damalige Zeugen im Fall Katharina Haugen befragt. Und dann lernt er auch noch den Osloer Kommissar Adrian Stiller kennen, der verantwortlich für die Neuaufnahme der Ermittlungen ist und Wisting für seine ehrgeizigen Zwecke auf perfide Art und Weise missbraucht.

Fazit:
Ein ruhiger Krimi, der neben einem spannenden Verlauf mit einer hohen Realitätsnähe punkten kann.

Veröffentlicht am 20.10.2019

Ein realistischer Jugendroman, der mehr als nur eine berührende Liebesgeschichte in sich birgt.

We Will Fall
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Mit dem Umzug ihrer Familie von Manhattan nach Brocklyn findet sich die sechzehnjährige Izzy überraschend schnell ab, während ihr versnobter Zwillingsbruder Hall schon bald enorme Probleme mit den Jugendlichen ...

Mit dem Umzug ihrer Familie von Manhattan nach Brocklyn findet sich die sechzehnjährige Izzy überraschend schnell ab, während ihr versnobter Zwillingsbruder Hall schon bald enorme Probleme mit den Jugendlichen an ihrem neuen Wohnort bekommt. Deshalb dauert es nicht lange, bis er in Bedrängnis gerät und nach einer Schlägerei durch die örtliche Polizei verhaftet wird. Izzy, die von Halls Desaster überhaupt nichts ahnt, hat sich zwischenzeitlich in den Schach spielenden Tristan verliebt, mit dem sie sich allerdings nur heimlich trifft. Denn Tristans Cousin Marcus macht nicht nur ihrem Bruder Hall das Leben schwer, sondern auch Izzy selbst, da er sie zu seiner neuen Freundin auserkoren hat. Eine Tragödie, die nicht ohne Folgen bleibt, weil niemand der Wahrheit ins Auge blicken will.

„We will fall“ ist das Debüt der in Brooklyn lebenden Autorin Shannon Dunlap, die es sich mit ihrer Liebesgeschichte für jugendliche Leser nicht einfach macht. Denn viele wichtige Themen unserer heutigen Zeit stehen im Mittelpunkt des Geschehens und setzen den dort agierenden Figuren ordentlich zu. Neben pubertären Auseinandersetzungen und Problemen mit Elternhaus und Schule sind vor allem Rassismus, Drogenmissbrauch und Bandentum, das sie zu ungewollten Handlungen zwingt und dem Leser aufzeigt, wie wichtig Ehrlichkeit, Loyalität und Freundschaft sind. Eine schwere Kost, die er erst einmal verdauen muss, während ihm die in ihr eingebundene und berührend verlaufende Liebesgeschichte stets ein wenig Hoffnung gibt.

Die Figuren, die in „We will fall“ eine Rolle spielen, sind vielseitig erdacht und sorgen in ihrer Zusammensetzung für jede Menge Konfrontation und Konfliktpotenzial. Angefangen mit dem schwarzen Bandenboss Marcus, über nicht nur einen hochbegabten Nerd, bis hin zu der weißen Professorentochter Izzy und einer Handvoll Ja sagender Mitläufer wurden unterschiedliche Charaktere in die Handlung involviert, deren Interessen grundverschieden sind. Da nutzen auch wenige, die Situation entschärfenden Erwachsenen nichts. Denn das drohende Unheil ist vorprogrammiert und wird in seiner Auswirkung nicht geschmälert oder geschönt. Mit einem gut lesbaren Schreibstil und anschaulichen Beschreibungen erzählt, bewegt die Geschichte ungemein, wobei das mit ihm einhergehende Ende nicht wirklich passend ist.

Fazit:
Ein angenehm realistischer Jugendroman, der mehr als nur eine berührende Liebesgeschichte in sich birgt.

Veröffentlicht am 12.10.2019

Ein wunderbar vielschichtiger Whodunit-Krimi

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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19 Jahre ist es her, seid der kleine Thomas Hardcastle auf dem Maskenball der Familie einem Verbrechen zum Opfer fiel und sein Mörder für diese Tat die Todesstrafe erhielt. Nun findet erneut ein solcher ...

19 Jahre ist es her, seid der kleine Thomas Hardcastle auf dem Maskenball der Familie einem Verbrechen zum Opfer fiel und sein Mörder für diese Tat die Todesstrafe erhielt. Nun findet erneut ein solcher Ball im Haus der Familie Hardcastle statt, die mit ihren Freunden die Rückkehr ihrer Tochter Evelyn feiern will. Dieselben Gäste sind geladen und gerade als die Feier ihren Höhepunkt erreicht, fällt ein Schuss, der das alte Grauen aufleben lässt. Nur, dass es diesmal Evelyn Hardcastle ist, die getötet wird und der anwesende Aiden Bishop die Umstände des Verbrechens aufklären soll. Dazu wird er abwechselnd im Körper verschiedener Gäste wach, während sich der Mord an der jungen Frau jeden Tag aufs Neue wiederholt.

„Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ ist ein ungewöhnlicher Kriminalroman, der mit seiner Storyidee einer täglich stattfindenden Zeitschleife an die an die US-amerikanische Filmkomödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ angelehnt worden ist, durch die Nutzung verschiedener Wirte und eines undurchsichtigen Komplotts aber eine viel komplexere und verworrene Geschichte enthält. Denn mit jedem neuen Gast, in dessen Körper Aiden Bishop eine Zeit lang steckt, muss er sich arrangieren und wird von dessen körperlichen Gebrechen und menschlichen Defiziten auf seiner Mördersuche gehemmt. Eine unangenehme und vertrackte Situation, der er nur entkommen kann, wenn er den wahren Täter beim Namen nennt.

Ständig wechselnde Perspektiven, neu auftauchende Fakten und mehr als nur eine Handvoll Figuren sorgen dafür, dass es auf dem immer wieder stattfindenden Maskenball nie langweilig wird. Deshalb ist ein aufmerksames Hören gefragt, damit die vielen Information sortiert werden können und keiner der noch so kleine Hinweis untergeht. Ein Mitratekrimi, der von Frank Stieren mit einem guten Gespür für menschliche Verhaltensweisen und emotionale Schwingungen gelesen wird und das merkwürdige Geschehen auf dem abgelegenen Familiensitz der Hardcastles wie ein Film im Kopf des Hörers ablaufen lässt.

Fazit:
Ein anfangs verwirrender, später aber wunderbar vielschichtiger Whodunit-Krimi, der mit einem originellen Plot und einer interessanten Figurenkonstellation spannende Unterhaltung beschert.

Veröffentlicht am 07.10.2019

Ein gelungenes Krimidebüt, das ausreichend Platz für eigene Spekulationen lässt

Totwasser
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Der bekannte Serienschauspieler Nico Benton wird von einer Klippe gestürzt, während seine Frau Grace Riccardi den Mord reumütig gesteht. Und obwohl seine Leiche nicht gefunden wird, stimmen die am Tatort ...

Der bekannte Serienschauspieler Nico Benton wird von einer Klippe gestürzt, während seine Frau Grace Riccardi den Mord reumütig gesteht. Und obwohl seine Leiche nicht gefunden wird, stimmen die am Tatort vorhandenen Spuren mit den Aussagen der in Haft befindlichen Ehefrau überein. Ein Verbrechen, das für ausreichend Schlagzeilen in den Zeitungen sorgt und auf ein enormes Interesse bei den Fernsehzuschauern stößt. Deshalb wundert es auch die Anwältin Linn Geller sehr, dass sie das Pflichtmandat übertragen bekommt, obwohl sie ihre kleine Kanzlei erst vor Kurzem gegründet hat. In der Hoffnung, durch den lukrativen Fall solvent zu werden, nimmt sie den Auftrag an und stellt bald fest, dass mit dem freimütigen Geständnis der Ehefrau etwas ganz und gar nicht stimmt.

„Totwasser“ ist der Debütkrimi der einst selbst als Juristin arbeitenden Julia Hofelich, die mit Linn Geller eine Berufskollegin ins Rennen schickt, die von einem Unfall schwer gezeichnet ist. Doch anstatt im Selbstmitleid zu versinken, und auf die Trümmer einer erfolgversprechenden Karriere zu schauen, rappelt sich die toghe Juristin wieder auf und versucht, ohne Unterstützung eines namhaften Anwaltsbüros erfolgreich zu sein. Vor allem darum kommt ihr der medienträchtige Fall um den Tod eines von seinen Fans vergötterten Schauspielers gerade recht. Mit Feuereifer stürzt sie sich in die Recherchen hinein und merkt lange Zeit nicht, dass sie zum Spielball einer Intrige geworden ist. Denn nicht nur sie, auch ihr Partner Götz ist vor Fehlern nicht gefeit und schon bald befindet sich die engagierte Anwältin mitsamt ihrer Kanzlei in großer Gefahr.

Angenehm wendungsreich, mit interessanten Verstrickungen und geschickt erdachten Täuschungen präsentiert sich der in Stuttgart spielende Kriminalroman und sorgt dafür, dass der Leser einige Stunden lang an die Handlung gefesselt wird. So versucht er, genau wie die Anwältin Linn, ein mörderisches Komplott zu durchschauen, das clever erdacht worden ist und seine Widersacher immer wieder auf eine falsche Fährte führt. Aber nicht nur die vielen Spuren, die verfolgt und beurteilt werden müssen, ziehen ihn tief in das undurchsichtige Geschehen hinein. Auch die Figuren präsentieren sich wunderbar lebensecht und sind weit entfernt davon, perfekt zu sein. Neben knackigen Dialogen und interessanten Wendungen gibt es auch eine kleine Lovestory dazu und ein Ende, das in dieser Art und Weise nicht vorherzusehen ist. Nur der Spannungsbogen weist ab und an einige Flauten auf, zieht aber zum Ende hin wieder ordentlich an.

Fazit:
Ein gelungenes Krimidebüt, das ausreichend Platz für eigene Spekulationen lässt und die Hoffnung auf weitere spannende Fälle mit der Stuttgarter Anwältin Linn Geller nährt.

Veröffentlicht am 07.10.2019

Ein Thriller, der die erwartete Spannung vermissen lässt

Der Keller
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Der Selbstmordversuch von Hannahs Mutter führt dazu, dass die schwangere Lehrerin trotz panischer Angst in einen Flieger steigt, um ihren Eltern in der für sie schwierigen Zeit beizustehen. Doch in dem ...

Der Selbstmordversuch von Hannahs Mutter führt dazu, dass die schwangere Lehrerin trotz panischer Angst in einen Flieger steigt, um ihren Eltern in der für sie schwierigen Zeit beizustehen. Doch in dem kleinen Ferienhaus in der Toskana kommt Hannah niemals an. Denn bereits am Berliner Flughafen trifft sie auf einen Mann, der angenehm charmant zu ihr ist und die aufkommende Panik mit netten Gesten vertreibt. Deshalb nimmt Hannah sein Angebot an, mit ihm und seiner Frau zu Abend zu essen, und wird seid ihrem Ausflug in das abgelegene Palazzo nicht mehr gesehen. Kein Einzelfall, wie sich bald herausstellen wird. Denn noch mehr junge Frauen verschwinden in der Toskana spurlos und niemand weiß wohin.

„Der Keller“ ist ein subtiler Thriller, der in seinem ersten spannenden Teil erzählt, wohin Hannah nach ihrer Ankunft in Florenz verschwunden ist und ob es noch Hoffnung auf ein Wiedersehen mit ihrer Familie gibt. Dann allerdings wendet sich das Blatt. Der Leser taucht plötzlich tief in das Leben des charmanten Mannes aus Hannahs Flieger ein und erfährt, wie dessen Kindheit und Jugend verlaufen ist und wie er die wohlhabendste und einflussreichste Frau Italiens kennengelernt und geheiratet hat. Eine düstere Schilderung, die zwar interessante Dinge ans Tageslicht bringt, in ihren Ausführungen aber zu umfangreich geraten ist und den anfangs sehr flüssigen Handlungsverlauf schonungslos unterbricht.

Daneben gibt es weitere Teile über Hannahs Eltern, die polizeilichen Ermittlungen oder das Leben anderer Opfer, während im Hintergrund der Kriminalfall immer mehr Gewicht erhält. So wird auch der aus anderen Büchern von Sabine Thiesler bekannte Commissario Neri aktiv und mitsamt seiner ganzen Familie in das verhängnisvolle Geschehen verstrickt. Doch auch diese Handlungsstränge reihen sich nicht wirklich fließend in das Geschehen ein, sodass dieses insgesamt viel zu holperig in Erscheinung tritt. Schade, denn die Figuren selbst wurden mit viel Leben gefüllt und kommen dem Leser gefühlsmäßig sehr nah.

Fazit:
Ein Thriller, der die erwartete Spannung vermissen lässt und eher zusammenhängende Einzelgeschichten, als ein rundes Krimipaket zum Inhalt hat.